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Ökumene mit dem Islam?

Dienstag 28. August 2007 von Dr. Hans-Peter Raddatz


Dr. Hans-Peter Raddatz

Ökumene mit dem Islam?
Handreichungen der Deutschen Bischofskonferenz und EKD
zum Dialog-Komplex „Christen und Muslime in Deutschland“

Aufgabe und Umfeld

Nicht in nur in Deutschland, sondern auch in anderen wichtigen Ländern Europas – vor allem in Frankreich und England – bilden die Muslime die größte nichtchristliche Glaubensgemeinschaft. Während deren Menschen dort überwiegend aus den früheren Kolonien in Nordafrika und dem indopakistanischen Raum stammen, kommen die hiesigen Muslime zu drei Vierteln aus der Türkei.Nach relativ kurzem Status als „Gastarbeiter“ richten sie sich auf der Basis eines regen Familiennachzugs seit nunmehr über drei Jahrzehnten auf eine ständige Präsenz in Deutschland ein. Das rasante Wachstum der „Umma“, der Gemeinschaft Allahs, in Europa, ihr Vorrücken mit Moscheen, Kulturzentren und verhüllten Frauen, die massive Unterstützung aus dem Orient sorgen für ständigen Gesprächsstoff, den die deutschen Medien und Institutionen in einen inzwischen fest etablierten „Mainstream“ der Toleranz und des Respekts gelenkt haben.

Mit einem „interreligiösen Dialog“ schalteten sich beide Kirchen schon früh in diesen Diskurs ein, wobei sie zwei Schwerpunkte bildeten: die Information über die Strukturen des Islam sowie die Begegnung mit den Muslimen in den Gemeinden vor Ort. Jeweils für sich haben die Deutsche Bischofskonferenz für die Katholische Kirche sowie der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland sogenannte „Handreichungen“ herausgegeben, in denen sie den Gläubigen ihre Sicht des Islam bzw. seiner deutschen Version erläutern. Deren spezifische Beschaffenheit und der Mentalität der Anhänger provozieren immer wieder öffentlichen Klärungsbedarf, der mit simplen Aufrufen zu „Respekt“ offenbar nicht bewältigt werden kann. Nächstehend sollen daher die wesentlichen Positionen dieser Dokumente vorgestellt und einer wissenschaftlichen wie auch praktischen Wertung unterzogen werden. Dabei interessiert uns vor allem, in welcher Weise hier die eigene theologische Basis mit den islamischen Interessen in Einklang – oder auch nicht – gebracht und der „aufgeklärten Informationsgesellschaft“ vorgetragen wird.

Die letzten Ausgaben der Handreichungen stammen aus den Jahren 2003 (kath.) bzw. 2006 (ev.), also aus einer Zeit nach dem Anschlag auf New York, dem „Urknall“ des islamischen Radikalismus vom September 2001. Die EKD geht schon in der Einleitung auf die Notwendigkeit ein, die erkennbaren Gewaltmerkmale des Islam offen anzusprechen, um lokales Vertrauen schaffen zu können, während sich die Bischofskonferenz (nachstehend DBK) in dieser Hinsicht bedeckt hält. Die AutorInnen beider Papiere erheben den Anspruch, die vielschichtige Materie des „Dialogs“ hinreichend verständlich zu machen und somit auch die Verständigung zwischen deutschen Alt- und muslimischen Neubürgern zu unterstützen.

Den LeserInnen wird dabei eine „kritische Offenheit“ (DBK) angekündigt, mit der „kritische Rückfragen“ (EKD) gestellt werden sollen, damit der „Dialog“ insgesamt vorankommt. Der formal mögliche Hinweis, daß die EKD im Vorteil sein könnte, weil zwischen 2003 und 2006 zusätzliche Fakten bekannt geworden seien, ginge ins Leere. Grundsätzlich geht es um die Frage der relevanten Unterschiede und nicht um weitere Attentate, die sie bestätigen. Es steht eine Fülle von Literatur zur Verfügung – u.a. auch vom Verfasser dieses Beitrags -, die auf gesicherter Basis Auskunft über den real existierenden Islam erteilt.

Um der eigenen Leserschaft das Verständnis der nicht immer einfachen Thematik zu erleichtern, beschränken wir uns auf diejenigen Aspekte, die ihre Problematik allein schon dadurch offenbaren, daß „Dialog“ und Muslime sie seit vier Jahrzehnten diskutieren, ohne über eine offenbar unvermeidliche Ergebnislosigkeit hinausgelangt zu sein. Das zentrale Dilemma wurde bislang umgangen: die Verwirklichung der Umma, die bestimmte Bedingungen fordert, um nach ihrem Gesetz existieren zu können. Der Glaubensvollzug und im Grunde auch der Bestand einer muslimischen Gemeinschaft sind nicht dauerhaft heilskräftig, wenn nicht die Aussicht besteht, in absehbarer Zeit das Gesetz Allahs (Scharia) zur vorherrschenden Rechtsgrundlage zu machen. Denn nur sie kann die zwei quasi-sakramentalen Hauptsäulen des Islam tragen: zum einen den Djihad, den Einsatz für die Dominanz des Islam sowie die Kontrolle der Frauen, und zum anderen die Dhimma, die strikte Disziplinierung der theologischen Hauptkonkurrenten, der Juden und Christen.

Das arabische Wort Dhimma bedeutet „Schutzvertrag“, eine ambivalente, wenn nicht irreführende Umschreibung, die denn auch beide Religionen großen Schwankungen ausgesetzt hat. Da die Muslime der verschiedenen Regionen diesen „Schutz“ historisch unterschiedlich ausgelegt haben und dabei auf eine den Juden und Christen feindliche Koranauslegung zurückgreifen konnten, durchlief deren Existenz eine wechselvolle Geschichte zwischen Unterdrückung, Verachtung und relativer Duldung. Heute, im Zeitalter verstärkter Modernisierung und Radikalisierung, werden wir Zeugen einer neuen Phase der Gewalt, die sich in islamweiter Christenverfolgung und terroristischer Ablehnung Israels niederschlägt.

Diese Entwicklung speist sich aus einer Hinwendung zur Orthodoxie, zu den Wurzeln des Islam, die dessen gesamten Raum – die Türkei inklusive – erfaßt hat und von den Saudi- und Golfeliten mit enormen Finanzmitteln unterstützt wird. Während die Modernisierung die Traditionsgesellschaft in Frage stellt, reaktiviert der orthodoxe Trend den Djihad – mit wachsendem Druck auf die Frauen, die der Wirtschaftprozeß in neue Arbeitsstrukturen zwingt. Die sinkenden Sozialprodukte bzw. Pro-Kopf-Einkommen der islamischen Staaten treiben eine seit Jahren ebenso steigende Migration nach Europa an, die wiederum – latent begleitet vom Drohszenario gelegentlicher Anschläge – auf Zuwachs ausgelegten Moscheebau auslöst.

