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Erzbischof Janis Vanags, Botschaft zum Pfingstfest 2010

Dienstag 1. Juni 2010 von Erzbischof Janis Vanags


Erzbischof Janis Vanags

Botschaft des Erzbischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands zum Pfingstfest 2010

Vor seinem Tod am Kreuz hinterließ unser Herr Jesus Christus ein Testament. Seine Seele befahl er Gott an. Seinen Körper hinterließ er Joseph von Arimathäa zur Bestattung in dessen Grabe. Seine Mutter vertraute er dem Apostel Johannes an. Die Soldaten kamen in den Besitz seiner Gewänder. Aber was vermachte Christus seinen Jüngern, die alles verlassen hatten, um ihm nachzufolgen? „Den Tröster, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht.  Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.“ (Joh. 14,17) Einer der Jünger fragt ihn überrascht: „Herr, was bedeutet es, daß du dich uns offenbaren willst und nicht der Welt?“ Aus seiner Frage spricht ehrfurchtvolles Erstaunen – die Propheten haben ihn erwartet, Könige wollten ihn sehen, aber du, Herr willst dich nur uns offenbaren, und nicht ihnen, der Welt? Ist das Auserwählt-Sein Deiner Jünger wirklich so groß? Tatsächlich ist von den hohen Kirchenfesten der Tag der Ausgießung des Heiligen Geistes vor allem das Fest der Jünger.

Wir Christen sind der Tempel Gottes und der Geist Gottes wohnt in uns. (1. Kor. 3,16)  Die Welt empfängt nicht einfach den Heiligen Geist, sondern sie kann ihn überhaupt nicht empfangen, da sie zum Vater in Opposition steht. „Denn alles, was in der Welt ist, des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt“. (1. Joh. 2,16) Die Welt versinkt im Bösen , und das Böse kommt von dem, der ein Lügner und der Vater der Lüge ist. Wie kann dann die Welt überhaupt den  Geist der Wahrheit bei sich empfangen? Im Alten Testament lesen wir, daß das Salböl als Symbol des Geistes nach dem Willen Gottes das Blut des Schuldopfers reinigen sollte. (3. Mose 14,17).

Damit wird in der Zeichensprache vorweg erklärt, daß diejenigen den Heiligen Geist empfangen sollen, die durch das Blut des Einen Hohenpriesters  geheiligt sind. (Hebräer 10,14-15) Der fleischliche Mensch begreift und versteht es nicht, was vom Geist kommt. Diejenigen, die nicht von oben her wiedergeboren sind, können das Reich Gottes nicht sehen., aber denen, die an Ihn glauben, die durch Wasser und Geist wiedergeboren sind, sagt Christus:„Ihr kennt den Geist, der ständig bei euch ist und in euch lebt.“ Am Pfingstfest rüstete Christus Seine Jünger mit der Kraft aus der Höhe aus, damit sie die Botschaft von der Versöhnung in die Welt brächten. Doch dadurch erschuf er Seine Kirche zu etwas völlig anderem als die Welt, dass Er ihr den Geist gab, den die Welt nicht zu empfangen vermag.

Daher können wir begreifen, wie besonders wertvoll dieses Geschenk ist. Doch was fangen wir mit ihm an? Die Antwort entnehmen wir dem Testament Christi: „Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch. Wer mich aber liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren… und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ (Joh. 14,18+21+23) Jesus redet nicht von einem weit entfernten Gott, der nur schwer ansprechbar und hörbar ist. Er redet von Gott, der bei uns wohnt, der mitten unter uns wirkt wie bei der Erschaffung der Welt und mit uns ruht wie am Sabbat. Das ist Gott, der Sein Leben mit uns teilt. Für unser Leben bedeutet das etwas ganz Besonderes: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.“

Nach diesem von Gott gesegneten Frieden sehnt sich jeder in dieser von Unruhe zerrissenen Welt. Die Gegenwart des persönlichen Gottes wünscht sich jeder Christ. Doch es gibt ein Hindernis, das uns noch im Wege steht, und das der Lebenserfahrung eines Christen entspricht.  Jesu Verheißung ist auch mit einer Bedingung verbunden: „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist’s, der mich liebt, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“ (Joh. 14,21) Es gibt einen großen Unterschied zwischen den sentimentalen Gefühlen, die wir gegenüber Jesus haben, und der rauen Wirklichkeit. Der Apostel Johannes sagt: „Meine Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.“ (1. Joh. 3,18). Der Glaube ist die Wurzel, deren schöne Blüte und gute Frucht der Gehorsam ist, welcher nicht über die Notwendigkeit stolpert, Opfer bringen zu müssen

und auf dem Wege nicht stehen bleibt, selbst wenn dieser schwer und finster ist. Durch den Gehorsam gegenüber Christus ziehen die Nähe Gottes, Friede und Freude in unser Leben ein, den die Welt uns weder zu geben noch zu nehmen vermag.

