Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Predigt: Das Geschenk des ewigen Lebens

Sonntag 21. November 2010 von Johann Hesse


Johann Hesse

Predigt zum Ewigkeitssonntag:
„Das Geschenk des ewigen Lebens“

Der letzte Sonntag im Kirchenjahr, also der letzte Sonntag vor dem ersten Advent, ist der Ewigkeitssonntag, der auch Totensonntag genannt wird. Hier tut sich schon ein scheinbarer Widerspruch auf: Wie kann es sein, dass der Totensonntag zugleich der Ewigkeitssonntag ist? Ist nicht das Wissen um unsere Sterblichkeit gleichzeitig das Aus für die Ewigkeit? Wie können wir die Ewigkeit feiern, wenn wir der Toten gedenken? Wir stehen in einer Spannung. Wir wissen um unsere Sterblichkeit und Endlichkeit und feiern doch die Ewigkeit. Ja, wir sind so sehr von der Tatsache der Zeit bestimmt, dass es uns sehr, sehr schwer fällt, die Ewigkeit zu fassen. Wir kennen nur ein Leben auf dieser Zeitachse.

Ein Leben zwischen Millimeterstrichen

Nehmen wir ein Lineal. Es hat einen Anfang und es hat ein Ende. So sehen wir unsere Geschichte. Alles hat einmal begonnen und alles wird einmal enden. Das ist die große Geschichte. Anfang und Ende des Lineals. Wir leben unser eigenes persönliches Leben zwischen zwei kleinen Millimeterstrichen auf dieser langen Zeitachse. Hinter uns ist ein kleiner schwarzer Balken und vor uns ist ein kleiner schwarzer Balken. Wir dringen durch diese kleinen Balken nicht durch. Sie stehen für Geburt und Tod. Was war und was kommt, wissen wir auf den ersten Blick nicht. Das Leben zwischen zwei Millimeterstrichen ist eng, einengend, beängstigend. Vor uns liegt ein schwarzer Balken. Ende, Aus, Tod. Totensonntag! Wir wollen heute an diesem Tag einen Blick aus dieser Enge der zwei schwarzen Balken hinauswerfen. Den Blick nach oben richten. Den Blick auf den ewigen Gott richten. Den Blick in die Ewigkeit richten. Ewigkeitssonntag!

1  Die Bestimmung zum ewigen Leben

1.1  Eine kleine Begriffsbestimmung

Die hebräische Bibel beschreibt den Begriff „ewig“, „Ewigkeit“ mit dem Begriff „olam“. Es beschreibt entweder 1. die graue, unvordenkliche Vorzeit oder 2. die ununterbrochene Zukunft. Das kann irdische oder auch unendliche Zeitabschnitte bezeichnen.

Im griechischen haben wir für „olam“ den Begriff „aion“. Der Begriff beschreibt die „Zeit als langer Zeitabschnitt“. Auch hier geht es um 1.) die graue Vorzeit oder die vor uns liegende Zukunft. Je nach Zusammenhang streckt sich der Begriff in die unendliche Zukunft und damit in die Ewigkeit. Wenn z. B. der Begriff „aion“ in den Plural gesetzt wird oder wenn er verdoppelt wird (2Tim 4,18), dann haben wir es meist mit der ewigen und unendlichen Welt Gottes zu tun.

1.2  Die Ewigkeit und das „noch nicht“

Das Neue Testament spricht von „dieser Zeit“ (kairos) und von dem „kommenden Weltzeitalter (aion) und meint damit die Zeit, die mit der Wiederkunft Christi, der Auferstehung von den Toten und der Neuschöpfung beginnt. Jesus sagt seinen Jüngern, es ist niemand, der Haus oder Familie verlässt um des Reiches Gottes willen, der es nicht „vielfach wieder empfange in dieser Zeit und in der zukünftigen Welt (aion) das ewige (aionion) Leben“ (Lk 18,28-30). Hier wird die Ewigkeit als etwas Zukünftiges gesehen, was „noch nicht“ ist.

