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Der theologische Feminismus und die Folgen für Kirche und Gesellschaft

Samstag 19. April 2008 von Pastor Jens Motschmann


Pastor Jens Motschmann

Der theologische Feminismus
und die Folgen für Kirche und Gesellschaft

Feministische Theologie ist zu einem Sammelbegriff geworden für eine Vielzahl von Theorien und Aktionen, die nicht in einem einheitlichen in sich geschlossenen System aufgehen wollen. Susanne Kahl, eine feministische Theologin, formuliert dementsprechend: „Sie ist etwas Lebendiges, in ihrem Mittelpunkt stehen die Erfahrungen, die Menschen – nicht nur Frauen – mit Gott, mit dem Leben in dieser Welt gemacht haben, welche Wünsche sie haben, welche Träume.“

Da steht Widersprüchliches nebeneinander, da gibt es die unterschiedlichsten Positionen und Negationen – von dem Bemühen das „weibliche Element“ in der Bibel für die Verkündigung zu aktualisieren, bis hin zur Propagierung heidnischer Göttinnen.

Diejenigen, die sich in diesem Bereich engagieren, verstehen sich selbst bei gegensätzlichen Auffassungen im einzelnen als eine Einheit, die sich verbunden weiß in dem von ihnen allen bejahten Kampf gegen ein „patriarchal deformiertes Christentum“ (Susanne Kahl).

Ich werde drei Stränge der feministischen Theologie besonders darstellen:

Erstens: Überwindung des „patriarchal deformierten Christentums“

Zweitens: Überwindung des Kreuzes Christi

Drittens: Überwindung herkömmlicher Werte und Normen

Viertens: Die biblische Antwort auf die feministische Theologie

Ich lade Sie ein, diesem „roten Faden“ zu folgen.

Erstens: Überwindung des „patriarchal deformierten Christentums“

Eine der besonders bekannten feministischen Theologinnen, Elisabeth Moltmann-Wendel, schreibt: „Frauen wollen sich mit dieser patriarchalischen Welt nicht mehr identifizieren. Wir sehen im Feminismus eine notwendige Veränderung unseres privaten und öffentlichen Lebens“ (Feministische Theologie-Praxis. Ein Werkstattbuch, S.23).

Hier melden sich Frauen zu Worte, „die sich zutiefst verletzt fühlen durch all das, was Männer – auch in Glaubensfragen – unterlassen, gedacht und festgelegt haben.“ An dieser Stelle haben die Feministinnen durchaus einen wunden Punkt getroffen. Wie viele Frauen mußten es in der Vergangenheit einfach hinnehmen, daß sie zwar gebraucht und geliebt, aber oftmals doch als Personen zweiter Klasse behandelt wurden? Bei aller Kritik am völlig überzogenen Gegenschlag der Feministinnen in Kirche und Gesellschaft, sollte ein solches Eingeständnis am Anfang der Auseinandersetzung mit feministischem Denken stehen.

Der Weltrat der Kirchen in Genf erklärte bereits 1974:

„Die ganze Kirche leidet an einer durch den Mann beherrschten Theologie.“

Der Kampf richtet sich aber nicht nur gegen ein „patriarchal deformiertes Christentum“, sondern auch gegen alles, was uns in der Bibel als Ausdruck einer patriarchalischen Kultur begegnet. Die Bibel sei – so Catharina J. M. Halkes – „ein patriarchalisches Buch, in dem sich Frauen, die es heute lesen, wie in einem fremden Land fühlen.“

Denn in ihr werden Gott und Jesus mit Begriffen bezeichnet, die Frauen Angst machen können: Herr, Herrscher, König, Messias, Christus.

Allein die Tatsache, daß Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist sprachlich männlich sind, ist ein Ärgernis. Die „Abschaffung“ dieses männlich betonten biblischen Gottes geschieht in der feministischen Theologie auf zwei Wegen:

Der eine Weg besteht in der Verweiblichung Gottes, der andere in der Propagierung der Göttinnen.

