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Nein zur Genderisierung der Kirche!

Dienstag 6. Juni 2023 von Confessio e.V.


Confessio e.V.

In kirchlichen Texten tauchen immer mehr Gender-Sterne auf. Manche halten das fĂŒr eine Art von neuer Rechtschreibung, die man einfach ĂŒbernehmen sollte. Andere meinen, dass es dabei um viel mehr geht als nur um eine neue Schreibweise. Einige Mitglieder der Pfarrerarbeitsgemeinschaft Confessio beziehen kritisch Stellung. Gerne können Sie diese Stellungnahme in Kirche und Öffentlichkeit weitergeben, wo Sie auf die Umwandlung von Schrift und Sprache nach dem Gender-System stoßen.

1. Auf der Ebene von Kirchenleitung und Kirchenverwaltung tauchen immer mehr Texte mit Genderstern auf, auch in einer Liturgie fĂŒr die Weihnachtsfeier 2020 zuhause. Die neue Schreibweise wird ohne AnkĂŒndigung und ohne BegrĂŒndung immer öfters in Gebrauch genommen. Damit ergreift die Kirche Partei in einem offenen gesellschaftlichen Diskussionsprozess mit Pro- und Contra-Position, ohne die neue Schreibweise konsequenter-weise ĂŒberall anzuwenden und ohne die Pro-Position zuvor klar zu artikulieren. Das entspricht der Methode des „Mainstreaming“, bei der Bevormundung, Beeinflussung, Vereinnahmung und Gewöhnung die faire Auseinandersetzung und Respektierung unterschiedlicher Meinungen ersetzt. Diesen undemokratischen Weg der Überfremdung der Kirche lehnen wir ab.

2. Es wird argumentiert, dass die WĂŒrde derjenigen Personengruppe, die sich in Deutschland seit 2018 in amtlichen Dokumenten als „divers“ bezeichnen kann, respektiert werden mĂŒsse. Aus der guten Absicht, eine Personengruppe zu wĂŒrdigen, folgt nicht automatisch und zwingend, dass sie auch stĂ€ndig sprachlich abgebildet werden muss. Die Gruppe der behinderten Menschen ist ebenso zu wĂŒrdigen wie die Gruppe der ungeborenen Menschen, die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund ebenso wie die Gruppe der Menschen einer bestimmten Religion. Der Sinn eines Sammelbegriffs liegt darin, nicht stĂ€ndig zu differenzieren, sondern die unterschiedlichen Individuen unter einer verbindenden Zugehörigkeit oder Eigenschaft zu inkludieren. Ein Kollektivbegriff, der die Gattung Mensch anspricht oder eine Berufsgruppe oder eine Mitgliederversammlung, darf nicht unter dem moralischen Verdikt der „Diskriminierung“ ausgemerzt werden, weil einer gebrauchsfreundlichen Sprache mit sinnvollen Kollektivbegriffen grundsĂ€tzlich keine negativen Wertungen zu unterstellen sind.

3. Die EinfĂŒhrung der Kategorie „divers“ trĂ€gt dem Umstand Rechnung, dass sich bestimmte Personen nicht dem mĂ€nnlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen möchten. Faktisch ist es so, dass eine verschwindend geringe Anzahl von Personen von der Möglichkeit Gebrauch machen. Nach Auskunft der Zeitung WELT waren es in Stuttgart im Jahr 2019 eine Person, im Jahr 2020 zwei Personen.(1) Dass wegen einer Personengruppe, die prozentual im niedrigsten Promillebereich liegt, Schreibweise und Sprachform flĂ€chendeckend abzuĂ€ndern seien, ist eine These, die eine Minderheit gegenĂŒber der Mehrheit instrumentalisiert. Sie ist auch deswegen unhaltbar, weil die Gruppe der „Diversen“ nichts Ă€ndert an der sinnvollen Einteilung der Gattung Mensch in die beiden Existenzformen Mann und Frau. Im Blick auf Menschen mit PhĂ€nomenen, die von der typischen geschlechtlichen PrĂ€gung abweichen, spricht die EuropĂ€ische Gesellschaft fĂŒr pĂ€diatrische Endokrinologie von „Störung der Geschlechtsentwicklung“ (disorders of sex development, DSD). 2 Eine Störung oder ein Mangel begrĂŒnden aber keinen neuen Menschentyp. Von einem einheitlich definierbaren „dritten Geschlecht“ kann nicht die Rede sein. Bei Kindern und Jugendlichen mit gewissen Abweichungen vom Genotyp Mann und Frau ist nach Aussage eines fĂŒhrenden TĂŒbinger Kinderarztes die eindeutige Zuordnung zu einem Geschlecht fast immer von den Betroffenen erwĂŒnscht und auch biologisch begrĂŒndbar, wohingegen die Verweigerung dieser Zuordnung zu tiefen IdentitĂ€tskrisen fĂŒhren kann.

4. Der Begriff „Gender“, mit dem der Genderstern offiziell tituliert wird, ist kein wertneutraler Begriff der deutschen Sprache und Rechtschreibung. Er ist vielmehr ein Container-Begriff aus dem Gedankensystem der feministischen Philosophin Judith Butler. Mit der EinfĂŒhrung des Begriffs „Gender“ („soziales Geschlecht“) etabliert Butler die These, dass die geschlechtliche Zuordnung nicht biologisch begrĂŒndet, sondern gesellschaftlich konstruiert sei. Diese von einer realistischen wissenschaftlichen Sicht des Menschen gelöste Anschauung muss man ganz klar als Ideologie erkennen und benennen. Es ist eine Aufgabe der Kirche, der „Grundfeste der Wahrheit“ (1.Tim 3,15), Wahrheit und Ideologie zu unterscheiden und die Ideologie, die zur Desorientierung und zum UnglĂŒck der Menschen fĂŒhrt, zurĂŒckzuweisen.