1.3  Die Ewigkeit und das „schon jetzt“

Doch das ewige Leben wird im Neuen Testament nicht nur als zukünftig gesehen. Die Ewigkeit ragt zugleich in die Gegenwart dieser Zeit hinein. Das tut sie in der Person Jesus Christus. Jesus sagt: „Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch (Lk 17,21). Deshalb kann Jesus auch sagen: „Wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben“ (Joh 11,26). Oder Jesus sagt: „Wer mein Wort hält, der wird den Tod nicht sehen in Ewigkeit (Joh 8,51). Ewigkeit und ewiges Leben ist also aus biblischer Sicht nicht nur und allein auf die Zukunft bezogen, sondern sie ist in Jesus bereits da. Mitten unter uns. Die Ewigkeit kommt in unsere Zeit, sie ist „schon jetzt“.

1.4  Die von Gott erfüllte Ewigkeit

Doch Vorsicht! Der Begriff Ewigkeit hat zwar mit Zeit, mit Zeitabschnitten und auch Unendlichkeit zu tun, aber auf keinen Fall geht es nur um einen Zeitbegriff. Aus Sicht der Bibel ist die Ewigkeit ja eine Eigenschaft die zuallererst Gott zu kommt. Gott selbst ist der ewige Gott:

„Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der HERR, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt.“ (Jes 40,28)

„Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (Offb 7,12)

„Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ (Offb 1,8)

Gott ist der ewige Gott, der war, der ist und der da kommt. Er steht vor unserer Zeit, in unserer Zeit und er wird auch am Ende unserer Zeit sein. Er kennt weder Anfang noch Ende. Die Ewigkeit ist also nicht vor allem eine Zeitskala, sondern sie ist erfüllt von einer Person. Dem dreieinigen Gott. Gott dem Vater, Gott dem Sohn, Gott dem heiligen Geist. Dieser dreieinige Gott füllt die Ewigkeit mit seinen Wesenszügen. Seine unbegrenzte Fülle, seine unendliche Macht, seine Liebe, seine Treue, seine Gerechtigkeit, seine Heiligkeit füllen den Begriff Ewigkeit mit Leben. Ewigkeit ist also vor allem von Gott erfüllte Ewigkeit.

Ewiges Leben ist demnach kein zeitlich unbegrenztes Sein, sondern ein „Sein in der Fülle Gottes“. „Ewiges Leben ist Leben nach Art der Ewigkeit Gottes“. Es geht um ein Leben, das in Zeit und Qualität weit über all das hinausgeht, was wir heute als Leben kennen. Man kann von einer alles „übersteigenden Wirklichkeit“ und einer alles „überragenden Lebensfülle“ sprechen. Ewiges Leben kann deshalb nicht getrennt von Gott gelebt werden. Außerhalb von Gott gibt es kein ewiges Leben, kein wahres bleibendes Glück, keine andauernde Lebensfülle. Außerhalb von Gott gibt es nur Tod. Ewiges Leben und Gott sind untrennbar aufeinander bezogen.

1.5  Der Mensch war zum ewigen Leben bestimmt

Gott hat den Menschen mit einer ewigen Bestimmung erschaffen. Mit dieser ewigen Bestimmung ist einerseits das unbegrenzte Leben und damit das Leben ohne Tod gemeint, andererseits das Leben in der Fülle Gottes. Adam und Eva leben im Paradies. Hier herrschte Frieden, es gab keinen Tod, keinen Schmerz, hier war Glück und Liebe, hier war Gott selbst anwesend und wandelte durch den Garten, Adam und Eva konnten ihm begegnen, ihn anbeten, ihn fragen, mit ihm und in seiner Fülle leben. Der Mensch war von Anfang an zum ewigen Leben in der Gegenwart und der Fülle Gottes bestimmt. Mitten im Garten stand der Baum des Lebens (1Mose 2,9), der für die unbegrenzte Lebensfülle und das ewige Leben mit Gott stand. Der Garten Eden und die gesamte Schöpfung standen vor dem Sündenfall unter dem „sehr gut“ Gottes: „Und Gott sah an, alles, was er gemacht hatte und siehe, es war sehr gut“ (1Mose 2,31). Hier gab es keinen Tod, keine Endlichkeit, keine Not, kein Leid, keinen Schmerz. Hier war die Fülle. Und zu diesem erfüllten Glück und erfüllten Leben hat Gott den Menschen ursprünglich bestimmt. Gottes Absicht mit uns war von Anfang an und ist bis heute ewiges Leben in seiner Gegenwart und Fülle.