Jede sich nur bietende Gelegenheit wird genutzt, um die weiblichen „Anteile“ Gottes herauszustreichen. Das beginnt bei der unermüdlichen Zitierung des Satzes aus dem Propheten Jesaja:

 „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jes. 66,13)

Auch Jesus Christus wird „verweiblicht“. Angeblich habe er ein androgynes Wesen besessen. Das Werk der Erlösung bestehe darin, daß Jesus das Urbild des neuen, androgynen Menschen sei.

Nachdem er völlig einseitig durch fast zwei Jahrtausende hindurch als Mann bezeichnet worden ist, sei es nun an der Zeit, den weiblichen Ausdruck seiner Persönlichkeit herauszustellen. Dem soll die Bezeichnung Jesa Christa dienen (Ernst Eggimann und Kurt Lüthi).

Svende Merian, feministische Schriftstellerin, die sich u.a. für kirchliche Scheidungsrituale einsetzt und ein Buch mit dem Titel „Scheidungspredigten” (1986) herausgegeben hat, wurde den Lesern des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblattes in einem Fragebogen („Was glauben Sie eigentlich?”) vorgestellt.

Auf die Frage „Wenn Jesus heute wiederkäme, in welcher Gestalt wohl?” antwortete sie feministisch korrekt: „als weise Frau, die täglich von Kindern lernt”.

Es versteht sich fast von selbst, daß auch der Heilige Geist unbedingt weiblich zu sein hat:

„Der Heilige Geist hat eine deutlich weibliche Vergangenheit, und wir sollten dafür sorgen, daß er auch eine weibliche Zukunft hat…“

 Bei dieser Sichtweise ist es nur konsequent, sich vom Gott der Bibel abzuwenden und den Göttinen zuzuwenden.

Heide Göttner-Abendroth schreibt in ihrem Buch „Die Göttin und ihr Heros“:

„Wie wir wissen, haben die patriarchalen Großreligionen und die Denksysteme in ihrem Gefolge, Philosophie und neuzeitliche Wissenschaft, die kosmische Ordnung nicht ins Lot gerückt, wie sie vorgeben. Im Gegenteil haben sie diese – wenn wir uns den Planeten Erde betrachten und die Ausbeutung seiner natürlichen Kräfte, der außermenschlichen wie der innermenschlichen – erst recht aus dem Gleichgewicht gebracht. Was die matriarchalen Religionen verstanden und respektierten: die natürlichen Kreisläufe, wurde von ihnen missachtet und zerstört.

Was wird uns dagegen helfen? Vielleicht der Aufstand der Hera, die Rückkehr der Jörd, um die irdische Ordnung wieder zu einer des Überlebens im Kosmos zu machen. Vielleicht – wenn uns die Zeit dazu bleibt!“

Ursa Krattiger aus Basel, eine Pfarrerstochter, beschreibt einen Höhepunkt ihres Lebens so:

Ich „nehme eines Tages wortlos das Kruzifix aus dem Sterbezimmer meiner Mutter von der Wand“… und „Einzug hat bei mir die Große Göttin gehalten, die Große Mutter, der Schoß aller Dinge“ – die Göttin Demeter.

Die Hinwendung zu den Göttinnen spielt in der feministischen Theologie eine beachtliche Rolle. Eine andere feministische Theologin, Bärbel Wartenberg-Potter, schrieb in ihrem Buch „Wir werden unsere Harfen nicht an die Weiden hängen”:

„An meiner Haustüre innen hing lange Zeit das Poster der kleinen goldenen Frauenstatue Selket, die man in einem Pharaonengrab gefunden hat. Jeden Morgen grüßte mich Selket auf dem Weg zur Arbeit mit ihrem Spruch:

