Gemeindenetzwerk

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Predigt: Die neue Schöpfung und das Neue Jerusalem

Samstag 2. Juli 2011 von Dr. Joachim Cochlovius


Dr. Joachim Cochlovius

Predigt: Die neue Schöpfung und das Neue Jerusalem

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; und der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. 2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. 3 Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein. 4 Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. 5 Und der auf dem Throne saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu. (Offb 21,1-5)

Liebe Brüder und Schwestern,

wenn wir uns mit der neuen Schöpfung beschäftigen, dann ist das nicht nur ein Zukunftsthema. Wir werden schnell merken, dass dieses Thema Weltgeschichte schreibt, zumindest in den letzten 200 bis 300 Jahren, denn die Sehnsucht nach einer neuen Welt ist in diesem Zeitraum dramatisch gewachsen. Betrachten wir einleitend kurz drei politische Konzepte, die Weltgeschichte geschrieben haben.

Ich beginne mit der Französischen Revolution: Ein einziger Traum nach einer neuen Welt mit Brüderlichkeit, mit Gleichheit, mit Freiheit, die erste säkularisierte Reich-Gottes-Utopie in Europa. Wir sind alle mehr oder minder geprägt von den Idealen dieser Revolution, müssen aber feststellen, dass sie keineswegs eine neue Menschheit hervorgebracht hat, sondern im Gegenteil einigen tausend Köpfen ein grausames Ende.

Dann der Kommunismus. Von ihm rede ich nicht nur theoretisch, sondern als ehemals Betroffener, der in der früheren DDR aufgewachsen ist. Eine bessere Welt sollte entstehen, eine klassenlose Gesellschaft. Doch wer dort hinter die Kulissen blickte, merkte schnell, dass ausgerechnet diejenigen, die angetreten waren für mehr Gleichheit in der Welt, dann doch gleicher waren als die anderen mit ihren ganzen Sondervergünstigungen.

Man könnte meinen, dass nach diesen Erfahrungen die Sehnsucht nach einer neuen Welt aufgehört hat. Doch weit gefehlt! Wir erleben seit einigen Jahrzehnten wieder eine Kulturrevolution ersten Ranges. Die „68er“, der Neomarxismus, sind ebenfalls angetreten, um eine bessere Welt zu schaffen, eine Welt ohne Bevormundung, ohne Entfremdung, eine Welt, in der der Einzelne sich selbst verwirklichen kann, eine Welt, in der ich mein Leben selber bestimme und niemand mehr in meine Lebenskonzepte hineinredet. Der frühere Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin hat ein Buch geschrieben über die Vernunft („Strukturelle Rationalität“). Darin bekennt er sich zu einem Lebensstil, bei dem jeder sein Lebenskonzept aus sich selbst heraus entwerfen könne. Wie dieses Lebenskonzept aussieht, das der Mensch aus sich selbst heraus entwirft, ohne auf vorgegebene Autoritäten zu achten, merken wir mittlerweile alle: 

  • Der pure Egoismus setzt sich auf den Thron.
    • Beziehungen lösen sich auf.
    • Ehen und Familien geraten in einen Stresstest ungeahnten Ausmaßes.
    • Die Menschen werden immer bindungsunfähiger.
    • Ein selbstbezogener Umgang mit der menschlichen Sexualität setzt sich immer mehr durch.

Auch hier bleibt die Idee einer besseren „neuen Welt“ auf der Strecke. Wir dürfen gespannt sein, welche selbst erschaffenen neuen Welten uns noch bevorstehen.

Wenn wir uns mit der biblischen Hoffnung auf eine neue Schöpfung beschäftigen, befinden wir uns also mitten im Nerv unserer Zeit. Nun ist es ja nicht so, dass Christen nicht auf eine neue Welt warten würden. Eigentlich sind sie die ersten, die warten. Aber sie warten und nehmen nicht das Gewehr in die Hand, auch nicht das verbale. „Wir warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt“ (2 Petr 3,13). Wir warten, wir „harren“, um dieses schöne Wort zu gebrauchen. „Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft“ (Jes 40,31), so lautet mein Konfirmationsvers. Wir stellen die neue Welt nicht selber her, aber wir gründen uns wie Petrus auf die Verheißungen. Was sind das für Verheißungen?

Wir lesen in Jesaja 65 ab V. 17:

17 Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. 18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, 19 und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. 20 Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht. 21 Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. 22 Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. 23 Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre Nachkommen sind bei ihnen. 24 Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören. 25 Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muß Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.  

Eine ganz außergewöhnliche Verheißung! Hier wird nicht nur allgemein ein neuer Himmel und eine neue Erde verheißen, sondern wir sehen ganz konkrete Konturen. Jerusalem soll der Mittelpunkt sein. Jerusalem, die „Stadt des Friedens“ wird endlich ihrem Namen Ehre machen. Kein Leid, kein Tod, Fruchtbarkeit des Landes, Gottes sofortige Hilfe („Ehe sie rufen, will ich antworten“), was sind das für Aussichten! Gott wird dann gleichsam in die Gedankenwelt und in die Herzen der Menschen sehen, ihre Sehnsüchte erfassen und, bevor sie die überhaupt äußern, erfüllen. Keine Sünde („Auf meinem heiligen Berg wird niemand mehr sein, der Böses tut“). Eine versöhnte Tierwelt („Der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind“). Interessant zu hören, dass dem Löwen plötzlich Stroh schmeckt. Es wird also einige „Umbaumaßnahmen“ auch in der Tierwelt geben.