Unvergessen ist die Einlassung des zuständigen EU-Kommissars von 2004, der zufolge der Beitritt der Türkei unerläßlich sei, um ein „Bollwerk gegen den arabischen Terror“ zu errichten. Sie erfolgte im Kielwasser von Sondergremien, welche die EU und die IC (Islamic Conference) zur elitären Lenkung des „Dialogs“ gebildet haben. Mit dem Euro-Arab-Dialogue (EAD) und der PAFEAC (Parliamentary Association for Euro-Arab Cooperation) wurden schon 1975 Institutionen ins Leben gerufen, die inzwischen – ausgestattet mit derzeit jährlich etwa 1 Milliarde Euro und personell begleitet von der Muslimbruderschaft – die „Dialog“-Propaganda gestalten sowie in zahllosen Symposien und Publikationen europaweit unterstützen.

Vor diesem Hintergrund, der mit eindeutigen Antihaltungen gegen die jüdisch-christliche Kultur sowie gegen Amerika und Israel einhergeht, müssen die Dialogformen der EU-Staaten in Europa und mithin auch die Sprachregelungen der Institutionen in Deutschland, vorliegend die Angebote der Kirchen, gesehen werden. Sie operieren mit einer eintönigen Begrifflichkeit von „Frieden, Toleranz“, „Respekt“, die sich gegen Kritik mit gleichermaßen stereotypen Klischees wie „Polemik“, „Islamophobie“ und “Rassismus“ etc. verschanzt. Zusammen mit dem Euphemismus des „Dialogs“ wollen sie den Eindruck einer konstruktiven Kommunikation suggerieren, die jedoch selbst eher Fragen aufwirft als sie zu beantworten. Denn ein Phänomen, das solch umfassend positive Eigenschaften in sich vereinigt, bedürfte im Grunde keines „Dialogs“, geschweige denn aggressiver Immunisierung, sondern müßte schon längst zum Vorbild für die anderen Kulturen, vielleicht sogar zum Weltmodell geworden sein

Dem ist bekanntlich (noch) nicht so, so daß es angesichts der Tatsachen, die von der globalen Migration geschaffen werden, umso notwendiger wird, einen pragmatischen modus vivendi mit den Muslimen zu schaffen. Neben der politreligiösen Theorie spielen die täglichen Umstände der sozialen Lebenswirklichkeit – Gottesdienst, Kindergarten, Schule, Krankenhaus, Begegnungen aller Art – eine wichtige Rolle, die dem Kirchendialog eine besondere Bedeutung zuwachsen läßt. Sich ihr bewußt zu sein, stellen DBK und EKD betont heraus, wobei erstere – etwas kryptisch – ihrem Auftrag unter „den gewandelten Rahmenbedingungen so gut wie nur möglich Rechnung zu tragen sucht“ (S. 7), und letztere – wesentlich konkreter – dort Klarheit schaffen will, „wo Zustimmung und Vertrauen und wo Widerspruch und Abgrenzung am Platze sind“ (S. 9).

Gottesbegriff

Ohne zuviel vorweg zu nehmen, können wir uns schon zu Beginn der Betrachtung dem Eindruck nicht entziehen, daß die EKD dem Versprechen der „kritischen Rückfragen“ eher und öfter gerecht wird als die DBK der „kritischen Offenheit“. In der Diskussion des Eigenverständnisses von Gott und Kirche stoßen wir auf ein wichtiges Merkmal, das systematisch auch in anderen Bezügen wirkt. Es geht um den übergeordneten Unterschied, der zwischen einem Vergleich und dem Bezug durch Einschließung besteht. Um zu einer Kommunikation mit einem Gegenüber zu kommen, kann man das Eigene souverän mit dem Anderen vergleichen; man kann es aber auch durch regelmäßigen Einschluß durch das Andere relativieren, wenn man sich einer eigenständigen Selbstdarstellung nicht sicher ist.

Wir können dies zunächst am Beispiel des Gottesbegriffs deutlich machen. Das DBK-Papier sagt schlicht, daß Gott sich unüberbietbar in Jesus Christus offenbart hat, „daß Gott selbst sich zugunsten der Menschen hingibt, um sie in einer unversöhnten, unheilen Welt mit sich und untereinander zu versöhnen und sie zu erlösen (107) … In Jesus hat Gott nach christlicher Glaubensüberzeugung das Geheimnis seiner Liebe zum Heil der Menschen in unüberholbarer Tiefe und Endgültigkeit erschlossen“ (108). Obwohl diese Aussage für sich selbst spricht und offenbar keiner weiteren Beglaubigung bedarf, scheint die „unüberholbare Tiefe“ vielleicht nicht ganz ausgelotet zu sein, wenn es dennoch heißt: „Dies nicht zu vergessen – darauf kann der Islam aufmerksam machen“ (108).

Wie der befürchteten Amnesie vorgebeugt werden kann, mag der Standort der Kirche selbst verdeutlichen: „Die christliche Gemeinde, die sich im Namen Jesu versammelt, lebt aus diesem Geheimnis: sie feiert es in ihren Sakramenten; sie verkündet es auch öffentlich; sie bezeugt es in Werken der Liebe. So wird sie – wie es ihrer Sendung entspricht – zum ‚Zeichen und Werkzeug‘ für Gottes Heil in der Welt. Die Kirche bedarf aufgrund ihres Versagens aber auch immer neu der Umkehr und Versöhnung durch den Gott, dessen vergebende Liebe sie bekennt. Sie hat keinen Grund, sich über andere zu erheben … Dabei können die Christen auch anderen Religionsgemeinschaften, wie z.B. dem Islam, mit Achtung und kritischer Offenheit begegnen … Gerade wenn man die Tiefe der Liebe Gottes, wie sie in Jesus Christus offenbar geworden ist, bedenkt, wird man verstehen, daß Gottes Liebe nicht begrenzt ist, sondern durch den Heiligen Geist allen Menschen zugewandt und bei allen Menschen wirksam ist“ (109f.).

Das Kirchenpapier betont, daß Allah ein streng monotheistischer Gott ist, der die Trinität vehement ablehnt und keinerlei personale Verbindung zum Menschen zuläßt, doch bekennt sich die gleiche Kirche seit dem Zweiten Vatikanum auch dazu, mit den Muslimen den alleinigen Gott anzubeten, „den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat“ (103). Man fordert also dazu auf, diese Gottheit irgendwie, auf nicht näher beschriebene Weise einzuschließen, wenngleich sie andererseits sich strikt von der trinitarischen Selbstoffenbarung distanziert. In Hinblick auf diesen erheblichen, zunächst nicht überbrückbaren Widerspruch müssen wir nach zusätzlichen Angaben suchen, um eine Vorstellung von dieser Bezugsform und der Logik des BDK-Papiers zu bekommen.