‘Ich habe das Gestern gesehen, ich kenne das Morgen.’ Und ich antwortete ihr: ‘Noch immer mit unbeirrt offenen Armen, schöne Stolze vom Nil, trittst du aus den Höhlen hervor. Dein Auge voll Kühnheit, dein goldener Leib ohne Scham. Du weißt um die Gräber. So hast du Kraft zu verschenken an mich für den Auszug ins Morgen. Sie hat mir viel Kraft geschenkt, diese klar Entschiedene, für die täglichen Kämpfe um die Würde der Frauen. Sie weigerte sich aber, in Konkurrenz zu treten zu den anderen Sinn-Bildern in meinem Haus und in meinem Innern. Sie hatte das nicht nötig, noch hätte ich es zugelassen.”

Die Theologin, die diese Worte schrieb, wurde am 24. September 2000 von der Synode der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche zur Bischöfin für den Sprengel Holstein-Lübeck gewählt. Diese Wahl wurde vollzogen, obwohl vorher bibeltreue Christen auf die hier zitierten Sätze von Frau Wartenberg-Potter hingewiesen hatten.

Zweitens: Überwindung des Kreuzes Christi

Das Kreuz ist im Umfeld der feministischen Theologie ein Ärgernis. Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen stellte in einem Weihnachtsjournal der Tageszeitung „Kieler Nachrichten” die Frage, was wohl geworden wäre, wenn die Christen nicht das Kreuz zu ihrem Wahrzeichen erhoben hätten, sondern stattdessen die Krippe. Diese sei „ein so freundliches Zeichen”. Maria Jepsen weiter: „Für die nächsten zwei Jahrtausende nun einmal eine Christenheit, die überall auf der Welt mit der Krippe wirbt statt mit dem Kreuz – ist das eine gute Idee?”

Nein, Frau Jepsen, das ist nicht nur keine gute Idee, das ist die Verleugnung des Herzstücks des Evangeliums. Und es ist obendrein der Ausverkauf reformatorischer Theologie.

Kennen Sie das berühmte Altarbild von Lucas Cranach in der Stadtkirche von Wittenberg? Da steht Martin Luther predigend auf der Kanzel, ihm gegenüber die andächtig dem Wort Gottes zuhörende Gemeinde und in der Mitte des Bildes Christus am Kreuz. Diese Mitte des Bildes zeigt die Mitte aller biblischen Verkündigung, so wie es der Kolosserbrief bezeugt:

„Er – Christus – machte Frieden durch sein Blut am Kreuz“ (Kolosser 1,20). „Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet“ (Kolosser 2,14).

Es ist schon erstaunlich, daß eine Kirchenleiterin in einer evangelisch-lutherischen Kirche die Kernaussage der biblischen Botschaft verdrängt, daß am Kreuz von Golgatha das Entscheidende geschah, die Versöhnung zwischen dem gerechten Gott und den ungerechten Menschen durch den Sühnetod Jesu Christi.

Daß Jesus am Kreuz sein Blut für die Sünden der Menschen vergossen hat, wird in der feministischen Theologie geradezu blasphemisch hinterfragt.

Ich möchte es gleich vorweg sagen: ich schäme mich, die folgenden Aussagen zu zitieren. Aber um der Sache willen muß ich es sagen. In einem von Susanne Kahl, Heidemarie Langer, Helga Leistner und Elisabeth Moltmann-Wendel herausgegeben „Werkstattbuch“ zur feministischen Theologie heißt es zum Abendmahl:

„Wieso brauchen die Männer eigentlich das Blut aus einer Wunde, auch das Blut aus der Kreuzeswunde, und nicht das Blut, das die Frauen ständig vergießen? Im Blut der Frau liegt etwas ganz Besonderes und Geheimnisvolles in Richtung Verbundenheit mit der Erde.“

So wie das Blut Christi abgewertet wird, so auch die Heilsbedeutung des Kreuzestodes von unserm Herrn und Heiland Jesus Christus.