Ist das eine Utopie, mit der wir uns vertrösten auf einen Sanktnimmerleinstag? Es gibt nicht wenige, die so denken. Aber wir wollen Gottes Wort so nehmen, wie es gemeint ist. Es ist eine Gottesverheißung, und sie wird eintreffen. Was wir in der Offenbarung Jesu Christi, im letzten Buch der Bibel, in den letzten beiden Kapiteln lesen, ist die Einlösung dieses Versprechens. Und Gott kommt nicht zu spät. Es wird alles so geschehen. In Offb 21 bis 22, 5 ist es nachzulesen. Es ist ein besonderes Abenteuer, in das wir uns nur mit einem gewissen Zittern hineinwagen können, die Konturen des neuen Jerusalem nachzuzeichnen, diese neue Welt überhaupt in unser Denken, in unseren Glaubenshorizont hineinzuholen. Dann werden wir merken, dass diese Glaubenserweiterung uns Energie und Vorfreude schenkt.

Die Schau des Neuen Jerusalem

Es ist eine einmalige Schau, die Johannes hier zuteil geworden ist. Johannes war am „Tag des HERRN“ (das sagt er gleich am Anfang, Offb 1,10) hineingezogen, „hineinentrückt“ in die letzte Zeit. Manche sagen, dass sei der Sonntag. Ich glaube das nicht. Dazu braucht es keinen heiligen Geist, dazu braucht es nicht eine große Bewegung, um Johannes an einem Sonntag Visionen zu geben. Nein, er war „am Tag des HERRN“. Er war hineingenommen in die letzte Zeit. Eigentlich könnte man Johannes mit zu denen zählen, die schon eine Entrückung erlebt haben. Der „Tag des HERRN“ ist ein festgelegter Begriff im Alten Bund.

Er schaut eine Stadt, die aus dem Himmel herniederkommt. Wer die Überwinderver-heißungen aus den Sieben Sendschreiben kennt – jedes Sendschreiben hat eine Verheißung für die, die überwinden, – der erkennt schnell, dass sich diese Verheißungen im Neuen Jerusalem wortwörtlich erfüllen. Die Offenbarung ist in einer ganz besonderen Struktur komponiert. Sie hat eine tief angelegte Symmetrie. Sie hat keine Chronologie, sie hat eine Symmetrie. Kapitel 1 entspricht Kap. 22, 6ff. Kapitel 2 und 3 (die Sendschreiben) entsprechen der Vision vom Neuen Jerusalem. Das, was den Überwindern zugesprochen wird, wird Realität. Wir sollten dieses Wunder aller Wunder recht bedenken, dass Gott seine Wohnung bei den Menschen gründet, sein Zelt aufschlägt und seiner ewigen göttlichen Sehnsucht nach Gemeinschaft mit uns Menschen Ausdruck verleiht.

Ich versuche mich immer wieder in diese Absicht Gottes hineinholen zu lassen, das uns die Offenbarung schenkt. Was ist das für ein Gott, der Sehnsucht hat, mit den Menschen Gemeinschaft zu haben! Was ist das für ein Gott, der darauf verzichtet, den Himmel zu öffnen und sich – sozusagen per Zwang – von der Menschheit anbeten zu lassen! Wenn Gott jetzt drei Minuten den Himmel öffnete, würden ihm 6,8 Milliarden Menschen sofort huldigen. Gott verzichtet jedoch darauf, seine Allmacht in irgendeiner Weise auszuspielen, weil seine Liebe alle anderen Züge seines Wesens einschließt und umschließt. Er sucht uns, denn wir sind seine Lieblingsgedanken, und er hungert danach, den Menschen seine Liebe direkt und ungeteilt zu vermitteln. Gott will keine anderen Wege als nur seine Liebe, um sich mitzuteilen. Er kann ja nicht sein Wesen verändern. Er hat „nur“ seine Liebe. Und dann kommt endlich der Tag, an dem er seine tiefste Sehnsucht zu seiner allergrößten Freude verwirklichen wird. Luther hat das schöne Wort gesagt: „Ein Backofen voller Liebe ist unser Gott.“

Es geistern so viele Gottesbilder unter uns und in unserer Seele herum, die von der alles dominierenden Allmacht Gottes und von seinem gestrengen Richtertum geprägt sind. Wir sollten all diese Bilder immer wieder prüfen am Wort Gottes. Gott ist ein Gott, der all das, was er ist und hat, teilen will. Das hat Christus uns vorgelebt. Gott hat das, was er ist und hat, nur für andere, für uns. Liebe bleibt niemals, keine Sekunde, bei sich selbst stehen. Gott denkt keine Sekunde über sich selbst nach – davon bin ich überzeugt. Die Urkraft, die ihn bewegt und beseelt, ist die Liebe. Und die Liebe zieht ihn weg von sich selbst zu Christus, auf seine Schöpfung, auf die Menschheit, hin zu seinen Plänen der vollkommenen und totalen Erneuerung. Das muss man immer im Herzen hin- und herbewegen, dass Gott nichts für sich selbst ist, alles mit uns teilt, damit seine Liebe Konturen bekommt und unser Glaube Schönheit und Tiefgang und Freude.