2  Der Verlust des ewigen Lebens

2.1  Der Einbruch der Sünde

Solange Adam und Eva in einer vertrauensvollen Gemeinschaft mit Gott lebten, standen sie im ewigen Leben. Den Tod gab es nicht. Sie wussten wohl, dass es so etwas wie den Tod gab, aber was das genau bedeutete, war ihnen nicht klar. Vergleichbar mit einem Kind, dem die Eltern sagen, dass es nie den Finger in die Steckdose stecken darf, um einen Stromschlag zu vermeiden. Ein Kind, weiß um diese Warnung, wird aber – wenn es den Eltern vertraut und gehorcht – nicht wissen, was es mit einem Stromschlag auf sich hat und was die Folgen sind. Adam und Eva vertrauten nicht und gehorchten nicht. Sie aßen vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen (1Mose 3,6ff). Dieser Ungehorsam war und ist die Ursünde des Menschen. Diese Sünde führte zum Tod des Menschen. Gottes Warnung wurde plötzlich Realität: „Denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben“ (1Mose 2,17). Nach dem Sündenfall sagt Gott zu Adam: „Du bist Erde und sollst zu Erde werden“ (1Mose 3,19). Die Sünde zieht den Tod nach sich. Vor der Sünde gab es keinen Tod und der Tod wird nur dann richtig verstanden, wenn er als Folge der Sünde erkannt wird. Paulus schreibt an die Römer:

„Der Sünde Lohn ist der Tod.“ (Rö 6,23)

„Wie durch den einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen hindurchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.“ (Rö 5,12)

Als eine der Folgen der Sünde wurden Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben und der Zugang zum Garten Eden durch die Cherubim versperrt. Sie wurden damit vom Baum des Lebens vertrieben mit der folgenden Begründung Gottes: „Dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich“ (1Mose 3,22). Möglicherweise war auch dies ein fürsorglicher Schritt Gottes. Hätten Adam und Eva als unerlöste Sünder Zugang zum Baum des ewigen Lebens würden sie als Sünder ewig leben. Ein Leben in der Gegenwart Gottes wäre dann unmöglich geworden. Vor allem aber: Von nun an ist der Mensch, und weil er die Krone der Schöpfung ist, mit ihm die gesamte Schöpfung der Sterblichkeit und Vergänglichkeit ausgeliefert.

2.2  Der unausweichliche Tod

Mit dem Einbruch des Todes in unsere Welt treten Schmerz und Leid in unsere Welt. Der Tod ist der Feind des Menschen. Wir haben Angst vor ihm. Er bedroht uns und unsere Lieben. Er kündigt sich an im Altern, er tritt uns näher in Krankheiten und Unfällen und kommt am Ende mit bitterer Konsequenz zu den Menschen um uns herum und dann auch zu uns. Vor einigen Wochen sagte jemand: „Die Einschläge kommen näher“ und meinte damit, dass nun Menschen aus dem eigenen Bekanntenkreis sterben. Der Tod ist zu allen hindurchgedrungen und er dringt auch durch zu uns.

2.3  Das Trauern am Totensonntag

Der Totensonntag ist ein Tag des Gedenkens an die Toten. Er wurde von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen per Kabinettsorder im November 1816 für die evangelische Kirche in den preußischen Gebieten zum „allgemeinen Kirchenfest zur Erinnerung an die Verstorbenen“ erklärt. Besonders im Blick waren damals auch die Toten der Befreiungskriege gegen Napoleon. Am heutigen Totensonntag wollen wir in besonderer Weise nachdenken über die Verstorbenen in der eigenen Familie und Gemeinde. Wir wollen auch an die Geschwister denken, die im zurückliegenden Jahr starben, weil sie Christen waren: In Indonesien, im Irak, in Pakistan, In Nordkorea. Wir wollen auch – ganz unabhängig davon, wie man den Kriegseinsatz in Afghanistan wertet – an die Soldaten denken, die starben, weil sie ihr Leben einsetzen, um die Ausbreitung des Terrors auf dieser Erde zu verhindern.

