Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Charakteristika der BasisBibel

Montag 16. Juni 2025 von Pastor Dr. Stefan Felber


Pastor Dr. Stefan Felber

BasisBibel, das Neue Testament und die Psalmen. Stuttgart: Dt. Bibelgesellschaft 2012 (ff.), 1520 S.

1. Übersetzungstypus

Die BasisBibel wird als kommunikativer BibelĂŒbersetzungstypus[1] prĂ€sentiert (laut Nachwort), d.h. sie will unmittelbar verstanden werden.

Das Nachwort (S. 8f.*) besagt, die Herausgeber der BasisBibel rechneten mit „informationeller Kurzsichtigkeit“ der Leser am Bildschirm. Daher mĂŒsse „die sprachliche Struktur der vermittelten Informationen in einer Weise gestaltet sein, die unmittelbar ĂŒberschaubar und eingĂ€ngig ist – andernfalls wird sie entweder gar nicht erst wahrgenommen oder sofort wieder vergessen.“ (Nachwort S. 9*, vgl. unten ĂŒber das Layout)

Daher folge die BasisBibel dem Prinzip der „linearen Informationsvermittlung“: „in sich abgeschlossene[n] Einheiten, die wie die Perlen an einer Kette aufeinanderfolgen. Langatmige SchachtelsĂ€tze und umstĂ€ndliche ErklĂ€rungen sind damit von vornherein ausgeschlossen. Klar und prĂ€gnant muß die Botschaft in Worte gefaßt werden. Entsprechend kommt die BasisBibel in aller Regel mit SĂ€tzen aus, die nicht mehr als 16 Wörter und nur einen Nebensatz umfassen.“ (Nachwort S. 9*)

Als „QualitĂ€tsstandard“ wird das „Luther-Prinzip“ [!!] genannt (AufzĂ€hlung ohne Numerierung in folgender Reihenfolge):

  1. Treue gegenĂŒber dem Leser.
  2. Treue gegenĂŒber dem Text (N-A 27.Aufl.).
  3. Treue gegenĂŒber dem Evangelium: „Die Übersetzung soll deutlich machen, dass es hier tatsĂ€chlich um die ‚Gute Nachricht’ geht – darum, dass Gott die Welt durch Jesus Christus erlöst. Das ist das reformatorische Grundanliegen Luthers wie der BasisBibel und zugleich das Fundament fĂŒr das Leben des Menschen wie der Kirche. So will die BasisBibel dafĂŒr sorgen, dass die Bibel die Basis bleibt – heute und morgen.“ (Nachwort S. 11*)

RĂŒckfragen:

  • Warum wird die Treue zum Leser zuerst genannt?
  • Was bedeutet Nr. 3 fĂŒr die Verstockungsaussagen der Bibel oder Esau in Hebr 12? Darf Gott jemandem den Zugang zum Glauben verschließen?
    Daß die Bibel offenbar mehr intendiert als unmittelbare VerstĂ€ndlichkeit, kommt hier unter die RĂ€der.
  • Wie kann man das „Luther-Prinzip“ derart verhunzen? Hier schreiben offenbar Leute, die sich nicht mit Luthers Vorstellung vom Übersetzen befaßt haben, sondern vor allem den Werbespruch „den Leuten aufs Maul schauen“ vor Augen haben.

 

2. Besonderes Layout

Die Vorgaben des Übersetzungstypus resultieren in einem eigenen Layout: Jede Zeile beschrĂ€nkt sich auf eine einzige Sinneinheit (Nachwort S. 10*)! Jede Buchseite hat eine eigene Webadresse: auf dieser Web­adresse wird je die Buchseite reproduziert samt weiteren Informationen. Ferner finden sich eingeschossene ThemenblĂ€tter: Gelegentlich taucht mitten im Text eine Leerseite mit einem groß gedruckten Wort darauf, z.B. vor Joh 4,40 „Krankheit“, und auf der RĂŒckseite eine Reihe mit Bibelstellen zu diesem Thema. Oder: Vor Röm 13,9 (sic!) findet sich groß „Advent“, auf der RĂŒckseite dann sechs Paralleltexte dazu; vor Mk 10,15: „Kinder“; vor Mk 2,18: „Fasten“ (mit drei Parallelstellen). Die Parallelstellen beschrĂ€nken sich hierbei je auf NT und Psalmen, damit man auch mit der vorliegenden Bibelausgabe auskommt.