Einen brauchbaren Hinweis gibt uns die Kombination mehrerer Aussagen:

1. Obwohl niemand dies gefordert hat, wird abgelehnt, „sich über andere zu erheben“; 2. obwohl man sich nicht über andere erheben will, soll der Heilige Geist, der Aspekt der christlichen Trinität ist, „allen Menschen zugewandt und bei allen Menschen wirksam“ sein, also auch bei den Muslimen; 3. heißt es: „obwohl nicht unbedingt mit dem Islam vereinbar, kommt es in einigen (nicht in allen!) Staaten mit vorwiegend muslimischer Bevölkerung immer wieder zu Repressalien gegenüber Nichtmuslimen“ (102), wobei deren große Mehrheit christlichen Glaubens ist.

Das Aussagenbündel ergibt eine janusköpfige Perspektive dieses Einen Gottes, den man mit den Muslimen anbeten möchte. Der Heilige Geist sagt den westlichen Christen, sich nicht über die Muslime zu erheben, die vom gleichen Heiligen Geist erfaßt, orientalische Christen unter Druck setzen, obwohl – oder weil – dies nur bedingt mit dem Islam vereinbar ist, also vielleicht sogar vom Heiligen Geist inspiriert ist. Diese Interpretation drängt sich auf, weil sich die DBK-Autoren über eine „bedingte Vereinbarkeit“ ausschweigen. Es geht um die koranische Legitimation von Gewalt gegen Juden und Christen, die als Menschen niederer Klasse zu gelten haben.

So heißt es neben einer Vielzahl verdammender Verse: „Und auch mit denen, die sagen: ‚wir sind Christen‘, schlossen wir einen Bund; auch diese haben einen Teil von dem vergessen, woran sie gemahnt wurden. Darum erregen wir Haß und Feindschaft unter ihnen bis zum Tage der Auferstehung. Und Allah wird sie wissen lassen, was sie getan haben“ (5/14) … „O die ihr glaubt! Nehmt nicht die Juden und Christen zu Beschützern. Sie sind einander Beschützer. Und wer sie von euch zu Beschützern nimmt, der gehört wahrlich zu ihnen. Wahrlich, Allah weist nicht dem Volk der Ungerechten den Weg“ (5/51).

Die EKD erlaubt sich weder die logischen noch die theologischen Schwächen, die im DBK-Text durch die Löschung des zweifelhaften Dhimma-„Schutzes“ entstehen: „So wertvoll die Entdeckung von Gemeinsamkeiten im christlichen und muslimischen Glauben ist, so deutlich werden bei genauerer Betrachtung die Differenzen. Die Feststellung des „Glaubens an den einen Gott“ trägt nicht sehr weit. Der Islam geht von einem eigenem Glauben und Gottesbild aus, auch wenn er auf die Bibel und ihre Lehren verweist. Deren Darstellungen ordnet er seiner neuen Lehre unter, die weder die Trinitätslehre noch das Christusbekenntnis und die christliche Heilslehre kennt“ (EKD, 18).

Von dort schwenkt die Gedankenführung zum Reformator Martin Luther und seinem berühmten Wort, dem zufolge „das Gott ist, an was der Mensch sein Herz hängt“. Zwar hat gerade auch diese Formulierung historisch zur Zersplitterung des Protestantismus beigetragen, doch bestand nie ein ernsthafter Zweifel daran, daß die Antwort grundsätzlich der Glaube an Jesus Christus war, wenn die Frage nach dem „rechten Glauben“ gestellt wurde. So beugt denn auch die EKD jedem voreiligen Schluß vor: „Ihr Herz werden Christen jedoch schwerlich an einen Gott hängen können, wie ihn der Koran beschreibt und wie ihn Muslime verehren … Eine konfliktfreie Zone der Gottesverehrung kann es nicht geben, wenn der Anspruch beider Religionen, Gottes Offenbarung zu bezeugen, ernst genommen wird. Denn eine Religion ist in geschichtlicher Konkretion lebendig, nicht in religionstheologischen Konstruktionen“ (19).

Die Frau

Dieses Vorgehen unterscheidet sich eindeutig von der spekulativen BDK-Methodik, zu deren Verständnis ein weiteres, wichtiges Thema beitragen kann, das immer wieder für kontroversen Gesprächsstoff sorgt: die Frau im Islam. Man weist kurz auf den zentralen Koranvers (4/34) hin, nach dem „die Männer den Weibern überlegen sind“, verschweigt jedoch, daß man sie bei Ungehorsam schlagen, ansonsten aber als verfügbares Sexobjekt, sozusagen als „Saatfeld“ bestellen soll (2/223). Während wir erfahren, daß auch Zeugenaussage und Erbteil nur die Hälfte der Männerversion wert sind, bietet das BDK- Papier eine irritierende Wertung an:

„Man wird bei verständiger Bewertung kaum zu der Behauptung kommen, solche die Frau nach unserem heutigen Verständnis diskriminierenden Rechtsbestimmungen seien von Koran und Sunna im Verbreitungsgebiet des Islam verursacht worden. Sie haben jedoch einen dort bereits bestehenden Patriarchalismus, verbunden mit einer Zurücksetzung der Frau, mit dem Anschein des Gottgewollten umgeben und dadurch ohne Zweifel nachhaltig verfestigt“ (136).

Im permanenten Eifer, Kritik am Islam zu vermeiden, unterläuft zwar unfreiwillig das Gegenteil, indem eine „gerechtfertigte Abwertung“ impliziert wird, doch ist die Kritik am Christentum die ultimative Allzweckwaffe, die unfehlbar vor Fehltritten schützt und das Wohlwollen der Muslime sichert: „Dies festzustellen, bedeutet keine ungerechtfertigte Abwertung des Islam. Vor unhistorischer und insoweit unangemessener Kritik bewahrt den Christen die Kenntnis der Kultur- und Sozialgeschichte der vom Christentum geprägten Völker und Gesellschaften …“ (136).

Diese Aussage will für alle Christen sprechen, beachtet freilich nicht jene, seit Jahren bestätigte, islamisch-unchristliche Regel, die auch von der UNO beklagt wird. Danach gilt die Frau als unreines Wesen zwischen Mensch und Hund, das in statistisch jeder dritten Familie – zumeist zur Wahrung der „Ehre“ – geschlagen und in jeder neunten inzestuös vergewaltigt wird. So wie im ersten Beispiel der christliche Glaube durch den Bezug zum Islam ein positives Vorzeichen bekam, befreit im vorliegenden Fall der gleiche Bezug den Islam von einem negativen Vorzeichen, wenn es denn als solches gesehen wird. Insofern brauchen die DBK-Autoren weder auf die probate Vereinfachung zu verzichten, noch sich irgendeine sachlich korrekte, „kultur- und sozialgeschichtliche Kenntnis“ vorwerfen zu lassen.