2.4  Das Gegenteil des ewigen Lebens

Doch das Verständnis des Todes muß mit Blick auf die Ewigkeit noch weiter gefasst werden. Aus biblischer Sicht ist der Tod die Trennung von Gott. In Bezug auf die Ewigkeit hat diese Trennung eine Dimension, der wir uns bewusst sein müssen. Der eigentliche Gegensatz zum ewigen Leben ist nämlich nicht „unsere Zeit“, sondern der „ewige Tod“. Die biblischen Autoren und Jesus selbst lassen hier keinen Zweifel zu: Es kann nur den einen oder den anderen Zustand geben. Unsere Zeit ist ein vorübergehendes Phänomen. Das ewige Leben und der ewige Tod sind die eigentlichen Gegensätze. Der Prophet Daniel schreibt:

„Und viele, die unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zu ewiger Schmach und Schande.“ (Dan 12,2)

Jesus sagt von der großen Scheidung im Weltgericht: „Und sie werden hingehen: Diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben.“ (Mt 25,46)

Johannes beschreibt in der Offenbarung den „zweiten Tod“, der jeden Menschen trifft, der nicht im „Buch des Lebens“ (Offb 20,14.15) geschrieben steht. Dieser Tod ist der eigentliche Gegensatz zum ewigen Leben. Es ist der ewige Tod, vor dem Jesus uns Menschen so eindringlich warnt. Es braucht nicht die mittelalterlichen Bilder der Hölle, sondern es reicht, dass wir uns vorstellen, dass es ein Gegenteil zum ewigen Leben gibt. Das ewige Leben ist ein Leben in der Lebensfülle Gottes. Der ewige Tod ist ein „Sein außerhalb und getrennt von der Lebensfülle Gottes“. Nicht Menschen sind es, die hier mit dem erhobenen Zeigefinger drohen, sondern Jesus ist es, der uns in seiner Liebe und Barmherzigkeit vor einer solchen Hölle warnt, um uns gleichzeitig einzuladen zum ewigen Leben. Jesus will, dass wir zu unserer eigentlichen Bestimmung zurückfinden: Ewiges Leben in Gottes Herrlichkeit.

3  Die Sehnsucht nach dem ewigen Leben

„Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur daß der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.“ (Prediger 3,9)

Wir Menschen haben in uns eine Ahnung, dass es ein „ewiges Leben“ geben muss. In uns steckt ein Sehnen, das nicht zu überhören ist. Unser Herz hat in sich eine Unruhe, die erst zur Ruhe kommt, wenn wir diese Ewigkeit in Gott gefunden haben. Wir tragen in uns eine unstillbare Sehnsucht, die erst gestillt wird, wenn wir das wahre Leben in Gott gefunden haben.

Der Mensch sehnt sich nach Leben – Ohne Gott versuchen wir, diese Sehnsucht zu stillen, indem wir uns hier voll und ganz in das Leben stürzen. Clint Eastwood, der gerade den Film „Hereafter“ gedreht hat, sagt dazu: „Ich glaube nur an dieses eine Leben, in dem wir unsere Chancen nutzen sollten.“ Chancen nutzen, das Leben genießen in vollen Zügen. Dieses eine kurze Leben muss gefüllt werden mit Glück, mit Erfolg, mit Gütern, mit Freude.

Wir sehnen uns nach Heimat, nach Ruhe und nach innerer Ausgeglichenheit und doch merken wir, dass diese Sehnsucht unerfüllt bleiben muss, weil wir hier keine echte Heimat, keine echte Ruhe, keinen wahren Frieden finden.

Wir sehnen uns nach Jugendlichkeit, nach Schönheit (Kosmetikindustrie/Anti-Aging Produkte). In den 80er Jahren lief der Hit der Gruppe Alphaville in den Radios: „For ever young“:

Why don’t they stay young (Warum bleiben sie nicht jung?)
It’s so hard to get old without a cause (Es ist so schwer, ohne Grund alt zu werden)
I don’t want to perish like a fading horse (Ich will nicht untergehen wie ein altes Pferd)
Youth is like diamonds in the sun (Die Jugend ist wie Diamanten in der Sonne)
And diamonds are forever (Und Diamanten sind ewig)
For ever young, I want to be forever young. (Für immer jung, ich will für immer jung bleiben)