Gottes Wohnung bei den Menschen

Nun betrachten wir die Stadt, die sich da vom Himmel herabsenkt. Abraham wusste schon, dass es eine Stadt ist. „Er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“ (Hebr 11,10). Mose hatte ebenfalls Einblicke in diese Stadt, denn er hat nach den Konturen dieser Stadt, nach der himmlischen Wohnung Gottes, die Stiftshütte konzipieren und bauen lassen. Auch Paulus kennt die Stadt Gottes als reale Stadt (Gal 4,26).  „Das Jerusalem, das droben ist“, so nennt er sie. Dass alle diese Glaubensmänner von einer realen Stadt ausgehen, steht völlig außer Frage. Ich wundere mich im Nachhinein über mich selber, dass ich so viele Jahre das neue Jerusalem nur für ein schönes Symbol der Gegenwart Gottes gehalten und die Tatsächlichkeit, die Realität, vernachlässigt habe. Aber die Bibel ist real, und das Neue Jerusalem ist eine tatsächliche Stadt. Wenn Gott diese wunderbare Schöpfung, den Makrokosmos, den Mikrokosmos, erschafft durch die bloße Kraft Seines Wortes, dann werden wir Ihm doch auch diese Stadt, ihre Konzeption, ihren Bau zutrauen dürfen. Ich bin sehr dankbar, dass der Heilige Geist mir diesen Impuls gegeben hat, dass ich endlich diese Stadt als eine Realität verstehen darf, von Gott selbst erschaffen. Doch nicht nur als eine ewige himmlische Existenz, sondern erschaffen für die neue Erde. Hier kann man Theologie lernen, also Nachdenken über Gott.

Jetzt habe ich mit den schönsten mir zur Verfügung stehenden Worten diese Stadt ausgemalt und komme fast in Gefahr zu vergessen, dass die Wohnung, über die ich jetzt hier rede, schon längst in mir Realität ist. Das wollen wir bei all diesen Betrachtungen überhaupt nicht vergessen, dass der Dreieinige Gott seine Wohnung in jedem gläubigen Christen schon längst gegründet hat (Joh 14,23). Da steht es schwarz auf weiß. Er wohnt in uns. Die größten Dinge sind für uns oft so belanglos, dass wir schnell vergessen, darüber nachzudenken und dafür zu danken. Der gewaltige Dreieinige Gott nimmt Wohnung durch den Heiligen Geist in mir armem, elenden, schwachen, sündhaften Menschen. Was dann – wenn Christus wiederkommt und sein Gerichtshandeln abgeschlossen sein wird – schaubar wird, ist jetzt im Glauben uns, der Gemeinde, schon längst zugeeignet. Diese Ansprache sollte nicht so verstanden werden, als ob die größten Dinge irgendwann nach Christi Wiederkunft geschehen. Nein, das Neue Jerusalem ist schon längst in uns. Der heilige allmächtige Gott hat in uns Wohnung genommen, wenn wir im Glauben mit Jesus Christus verbunden sind.

Der „Gott-mit-ihnen“ wird ihr Gott sein, sagt die Stimme. Die Stimme kommt von Christus, vom Thron, denn vorher ist vom großen weißen Thron die Rede. Der „Gott-mit-ihnen“ ist der Immanuel. Das ist ein Namen, der Christus meint. Christus wird dann ihr Gott sein. Auf der neuen Erde, im Neuen Jerusalem, wird der Thron des Lammes stehen. Christus wird dort residieren. Dort wird Er seine ewige Wohnung haben.

Die Märtyrer des endgeschichtlichen Israel

Nun wird es immer konkreter: Christus wird die Tränen abwischen. Wir sollten auch hier jedes Wort gewichten. Zunächst fragen wir die Offenbarung selber, was damit gemeint sein könnte. Dann wird man sofort an Offb 13 denken, an die Heiligen, die der furchtbaren Verführung und Verfolgung durch den falschen Christus ausgesetzt sind. Sie werden im Martyrium viele Tränen vergießen, und diese Tränen werden jetzt abgetrocknet. Diese Märtyrer, die sterben um ihrer Hoffnung auf den himmlischen Messias willen, erleben ja ein ganz besonderes Schicksal und gehen einen ganz besonderen Weg. Sie werden versammelt vor dem Altar Gottes (Offb 6,9-11). Dort rufen sie übrigens nach Rache. Schon deswegen können sie keine Christen sein – Christen rufen nicht nach Rache. Aber es ist nur eine Teil-Zahl. Die Vollzahl kommt noch. In Offb 7 wird berichtet, dass sie alle versammelt sind und ihre neuen Kleider bekommen. Sie warten auf diesen grandiosen Augenblick, wo sie mit Christus auf die Welt zurückkommen. Dann bekommen sie einen neuen Leib (Offb 20,4). Ich muss dabei immer wieder an Hesekiel 37 denken. Da schaut der Prophet ein Feld voller Totengebeine und soll sie ansprechen und zum Leben erwecken. Er tut es. Gott beglaubigt sein Wort. Vor Hesekiels innerem Auge werden die Totengebeine lebendig. Es werden lebendige Menschen durch eine unerhörte göttliche Auferweckungstat. Ich weiß nicht, wie Hesekiel das erlebt und empfunden hat. Aber ich kann mir gut denken, dass er genau diesen Augenblick geschaut hat, von dem wir gerade reden. Die Märtyrer werden lebendig. Sie bekommen einen unzerstörbaren Leib und werden zu Priestern und Königen im Neuen Jerusalem eingesetzt.

