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Jesus Christus wurde für unsere Sünden gekreuzigt

Donnerstag 16. Juli 2009 von Johann Hesse


Johann Hesse

Jesus Christus wurde für unsere Sünden gekreuzigt
Kleiner Beitrag zur Sühnetoddebatte

1 Einführung

1.1 Die Leugnung des Sühneopfers Christi

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland Nikolaus Schneider antwortete in einem Interview der evangelischen Monatszeitschrift Chrismon (Chrismon Plus Rheinland, 04.2009) auf die Frage, ob Gott tatsächlich kein Sühnopfer brauche: “Gott braucht es tatsächlich nicht.” Weiterhin meinte Schneider, Jesus sei “nicht im Sinne einer stellvertretenden Übernahme von Strafe” für uns Menschen gestorben. Er ist statt dessen der Ansicht, Jesus “teile mit seinem Leiden und Sterben menschliche Leidens- und Todeserfahrungen” , das Kreuz zeuge “von seiner [Gottes] Liebe, nicht von seinem Zorn”. Mit diesen Aussagen steht der Präses der zweitgrößten evangelischen Landeskirche ganz in der Tradition einer liberalen Theologie, die die Notwendigkeit des Opfertodes Christi für die Sünden der Menschheit leugnet. So hielt Rudolf Bultmann das neutestamtliche Zeugnis, “daß ein Mensch gewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt” für “primitive Mythologie.”

1.2 Der Opfertod als Zentrum des christlichen Glaubens

Es muss jedoch festgehalten werden, dass der stellvertretende Sühnopfertod Jesu Christi eine unaufgebbare Lehre aller christlichen Kirchen ist. Im Nizänischen Glaubensbekenntnis bekennen Christen, dass Jesus “für uns gekreuzigt” wurde. Als evangelische Christen bekennen wir mit dem dritten Artikel des Augsburger Bekenntnisses: Christus, der “wahrer Gott und wahrer Mensch ist, wahrhaftig geboren, gelitten, gekreuzigt, gestorben und begraben, dass er ein Opfer nicht allein für die Erbsünde, sondern auch für alle Sünden war und Gottes Zorn versöhnte”. In den nachfolgenden Abschnitten soll aufgezeigt werden, dass sowohl das Alte Testament als auch das Neue Testament lehren, dass der Mensch das stellvertretende Sühnopfer Christi braucht, um mit Gott versöhnt und gerettet zu werden.

2 Durch den Opfertod Christi werden unsere Sünden vergeben

2.1 Keine Sündenvergebung ohne Blutvergießen

Am großen Versöhnungstag musste der Hohepriester einen Bock schlachten und sein Blut hinter den Vorhang in das Allerheiligste bringen, um es auf den Deckel der Bundeslade zu sprengen. Damit sollte er das “Heiligtum entsühnen wegen der Verunreinigungen der Israeliten und wegen ihrer Übertretungen, mit denen sie sich versündigt hatten” (3Mose 16,15.16). Nach der Entsühnung des Heiligtums sollte der Hohepriester einen zweiten Bock nehmen, „seine beiden Hände auf dessen Kopf legen und über ihm alle Missetat der Israeliten bekennen und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der bereitsteht, in die Wüste bringen lassen, dass also der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage” (3Mose 16,21.22). Was verlangte das mosaische Gesetz, um das Volk mit Gott zu versöhnen? Der Hohepriester musste die Sünden des Volkes auf die Opfertiere übertragen. Die Opfertiere wurden stellvertretend für das Volk geschlachtet oder in die Wüste geschickt. Durch das Blut der Opfertiere wurde das Volk von seinen Sünden gereinigt und mit Gott versöhnt. Der folgende Satz des Hebräerbriefes ist ein Schlüssel sowohl für die Sühnetheologie des Alten als auch für die des Neuen Bundes: “Und es wird fasst alles mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung” (Hebr 9,22; vgl. 3Mose 17,11).

