Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Die „Ehe für alle“ im Licht der biblischen Ehelehre

Donnerstag 29. April 2021 von Dr. Joachim Cochlovius


Dr. Joachim Cochlovius

Als der Deutsche Bundestag am 30. Juni 2017 mit deutlicher Mehrheit (393 Jastimmen, 226 Neinstimmen, 4 Enthaltungen) die sog. „Ehe für alle“ einführte, war der Jubel bei den Befürwortern groß. Die drei Parteien SPD, Grüne und Linke hatten geschlossen dafür gestimmt und von CDU/CSU 75 Abgeordnete. Bei Befragungen unter der Bevölkerung im Anschluss an das neue Gesetz äußerten sich viele positiv. Der Tenor bei den Befürwortern war: Jeder solle doch sein Leben so gestalten, wie er es für richtig hält. Wenn Männer Männer lieben und Frauen Frauen, dann sollten sie ihrem gemeinsamen Leben auch einen rechtlichen Rahmen geben können, der keinerlei Unterschied mehr mache zur traditionellen Ehe von Mann und Frau.

Gegner des Gesetzes meinten allerdings, dass der Bundestag mit diesem Gesetz gegen das Grundgesetz verstoßen habe, das ausdrücklich die Ehe von Mann und Frau und die daraus erwachsene Familie unter den besonderen staatlichen Schutz stelle. Auch Bundeskanzlerin Merkel erklärte im Anschluss an die Abstimmung, dass das Grundgesetz allein die Ehe von Mann und Frau unter die staatliche Fürsorge stelle und dass sie gegen das Gesetz gestimmt habe. 2018 haben etwa 37 000 gleichgeschlechtliche Paare vom „Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ Gebrauch gemacht. Für 2019 und 2020 konnte ich keine statistischen Angaben finden.

Deutschland hat sich mit diesem Gesetz einer Reihe mittel-, west- und nordeuropäischer Länder angeschlossen, die ebenfalls das Rechtsinstitut „Gleichgeschlechtliche Ehe“ eingeführt haben. Das erste Land in dieser Hinsicht waren die Niederlande, die bereits 2001 ein entsprechendes Gesetz verabschiedet haben. Einen nicht zu unterschätzenden Werbeeffekt für die „gleichgeschlechtliche Ehe“ bewirkte der frühere französische Präsident Hollande, der in seinem Wahlkampf 2012 die Einführung der von ihm so genannten „Ehe für alle“ versprach. Die meisten ost- und südeuropäischen Länder bieten mittlerweile gleichgeschlechtlichen Paaren das Rechtsinstitut „Eingetragene Partnerschaft“ an, verzichten aber auf die Rechtskonstruktion „Gleichgeschlechtliche Ehe“. Einige Länder wie Polen, Ungarn und Kroatien haben in ihrer Verfassung verankert, dass eine Ehe nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden kann. Weltweit gesehen ist die gleichgeschlechtliche Ehe in der westlichen Hemisphäre weitgehend rechtlich anerkannt (in Kanada seit 2005, in Argentinien seit 2010, in Brasilien seit 2013, in den USA seit 2015). Abgelehnt wird sie von Russland und fast allen Ländern Afrikas und Asiens.

Erstaunlich ist das rasante Tempo der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Verbindungen als „Eingetragene Partnerschaft“ bzw. als „Gleichgeschlechtliche Ehe“ in der westlichen Welt. Es sind immerhin erst 20 Jahre vergangen, seit das erste Land (Niederlande) den Weg zur rechtlichen Verankerung der „gleichgeschlechtlichen Ehe“ frei machte. Christa Meves, die bekannte Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, sprach schon in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von der kommenden „Homosexualisierung Europas“. Überblickt man die schnelle Anbindung der „Ehe für alle“ an die Rechtssysteme Mittel-, West- und Nordeuropas und der beiden amerikanischen Kontinente, wird man ihr recht geben müssen, zumindest was die ideengeschichtliche Verbreitung angeht. Das ist Grund genug, zu versuchen, diese Entwicklung im Licht der biblischen Eheauffassung zu betrachten.

Ein zentraler biblischer Ausgangstext ist das Streitgespräch Jesu mit den Pharisäern über die Ehescheidung in Mt 19. Jesus führt hier die Ehe von Mann und Frau unmittelbar auf die Schöpfung zurück. „Habt ihr nicht gelesen, dass der, der am Anfang den Menschen gemacht hat, sie schuf als Mann und Frau?“ (Mt 19,4) Die Bipolarität des Menschen ist also nach Jesu Worten das Ergebnis des Willens Gottes. Es bedarf keiner weiteren Überlegung, um festzustellen, dass damit die Ehe von Mann und Frau in Jesu Augen als eine unmittelbare Stiftung Gottes anzusehen ist. Es ist völlig undenkbar, dass Jesus eine gleichgeschlechtliche Verbindung eines Mannes mit einem Mann bzw. einer Frau mit einer Frau, die auch sexuelle Praxis mit einschließt, als ein Schöpfungswerk Gottes angesehen hätte.