Kein Tod wird in dieser Stadt mehr sein, denn dort wachsen die Lebensbäume. Zu ihnen haben wir seit Adam und Eva keinen Zutritt mehr. Aber sie sind doch für uns gemacht. Ihre Früchte kann man dann pflücken und essen. So empfängt man göttliches Leben. Diese Bäume wachsen an den beiden Seiten eines wunderbaren Stromes. Ihre Blätter heilen viele Gebrechen. Ist das eine alte Mythologie oder Realität? Kein Tod wird in dieser Stadt mehr sein.

Die Stimme spricht weiter: Die erste Schöpfung, die vom Sündenfall verunstaltet war, ist beendet. Die erste Schöpfung, so schön sie ist, ist doch geprägt von der Vergänglichkeit. Paulus empfindet die Vergänglichkeit dieser ersten Schöpfung in Röm 8 wie kaum ein anderer. Er hört das Seufzen der Kreatur, die sich sehnt nach dem Offenbarwerden der Kinder Gottes. Wie oft gehen wir an der Kreatur vorüber und denken, Gott sei nur für die Menschheit zuständig. Nein – Gott ist genauso zuständig für die Tierwelt. Er ist und bleibt zuständig für alle seine Schöpfungswerke. Wer den Schluss des Jonabuches kennt, der weiß, dass in Ninive auch Tiere existierten, für die Gott ebenfalls ein Herz hat. Die ganze Kreatur soll erneuert werden. Die alte Schöpfung wird nicht nur restauriert, sie wird total erneuert und erhält eine neue Qualität. Kein Fluch der Vergänglichkeit wird mehr auf ihr liegen. Und was die Tierwelt betrifft, dazu sagt Jesaja viele Einzelheiten. Die Tiere werden versöhnt miteinander leben. Neulich habe ich gelesen, dass der schlimmste Feind einer bestimmten Elefantenart eine bestimme Maus ist. Das ist erstaunlich. Eine kleine Maus der schlimmste Feind eines Elefanten. Wie kommt das? Sie kriecht ihm in den Rüssel und beißt sich dort fest. Dann hat der Elefant, so groß und stark er ist, keine Chance mehr sich Flüssigkeit zuzuführen. Solche Tiertragödien wird es dann nicht mehr geben. Die Tierwelt wird keine Angst mehr voreinander haben.

Christus macht alles neu. Durch seine Hände wurde die erste Schöpfung erschaffen (Hebr 1,2). Schon das ist ein ganz erstaunlicher Vorgang. Wir haben oft einen viel zu statischen Begriff von Dreieinigkeit: Hier ist Gott, der für die Schöpfung zuständig ist; da ist der Sohn, der für die Erlösung zuständig ist; da ist der Heilige Geist, der für die Vollendung zuständig ist. Das ist nicht zu Ende gedacht. Gott ist ein Gott der Liebe, und Liebe ist kommunikativ. Der Vater sagt dem Sohn: „Das traue ich dir zu. Mach du das! Ich trete zurück.“ Das ist Liebe. Und der Sohn sagt: „Vater, das mach ich! Denn ich möchte meine Liebe dir zeigen.“ Wir finden ein ganz enges Geflecht von heißer Liebe in der Dreieinigkeit Gottes. Gott hat die Welt durch Christus erschaffen. Deswegen wird Christus auch die neue Welt genau so souverän erschaffen. Das ist für ihn kein Problem. Das hat sogar der Atheist Voltaire gesagt, als er einmal über die Auferstehung gefragt wurde: „Falls es stimmt, dass Gott den Menschen einmal erschaffen hat, dann wird er ihn wohl auch ein zweites Mal erschaffen können.“

Christus auf dem Thron

Die Stimme, die das alles sagt, ist die Stimme Christi. Er wird dann auf dem Thron des Lammes sein (Offb 22,3). Und die vielen auferstandenen Märtyrer werden ihm dienen von Ewigkeit zu Ewigkeit, heißt es. Denn sie haben einen unzerstörbaren Leib empfangen. Das ist natürlich eine Wirklichkeit, die wir mit unserer Erfahrung nicht umschließen und umgreifen können. Aber ich will einfach nur nachzeichnen, was die heilige Schrift hier von dieser Stadt alles sagt.