Also genügt der Hinweis, daß die Gewohnheiten der islamischen Männer ihre „Wurzel keineswegs im Islam, sondern in rund um das Mittelmeer verbreiteten gesellschaftlichen Konventionen älteren Ursprungs haben“ (92), ganz zu schweigen von den „christlichen“ Verfehlungen, die jede islamische Verfehlung löschen. Dem entspricht, daß die hohe Achtung, welche die Frau als Gefährtin des Mannes schon im vorchristlichen Europa genoß und auch von den Christen keineswegs abgeschafft wurde, den DBK-Experten unbekannt ist. Während der Brauch rund ums Mittelmeer den Islam von jeder Verantwortung entlastet, soll dies für den Brauch in Europa nicht gelten. Insofern verwundert nicht, daß auch die grundrechtliche Wertung zu kurz kommt, denn im islamischen Bewußtsein sind Kontrolle und Unterdrückung der Frau als vom “Glauben“ auferlegte Pflicht verankert und nicht als Relikte eines „mediterranen Brauchs“. Solange die DBK hieran festhält, nimmt sie Repression, Mißhandlung und nicht zuletzt auch den so genannten „Ehrenmord“ billigend in Kauf.

Wenngleich dem EKD-Papier dieser Vorwurf nicht gemacht werden kann, weil es auch die Frauenfrage realistischer in den Blick nimmt, zeigt es gedankliche Schwächen. Neben der strengen Geschlechtertrennung, den begrenzten Frauenrechten und der Ghettobildung kommt die Züchtigung der Frau als inakzeptable Praxis zur Sprache, die auch die zitierten Deutungen diverser Islamvereine nicht entkräften können. Der blinde Fleck in bezug auf die Wahrnehmung des politischen Islam und der Rolle der Frau ist eine allgemeine und zudem wachsende Strukturschwäche des pluralistischen Westens und hat auch die EKD-Autoren nicht verschont.

Man beklagt das grassierende Misstrauen durch mangelnde Integration sowie die Frauenrepression und begrüßt, sich mit den „demokratisch gesinnten Muslimen“ über die Defizite im Ehe- und Familienrecht einig zu sein. Die fundamentale Ungleichheit der Frau als islamische Lebensmitte und wichtigster Bremsklotz im stagnierenden Dialog bleibt ausgeklammert. Als kennzeichnend erscheint hier das Freitagsgebet, das als „nur für die Männer verpflichtend“ eher beiläufig erwähnt wird, als wenn es nur um eine Entlastung der Frauen ginge. Das Gegenteil ist der Fall: Das Freitagsgebet ist von zentraler Bedeutung und mithin obligatorisch, weil es die politische Linie ausgibt, die man exklusiv den Männern vorbehält und dabei zugleich als sichtbare Selbstbeglaubigung die Frauen von jeder Teilnahme am öffentlichen Leben ausschließt.

Interessant ist indessen der EKD-Vorschlag, die reale Bedrohungslage der Muslimfrauen zu entlasten, indem die Strafverfolgung der hohen Zahl von Körperverletzungen nicht mehr der Anzeige der Betroffenen überlassen wird (54f.). Ebenso geht man auf den wichtigen Aspekt der islamischen Ehe per Kaufvertrag ein, auf dessen Basis immer mehr muslimische Paare heiraten und dabei das Standesamt übergehen. Ebenso behandeln beide Handreichungen die zahlreichen Probleme, die in Ehen von Muslimen mit nichtmuslimischen Frauen auftreten, wobei sich die Muslimfamilie rigoros das Sorgerecht für die Kinder sichert und tragische Situationen verursacht.

Zwar weisen die AutorInnen beider Handreichungen auf den Reformbedarf der Muslime in Deutschland hin – die DBK weniger, die EKD mehr – doch ist beiden nicht klar oder nicht der Erwähnung wert, daß die oberste Priorität des Islam in der Kontrolle der Frau als politischer Dimension besteht. Ihrer uneingeschränkten, sexuellen und personalen Verfügbarkeit ist alles andere strikt zu unterordnen, um die biologische Reproduktion und damit den Bestand der Umma zu sichern. Da dieser Priorität nichts vorgeht, ist sie auch offizieller Teil des Djihad, des Kampfs gegen das Nichtislamische, sei es verbal oder handgreiflich.

Wer seine Frau, Tochter, Schwester, Nichte sexuell diszipliniert, verprügelt oder im Zweifel auch tötet, handelt im Auftrag Allahs. Wenn dieser Auftrag auch die Tabus der Tötung (von Muslimen) und des Inzests durchbricht, erklärt sich von selbst, warum die gläubigen Muslime um Fassung ringen, wenn sie auf etwas so „Normales“ wie die weibliche Verhüllung, geschweige denn das „Stück Stoff“ des Kopftuchs verzichten sollen. Dabei liegt ihnen fern, sich auf einen „Brauch des Mittelmeers“ zu berufen. Wie in diesem Kontext die „freiwillige“ Verhüllung bzw. die Religionsfreiheit allgemein zu sehen sind, bleibt hartnäckige Leerstelle in den beiden Handreichungen wie auch im gesamten „Dialog“.

Der Djihad

Ãœber die Reproduktion der Umma verbindet sich der innere Djihad gegen die Frauen untrennbar mit dem äußeren Djihad, der sich früher oder später gegen alle Widerstände wenden muß, die der Verbreitung nämlicher Umma und ihrer schariatischen Basis entgegensteht. Die Radikalisierung des gesamten Islamraums in den letzten drei Jahrzehnten hat ihre Wirkung auch auf die deutschen Muslime nicht verfehlt, die sich von islamistischen, offiziell akzeptierten Verbänden führen lassen. Damit konnten Abschottung, interne Kontrolle und Bereitschaft zur Denunziation zunehmen, so daß es schwierig ist, zuverlässige Umfragezahlen zu ermitteln, geschweige denn „Zivilmuslime“ vor Mikrofon und Kamera zu bekommen, die den Mut haben, sich zur politreligiösen Lage der Gemeinschaft zu äußern.

Dennoch erscheinen Schätzungen der letzten Jahre nicht unplausibel. Danach gelten zwei Drittel als passive, „schweigende Mehrheit“, während das Restdrittel aus gläubigen, regelmäßigen Moscheegängern besteht, die wiederum zu einem Drittel den islamistischen Gruppen und Verbänden angehören bzw. zu etwa zwei Dritteln mit ihnen sympathisieren. Nachdem die offizielle Zahl der Ausländer in Deutschland über viele Jahre bei 8 Millionen eingefroren war, wurde sie um die Mitte des Jahres 2006 auf die offenbar realistischere Zahl von 15 Millionen freigegeben. Um diesen Schub zugleich auch verbal verdaulich zu machen, wurde ihre Bezeichnung auf „Menschen mit Migrationshintergrund“ abgeändert.