Dennoch kann Gehorsam auch dazu führen, daß er Unsicherheit und Unruhe auslöst. Bin ich wirklich gehorsam? Wie kann ich die Gebote Christi halten, wenn mir schon die Zehn Gebote zu schwer erscheinen? Auch daran hat Jesus in seinem Testament gedacht: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten.“ Das ist keine Aufforderung oder Meßlatte, sondern eine Verheißung. Nicht unsere Willenskraft oder Charakterfestigkeit, sondern unsere Christusliebe ist es, die auch den Gehorsam selbstverständlich mit sich bringt. Die Liebe ist als erste Frucht des Geistes nicht unsere Errungenschaft, sondern Werk des Heiligen Geistes. in uns. „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Friede, Geduld, Freundlichkeit und Treue.“ (Gal. 3,22) Gewiß fühlen wir, dass wir nirgendwo, weder in der Liebe noch im Gehorsam, vollkommen sind. Auch der Apostel Paulus muss zugeben: „Nicht daß ich’s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage dem aber nach, ob ich es wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin“ (Phil. 3,12) Selbst der Apostelfürst Petrus konnte die Frage Jesu „Hast du mich lieb?“ nicht damit stolz beantworten, dass er darauf hinwies, daß er in der Stunde der Gefahr standgehalten hätte, sondern nur sagen: „Herr, Du weißt alles, Du weißt, dass ich Dich lieb habe.“ (Joh. 21,17) Bei dem Gehorsam ist die Voraussetzung der Wunsch, oder wie Paulus es sagt: „Nun aber vollbringt auch das Tun damit, wie ihr geneigt seid zu wollen, ihr auch geneigt seid zu vollbringen nach dem Maß dessen, was ihr habt.“(2. Kor. 8,11) „Nicht daß wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als etwas von uns selber; sondern, dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.“ (2. Kor.3,5-6)

Oft schätzen wir es nicht richtig ein, wie groß das Geschenk ist, daß uns Gott zu Pfingsten gemacht hat und räumen dem in unserem Leben recht wenig Platz ein, obgleich wir ihm gegenüber eine tiefe, ehrfürchtige und dankbare Bewunderung empfinden sollten. Hier schlägt eigentlich das Herz unseres Lebens. Paulus vergleicht den Alltag eines Christen mit einem Wettkampf. Bei dem geht es nicht um einen Wettbewerb mit anderen um die schönen Dinge dieser Welt. Es ist auch kein Wettlauf, bei dem man mehrere Kontrollpunkte erreichen muss, was notiert wird, und ich dann Gott etwas vorzeigen kann, was eine ähnliche Bedeutung hat wie eine Eintrittskarte in den Himmel. Es ist ein geduldiger Wettkampf mit mir selbst, bei dem ich lernen muss, mich dem Wirken des Heiligen Geistes nicht zu widersetzen. Christus hat uns die Werkzeuge dafür in die Hand gegeben. Da ist zuerst die Abkehr von der Sünde in mir. Dann hat Er Sein Wort und die Sakramente geschenkt und die Möglichkeit mit Ihm zu reden wie mit unserem Vater im Himmel, und das allein oder in der Versammlung der Gemeinde, sowohl ernst in der Stille, als auch lautstark im fröhlichen Lob. Er hat alles vorbereitet und uns zugedacht. Nehmen wir es dankbar an und machen davon mit Freude Gebrauch. Dann schenkt uns der Geist täglich die Abkehr von den Sünden, den Glauben an das Evangelium, die Liebe zu Christus, die Lebensfreude, den Frieden mit Gott, den Menschen und mit mir selbst, und alles, was meine Seele braucht, um glücklich zu sein. Dann wird mein Leben zum Segen für andere und auch für Gott annehmbar, weil es sich die Christusliebe und das Halten Seines Wortes zum Ziel gesetzt hat. Das ist der Sinn des Lebens und der Sieg über die Welt.

Das Pfingstgeschenk Gottes erleuchte uns stets in den Realitäten unseres Lebens und Wirkens im Alltag! Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen.

Herzlich grüßt Euch Euer Erzbischof Jānis Vanags

(Übersetzung: Johannes Baumann)

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 1. Juni 2010 um 12:20 und abgelegt unter Predigten / Andachten.