5. Die EinfĂŒhrung der Gender-Sprache von mĂ€chtigen Lobbys und Interessengruppen in der westlichen Welt nach dem Top-Down-Prinzip verwirklicht eine subversive Strategie, die Wikipedia folgendermaßen beschreibt:

„Butlers frĂŒhe politische Philosophie wird unter dem Titel Politik des Subversiven zusammengefasst. Im Mittelpunkt steht darin die Queer-Theorie, die SexualitĂ€t als strukturelle Dimension des Sozialen, Politischen und Kulturellen ansieht. Queer Studies und Queer politics als angewandte und öffentliche AusdrĂŒcke der Theorie eröffnen Handlungsoptionen, denn wenn man in der PerformativitĂ€t die soziale WirkmĂ€chtigkeit von Sprechakten erkennt, so sind auch deren VerĂ€nderungen denkbar. Durch eine Wiederverwendung und Neudeutung von Denkfiguren ĂŒber IdentitĂ€t und Norm werden sozial autorisierte Körper/Subjekte von Gewicht durch eine durchbrechende performative Verschiebung entwertet. Die subversiven Wiederholungen bieten die ‚Möglichkeit des Sprechakts als Akt des Widerstands‘. Konsequent verweigert Butler auch in ihrem politischen Denken die Unterscheidung von sex und gender. Durch Dekonstruktion gelte es, Spielraum fĂŒr ein Erproben von alternativen GeschlechtsidentitĂ€ten, queer identities, zu schaffen. Queer ist hierbei nicht als stĂ€ndig wechselbare IdentitĂ€t gedacht. Ziel sei vielmehr, die Kontingenz von anatomischen Körpermerkmalen und performativer GeschlechtsidentitĂ€t aufzuzeigen und zur Geschlechter-Verwirrung anzustiften.“ (3)

Die Kirche, deren Herr und Gebieter Jesus Christus ist, steht unter seinem apostolischen Gebot: „Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern Ă€ndert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prĂŒfen könnt, was Gottes Wille ist.“ (Rö 12,2) Diesen Auftrag verleugnet diejenige Kirche, die sich zur ErfĂŒllungsgehilfin einer wirklichkeitsfernen Ideologie und subversiven Strategie macht.

6. Es wird argumentiert, dass die Proklamation der Einheit der Christen unterschiedlicher NationalitĂ€t, unterschiedlichen Standes und Geschlechts in der Person Jesus Christus in Galater 3,28 zur sprachlichen Wahrnehmung eines „dritten Geschlechts“ verpflichte. In Galater 3,28 ist freilich von keinem dritten Geschlecht die Rede, sondern ausschließlich von Mann und Frau, so wie dies in der ganzen Bibel durchgĂ€ngig vom ersten bis zum letzten Buch der Fall ist. In Galater 3 wendet sich der Apostel Paulus an die „unverstĂ€ndigen Galater“ und die „lieben BrĂŒder“, die durch den Glauben „Gottes Kinder in Christus Jesus“ sind (3,1.15.26). Auch an diesem Brief lĂ€sst sich studieren, dass angemessene Anrede an die Gemeinde eben nicht stĂ€ndig differenziert, sondern vielmehr bewusst inkludiert. Genau dadurch wird keineswegs diskriminiert, sondern vielmehr Einheit gewĂŒrdigt und gestiftet. Das letzte, durchschlagende Argument gegen die Genderisierung und Ideologisierung der Kirche ist Gottes Wort, das jeden Menschen liebevoll anredet, ihm aber sein verkehrtes Menschenbild und Gottesbild aus der Hand schlĂ€gt. „Habt ihr nicht gelesen: Der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau?“ (Mt 19,4)

7. Als Diener des Wortes, die per OrdinationsgelĂŒbde dazu verpflichtet sind, darauf Acht zu haben, „dass falscher Lehre, der Unordnung und dem Ärgernis in der Kirche gewehrt werde“, fordern wir die Kirchenleitung und unsere Kollegenschaft dazu auf, das Gender-Denksystem kritisch zu reflektieren. Wir behalten uns in Zukunft vor, den Genderstern in kirchlichen Texten an geeigneter Stelle, z.B. im Kirchengemeinderat, zu thematisieren und öffentlich zu kritisieren.

Einige Mitglieder der Pfarrerarbeitsgemeinschaft Confessio e.V., im MĂ€rz 2021.

Quelle: https://www.confessio-wue.de/nein-zur-genderisierung-der-kirche/
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(1) 12.2020, https://www.welt.de/vermischtes/article221852696/In-deutschen-Staedten-So-viele-Geschlechtseintraege-divers-gibt-es-wirklich.html

(2) Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/IntersexualitĂ€t. “Im Oktober 2005 fand in  Chicago, USA, eine Konsensuskonferenz der Lawson Wilkins Pediatric Endocrine Society (LWPES) und der European Society for Paediatric Endocrinology (ESPE) statt, auf der ein Consensus Statement on management of intersex disorders verabschiedet wurde. Dieses empfiehlt, anstelle der bisherigen Begriffe IntersexualitĂ€t oder Hermaphroditismus die Bezeichnung Störung der Geschlechtsentwicklung (Disorders of sex development, DSD) zu verwenden.“

(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Judith_Butler

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 6. Juni 2023 um 10:06 und abgelegt unter Ehe u. Familie, Gesellschaft / Politik, Sprache.