Kurioserweise erfaßte dieser Vorgang die Muslime zunächst nicht, so daß der Anteil ihrer Größenordnung zwischen 3 und 4 Millionen schlagartig von etwa 40 Prozent auf rund 20% verringert wäre. Da dies niemand ernsthaft annimmt und der muslimische Anteil an der Gesamtmigration seit zwei Jahrzehnten die 40 Prozent nur zeitweise und unwesentlich unterschritten hat, ist zunächst – bis angepaßte Zahlen vorliegen – eine muslimische Bevölkerung von etwa 6 Millionen anzunehmen. Das Drittel der Muslime, die man dem islamistischen Umfeld zurechnet, stellt sich mithin auf ca. 2 Millionen, die sich wiederum um die meisten Frauen und Kinder reduzieren.

Zwar drückt die Modernisierung inzwischen auch auf die muslimische Reproduktion, doch können wir noch nicht von der Kleinfamilie ausgehen, wie sie bei der deutschen Basisbevölkerung üblich ist. Wer daher 1 Million Muslime in Deutschland annimmt, denen der Begriff des Djihad als aktiver Kampfbegriff etwas bedeutet, setzt sich kaum dem Vorwurf aus, die Situation zu pauschalisieren oder gar, wie es im „Dialog“ oft heißt, „Ängste zu schüren“. Wenn es denn solche gibt und Interesse an ihrem Abbau besteht, müssen sich die Verantwortlichen fragen lassen, wie sie das linientreue, weiter wachsende Islam-Potential nutzen wollen. Nach offizieller Lesart stellen alle Muslime eine „Bereicherung“ dar, so daß dem Djihad-Drittel besondere Aufgaben im laufenden „Strukturwandel“ zufallen.

Wie gehen nun die Handreichungen mit dem Djihad um? Bezogen auf seine bisherige Methode verfährt das DBK-Papier zunächst erstaunlich faktenorientiert und erläutert den Djihad als historisch gewachsenes Phänomen, das Orthodoxe, Mystiker und die Masse der Muslime vereinnahmte und bis heute fasziniert. Da man das aktive Kampfgebot und die gewaltsame Unterwerfung nicht ständig praktiziert habe, seien auch Phasen der friedlichen Koexistenz entstanden. Diese Aussage gehört nun wieder zum Dialog-Arsenal des Banalen, weil der Begriff des Djihad zwar auch „Anstrengung“ bedeutet, es aber schlicht zu anstrengend und finanziell ruinös ist, sich im unentwegten Kriegszustand zu befinden.

Gerade auch mit Rücksicht auf die Radikalisierung der letzten drei Jahrzehnte überzeugt der Hinweis auf den „Frieden des Islam“ nicht. Somit fordern die AutorInnen, daß sich die Muslime einer Diskussion der gegenläufigen Aussagen in Koran und Tradition stellen, denn immerhin hätten sich auch die Christen vom Denken der Religionskriege gelöst (81f.): „Es gibt keinen Grund zur Annahme, daß es den zeitgenössischen Muslimen nicht ebenfalls möglich sein sollte, sich mit dem problematischen Erbe des Dschihadgedankens auseinanderzusetzen“ (82f.).

Demnach müßten sich viele Gründe für einen solchen innerislamischen Diskurs finden lassen, im weiteren Verlauf aber ausbleiben, weil es sie schlicht nicht gibt. Weder wird die Rolle der Islamisten, noch die Rolle der Autoritäten – Azhar-Universität, Medina-Moschee, Fatwa-Rat – erklärt, die dem militanten Islam den Rücken stärken. Diese elitäre Allianz, die nach wie vor eine sich selbst legitimierende Endlosschleife bildet und vom westlichen „Dialog“ unterstützt wird, macht Kompromisse überflüssig. Angesichts der enormen wirtschaftlichen Interessen treten ideelle Aspekte wie die strapazierten „Menschenrechte“ in den Hintergrund. Darauf läßt allemal auch der bisherige Verlauf des einschlägigen Machtpokers und des „Dialogs“ schließen. Zwar weist das DBK-Papier auf die Hemmnisse durch Energiepolitik, gewaltbereiten Islamismus und korrupte Regierungen hin, doch flüchtet es sich wiederum in die bekannte Palliativsprache, die in aller Regel sachlich falsch und damit islamischen Interessen dienlich ist.

So auch hier: „Diesen expansionistischen Dschihad zu führen, ist keine individuelle Pflicht eines jeden Muslim. Es genügt, wenn die Staatsführung dafür Sorge trägt, daß er weitergeht“ (80). Nicht nur in diesem Kontext, sondern auch in vielen anderen Aspekten fallen die Einlassungen des „Dialogs“ oft so abweichend von den gesicherten Tatsachen aus, daß die Grenzen zwischen Nachplappern, Halbwissen und Lüge verschwimmen. In seiner Abhandlung über „Machtausübung und private Gewalt im Islam“ leitet der Orientalist Tilman Nagel aus dem Bezug zwischen Tradition und Moderne die Begründung her, warum Muslime den Systemfeind nicht nur belügen, sondern aktiv bekämpfen, also das Gewaltmonopol besetzen müssen. Jeder Muslim ist zur eigenen Entscheidung aufgefordert, wie er Allahs oberste Gebote, die Stärkung und Verbreitung der Scharia, das „natürliche Wachstum“ des Islam, optimal fördert. Hier kommt der Begriff des „Vertrags“ ins Spiel, mit dem die muslimischen Repräsentanten – Türken wie Araber – den Verantwortlichen kurzfristig staatskonformes Verhalten suggerieren, langfristig jedoch den Wandel vom Vertragsstatus zum „Islamland“ im Auge behalten.

Die DBK-AutorInnen praktizieren dabei oft bewährten ideologischen Relativismus: Sie ziehen das Djihad-Thema ins Unverbindliche, daraus allerdings den verbindlichen Schluß, daß der Glaube des Muslim keine Rolle spielt. Während man hier zwangsläufig zu falschen Schlüssen kommt, die zu konkreten Gefahren für den Staat führen können, bleibt das EKD-Dokument auf dem Boden der islamischen Grundlagen. Gerade weil der Koran ein vieldeutiges Djihad-Manifest ist und mit aggressiven Anweisungen die – historisch oft bestätigte – Dominanz über den Nichtislam anstrebt, sind die Dialog-Parteien umso mehr gefordert, sich um Ausgleich zu bemühen. Dabei stellt die permanent erkennbare, überall wirksame Klammer von Religion und Politik, die ebenso zwanghafte Scharia-Reflexe bedingt, das zentrale Problem des Islam im pluralistischen Rechtsstaat dar. Zu dessen Bewältigung schlägt die EKD ein zweistufiges Projekt vor, das die Monotonie des bisherigen „Dialogs“ konstruktiv übersteigen könnte: zum einen die „Entflechtung“ des Filzes zwischen Glaube und Staat, zum anderen der Gewaltverzicht als integraler Bestandteil des Glaubens (45f.).

