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Christus siegt über Tod und Grab – zum einhundertsten Todestag von Hermann von Bezzel

Donnerstag 8. Juni 2017 von Hermann von Bezzel (1861-1917)


Hermann von Bezzel (1861-1917)

Am 8. Juni 1917, also vor einhundert Jahren, starb der Theologe Hermann von Bezzel. Bezzel war Rektor der Diakonissenanstalt Neuendettelsau und ab 1909 Leiter des Oberkonsistoriums der Kirchenleitung der bayerischen Evangelisch-Lutherischen Kirche in München. Pastor Heinrich Kemner setzte sich in „Christus oder Chaos“ mit der Theologie Hermann von Bezzels im Verhältnis zur Theologie Luthers auseinander und zitierte ihn immer wieder in Predigten und Veröffentlichungen. Im Gedenken an Bezzels hundertsten Todestag drucken wir nachfolgend Auszüge aus einer Katechismuspredigt von Hermann von Bezzel zum 2. Glaubensartikel:

Jesus Christus, gekreuzigt in der Schwachheit, verlassen von der Kraft, einsam, von seinem Vater dem Tod, der Sünde und Hölle überantwortet, ohne Hilfe und Heil, ohne Leben und Licht, ohne Trost und Rettung, ward ins Grab gesenkt. Und über dem geschlossenen Grabe triumphierte alles, was widergöttlich ist, und an dem verriegelten Grabe jauchzte alles, was wider die Wahrheit ist; und am Todestage des Herrn erloschen alle Lichter und alle Sterne erbleichten. Aber die Wahrheit ist eben doch stärker als die Lüge, und die Liebe ist doch größer als der Tod, das Licht ist doch reicher als die Finsternis der Nacht, und das Leben muss triumphieren, wenn es wirklich Leben ist.

Am dritten Tage, als die Welt sich darauf einrichtete, ohne Erlöser und ohne Erlösung dem Tode auf ewig verfallen zu sein, und die kleine, verzagte, geängstete Christengemeinde mit dem Gedanken sich abfand, es sei auch ihre Hoffnung vergeblich – am dritten Tage, da die Sonne sich besann, ob sie noch einmal über dieser Erde aufgehen sollte, über dieser Erde, die ein großes Grab ihres Gottes und Schöpfers in sich barg, hat die Sonne endlich den Mut gefunden, über alles Gewölk des Todes und über alle Schatten der Hölle und über alle Finsternis und alles Grauen der Verwesung siegreich aufzugehen. Am dritten Tage, als es Morgen ward, da schien die Sonne, als ob es nie eine Nacht gegeben hätte und triumphierte, als ob sie nie über ein Grab hätte hinleuchten müssen, und war groß, majestätisch und gewaltig wie ein Held, zu laufen ihre Bahn (Ps 19,6), als ob sie nie ihren Schein verloren hätte und nie der großen Finsternis hätte weichen müssen, drei volle Stunden. Am dritten Tage um den Morgen ging es durch die Welt wie ein Frühlingsahnen: „Dein Tau ist wie ein Tau des grünen Landes, aber das Land der Toten wirst du stürzen“ (Jes 26,19). Am dritten Tage ist der, den sie leblos, leidlos, teilnahmslos in die Erde senkten, vom Tode auferstanden und lebt!