Die Bedeutung seines Todes ist angeblich nicht so überragend, wie es in der Verkündigung der Kirche bisher dargestellt wurde.

Bärbel Wartenberg-Potter schließt sich der Position des französischen Theologen Georges Casalis an, der davon überzeugt war, daß in Lateinamerika „ein anderes Lebenssymbol“ verehrt wird in der Gestalt des marxistischen Revolutionärs und Guerilleros Ernesto Che Guevara. Wörtlich:

„Beide sind tot: Jesus und Che. Dennoch ist der eine ein Symbol für Tod, der andere ein Symbol für Leben.“

Professor Casalis verherrlicht Che Guevara geradezu als Heilsbringer:

„… dieser Tote lebt, und eine Revolution, die einen solchen Menschen hervorgebracht hat, kann nicht sterben! … Er weist in die Zukunft: zuversichtlich blicken Millionen auf diesen Tod, der ihnen Leben verspricht und jetzt schon schenkt. Denn sein Leben für die anderen geben zu dürfen, das heißt wirklich leben.“

Solche Texte, in denen die Einzigartigkeit und Unvergleichlichkeit des Leidens und Sterbens und Auferstehens unseres Heilandes Jesus Christus geleugnet wird, kommen aus der evangelischen Kirche und werden in ihr durch die feministische Theologie verbreitet!

Drittens: Überwindung herkömmlicher Werte und Normen

An der feministischen Theologie wird uns deutlich, wie weit die Erosion biblisch-christlicher Werte in der Kirche vorangeschritten ist – und auf dem Weg über die Kirche auch in der sie umgebenden Gesellschaft. Wir stehen in einer sehr ernsten Phase des Umbruchs der Werte und Normen. Und daran hat auch der Feminismus seinen Anteil.

In diesem Zusammenhang fällt zweierlei besonders auf:

Erstens, daß die „Befreiung“ der Frau aus dem Griff „patriarchaler Unterdrücker“ zu einer Zeit und in einem Kulturkreis propagiert wird, in dem es solche Patriarchen kaum noch gibt.

Man darf darum mit Recht vermuten, daß diese „Befreiungsaktion“ nur ein Vorwand ist, um viel weiter reichende soziale Umwandlungen in Gang zu setzen.

Zweitens: es fällt auf, daß Ehe, Familie und Schule besonders deutlich als Hebel für diese soziale Umwandlung angesetzt werden. Warum gerade Ehe, Familie und Schule?

Antwort: Weil dort die Weichen für das Leben, für die Kultur, für das Wertgefüge einer Gemeinschaft gestellt werden.

An dieser Stelle berühren sich Strömungen innerhalb der feministischen Theologie mit Strömungen der Sozialkritik, wie sie vor allem von Neomarxisten vorgetragen wurden und werden.

Um Missverständnissen vorzubeugen: die meisten Feministinnen und Feministen verstehen sich wahrscheinlich nicht als Neomarxisten. Aber sie haben unter der Hand die Denkmuster dieser Ideologie teilweise oder ganz übernommen.

Der Neomarxismus entstand als Reaktion auf die Unfähigkeit des klassischen Marxismus, die Gesellschaft zu reformieren und menschlicher zu gestalten.

Nach marxistischer Lehre ist es die historische Aufgabe der Arbeiterklasse, des Proletariats, die alte Klassengesellschaft zu stürzen, um eine klassenlose Gesellschaft aufzubauen. Nirgendwo in der Welt konnte dieser angeblich historische Auftrag erfolgreich in die Wirklichkeit umgesetzt worden. Aber der Traum blieb bestehen.

Es bildete sich ein Lager der Neomarxisten, die den marxistischen Fundamentalsatz „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“ auf den Kopf stellten und nun behaupteten „Das Bewusstsein muß das Sein bestimmen.“ Es muß also ein neues, revolutionäres Bewusstsein geschaffen werden, das nicht zuallererst von der Arbeiterklasse ausgehen kann, sondern von den Intellektuellen, von Studenten, von Schülern, von Kirchenleuten und eben auch von emanzipierten Frauen.