Nun wird es immer konkreter. Die Stadt trägt die Herrlichkeit Gottes, die doxa auf griechisch, kabod auf hebräisch. Schon im Alten Testament war die Herrlichkeit Gottes ein Zeichen für die unmittelbare Gegenwart Gottes. Wenn Mose und Aaron in der Stiftshütte beteten, kam die Herrlichkeit Gottes auf sie nieder. Und diese Stadt wird dann voll und ganz erfüllt sein von Gottes Herrlichkeit. Die Stadt steht auf Grundsteinen, und diese Grundsteine sind die zwölf Apostel. Das gibt uns viel zu denken. Die Apostel waren die ersten, die zu den Völkern geschickt wurden. Erinnern wir uns an den Missionsbefehl in Matth 28. Diesen Befehl haben die Jünger damals nur mit Ach und Weh eingelöst, zunächst überhaupt nicht. Deswegen musste Paulus kommen, um überhaupt den großen Anstoß zur Heidenmission zu geben unter Schmerzen und viel Leid. Aber trotzdem waren die Jünger die ersten, die den Auftrag bekamen, in die Welt zu gehen und den Menschen Christus zu bezeugen. Deswegen haben sie ihren Platz im Neuen Jerusalem.

Das neue Volk Israel

Das Neue Jerusalem ist nicht für sich selber da, so dass die, die darin wohnen, jeden Tag ihre Schönheit genießen würden und dabei ein glückseliges Leben hätten. Nein, Gott ist Liebe, und Liebe sucht andere. Deswegen ist diese Stadt für die Völker da. Und die Völker werden kommen! Die zwölf Apostel werden gleichsam die Regierungsmannschaft bilden. Die zwölf Stämme Israels stehen auf den zwölf Toren. Damit ist nichts anderes gesagt, als dass Israel als Ganzes endlich an seiner Lebensbestimmung angekommen ist. Diese Bestimmung trägt Israel mit sich seit dem Sinai-Ereignis (2 Mose 19,5 und 6). „Ihr sollt mir sein ein heiliges Volk von Priestern und Königen, wenn ihr gehorsam seid“. Darauf wartet Gott. Aber dann wird Israel gehorsam sein. Die Tore stehen weit offen. Dort können die Völker und Könige hindurchgehen. Über die riesige Größe des Neuen Jerusalem kann man nur staunen. 2.200 bis 2.400 Kilometer im Kubik – das ist unendlich viel Platz. Gott hat eine unendliche Liebe, in die unendlich viel hinein passt. Dort sollen die Völker ein- und ausgehen. Wenn man die Mauer ins menschliche Maß überträgt, ist sie 70 Meter breit. Man könnte hier denken, dass es noch irgendwelche Feinde abzuhalten gilt. Aber das wäre eine falsche Vorstellung. Die Tore stehen ja offen. Die Mauer ist durchsichtig. Das heißt, sie lässt das Licht, die Herrlichkeit Gottes, den Glanz hindurch. Keine Sonne ist dort mehr nötig.

Was soll man zu den Baustoffen sagen? Was ist mit dem Gold, mit den riesigen Perlen, mit den Edelsteinen gemeint? Das sind himmlische Baustoffe. Diese Stadt kommt aus dem Himmel. Das Gold, das wir auf der Erde haben, ist nur ein Abbild des himmlischen Goldes. Die Perlen, die wir auf der Erde haben, sind nur ein Abbild himmlischer Perlen. Alles, was wir auf der Erde an schönen Dingen haben, ist vergänglich. Aber es ist immer auch ein Spiegelbild dessen, was in Gottes Augen schön ist. Gott ist ein schöner Gott, und deswegen wird auch das Neue Jerusalem wunderschön sein. Ihr Gold ist ein Gold, das es auf der heutigen Erde gar nicht gibt. Denn dieses Gold ist durchsichtig. Es lässt den Glanz durch, hinein in die Welt, hin zu den Völkern.

Ich möchte diese Stadt nicht vergeistigen. Es gibt schon viel zu viele Auslegungen, die hier vergeistigen und die überall irgendeinen geistlichen Sinn hineinlesen. Warum lassen wir nicht einfach die Realität stehen? Gott hat Freude an der Schönheit dieser realen Stadt.

Nun wird es noch konkreter, wenn man die letzten Verse der Schau vom Neuen Jerusalem studiert. Jetzt bekommen wir auch etwas über den Zweck des neuen Jerusalem mitgeteilt. Zunächst befremdet eine Aussage: Es gibt dort keinen Tempel. Das ist auffällig. Denn wo wird dann Christus sein? Wir bekommen sofort die Aufklärung: Die ganze Stadt ist ein Tempel, die ganze Stadt ist Wohnstätte Christi. Alles ist ein riesiger Tempel. Und Christus selber ist die Sonne.