Der Künstler und Regisseur Christoph Schlingensief, der an Krebs erkrankte und in diesem Jahr starb, schreibt in seinem Buch “So schön wie hier kann es im Himmel gar nicht sein”: „Und das lieber Gott, ist die größte Enttäuschung: Dass Du ein Glückskind einfach so zertrittst.“ Hier ist einer, der leben möchte, hier ist einer, der noch künstlerisch wirken möchte, der sich verewigen möchte, der bleiben möchte, der leben möchte. Eine unstillbare Sehnsucht steckt in uns und sie wird erst gestillt, wenn wir das wahre Leben in Gott finden. Schlingensief sagt in seinem Buch: „Aber eins ist klar: Ich bin kein Atheist. Und ich kann jetzt auch nicht sagen, na gut, das Universum ist irgendwie etwas Höheres. Nee, ich brauche das konkreter: Mit Maria, Jesus und Gott, mit diesen dreien, möchte ich auf alle Fälle weiterleben“. Hier weiß einer: Nur irdisch kann die ewige Sehnsucht nicht gestillt werden. Jesus allein kann die Sehnsucht unseres Herzens stillen.

„Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur daß der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.“ (Prediger 3,9)

4  Das Geschenk des ewigen Lebens

4.1  Gott und das Lineal

Kommen wir zurück zu dem Lineal. Gott hält dieses Lineal in seinen Händen. Er umfasst es vom Anfang und vom Ende her. Er ist über der Zeit und er sieht uns in unserer Not und Verlorenheit. Er sieht uns eingezwängt zwischen zwei Millimeterbalken. Den Blick nach hinten und den Blick nach vorn durch schwarze Balken versperrt. Der Tod trennt uns von der Ewigkeit Gottes und dem ewigen Leben. Das Wunder des Evangeliums ist nun, dass Gott selbst zwischen diese Millimeterbalken kommt. Er wird ganz klein und kommt hinein in diese Sterblichkeit, um das Problem der Sterblichkeit, die Sünde und den Tod zu überwinden.

Durch seinen Tod bezahlt Jesus für die Sünde und packt damit das Problem bei der Wurzel. Durch die Sünde kam der Tod in die Welt. Wer die Sünde weg tut, der überwindet den Tod. Das tat Jesus. Durch das Kreuz und durch die Auferstehung von den Toten hat Jesus die Ewigkeit auf unsere vergängliche Zeitachse gebracht. „Der Sünde Sold ist der Tod, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus unserem Herrn“ (Rö 6,23).

4.2  Wer Jesus hat, hat das ewige Leben

Paulus schreibt an Timotheus: „Jetzt aber ist es offenbart durch die Erscheinung unseres Heilandes Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium.“ (2Tim 1,10)

Im ersten Brief forderte er auf: „Ergreife das ewige Leben zu dem du berufen bist.“ (1Tim 6,12)

Das ewige Leben kann also durch Jesus im hier und heute ergriffen werden. Es ist „mitten unter uns“, ist hier auf unserer Zeitachse greifbar geworden.

„Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ (Joh 17,3)

„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an ich, der wird nimmermehr sterben.“ (Joh 11,25)

Wer Jesus hat, der hat das Leben „schon jetzt“. Er ist aus dem ewigen Tod schon jetzt zum ewigen Leben hindurchgekommen. Und er hat das Leben „noch nicht“, denn er wird es dann erhalten, wenn er nach der Zusage Gottes auferstehen wird von den Toten. Wir haben gesehen, dass unsere eigentliche Bestimmung das ewige Leben gewesen ist. Diese Bestimmung haben wir verloren. In Jesus Christus finden wir zurück in unsere eigentliche Bestimmung. Jesus ruft uns heute zu: „Ergreife mich und mit mir das ewige Leben“.

„Der Sünde Sold ist der Tod, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus unserem Herrn.“ (Rö 6,23)

4.3  Angst vor der Langeweile des Himmels?

Nun gibt es immer wieder Menschen, die sagen, dass sie gar nicht ewig leben wollen, weil sie Angst vor der Langeweile und Untätigkeit ewiger Existenz haben. Auch Christoph Schlingensief schreibt: „Die größte Hölle, die ich mir vorstellen kann, ist, nicht mehr denken und arbeiten zu dürfen. Dann hänge ich vielleicht irgendwo zwischen den Sternen rum und kann nichts tun, würde so gern helfen oder etwas machen, aber kann nichts machen. Ich habe leider große Angst vor diesem Himmel. Ich will hierbleiben. Ich will noch etwas hierbleiben.“ Doch das sind verzerrte Vorstellungen des Himmels.