 Dieser Kampf brach Ende der sechziger Jahre offen aus. Vorbereitet wurde er allerdings schon viel früher in den dreißiger Jahren in der sog. Frankfurter Schule, so benannt nach einem Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main, deren führende Köpfe aber zu Beginn des Dritten Reiches in die USA emigrierten.

Mit der Frankfurter Schule verbinden sich vor allem die Namen Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Erich Fromm, Herbert Marcuse und Jürgen Habermas.

Wie wichtig der Frankfurter Schule gerade dieser Anknüpfungspunkt Familie, Elternhaus und Schule ist, geht z.B. daraus hervor, daß der Kreis um Max Horkheimer bereits 1936 eine umfangreiche Aufsatzsammlung unter dem Titel „Studien über Autorität und Familie“ herausgab. In diesen Studien wird behauptet, die Familie erzeuge in den Kindern einen „autoritären Charakter“, eine „autoritäre Gesinnung“, der sich dann in der Schule fortsetze.

Vor allem Horkheimer und Adorno versuchten herauszustellen, daß die vom Geist des Christentums geprägte bürgerliche Ehe und Familie die kulturelle Voraussetzung für die Verbrechen des Nationalsozialismus und ein Hindernis auf dem Weg zur revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft seien.

 Die Geistesverwandtschaft dieser emanzipatorischen Theorie der Frankfurter Schule mit gewissen Aussagen über Familie und Erziehung aus dem Bereich der feministischen Theologie ist offensichtlich.

Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Das Evangelische Frauenwerk der Nordelbischen Kirche verbreitete folgende Darstellung einer ihrer Mitarbeiterinnen:

„Die Biographie jedes einzelnen Menschen beginnt damit, dass er/sie Eltern hatte, die ihn/sie erzogen haben.“

‚Am Anfang war Erziehung‘, ist denn auch der Titel eines Buches von Alice Miller, in dem sie die Zusammenhänge zwischen Erziehung zu den traditionellen Wertvorstellungen unserer christlich-abendländischen Zivilisation (Gehorsam, Ordnung, Sauberkeit, Fleiß, Nächstenliebe usw.) und den zerstörerischen Konsequenzen in den so Erzogen (Depression, Drogenabhängigkeit, Selbstmord, Sadismus, Mord, Faschismus usw.) aufzeigt.

Sie führt aus, daß Erziehung, egal mit welcher Methode, sofern sie so grundsätzliche Wertvorstellungen wie die oben genannten anerziehen will, immer zu den genannten Schädigungen führen wird.“

Diese Darstellung aus dem Evangelischen Frauenwerk schließt folgerichtig mit dem Fazit:

 „Ganze, heile Menschen können nur dann aufwachsen, wenn sie Begleitung und Unterstützung erfahren statt Erziehung.“ (69)

Im Schrifttum der feministischen Theologie fehlt es nicht an deutlichen Hinweisen auf die wünschenswerte Verbindung zwischen Christentum und Marxismus.

Catharina Halkes meint:

„Die Überzeugung wächst, daß der Feminismus den Sozialismus braucht, weil die Frau im kapitalistischen System unsichtbar gemacht, privatisiert und… ausgebeutet wird… Ebenso besteht die Überzeugung, daß der Sozialismus den Feminismus braucht, um den Mann von seiner Macht und die Gesellschaft von der Zweiteilung in Mann und Frau zu befreien.“

Im Hintergrund dieser Position von Catharina Halkes steht doch ganz eindeutig die neomarxistische Philosophie der sogenannten Frankfurter Schule. Sie selber hat diesen Bezug so ausgedrückt:

„Marcuse legt eine Art Glaubensbekenntnis an die radikalen Möglichkeiten der Frauenbefreiungsbewegung als einer vitalen Kraft für die Verwandlung unserer Gesellschaft ab. … Die Befreiung kann nur durch eine Veränderung im ganzen sozialen System erreicht werden.“

Marcuse, einer der geistigen Wegbereiter der „Kulturrevolution“ Ende der sechziger Jahre, sah bereits damals im Feminismus die „potentiell radikalste politische Bewegung“ der Gegenwart.