Die Völkerwallfahrt

Dann wird von der Völkerwallfahrt gesprochen. „Die Völker werden zu deinem Licht ziehen“ – sie sehen das Licht – „und die Könige werden zu deinem Glanz kommen, der über dir aufgeht“ (Jes 60,3). Die Völker werden aus eigenem Antrieb kommen. Da ist kein Druck, da ist keine Leistung, da ist kein Muss: „Wenn du nicht einmal im Jahr die Pilgerreise machst, bist Du ungehorsam“. Nein, überhaupt nichts von dem. Da ist Antrieb aus reinem Herzen, Gott näher kennen lernen zu wollen und das Beste, was man hat, Gott zu weihen und ihm darzubringen. Das Beste, was ich habe. Ja, der Mensch ist dann regelrecht begierig, Christus das Beste zu bringen und zu weihen, auf dass es gesegnet werde. Was wird das für eine Welt sein! Was wird das für eine Menschheit sein! Die Völker sehnen sich dann nach Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott. Ich möchte an eine Stelle aus Sach 8,23 erinnern: „Zehn Männer aus den Heidenvölkern werden einen Juden beim Mantel ergreifen und ihn nicht wieder loslassen und zu ihm rufen: Bitte, zeige uns den lebendigen Gott!“ Sie haben Sehnsucht nach Gott, so wie Gott Sehnsucht nach ihnen hat. Dann wird sich erfüllen, was bei Jesaja gleich am Anfang steht: „Aus Zion wird Weisung ausgehen und das Wort Gottes von Jerusalem.“

Wir haben uns einmal eine Thoraschrein-Decke aus Jerusalem mitgebracht. Das hätten wir gar nicht gedurft; das wussten wir aber nicht. Sie hängt jetzt im Seminarraum der Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes, wo die Gottesdienste gefeiert werden. Auf diese Decke fällt immer wieder unser Blick. Dort steht, gestickt aus goldenen hebräischen Buchstaben: „Aus Zion wird Weisung ausgehen und das Wort Gottes von Jerusalem“ (Jes 2,3). Das ist der Zweck des Neuen Jerusalem.

Hier sind wir nun bei dem Unbeschreiblichen angekommen, beim menschlichen Leben im Neuen Jerusalem und auf der neuen Erde. Es muss aber unbedingt noch gesagt werden. Es wird im Neuen Jerusalem ein komplettes ewiges göttliches Heil geben. Hier bekommt jeder das Lebenswasser umsonst, jeder, der körperlich durstig ist, jeder, der Lebenssinn sucht, jeder, der in seinem Ich, in seinem Selbstverständnis weiß, wie sehr er Gott braucht und wie viel er Gott verdankt. Das gilt für jeden, der neuen und tieferen Sinn sucht für sein Leben. All das wird er bekommen. Wer körperliches Heil sucht, wird es finden. Wir sehen, dass Gott auch in der neuen Welt derselbe geblieben ist. Auch dort ist die Gnade. Man muss sich nichts verdienen. Wer schwach und krank und gebrechlich ist, der hat dort Früchte und Blätter. Wer traurig ist über die Defizite seines Herzens, empfängt Sinn und Freude die Fülle.

Man kann darüber lächeln, aber für mich tritt uns hier Gott als Leibsorger entgegen. Was wir in unserer christlichen Tradition haben, ist eine Dominanz der Seele über den Leib. Es gibt Seelsorge, aber wo gibt es Leibsorge? Heute hat mich jemand gefragt, ob man sich nach dem Tod verbrennen lassen kann. Solch eine Frage kann man nur stellen, wenn man den tieferen Sinn der Leiblichkeit vergessen hat. Gott erschafft den Leib, durch Christus, wie wir gesehen haben. Und er wird auch den Leib der neuen Menschheit unter den neuen Lebensbedingungen dann erschaffen. Da sollte uns eine Scheu ergreifen, den gestorbenen Leib mit Feuer zu zerstören. Auch an unsere Nahrung können wir in diesem Zusammenhang denken. Fördert und hilft sie unserem Leib oder gefährdet sie ihn? Was machen wir oft mit diesem großartigen Schöpfungswerk unseres Leibes! Gott ist leibhaft. Christus ist leibhaft auferstanden. Das ist biblisches Denken. Christen, die sich nur um innere Werte und um geistliche Dinge bemühen, leben in der griechischen Tradition, nicht in der biblischen. Die Bibel denkt leibhaft. Das wird jeder bestätigen, der sich einmal näher mit einem Juden unterhalten hat. Gott tritt uns hier also als Leibsorger entgegen, und das ist fantastisch. Zu unserem leiblichen Tod: Wenn wir hier die Augen schließen, dann wird es nicht so sein, wie manche meinen, dass dann das Ich oder die Seele körperlos irgendwo deponiert werden. Das gibt es nicht in der Bibel. Es gibt keine Stelle, die uns eine Seele ohne Leib und einen Leib ohne Seele vor Augen führt. Die Seele hat immer einen Leib. Und wenn der natürliche Leib die Seele nicht mehr trägt, dann hat Gott einen anderen. Wenn wir hier unsere Augen schließen, dann treten wir in eine neue Leiblichkeit ein. Natürlich ist das eine Übergangs-Leiblichkeit, bis Christus kommt. Aber es ist eine Leiblichkeit, in der die Seele aktiv bleibt. Denken wir an den reichen Mann und den armen Lazarus. Wie aktiv war die Seele dieses reichen Mannes, voller Selbstvorwürfe und voller Leid, auch voll von körperlichem Leid.