4.4  Vorfreude auf den Himmel

Der Himmel wird einfach herrlich werden. Von Langeweile wird es da keine Spur geben. Gott ist die Fülle. Gott ist das pure Glück. Gott ist das pure Leben. Wenn Gott sich diese Schöpfung ausgedacht hat, wie können wir dann meinen, dass es dort langweilig werden könnte. Nein, das ist ein fataler Irrtum. Im Himmel wird es genug zu sehen, genug zu reden, genug zu genießen, genug zu arbeiten, genug auszuruhen, genug Zeit für die Anbetung und für die herrlichsten Gottesdienste geben. Gott ist Leben und Leben ist immer in Bewegung. Das ist jetzt so, das wird dann auch so sein. Nein, Langeweile wird es dort nicht geben.

„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. 2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. 3 Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; 4 und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. 5 Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß! 6 Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offb 21,1ff)

Ich wünsche Ihnen allen eine echte Vorfreude auf den Himmel. Wir sollten wieder mehr aus dieser Vorfreude leben. Wir sollten nicht versuchen unsere Sehnsüchte nach Ewigkeit hier zu erfüllen, sondern sie mit Blick auf Jesus und mit Blick auf den Himmel füllen zu lassen. Und wir sollten auch wieder mehr vom Himmel sprechen und für den Himmel Werbung machen, indem wir offen bekennen, dass wir uns auf den Himmel freuen. Gott sagt: „Diese Worte sind wahrhaftig und gewiss“. Der Himmel kommt. Jesus wird wiederkommen. Die Toten werden auferstehen. Ich freue mich auf den neuen Himmel und die neue Erde.

4.5  Kraft aus der Ewigkeit schöpfen

Ich wünsche uns nicht nur die Vorfreude auf den Himmel, sondern auch, dass wir es lernen, unser Leben aus dem Blickwinkel der Ewigkeit zu sehen. Im Lateinischen hat man gesagt: „sub specie aeternitatis“. Man sieht das Leben aus der Perspektive der Ewigkeit, letztlich im Blickwinkel Gottes. Um noch einmal auf das Lineal zurückzukommen. Wir richten den Blick zwischen den Millimeterbalken empor auf die Ewigkeit Gottes, wir schauen auf Gott und sehen uns und unsere Lage mit den Augen des ewigen Gottes. Alles erhält dadurch eine ganz andere Färbung.

Wir werden geduldiger und gelassener, weil wir unsere Zeit plötzlich im Verhältnis zur Ewigkeit sehen. In Gott werden wir ewig leben. Das Leben im hier und Jetzt ist aus den Augen Gottes nur ein kleiner Millimeterabschnitt. Lebensglück und Lebenserfüllung müssen sich nicht zwischen diesen beiden Millimeterstrichen erfüllen. Ich habe ein ewiges Glück. Das macht ruhig und gelassen, das schenkt eine Geduld, die aus der Ewigkeit kommt.

Auch haben die Apostel immer wieder Trost und Kraft geschöpft, weil sie ihr Leiden in Bezug zum ewigen Leben setzten:

„Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. 17 Denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, 18 uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“ (2Kor 4,15-18)

Ich wünsche es uns, dass wir diesen Blickwinkel einüben und einnehmen. Wir dürfen unser Leben, auch die Nöte und Schwierigkeiten, unsere Lasten, die uns drücken aus dieser Ewigkeitsperspektive. Daraus erwachsen Kraft, das Schwere zu ertragen, daraus erwächst Trost, hier entspringen Geduld und Gelassenheit. Das ist der wahre Trost, der aus der Ewigkeit kommt.  Mit einem solchen Trost können wir leben, sterben und auferstehen. Amen.

„Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ (Joh 17,3)

Prediger Johann Hesse, 21.11.2010

Diese Predigt können Sie auch unter www.gemeindehilfsbund.de als Audio-CD bestellen.


Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Dieser Beitrag wurde erstellt am Sonntag 21. November 2010 um 6:35 und abgelegt unter Predigten / Andachten, Theologie.