Eine weitere biblische Kernaussage zum Thema Ehe ist der Fruchtbarkeitssegen, den Gott nach 1 Mose 1,28 über Mann und Frau ausgesprochen hat. Damit ist die Ehe von Mann und Frau außerordentlich geadelt, denn hier geschieht nichts Geringeres als die Übertragung göttlicher Schöpferintelligenz und Schöpferkraft auf den Menschen. Letztlich hat der Fruchtbarkeitssegen aber eine soteriologische Dimension, d.h. er dient dazu, Menschen das Leben zu geben, für die Jesus Christus gekommen ist, um sie von Sünde, Tod und Teufel zu erlösen. Bedenkt man diesen hohen Stellenwert menschlicher Fruchtbarkeit in der Bibel, fällt es schwer, sich vorzustellen, dass die „gleichgeschlechtliche Ehe“, die keine Nachkommen zeugen kann, ebenfalls dem Zweck des Fruchtbarkeitssegens entspricht.

Eine dritte biblische Ehewahrheit steckt in der Begrifflichkeit, mit der Mann und Frau beschrieben werden und die das unterschiedliche Wesen und die unterschiedliche Bestimmung der beiden Geschlechter angibt. Die Frau wird beschrieben mit dem Begriff der „Hilfe“ (1 Mose 2,18) und der Mann mit dem Begriff „Haupt“ (1 Kor 11,3). Beide Begriffe müssen entstaubt werden, um ihre eigentliche Aussage zu verstehen. „Hilfe“ ist biblisch gesehen kein degradierender Begriff, sondern wird oft auf Gott selbst angewendet (z.B. Ps 121,2 „Meine Hilfe kommt vom Herrn“). „Haupt“ bezeichnet biblisch keine übergeordnete Befehlszentrale, sondern eine väterliche und fürsorgliche Haltung (z.B. 1 Kor 11,3 „Gott aber ist das Haupt Christi“). „Hilfe“ und „Haupt“ bezeichnen in der Bibel das Wesen und die Bestimmung bzw. Verantwortung der Frau und des Mannes. Die Frau hat die Begabung und die Pflicht, ihrem Mann zu helfen, ein Mann nach dem Willen Gottes zu werden. Der Mann hat die Begabung und die Pflicht, fürsorgliche Verantwortung für seine Frau und seine Kinder zu übernehmen. Das biblische Konzept für das Miteinander von Mann und Frau kann man am besten mit sich ergänzender Unterschiedlichkeit beschreiben. Es liegt auf der Hand, dass eine „gleichgeschlechtliche Ehe“ die biblische Konzeption des Miteinanders von „Haupt“ und „Hilfe“ gar nicht oder nur sehr begrenzt praktizieren kann.

Das Konstrukt der „gleichgeschlechtlichen Ehe“ widerspricht also in mindestens dreifacher Hinsicht der biblischen Ehekonzeption. 1.) Sie entspricht nicht der von Gott gewollten bipolaren Geschöpflichkeit des Menschen. 2.) Sie missachtet den Sinn und Zweck des göttlichen Fruchtbarkeitssegens. 3.) Sie vermag die Potentiale, die in der Unterschiedlichkeit der beiden Geschlechter angelegt sind, nicht oder nur sehr begrenzt auszuschöpfen. Christen, die sich in ihrer Ehe- und Sexualethik an der Offenbarung des Willens Gottes in der Bibel orientieren, können in der „Ehe für alle“ keinen gesellschaftlichen Fortschritt erkennen. Im Gegenteil, sie tragen Sorge, dass durch die staatliche Propagierung solcher Verbindungen die göttliche Stiftung der Ehe von Mann und Frau in unserer Gesellschaft mehr und mehr verdunkelt und diskreditiert wird. Dem Zusammenhalt der Gesellschaft wird nicht gedient, wenn ihre Kernzelle, die aus der Ehe von Mann und Frau erwachsende Familie, immer mehr ausgehöhlt wird. Auf die christlichen Familien kommen schwere Zeiten zu. Desto mehr sind sie aufgrund ihres Glaubens berufen, mit Gottes Hilfe ihre Ehen zu stärken und ihren Kindern die Vorzüge einer gesegneten Ehe vorzuleben.

Pastor Dr. Joachim Cochlovius

Aus: Aufbruch – 1/2021 (März)

Die aktuelle Ausgabe des Aufbruchs kann hier heruntergeladen werden. Wenn Sie den Aufbruch kostenlos abonnieren möchten, schreiben Sie bitte an info@gemeindehilfsbund.de.

Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 29. April 2021 um 17:47 und abgelegt unter Ehe u. Familie, Gesellschaft / Politik.