Die Zukunft der Gemeinde Jesu im Himmel

Schließlich, wenn der Herr wiederkommt, folgt dann für die Christen der große Verwandlungsakt. Wir bekommen eine neue Leiblichkeit. Paulus wird nicht müde, uns in 1 Kor. 15 die Vorzüge dieser neuen Leiblichkeit zu beschreiben. Geistlich wird der Leib sein, d. h. vom Geist geschaffen. Unverweslich wird er sein, sagt Petrus (1 Petr 1,4). D. h. der Leib ist dann ohne Krankheit und ohne Gebrechen. „Unverwelklich“ und „unbefleckt“. In dem zukünftigen Leib lebt keine Sünde mehr. In diesem jetzigen Leib lebt die Sünde. Das ist unsere große Not, dass wir immer wieder nach 1 Kor. 9 versuchen müssen, unseren Leib unter die Zucht des Geistes zu stellen, ein mühsames Unterfangen. Wer das ohne Probleme schafft, den kann ich nur beglückwünschen. Ich schaffe es nicht. Immer wieder muss der alte Leib unter die Zucht des Geistes gebracht werden. Das gibt es dann alles nicht mehr. Der Leib macht dann genau das, was der Geist will. Er freut sich sogar darauf, das zu machen. Wunderbar!

Wir sollten in diesem Zusammenhang immer mehr in die Fußspuren Gottes treten und uns mehr für unseren Leib und auch für den Leib unseres Nächsten interessieren. Etwa 65 Prozent aller Krankheiten entstehen durch falsche Ernährung. Das ist eine Beobachtung, die volkswirtschaftlich hochinteressant ist. Wie viele Milliarden werden einfach durch schlichtes Fehlverhalten in der Ernährung verpulvert. Wir müssen keine Wirtschaftstheoretiker sein, um diesen Schaden ermessen zu können.

Und dann noch etwas: Es wird keinen Fluch mehr geben in dieser Stadt. Gott ist sehr zaghaft mit Flüchen, und man muss unterscheiden zwischen Fluch und Strafe. Wenn Gott straft, dann steht immer die pädagogische Liebe Gottes im Hintergrund. Aber wenn Gott flucht, dann wird es viel ernster, dann wird die Zukunft verbaut. Nach dem Sündenfall wurden Adam und Eva nicht verflucht, sonst würden wir hier gar nicht sitzen. Aber sie werden bestraft durch Einschränkungen in ihrem ganz persönlichen geschlechtsspezifischen Lebensvollzug. Verflucht wird der Ackerboden und Satan. Wenig später wird noch jemand verflucht. Das ist Kain, und sein Schicksal wird damit sehr ernst: „Unstet sollst du sein, keine Heimat wirst du haben. Deine Arbeit wird nicht den Ertrag herausgeben, den du investierst.“ Vergebliche Liebesmühe, ein bitterer Fluch. Kain wird von einer unbegreiflichen inneren Unruhe erfasst, und das ist Menschenschicksal geworden bis heute. Wie sagte Augustin so schön: „Unsere Seele ist unruhig, HERR, bis sie Frieden findet bei Dir.“

Alle diese Flüche werden weggenommen. Der Mensch wird dann nicht mehr bestimmt von dieser Dauerunruhe. Er hat dann ewige Heimat, Geborgenheit und Treue gefunden. Heimat, Geborgenheit, Treue: Das sind die Dinge, die wir alle brauchen. Brauchen wir mehr? Ich glaube nicht. Das sind die seelischen Grunderfahrungen, die gerade der junge Mensch braucht, wenn er stabil werden soll. Was wächst heute für eine Jugend heran, die in den Familien, sofern es überhaupt noch welche gibt, nur wenig Heimat, Treue und Geborgenheitserfahrungen mehr macht? Wie wichtig ist vor diesem Hintergrund die Ehe! Sie ist ein Abglanz des Himmels, wo uns ein Stück – natürlich nur ein Stück, darüber bin ich mir im Klaren –, ein Vorgeschmack von ewiger Treue, von Heimat, von Geborgenheit geschenkt werden soll. Das soll uns vorbereiten auf die große Treue, auf die endgültige Heimat und auf die vollkommene Geborgenheit, die wir als christliche Gemeinde erfahren werden, wenn wir einst die Herrlichkeit Gottes schauen werden. Und diese Menschen, die dort in dem Neuen Jerusalem leben werden sowie die Völker, die dorthin pilgern, werden das voll und ganz erfahren und erleben: Keine Heimatlosigkeit mehr, keine Flüche mehr. Das ist alles ganz wunderbar. Und Christus wird von Ewigkeit zu Ewigkeit regieren zusammen mit denen, die dann dazu berufen sind.