2.2 Jesus opferte sein Leben, um unsere Sünden zu vergeben

Der alttestamentliche Ritus muss als Vorwegnahme des stellvertretenden Sühnetodes Christi verstanden werden. Die Worte, mit denen Jesus das Abendmahl einsetzt, werden erst vor dem alttestamentlichen Hintergrund recht verstanden. Als Jesus den Jüngern den Kelch reichte, sagte er: “Trinket alle daraus, das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden” (Mt 26,27.28). Weil es nicht möglich ist, die von Menschen begangenen Sünden durch das Blut von Tieren zu sühnen (Hebr 10,4), wurde der Sohn Gottes Mensch. Analog zum alttestamentlichen Ritus wurden die Sünden der Menschen auf diesen einzigartigen sündlosen Stellvertreter der Menschheit übertragen. Als Johannes der Täufer Jesus sah, sah er in ihm die Erfüllung der alttestamentlichen Opfer: “Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt” (Joh 1,29). Jesus, „der von keiner Sünde wusste, [wurde] für uns zur Sünde gemacht“ (2Kor 5,21), er trug unsere Sünde an seinem Leib hinauf an das Kreuz (1Petr 2,24), um dort sein Blut zu vergießen und sein Leben zu lassen (Hebr 9,14). Auf der Grundlage dieses stellvertretenden Opfertodes Jesu Christi werden dem Sünder die Sünden vergeben (Rö 3,23-26; 1Petr 1,18.19; Hebr 9,14.15.26). Sowohl das Alte als auch das Neue Testament bezeugen, dass die Aussage “Gott brauche kein Sühnopfer” , um Sünden zu vergeben, zurückgewiesen werden muss. Gott vergibt Sünde nur dann, wenn ihm ein fehlerloses und heiliges Opfer dargebracht wird. Dieses Opfer hat Gott in seiner großen Gnade und väterlichen Liebe in und durch seinen Sohn Jesus Christus selbst dargebracht, um durch das vergossene Blut Christi unsere Sünden zu sühnen, alle Schuld zu vergeben und uns mit sich selbst zu versöhnen (2Kor 5,18-21).

3 Durch den Opfertod Christi wird unsere Strafe von uns genommen

3.1 Der Sünder muss sterben

Als Folge des Sündenfalls gerieten Adam und Eva in eine innere Trennung von Gott und mussten wieder zur Erde werden, von der sie genommen worden waren (1Mose 3,19). Alle Menschen sind als Nachkommen Adams und Evas durch die Sünde von Gott getrennt und somit dem Todesurteil Gottes unterworfen (Rö 5,12; 6,23). Der Tod hat sowohl eine zeitliche als auch eine ewige Dimension. Der durch die Sünde von Gott getrennte und unerlöste Mensch erleidet nicht nur den ersten zeitlich-irdischen Tod, sondern auch den zweiten oder ewigen Tod (Offb 20,6-15). Der unerlöste Sünder steht unter dem Verdammungsurteil Gottes und erleidet eine ewige Höllenstrafe (Dan 12,2; Mt 7,13.21; Mt 25,41.46; Joh 3,36; Offb 20,6-15).

3.2 Christus übernimmt unsere Strafe

Für den Menschen jedoch, der an Jesus Christus glaubt, ist dieses Verdammungsurteil Gottes aufgehoben (Rö 8,1; Jo 3,36; Rö 6,23). Weil Jesus Christus der ewige und vollkommene Sohn Gottes ist (Hebr 7,28), der die ganze Fülle der ewigen Gottheit in sich trägt (Kol 2,9) und der von keiner Sünde wusste (Hebr 4,15), war er nie des Todes schuldig und hätte nie sterben müssen. Das Todesurteil Gottes gilt immer nur dem Sünder, nicht dem Sündlosen. Trotzdem kam Jesus Christus auf die Erde, nahm die “Gestalt des sündigen Fleisches” (Rö 8,3) an und nahm am Kreuz die Todesstrafe, die uns gilt, auf sich (Rö 8,3). Weil er ohne Sünde war und doch den Tod des Sünders starb, hat er das Recht erworben, seine Sündlosigkeit und Gerechtigkeit auf den Sünder zu übertragen: „Er, der von keiner Sünde wusste, wurde für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt” (2Kor 5,21). Am Kreuz fand ein wunderbarer Tausch statt. Jesus Christus übernahm unsere zeitlichen und ewigen Strafen und wir empfangen durch den Glauben seine Gerechtigkeit, Heiligkeit und Herrlichkeit. Er empfing den Tod, wir empfangen das ewige Leben. Er wurde arm, damit wir reich würden (2Kor 8,9). „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt” (Jes 53,4.5). Gegen die Aussage, Jesus sei “nicht im Sinne einer stellvertretenden Übernahme von Strafe” für uns gestorben, muss festgehalten werden, dass Jesus Christus am Kreuz das Strafgericht Gottes an unserer Statt übernahm, damit wir im Endgericht nicht Zorn und Strafe, sondern Gnade und Freispruch empfangen (Rö 2,5-10).