Unter dem Stichwort „Androgynismus“ entwickelte Marcuse das Konzept einer „herrschaftsfreien“ Zukunftsgesellschaft in einem feministischen Sozialismus.

Die „guten“ männlichen und weiblichen Eigenschaften sollen in einem intensiven Prozess der Bewusstseinsbildung zu einem harmonischen Ganzen – eben zum androgynen Menschen – entwickelt werden. Dem steht natürlich die herkömmliche Familienstruktur im Wege, weil sie vom Patriarchat geprägt sei und dieses stabilisiere.

Aus diesem Grunde müsse die Erziehung der Kinder möglichst schon im frühkindlichen Alter von öffentlichen Einrichtungen übernommen werden und möglichst geschlechtsneutral erfolgen.

Vor diesem Hintergrund wurde unter maßgeblicher Mitwirkung aus der evangelischen Kirche nach und nach das biblische Menschenbild abgelöst durch ein humanistisches Menschenbild.

Die schöpfungsbedingte Unterschiedlichkeit zwischen Mann und Frau wird eingeebnet. Die Erfüllung des Strebens nach dem Sinn des Lebens kann danach nur noch in einer stark ich-bezogenen Selbstverwirklichung gesehen werden.

Die Folgen dieses Strebens sind bekannt:

die Liberalisierung des § 218,

die Liberalisierung der Sexualität,

die zunehmende Abwertung der Ehe,

die Aufwertung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften,

die Tendenz, die Betreuung der Kleinkinder in Krippen und Kindergärten zum Regelfall zu machen.

Unsere Kultur, die einmal auf den biblischen Grundwerten basierte, hat sich dramatisch verändert.

Viertens: Die biblische Antwort auf die feministische Theologie

Was setzen wir der feministischen Theologie entgegen? Ich nenne fünf Punkte:

1. Als Christen bejahen wir die ganze Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments.

Darum entscheidet sich auch die Beurteilung der feministischen Theologie an der Frage nach der Verbindlichkeit des biblischen Wortes. Das Wort Gottes wird in der feministischen Theologie nicht als feststehende und unveränderliche Aussage Gottes verstanden, sondern als zeitbedingte menschliche Rede über Gott. Von diesem Ansatz her sei Gottes Wort nicht nur auf die veränderte Lebenssituation hin neu auszulegen, sondern auch neu zu formulieren, gegebenenfalls sogar gegen seinen ursprünglichen Wortlaut. So die feministische Theologie.

Dagegen stehen die Aussagen der Bibel, die ihre Unantastbarkeit betonen.

Paulus schreibt an die Galater:

„Wenn jemand euch ein Evangelium predigt, anders als ihr es empfangen habt, der sei verflucht.” (Galater 1,8)

Und im letzten Buch der Bibel heißt es am Schluss ausdrücklich:

„Wenn jemand etwas hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen hinzufügen, die in diesem Buch geschrieben stehen. Und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buchs dieser Weissagung, so wird Gott ihm seinen Anteil wegnehmen am Baum des Lebens und an der heiligen Stadt, von denen in diesem Buch geschrieben steht.” (Offb. Joh. 22, 18-19)

Nach den Aussagen der feministischen Theologie korrigieren und ergänzen Frauen das Wort Gottes aufgrund ihrer Einsichten, Bedürfnisse und Wünsche.