Ein Charakteristikum bilden die BegriffserklĂ€rungen am Ă€ußeren Rand. Die BasisBibel (NT+Ps) wird darum so dick, weil zum einen jede Information eine eigene Zeile braucht, und zum anderen weil jede BegriffserklĂ€rung bei einem neuen Vorkommen des Begriffs auf einer neuen Seite wiederholt wird. Allerdings fehlen Parallelstellen (Ausnahme: eingeschossene ThemenblĂ€tter)!

  • Statt „sacra scriptura sui ipsius interpres“ hier also das Prinzip der direkten Information.
    Das Prinzip anderer Bibeln (z.B. Lutherbibel), BegriffserklÀrungen am Ende zu sammeln, ist m.E. deutlich effizienter, auch leserfreundlicher.

Sehr schön: Alphabetische Psalmen haben den hebrÀischen Buchstaben je am linken Rand (z.B. Ps 37. 119).

Die BasisBibel erhielt 2011 mehrere Auszeichnungen fĂŒr die graphische Gestaltung (u.a. Art Directors).


3. Verantwortlich zeichnende Institutionen

BasisBibel ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Bibelgesellschaft in Zusammenarbeit mit einigen teilweise konservativen Institutionen, u.a. aej, AMD, Bibellesebund, cjd, EC. GroßzĂŒgig gefördert wurde sie auch durch die EKD (Angabe der letzten Seite).


4. Textbeispiele

a) Mk 1,4

Hier folgt die BasisBibel genau den Elementarsatz-Prinzipien Eugene Nidas (Mk 1,4 war sein Lieblingsbeispiel!):

4 So ist es eingetroffen:
Johannes der TĂ€ufer trat in der WĂŒste auf
und verkĂŒndete den Menschen:
„Lasst euch taufen!
Ändert euer Leben!
Gott will euch eure Schuld vergeben!“

b) Joh 1 (Kopie von der Homepage):

1 Von Anfang an gab es den,
der das Wort ist.
Er, das Wort gehörte zu Gott.
Und er, das Wort war Gott in allem gleich.

       – Die klare Identifizierung ist hier weg: Nur „gleich“ – statt vielmehr einfacher und genauer: „er war Gott“!

2 Dieses Wort gehörte von Anfang an zu Gott.
3 Durch dieses Wort wurde alles geschaffen.
Und nichts, das geschaffen ist,
ist ohne dieses Wort entstanden.
4 Er, das Wort, war zugleich das Leben in Person.
Und dieses Leben bedeutete
das Licht fĂŒr die Menschen.
5 Das Licht leuchtet in der Dunkelheit,
und die Dunkelheit konnte es nicht ĂŒberwĂ€ltigen.

c) Ps 119,1:

„GlĂŒcklich sind, die vorbildlich leben: Sie halten sich an die Weisung des Herrn.“

       – „Vorbildlich“ wird hinzugefĂŒgt; der „Weg“ hingegen entfĂ€llt (letzteres leider auch in Luther1984).

FĂŒr „Weisung“ steht folg. BegriffserklĂ€rung am Rand: „Im Judentum die ‚Tora‘. Sie umfasst die schriftliche und mĂŒndliche Willensmitteilung Gottes.“


5. Bewertung

Was man mit der BasisBibel versucht hat, wĂ€re besser mit der Lutherbibel versucht worden, anstatt noch einmal von vorne anzufangen. Mit der Hoffnung auf missionarische Effekte wird wieder ein neuer Text in die Gemeinden gegeben. Letztlich wird es die Gemeinde eher nach innen schwĂ€chen als sie nach außen attraktiver machen. Angesichts der FĂŒlle an bestehenden Übersetzungen (des gleichen Typus!) ist die breite UnterstĂŒtzung (s.u. Nr. 3) unverstĂ€ndlich.

Andere Rezensenten (Prof. Dr. Bernd Beuscher: „Die neue ‚BasisBibel‘ ist ein Offenbarungseid“, Hannah Bethke in der FAZ) haben bereits zu Recht auf den Verlust der theonomen Dimension aufmerksam gemacht.

Stefan Felber, 29.05.2013 (Literatur-ErgÀnzung Juni 2025)

[1] Siehe hierzu: Felber, Stefan. Kommunikative BibelĂŒbersetzung. Eugene A. Nida und sein Modell der dynamischen Äquivalenz, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2013, 3. Aufl. 2022, 481 S. (englisch: „Toward a Science of Translating? Eugene A. Nida and His Theory of Dynamic Equivalence, 2025, 600 S.); Felber, Stefan (Hg.): Zwischen Babel und Jerusalem. Aspekte von Sprache und Übersetzung, Berlin: Frank & Timme 2018, 3. Aufl. 2023, 250 S.

 

Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 16. Juni 2025 um 12:15 und abgelegt unter Gemeinde, Kirche, Sprache, Theologie.