Die Herrlichkeit des Herrn

Jetzt möchte ich abschließend noch etwas sagen über die Herrlichkeit und über das Herrschen. Ich denke, wir müssen immer wieder Begriffshygiene mit den wichtigen biblischen Vokabeln betreiben. Manche halten sich schon innerlich die Ohren zu, wenn sie vom HERRN etwas hören, vor allem die Feministen. Dann werden neue, sogenannte Übersetzungen geschrieben, in denen vom HERRN nicht mehr die Rede ist. Welch ein tiefes Missverständnis vom HERR-sein! Der HERR ist das Schönste, was es gibt. Denn im HERRN spiegelt sich die HERRlichkeit Gottes. Das Herrschen des HERRN ist kein Be-herrschen, sondern ist ein vollkommenes, von Liebe durch und durch geprägtes opferbereites Dasein und Helfen-wollen für andere. Das wollen wir uns einmal wieder sagen und uns nicht verblenden lassen in unserer Begrifflichkeit von den vielen Beherrschern, die diese Welt gesehen hat und sieht. Das Herr-Sein Christi ist etwas ganz anderes. Da opfert sich jemand für die, die er beherrscht. Das wissen wir seit Golgatha. Deswegen ist es eine wunderbare Vision, wenn die Offenbarung im letzten Kapitel von der ewigen Herrschaft des Lammes spricht. Das wird kein Unterdrückungs- und schon gar kein Terrorregime sein, sondern eine Herrschaftsweise, für die man alle beglückwünschen kann, die sie erleben. Denn dieser HERR weiß, was den Menschen fehlt. Dieser HERR gibt den Menschen all das, was sie brauchen. Wir als Gemeinde können das im Glauben bezeugen.

Haben wir nicht im Vortrag von Professor Gitt etwas gehört über die Syntax der Zeit? Haben wir nicht etwas davon gehört, die Zeit auszukaufen, sie richtig einzusetzen, nach Gottes Reich zu trachten und nach seiner Gerechtigkeit? Haben wir nicht die Zusage, dass uns dann alles andere zufallen wird? Das ist nichts anderes als das Paradies auf Erden. Trachte nach Gott. Trachte nach seinen Belangen und setze dich für Gottes Ehre ein, in deiner Familie und auch in deinem Umfeld. Leide mit an der kolossalen Verunehrung Gottes in unserer säkularisierten Gesellschaft.

Es ist unsere Aufgabe, als Christen die Ehre Gottes und das Beste für unsere Nächsten zu suchen. Und damit bin ich beim Kreuz. Blicken wir auf das Kreuz. Es zeigt uns zwei Richtungen: Die eine weist nach oben, die andere zur Seite. Niemand hat es so gut gesagt wie Luther in seiner Reformationsschrift von der Freiheit des Christen. „Ein Christenmensch lebt nicht in sich. Er lebt in Gott und im Nächsten.“ Lebst du noch in dir? Dann bist du am falschen Ort. Wir gehören nicht uns. Wir gehören in Gott hinein, und wir gehören in den Nächsten hinein. Unsere Gedankenwelt, unsere Gefühlswelt, unsere Pläne sollen ausgerichtet sein, immer wieder neu Gott die Ehre zu geben, in seinem Wort zu forschen, ihn immer besser zu verstehen, seinen Willen immer besser umzusetzen und anderen weiterzusagen. Die Liebe soll uns in gleicher Weise beseelen. Sie gibt Phantasie und Kraft. Dann fällt einem das Leid des Nächsten ein, nicht nur sein körperliches Gebrechen oder seine Armut. Dann sehen wir in die Nöte seiner Seele. Dann fangen wir an, für ihn zu beten. Dann wird Gott offene Türen schenken. Gott ist der beste Missionar. Dann kommen Gelegenheiten, dem Nächsten etwas Gutes zu sein und zu geben für Leib, Seele und Geist für Zeit und Ewigkeit.

Damit sind wir als Christen bei unserer Bestimmung angekommen. Das wünsche ich uns allen, dass dieser Kongress dazu einen Beitrag liefert, dass wir nicht Sehnsucht entwickeln nach dem Neuen Jerusalem, so schön und phantastisch das auch sein wird, sondern das wir das Neue Jerusalem, das jetzt im Glauben schon in uns existiert, entdecken, aktivieren und uns von Herzen darüber freuen und Gott täglich danken, dass er in uns Wohnung nimmt und uns berufen hat zu einem Leben im Kreuzeszeichen. Dann wird auch die Vorfreude in uns wachsen auf das Kommen unseres Herrn und auf unsere Himmelsbürgerschaft, die uns verheißen ist in Phil 3,20f.

Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel, woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unsern nichtigen Leib verwandeln wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leib nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann.

Pastor Dr. Joachim Cochlovius, Predigt während der Kongresse “Ja, ich komme bald!” – Das biblische Zeugnis von Wiederkunft, Gericht und Neuschöpfung vom 01.04.-03.04.2011 in Bad Gandersheim und vom 09.-10.04.2011 in Bad Teinach-Zavelstein (Veranstalter: Gemeindehilfsbund / Gemeindenetzwerk). Eine idea-Dokumentation mit sämtlichen Beiträgen der beiden Kongresse “Ja, ich komme bald!” kann in der Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes zum Preis von 7.60 € bestellt werden: Mühlenstr. 42, 29664 Walsrode, 05161-911330, info@gemeindehilfsbund.de

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 2. Juli 2011 um 9:30 und abgelegt unter Predigten / Andachten, Theologie.