An die Stelle der objektiven Heilstatsachen tritt ein schrankenloser Subjektivismus, der nur das gelten lässt, was weiblicher Spiritualität einsichtig ist. Nach dem Urteil der Bibel korrigiert aber das Wort Gottes den Menschen.

2. Als Christen bekennen wir, daß der Mensch Jesus von Nazareth der Sohn Gottes, unser Herr und Heiland ist.

Die Erlösung aus Sünde und Tod durch Jesus Christus, sein Opfer am Kreuz von Golgatha, sein Sterben und Auferstehen – alles das ist für die feministische Theologie nicht mehr das Zentrum der Theologie.

Die feministische Theologie bekennt sich ausdrücklich zu Jesus als dem guten Mann von Nazareth, aber nicht mit gleicher Entschiedenheit zu Christus als dem alleinigen Herrn und Heiland der Welt.

In Bremen gab es 1995 eine innerkirchliche Auseinandersetzung, als die Evangelische Frauenhilfe, eine Satzungsänderung vornahm und Christus aus der Satzung strich. Hatte es vorher in der Satzung des evangelischen Frauenverbandes geheißen, er gründe seine Aufgaben „im biblischen Zeugnis von der Liebe Gottes in Jesus Christus“, so blieb nun nur noch der Hinweis „auf die befreiende Liebe Gottes, wie die Bibel sie bezeugt“.

Die Bremer Kirchenfrauen störte die Bezeichnung „Christus“. Denn – so die Geschäftsführerin Cornelia Klöss – „Der Christus-Begriff der Theologie habe eine für Frauen problematische Bedeutung.“

Bei den kirchlichen Feministen und Feministinnen ist Jesus nicht mehr der alleinige Bringer des göttlichen Heils. Darum können in der feministischen Theologie neben Jesus auch andere Gottheiten bzw. Sinn-Bilder und Sinn-Vermittler verehrt werden.

Dagegen steht die klare Aussage Jesu:

„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.” (Johannes 14, 6)

Und Petrus bezeugt im Blick auf diesen einzigartigen Christus:

„Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.” (Apostelgeschichte 4,12)

3. Als Christen widerstehen wir der Irrlehre — in welcher Gestalt sie auch immer auftritt.

Die Bibel berichtet, wie sehr das Volk Gottes immer dann gefährdet war, wenn es vorgab, auf Seiten Gottes zu stehen, aber das Vertrauen auch gleichzeitig auf andere Götter setzte. So geschah es unter Mose, als in seiner Abwesenheit das Götzenbild des Goldenen Kalbes geschaffen wurde. Mose trat vor das Volk und sprach:

„Ihr habt eine große Sünde getan.” (2. Mose 32,30)

So geschah es zur Zeit des Elia, als die Israeliten Gott dienten, aber auch auf den Höhen dem Baal opferten. Elia stellte sie vor die Entscheidung:

„Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten? Ist der HERR Gott, so wandelt ihm nach, ist’s aber Baal, so wandelt ihm nach.” (1. Könige 18,21)

So schärfte es Jesus seinen Jüngern ein:

„Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.” (Matthäus 6,24)

So mußte es der Gemeinde Jesu auf ihrem Weg durch die Geschichte immer wieder gesagt werden: Allein im Vertrauen auf das biblische Wort und auf Jesus Christus liegt das Heil.

Was die Bekennende Kirche 1934 gegenüber der Irrlehre der Deutschen Christen formulierte, trifft heute auch mit aller Schärfe die feministische Theologie.

Die Bekennende Kirche hatte auf ihrer Bekenntnissynode im Mai 1934 in Barmen diese in der Kirche immer wieder aufstehende Irrlehre scharf verurteilt, die das alleinige Heil in Christus leugnet.

Die These 1 der Theologischen Erklärung von Barmen lautet:

„Jesus Christus, wie er in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.”