Scharia und Moschee

Kein Wunder, daß die Islamvertreter empfindlich reagierten und harsche Kritik an der EKD-Position übten, die sich erlaubt, sogar auf der vom Islam so gefürchteten Mission zu beharren. Dessen klares Ziel ist nach wie vor das „natürliche Wachstum“ von Scharia und Umma, das durch den EKD-Vorschlag unnatürlich gebremst und schließlich beendet würde. Aus dem gleichen Grund zogen sie im Frühjahr 2007 ihre Loyalitätserklärung zur deutschen Verfassung zurück, die sie wenige Monate zuvor gegenüber der vom Innenministerium geleiteten „Islamkonferenz“ abgegeben hatten.

Solche Vorgänge, die auch manche Teilnehmer kaum durchschauen, ganz zu schweigen von der Öffentlichkeit, werden gern von muslimischen Profis zur Desinformation genutzt. Verwirrkünstler wie Islamratsmitglied Ayman Mazyek und der Publizist Navid Kermani führten die Medien gekonnt an der Nase herum. Sie vollführten einen beeindruckenden Schleiertanz um die Frage, wer wann was abgeschwächt oder bewahrt hatte, nicht jedoch um das Faktum selbst: den Rückruf der Loyalität zur Verfassung (dradio.de, 11.5.07). Daß beide ein problematisches Verhältnis zur Gewalt haben, verleiht ihnen in der aktuellen Politstruktur den operativen Bonus, ohne den eine Karriere im interkulturellen „Dialog“ wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Da auch die Handreichungen zu diesem Umfeld gehören, mag deutlich werden, warum der „Dialog“ in diesem fundamentalen Aspekt auf der Stelle tritt und dabei unaufhaltsam an ethischem und rechtlichem Boden verliert. Im Zentrum dieser Frage steht der Gewaltverzicht, der die Aufgabe von Djihad und Scharia bedeutet und mithin einer Art Teilabfall vom Islam entspricht. Dem tragen die Kirchen allerdings traditionell Rechnung. Eine beliebte Floskel der Dialog-Terminologie nutzend, betonen sie oft, daß „nicht alle“ Muslime den Djihad bzw. die Scharia wollen bzw. „viele von ihnen“ die Demokratie anstreben. Freilich hat weder irgendjemand ersteres behauptet, noch gibt es Daten oder Anzeichen, die letzteres unterstützen.

Solche Schwammformeln, die unprüfbar und durch die Religionsfreiheit zusätzlich immunisiert sind, begleiten seit vielen Jahren auch die islamische Infrastruktur, die Ausweitung des Moscheenetzes. Beide Handreichungen behandeln dieses empfindliche Thema mit gebührender Unverbindlichkeit, wobei sie der Bevölkerung eine „Gelassenheit“ abverlangen, die sie den Muslimen ersparen. Aus merkwürdig kühler Distanz registrieren sie „Ängste“, als wenn sie die Bevölkerung nur am Rande etwas anginge und Verantwortung eine Zumutung bedeutete. Dem entspricht das deutliche Desinteresse, mit dem die gesamte westliche Welt den langsamen Christozid im Islamraum zur Kenntnis nimmt.

Die DBK befürwortet den Wunsch der Muslime nach Moscheen, welche „die gleichen Funktionen erfüllen können wie in der Heimat“ (126), wobei bekannt ist, daß sie dort auch als Hauptquartier für Kampfhandlungen und Waffenlager dienen. Der kriegerischen Moschee-Tradition scheint sich immerhin die EKD bewußt zu sein, wenn sie von provokanten Kampfnamen wie „Eroberer“ abrät (67). Umso mehr verwundert, daß sie den deutschen Nationalfeiertag als für den “Tag der offenen Moschee“ besonders passend hält. Wenngleich es hier nicht um ein Gottes-, sondern Versammlungshaus geht, rufen die Muslime und ihre „Dialog“-Soldaten immer lauter nach prätentiösen Kuppelbauten und möglichst hohen Minaretten. Dazu paßt der Ruf des Muezzin, dessen Bekenntnis zwar – nicht vergleichbar mit dem Kruzifix – die negative Glaubensfreiheit verletzt, aber keine Ausgrenzung zu fürchten braucht, weil nur die Lautstärke zählt und die Religionsfreiheit ohnehin auf Muslime und Nichtmuslime unterschiedlich angewendet wird.

Den „demokratischen“ Institutionen fehlt ebenso wie den Kirchen die Fähigkeit, kongenial auf die Universalität des Islam einzugehen. Es bedarf einer Meta-Institution, die eine übergeordnete Leistungsqualität entfalten muß, wenn sie das islamische Polit-Phänomen mit den Institutionen des pluralen Rechtsstaats in Einklang bringen will. Bislang ist das Gegenteil der Fall: Mit dem „Dialog“ besteht eine Struktur von „Islamreferenten“, die sich zwar parallel in Parteien, Stiftungen, Wirtschaft, Justiz etc. betätigen; sie beschränken sich dabei allerdings auf ein Bündel islamdienlicher Leistungen, während sie sich weigern, auch die Mehrheitsgesellschaft mit vergleichbarer Sorgfalt zu bedienen.

Wer eher den Rechts- als den Schariastaat im Auge hat, muß also einen fachlich und sachlich kompetenten Dialog anstreben, neue Strukturen mit aufgeklärten Muslimen entwickeln, die sich weniger für die Verwirklichung islamischer Symbole, sondern für das Gemeinwohl ihrer Gemeinde interessieren. Wie die islamischen Wirtschafts- und Bildungsschwächen zeigen, ist dieses Gemeinwohl kaum zu optimieren, wenn Abschottung und Kulturzentren gefördert und den Frauen die Grundrechte verwehrt werden. Schon der große Islam-Philosoph und Jurist Averroes (gest. 1198) hatte sich unbeliebt gemacht, als er einst die Scharia reformieren wollte und seinen spanischen Landsleuten vorwarf, ihre Frauen „wie Pflanzen“ zu behandeln.

Vor dieser progressiven Denkweise scheuen acht Jahrhunderte später nicht nur die islamistischen „Repräsentanten“, sondern auch viele ihrer Hilfssoldaten, die treuen „Islamreferenten“ in den deutschen Institutionen und eine erhebliche Zahl ähnlich indoktrinierter Journalisten in den diversen Medien zurück. Indem sie sich gänzlich solidarisch mit dem „Glauben“ der Muslime erklären, zwängen sie sich nolens volens in das Korsett der Scharia, des politreligiösen Regelwerks, das sowohl in den Staaten Allahs eine erstaunliche Renaissance erlebt, als auch bei den westlichen „Islamreferenten“ auf wachsende Akzeptanz stößt.