4 Durch den Opfertod Christi erkennen wir den Zorn und die Liebe Gottes

Der Zorn Gottes über die Sünde und den Sünder, der an seiner Sünde festhält, durchzieht die ganze Heilige Schrift (Jes 51,20; 5Mose 6,15; Joh 3,36; Rö 1,18; 2,5). Auch der grausame und schändliche Hinrichtungstod Christi bezeugt, dass der Sünder den Zorn und das Gericht Gottes verdient hat. Doch indem Christus den Zorn Gottes an unserer Statt und zu unserer Erlösung auf sich nimmt, offenbart er in seinem Leiden und Sterben zugleich die Liebe Gottes. Gott will nicht, dass der Mensch verloren geht und im Gericht Gottes auf ewig verdammt wird. So unendlich groß ist die Liebe Gottes, dass Gott sein Liebstes opfert, um uns aus selbstverschuldeter Verdammnis zu erlösen (Joh 3,16; Rö 8,32; 1Joh 4,9.10). Und so groß ist die Liebe Christi, dass er sein Leben für uns opfert, um uns aus unserer Verlorenheit zu erretten und uns das ewige Leben zu schenken (Mk 10,45; Joh 10,11; Rö 5,6ff; 1Petr 2,24.25). Wenn ein Mensch erkennt, glaubt und bekennt, dass Christus am Kreuz für ihn und seine Sünde unter dem Zorn Gottes stand und für diese Sünde gerichtet und zum Tode verurteilt wurde, dann wird er durch das Zornesgericht hindurch die tiefe väterliche Liebe Gottes begreifen und erfassen, mit der Gott den Sünder rettet und in Gnade annimmt.

Wenn also gesagt wird, Jesus „teile mit seinem Leiden und Sterben menschliche Leidens- und Todeserfahrungen” , das Leiden am Kreuz zeuge “von seiner [Gottes] Liebe, nicht von seinem Zorn”, dann wurde das Werk Christi am Kreuz nur unvollständig erfasst. Selbstverständlich teilt Jesus mit seinem Leiden und Sterben auch unsere Leidens- und Todeserfahrungen (Hebr 4,15) und nur im Leiden und Sterben des Sohnes Gottes am Kreuz können wir die tiefe Liebe, die Gott zu uns Menschen hat, wirklich begreifen (Joh 3,16; Rö 5,8; 1Joh 4,9.10). Das Kreuz offenbart aber eben nicht nur die Liebe Gottes, sondern gleichzeitig den gerechten Zorn Gottes und das strafende Gericht über die Sünde und die Gottlosigkeit des Menschen.

5 Zusammenfassung

Die Auffassung, dass Gott kein Sühneopfer brauche, um Sünden zu vergeben und Menschen aus dem Gericht zu erretten, muss aufgrund des klaren biblischen Zeugnisses im Alten und im Neuen Testament zurückgewiesen werden. Jesus Christus hat sein Leben geopfert, um für unsere Sünden zu sühnen, um unsere Strafe zu tragen und den Zorn Gottes an unserer Statt zu erleiden, uns auf diesem Wege die Liebe Gottes zu offenbaren und uns mit Gott zu versöhnen. Dies von Herzen zu glauben und mit dem Munde zu bekennen, rettet den Sünder vor dem Zorn und Gericht Gottes und schenkt ihm Zugang zur Liebe des himmlischen Vaters und zum ewigen Leben (Rö 10,10; Joh 3,36).

Nun, was du Herr, erduldet, ist alles meine Last; ich hab es selbst verschuldet, was du getragen hast. Schau her, hier steh ich Armer, der Zorn verdienet hat. Gib mir, O mein Erbarmer, den Anblick deiner Gnad. (Paul Gerhardt, O Haupt voll Blut und Wunden, 1656)

Prediger Johann Hesse
Geschäftsführer des Gemeindehilfsbundes
17.07.09

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 16. Juli 2009 um 15:14 und abgelegt unter Kirche, Theologie.