4. Als Christen bejahen wir die biblische Schöpfungsordnung.

Ich denke, daß darauf Joachim Cochlovius morgen in seinem Referat über „Das biblische Bild von Mann und Frau…“ genauer eingehen wird. Nur so viel an dieser Stelle:

„Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“ (Genesis 1,27)

Gott ist hier, darauf hat Christa Meves in einem Beitrag sehr treffend hingewiesen, Männliches und Weibliches in einem. In der Schöpfung aber fand eine große, fundamentale Polarisierung statt – in Himmel und Erde, Sonne und Mond, Mann und Frau. Aus dem polaren Prinzip erwächst Bewegung, erwächst Drang, Suche nach der Wiedervereinigung der Getrennten.“

(Christa Meves: Verschieden – doch gleichwertig. Vom Sinn der männlichen-weiblichen Polarität.)

Nach dem Schöpfungsbericht der Bibel schuf Gott den Menschen als Mann und Frau – nicht gleichartig, aber gleichwertig. Gott wies beiden unterschiedliche, aber einander ergänzende Aufgaben zu.

Diese sich gegenseitig ergänzende Abhängigkeit ist kein Hemmnis, sondern eine Hilfe für ein gelingendes gemeinsames Leben. Es ist darüber hinaus die ideale Voraussetzung für das Heranwachsen der Kinder – in einer verlässlichen und liebevollen Geborgenheit.

Indem aber die Verbindlichkeit des biblischen Menschenbildes vom Feminismus radikal infrage gestellt und dies unter der Hand von weiten Kreisen in Politik und Gesellschaft akzeptiert und sogar gefördert wird, bekommt unsere Gesellschaft ein neues Gesicht.

5. Als Christen stehen wir zu den christlichen Grundwerten, die unsere Kultur tragen.

Wenn wir als bibelorientierte Christen Nein sagen zum Feminismus und zur feministischen Theologie, dann nicht nur deshalb, weil uns manche gesellschaftspolitischen Entwicklungen im Blick auf Ehe und Familie, im Blick auf Kindererziehung und Schule nicht passen, sondern weil sie – wie dargestellt – die Grundlagen unserer Zivilisation verlassen, die immer noch auf den christlichen Grundwerten basieren.

Diese prägende Kraft der christlichen Grundwerte soll zurückgedrängt werden. Diese Einstellung begegnet uns nicht nur im eigenen Land, sondern überhaupt in Europa.

Besonders deutlich wurde das bei der Diskussion um den Gottesbezug in der Europäischen Verfassung. Wer hätte das noch vor Jahren für möglich gehalten, daß um diese Frage ein solcher Eiertanz stattfinden würde?!

Von Theodor Heuss, dem ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, stammt ein einprägsames Bild:

„Europa ist auf drei Hügeln gebaut:
auf der Akropolis (griechische Kunst und Philosophie)
auf dem Kapitol (römische Staatskunst und römischen Recht)
und auf Golgatha (christlicher Glaube und christliche Ethik).“

Und August Winnig, Gewerkschaftsführer und Christ, schließt sein 1938 veröffentlichtes Buch „Europa. Gedanken eines Deutschen” mit den Worten:

„Man denke sich aus der Geschichte Europas alles fort, was allein dem Bekenntnis zum Kreuz und der in diesem Bekenntnis begründeten Verbundenheit zu danken ist: Was bleibt übrig? Was Europa geworden ist, ist es unterm Kreuz geworden. Das Kreuz steht über Europa als das Zeichen, in dem es allein leben kann. Entweicht Europa dem Kreuz, so hört es auf, Europa zu sein.”

Wenn man bedenkt, wie viele Herausforderungen die Gemeinde Jesus Christi schon bestanden und überwunden hat, dann dürfen wir guter Hoffnung sein, daß sie auch die Irrlehre der feministischen Theologie hinter sich lassen wird.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 19. April 2008 um 11:32 und abgelegt unter Gesellschaft / Politik, Theologie.