Der Gebetsdialog

Den Kirchen kommt hier die Sonderaufgabe des „sozialen Dialogs“ zu, der in die Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und Altenheime hineinwirkt. Gerade weil beide Dokumente in dieser Hinsicht den Eindruck von Verantwortung und Engagement vermitteln, ist es umso wichtiger, daß die andere Seite diese Einsatzfreude nicht durch Desinteresse oder auch vorgetäuschte Kooperation verspielt. Eine solche Gefahr ist, wie der Verfasser selbst in zahlreichen Kommunen erleben konnte, konkret gegeben und kommt auch in den Handreichungen zum Ausdruck.

Nicht selten wird diese Gemengelage durch ungeduldige Dialogführer vor Ort verkompliziert. Sie möchten den Religionswandel durch gemeinsame Gebete mit den Muslimen beschleunigen, ein sich ausbreitender Drang, den der Kölner Kardinal Meisner für sein Bistum unterbunden hat. Er fußte auf Papst Benedikt, der zuvor – anlässlich des 20. Jahrestages von Assisi – jede interreligiöse Gebets-Vermischung ausgeschlossen hatte. Beide Dokumente gehen auf diesen sehr sensiblen Praxisaspekt ein – die EKD mehr (113ff.), die DBK weniger (181f.) -, wobei letztere auf das bekannte, konziliare Gebets-Passepartout verweist: „Der Heilswille umfaßt auch die, welche den Schöpfer anerkennen, unter ihnen besonders die Muslime, die sich zum Glauben an Abraham bekennen und mit uns den einen Gott, den barmherzigen, der die Menschen am Jüngsten Tag richten wird“.

Damit sogar auch die Rede von „demselben Gott“ sein kann, bleiben wichtige Aspekte unerwähnt, die ansonsten störende Unterschiede erkennbar machen würden: die ganz andere Funktion Allahs als nicht ruhender „Schöpfer“, der – identisch mit der Zeit – die Welt ständig neu schafft, und die ganz andere Funktion Jesu, der am Jüngsten Tag alle Christen töten wird, die nicht zu Allah übertreten. Dennoch scheinen die AutorInnen mit dem kollektiven Charakter der Ritenmechanik, welche die Menschen wie physikalische Teilchen auf den Mekka-Magneten ausrichtet, einen gewissen Unterschied zu ahnen. Gleichwohl überwiegt erneut die obligate Eigenschwäche, die zum Bezug auf den Islam drängt. So „deckt es (das christliche Gebet) sich mit Grundaspekten des muslimischen Gebets: Dank, Anbetung und Lob … „. Gemäß dem Wort Wittgensteins muß auch hier über das geschwiegen werden, über das man nicht reden kann: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“

Aus DBK-Sicht läßt sich dem Gemeinschaftsgebet offenbar eine zwar unverbindliche, dafür potentiell umso ergiebigere Perspektive öffnen. Das EKD-Papier kommt dagegen – gemäß der Suche nach Klarheit – nach ausführlicher Diskussion zu einem deutlicheren Ergebnis, wobei man auch die subtilen Fallstricke der Angelegenheit erkennt: „Das interreligiöse Gebet kommt aus theologischen Gründen nicht in Betracht. Auch jegliches Missverständnis, es finde ein gemeinsames Gebet statt, ist zuverlässig zu vermeiden … In diesem Sinne ist in jedem einzelnen Fall über den angemessenen Ort, Ablauf, Verantwortlichkeiten, Symbolik und mögliche Missverständnisse sorgfältig und verantwortlich zu entscheiden“ (117).

So kann die EKD der DBK-Eingottidee nicht folgen: „Ein gemeinsames Gebet in dem Sinne, daß Christen und Muslime ein Gebet gleichen Wortlautes zusammen sprechen, ist nach christlichem Verständnis nicht möglich, da sich das christliche Gebet an den Einen Gott richtet, der sich in Jesus Christus offenbart hat und durch den Heiligen Geist wirkt“ (115). Umso näher hätte gelegen, die Gottheiten auch bei ihren Namen zu nennen. Im Text erscheinen Gott und Allah dagegen durchgehend als „Gott“, wobei Allah zwar ein Gott, aber eben nicht Gott ist.

An dieser Position machte EKD-Bischof Huber auch in der Öffentlichkeit keine wirklichen Abstriche, wenngleich seinen AutorInnen ein wichtiger Islam-Aspekt entgangen sein mag, der von erheblicher Wirkung sein kann. Sie halten eine „respektvolle“ Teilnahme am Freitagsgebet für denkbar, das es ihnen offenbar besonders angetan hat. Bei dessen zentraler, politischer Bedeutung impliziert für Muslime die gelegentliche Präsenz von Christen die Anerkennung ihrer Dhimma-Unterwerfung ebenso, wie sie für die allgemeine Unterstützung des Moscheebaus zutrifft. So gilt auch für sie: Die christlich-jüdischen Gottesbegriffe kann man auf Arabisch zwar auch Allah nennen, aber sie eben nicht Allah. Er ist das Ende aller Gottheiten, so wie Muhammad das Siegel der Propheten ist.

Ein weiblicher Kirchenmufti

Krieg und Frieden, Beten und Essen, Ehe und Familie, Fasten und Wallfahrt, Kaufen und Erben sind verschiedenste Bereiche, die nach ein und demselben Kodex der Scharia geregelt werden und aufgrund ihrer technischen Einheitlichkeit geeignet scheinen, sich mit den pluralen Korrektheitscodes westlicher Toleranz zu verschränken. Abweichungen, die im Islam als Sünde gelten, können auch im interkulturellen Betrieb der Westgesellschaft empfindliche Folgen haben, die sich nur in der Härte der Ausgrenzung unterscheiden. So wie sich die Rechtssysteme der liberalen Demokratien in Europa entwickeln, scheint sich die Religionsfreiheit auf die nichtreligiös-politischen Regeln der Scharia auszudehnen. Wie erläutert, lassen auch die Dokumente der beiden Kirchen nicht erkennen, daß man die Tragweite der Scharia-Bestimmungen und ihre desintegrative Wirkung sowohl auf die Demokratie als auch die Kirchen selbst erfasst hat.

Vielmehr entfalten die „Islamreferenten“ in der aktuellen Dialogpraxis eher eine Art charismatischer Konkurrenz um Anpassung und islamisches Wohlwollen. Aus ihrer Sicht wird das Menschsein selbst beschädigt, wenn der Nichtmuslim die Akzeptanz des Islam durch irgendwelche Vorbehalte trübt. So erhebt allein schon seine Religion den Muslim zum sakrosankten Theologen, der bei geschickter Nutzung dieser Offerten die Qualität eines Heilsträgers annehmen kann. Die praktische Erfahrung bestätigt solche Vorgänge immer öfter und auf immer gleiche Weise. Mit großer Inbrunst wird diese Tendenz von der „Kirche von unten“ vorangetrieben. Besonders allahvernarrte „Islamreferenten“, die man auch „Kirchenmuftis“ nennen kann, verstehen sich als Vorhut einer religiösen Mutation, die mit ihren muslimischen Heilsobjekten möglichst rasch verschmelzen möchte.