Und am dritten Tage, da es hieß: „nun ist die größte Tatkraft für immer ausgetan und gelähmt!“, und da die einen über solchen Tod jubilierten und den andern über solchen Tod des Geliebten das Herz brechen wollte, da geht es durch die Lande, und da läutet es mit österlichen Glocken, und da ist’s Frühling auf Erden, weil’s Frühling in der Heimat geworden ist: Jesus lebt! Auferstanden, nicht aus dem Grabe gestohlen von den Jüngern, dass sie dann mit dem Toten ihren Kultus und mit dem zerfallenden Menschenbilde ihren Dienst trieben, nicht mühsam vor Verwesung und Verfall geschützt, wie dort in den Pyramiden Ägyptens, in den Königsgräbern die Herrscher, sondern in der Fülle der Lebensmajestät, in der Größe der unmittelbaren Lebenswahrheit, in der überzeugenden Gewalt, dass Jesus nicht sterben darf forthin, in der alle Zweifel ermächtigenden und allen Widerspruch niederschlagenden und aller Ärmlichkeit der Verneinung spottenden Majestät ist er auferstanden: er lebt! Nicht ein kümmerliches Leben, dass man ihn lieber wieder im Grabe sähe, nicht ein altersschwaches Dämmern, da jeder Nerv versagt, und jeder Muskel der Mühe und Anstrengung sich weigert, nicht ein schwächliches, wehmütiges Erinnern an ein früheres Leben und dessen Kraft, sondern, wie der Frühling überall hervorbricht, quellend in seiner Gewalt, knospend in seiner Freude, die Welt mit dem Überfluss an Lebensgütern überschüttend und bewegend, so ist unser Heiland aus dem Grabe hervorgegangen, nicht ein Lebendiger, sondern das Leben. Er hat den Knechtsleib getragen, aber in der Glorie des Siegers; er hat den Menschenleib an sich gehabt, aber in der Majestät der paradiesischen Schöne; keine Miene war mehr vom Schmerz bewegt, kein Blick mehr von der Wehmut getrübt, kein einziges mehr, dass sich irgendwie seiner Kraft hemmend in den Weg stellte, sondern in der Fülle der Gottheit hat er die Menschheit bereichert, erfüllt und verklärt, und in der Echtheit der Menschheit hat er die Gottheit verwirklicht und bezeugt. Ganz Mensch, der damit den Seinen das Brot brach nach seiner Auferstehung, ganz Mensch, der am jenseitigen Ufer stand und dem Petrus das Herz schwellen ließ, dass er sich ins Wasser warf, Jesus entgegen; denn „es ist der Herr!“ (Joh 21,7). Ganz Mensch, da er dem tastenden Zweifler in seine Nägelmale die Finger und seine Hand in seine Seite bergen und legen ließ (Joh 20,27). Ganz Mensch, und dabei doch Gott: „Rühre mich nicht an!“ (Joh 20,17). Ganz Mensch, so dass das arme, schwache Weib meint, es sei der Gärtner – ganz Gott, so dass sie untereinander sagen: „Brannte nicht unser Herz!“ (Lk 24,32). Ganz Mensch, dass die Jünger von Emmaus sagen: „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden!“ (Luk. 24,29) – ganz Gott, der durch verschlossene Türen einkehrt und aus verschlossenen Türen wieder scheidet (Joh 20,19).

Jesus ist am dritten Tage wieder auferstanden! Das ist Gottes Bekenntnis nicht nur zu seinem Sohne, sondern zu all dem, was leben, bleiben und ewig regieren will, dass das Leben dennoch auferstehen muss, dass alles, was es vergehen und enden lässt, was es herniederzwingt, nur zur Förderung wahren Lebens gereichen soll. Je größer die Steine, mit denen man es beschwert, je fester die Siegel, die man aufs Grab prägt, desto machtvoller werden die Steine weggewälzt und die Siegel gesprengt und des Todes Gewalt verbannt und vertrieben werden; denn das Leben hat das letzte Wort.

Christliche Gemeinde, willst du dir das auch rauben lassen, diesen höchsten Trost, von dem die Kirche singt:

Weil du vom Tod erstanden bist,
soll ich im Tod nicht bleiben,
Mein höchster Trost dein Auffahrt ist,
Todesangst kann sie vertreiben.

Willst du dir diesen Trost auch rauben lassen von den Überverständigen, von der Untreue und Phantasterei eines Christentums, das Christum aus dem Mittelpunkte stößt? Willst du das, so lass dich weiterhin betrügen. Aber etliche bleiben bei dem österlichen Geheimnis am offenen Grabe ihres Herrn und Heilandes und sprechen: „Ich danke dir von Herzen, o Jesu, liebster Freund, für deines Todes Schmerzen“, ach damit, wenn mein Leben sich endet, es mit deinem Ende schließe, damit es in deinem Anfang, dem Anfange ewigen Lebens, neu beginne. „Wer so stirbt, der stirbt wohl.“

Ich glaube, dass Jesus Christus am dritten Tage auferstanden ist von den Toten nach der Schrift (1 Kor 15,4) und ist ein Erstling geworden unter denen, die da schlafen (1 Kor 15,20). Das ist ein großer und seliger Trost und eine wahrhaftige und felsenhafte Gewissheit. Und in dieser Gewissheit sprechen wir auch angesichts des Grabes:

Es wird mir sein ein Kämmerlein,
drin ich auf Rosen liege,
weil ich nun durch deinen Tod
Tod und Grab besiege.

Hermann von Bezzel (1861-1917)

Quelle: Der 2. Glaubensartikel – Katechismuspredigten, Buchhhandlung der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1925

Dieser Beitrag erschien in der aktuellen Ausgabe des „Aufbruchs – Informationen des Gemeindehilfsbundes“ (Juni 2017). Wenn Sie den „Aufbruch“ kostenlos abonnieren möchten, schreiben Sie bitte an info@gemeindehilfsbund.de.

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 8. Juni 2017 um 15:11 und abgelegt unter Kirche, Theologie.