Eines der in der Szene bekannteren Beispiele ist die Beauftragte für den Interreligiösen Dialog der Diözese Würzburg, die kein „Dialog“-Klischee ausläßt und somit eher als „Beauftragte für den Islam“, unterwegs ist. In scheinbarem Gegensatz zur Kirche von oben, die immerhin ihr Gehalt bezahlt, erhebt sie die Forderung, daß die Juden und Christen mit den Muslimen nicht nur an den gleichen, sondern an denselben Gott glauben sollen (Pressestelle des Ordinariats Würzburg 13.4.07). Im vorauseilenden Gehorsamsfundamentalismus, der diese Dialogform auszeichnet, geht sie über die islamische Einrichtung der Dhimma hinaus und möchte offenbar einen neuen Typus von Krypto-Konvertiten schaffen, der irrtumsfrei an denselben Gott, also Allah glaubt. Auch ohne offizielle Legitimation breitet sich diese Transformation durchaus in der Kirche aus und kann den Glaubensmutanten auch konkrete Vorteile verschaffen.

So auch der „Dialogbeauftragten“: Sie kann immerhin das ihr verwehrte Priesteramt überspringen, zum Kirchenmufti mutieren und – sozusagen par ordre de moufti ecclésiastique – in vormodernem Stil den Glauben an „denselben Gott“ verordnen. Für die solcherart Beschenkten behält sich Allah indessen Maßnahmen vor, die bei „demselben“, jüdisch-christlichen Gott unbekannt sind. Unverändert stehen sämtliche Vorschriften des Djihad und der Dhimma bis hin zu apokalyptischen Höllenstrafen zur Debatte. Sie lassen sich ohne Ausnahme realisieren, weil bekanntlich jeder Muslim das Gesetz Allahs selbst besetzen kann. Wie der erwähnte Orientalist Nagel schreibt, ist es diese Gewalt vermittelnde Autonomie, die den Untertan zum Herrscher macht und ihre „begeisternde“ Wirkung auf die „westlichen Islamenthusiasten“ nicht verfehlt hat.

Der Verfasser dieses Beitrags hat an anderer Stelle belegt, daß es diese Autonomie ist, die die „Islambeauftragten“ ermächtigt, die demokratischen Institutionen zum „islambeauftragten“ Parallelstaat umzubauen, ganz ähnlich den NS-Institutionen, die unter Einsatz primitiven Personals der Verwaltung des Altstaats parallel aufgezwungen wurden. Da das EKD-Dokument diesen Trend deutlich bremst, erscheint es unserem weiblichen Kirchmufti als Sand im Getriebe, der die dialogische „Riesenbaustelle ins Stocken bringt“, mithin das natürliche Wachstum der Scharia stört, denn „besonderes Gewicht liegt auf dem Austausch mit dem Islam“.

Ihr Dienstherr, Papst Benedikt XVI., wirkt offenbar als besonderer Dorn im kirchenblinden Auge, indem er sich einst mit der Regensburger Rede blasphemisch gegen die Religionsmutation auflehnte und unfähig scheint, „zu begreifen, was anderen heilig ist und das mit Respekt zu betrachten“. Notwendigerweise und mit genüßlicher Polemik verstößt die Muftistin gegen ihre eigene Scheindirektive, „Ideal mit Ideal und Realität mit Realität zu vergleichen“. Denn würde sie angewendet, müßte man islamweite Gewaltaspekte diskutieren – Terror, Christenverfolgung, Frauenrepression – die durch die Dialogbrille eher als „Mißbrauch des Islam“ erscheinen.

Die eklektische Islamsicht, die „Ideal mit Realität“ gleichsetzt, wäre mit den bekannten Anweisungen des Korans konfrontiert, die mit unentwegtem Verbrennen, Kopfabschlagen, und Hautabziehen (Suren 4, 22, 41, 66, 71) eine Renaissance des inquisitorischen Scheiterhaufens in Aussicht stellen und – wie unsere Muftistin nach dem Muster von Sure 5 vorschlägt – auch mit anderen Problempunkten des Djihad und der Dhimma dazu anregen, “nach den guten Dingen zu wetteifern“.

Mithin ist sie deutlich bestrebt, nicht in die Fettnäpfe der Dialogkirche zu treten, verordnet aber in altklerikalem Machtstil das „Stück Stoff“ des Kopftuchs, um zu verhindern, daß die muslimischen Frauen sich etwa gegen das männliche Menschenrecht des Sexualdiktats auflehnen könnten. Im modernen Doppeltrend von Enthüllung und Abtreibung bleibt abzuwarten, ob diese Methode nachhaltig „fruchtet“. Nicht nur wegen der zunehmenden Bildungsmisere werden sich auch nichtmuslimische Frauen in den Sog des Religionswandels ziehen lassen. Wie die Geschichte zeigt, sind Frauen überhaupt für religiöse Attraktionen aufgeschlossen. Dies schließt nicht auch aus, sondern eher ein, daß sie der laufende Trend zur geistigen Einfachheit auch biologisierend erfasst und wieder zu ähnlich bestellbaren „Saatfeldern“ rückentwickelt, wie sie in Europa bis weit ins 19. Jahrhundert üblich waren.

Vor der Rückkehr derartigen Buchstabenglaubens versagt selbst der jesuanische Geist, der einst die Frauen vom „ersten Stein“ befreite. Immerhin gesteht ihm der Würzburger Dialoggeist – zumindest vorläufig – eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Geist „vieler muslimischer Mystiker“ zu, so daß er in dieser eher esoterischen Form (noch) in der Kirche verweilen darf. Dem Gottesbild des DBK-Dokuments entspricht das zwar nicht ganz, doch war der „mystische Leib Christi“ seit jeher jenem Geist ausgesetzt, „der weht, wo er will“.

Papst Benedikt und die Kirche aller Windrichtungen dürfen gespannt sein, mit welchen Entwicklungen die angekündigte Neuauflage der „Christen und Muslime in Deutschland“ aufwartet. Dem Vorsitzenden Kardinal Lehmann zufolge scheint allerdings ein neuer Realismus in Bezug auf Fragen des Gottesbildes, der Gewalt und der Wurzeln mit den jüdischen Dhimma-Brüdern möglich. Was immer man den beiden Handreichungen an Verbesserungen empfehlen mag – sei es aus orientalistischer, theologischer oder hermeneutischer Sicht – so bleibt festzustellen, daß an ihr Niveau die Muslim-Produkte nicht im Entferntesten heranreichen. Wie erläutert, bestand bislang weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit dazu. Die fest verankerte EU-Ideologie des politreligiösen „Respekts“ und der schariatische Herrschaftsglaube passen zu gut zusammen, als daß der „Dialog“ über die Dhimma-Demutshaltung hätte hinausgelangen können.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 28. August 2007 um 20:12 und abgelegt unter Weltreligionen.