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Ehe als Institution – Ressource für Gatten, Kinder, Gemeinwesen

Mittwoch 4. Februar 2009 von Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e. V.


Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e. V.

Ehe als Institution – Ressource für Gatten, Kinder, Gemeinwesen

Heiraten ist für junge Erwachsene heute nicht mehr so selbstverständlich wie es für ihre Eltern war. Lange Zeiten der Ausbildung, unsichere Arbeitsmarktperspektiven, die insbesondere von den Arbeitgebern geforderte Mobilität, die Zerbrechlichkeit von Beziehungen und viele andere Tendenzen erschweren heute die Entscheidung zur Ehe. Trotz dieser Schwierigkeiten ist die Ehe die häufigste Lebensform in Deutschland geblieben. Wie aus dem Mikrozensus hervorgeht, waren im Jahr 2006 fast 90 Prozent aller in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Paare verheiratet. Die meisten dieser Ehen sind auch dauerhaft: Etwa 60 Prozent der Ehen in Deutschland werden erst durch den Tod eines Ehepartners gelöst (1).

Zahlreiche Studien aus verschiedenen Ländern zeigen, dass das Leben in Ehe für beide Partner konkrete Vorteile mit sich bringt: Verheiratete Frauen und Männer weisen im Durchschnitt eine höhere Lebenserwartung, einen besseren Gesundheitszustand, eine günstigere Einkommenslage und eine größere Lebenszufriedenheit auf (2). Ein Schlüsselfaktor für diese dem Wohl beider Partner förderlichen Effekte ist die beiderseitige Fürsorge und soziale Unterstützung im Alltag und in den Wechselfällen des Lebens (Krankheit, Pflegebedürftigkeit etc.). Die Ehe wird deshalb von Gesundheitsforschern auch als die „intensivste Form der sozialen Unterstützung“ bzw. die „soziale Beziehung par excellence“ angesehen (3).

Die Vorteile der Ehe sind nicht einfach darauf zurückzuführen, dass zwei Menschen eng zusammen leben. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ehe eine auf Dauer und Verlässlichkeit angelegte Institution ist. Die durch den Bund der Ehe eingegangene wechselseitige Verpflichtung auf Lebenszeit schafft Vertrauen. Dieses Vertrauen ermöglicht ehespezifische Investitionen in die Zukunft. Diese Investitionen „zahlen“ sich in der Regel langfristig aus – als „Return on investment“ für die Eheleute und als „externe Effekte“ für das Gemeinwesen. Der für die Zukunft des Gemeinwesens bedeutsamste „externe“ Effekt der Ehe sind Kinder: Mehr als 85 Prozent der (dauerhaft) verheirateten Paare haben Kinder. Dagegen haben nur etwa 20 Prozent der nicht-ehelich zusammenlebenden Partner Kinder (4). Nicht das Zusammenleben in mehr oder weniger verbindlichen „Lebensgemeinschaften“, sondern die Ehe zwischen Frau und Mann sichert durch die Erziehung von Kindern die Zukunft des Gemeinwesens.

Eheliche Gemeinschaft begünstigt die Entscheidung für Kinder, aber umgekehrt fördert das Zusammenleben mit Kindern auch die Ehe – ihre ideelle Wertschätzung ebenso wie die praktische Entscheidung für sie als Lebensform (5). Schon das Aufwachsen mit Geschwistern in der Herkunftsfamilie prägt die Neigung zur Ehe: Wie der Familiensurvey des Deutschen Jugendinstituts zeigt, sind Befragte mit mehreren Geschwistern im Vergleich zu Einzelkindern signifikant häufiger verheiratet. Dem korrespondierend leben die als „Geschwisterkind“ Aufgewachsenen wesentlich seltener als „Single“ ohne feste Partnerbindung. Dieser Befund verweist einerseits auf die Bedeutung der im Umgang mit Geschwistern erlernten „sozialen Aushandlungsprozesse“ für die Entscheidung zur Heirat und für die Stabilität der Ehe. Zum anderen verweist er auf das Beispiel der elterlichen Ehe: Wer mehrere Geschwister hat, ist auch häufiger mit beiden leiblichen verheirateten Eltern groß geworden. Eine beständige Ehe der Eltern gewährleistet nicht nur eine gewisse äußere Stabilität, sondern bietet auch die „Erfahrung von Verlässlichkeit in emotional engen Beziehungen“(6).

Verlässlichkeit und emotionale Nähe – wer sie als Kind in seiner Familie und später als Erwachsener in der eigenen Ehe erfährt, dem fällt es leichter zu vertrauen, nicht nur seinem Ehepartner, sondern auch anderen Mitmenschen und Institutionen des Gemeinwesens. Vertrauen ist der wichtigste „Kitt“ für die arbeitsteilige Wirtschaftsgesellschaft ebenso wie für die pluralistische Demokratie. Vertrauen ist die Währung des Lebens. In der öffentlichen Wahrnehmung bleiben diese Zusammenhänge zwischen Ehe, Kindern, Verlässlichkeit und dem Gemeinwohl manchmal unterbelichtet. Mitunter erscheint in Politik und Medien die Ehe sogar als eine „überholte Institution“. Diese Sichtweise teilt indes nur eine Minderheit der Bürger. Die Ehe zwischen Frau und Mann mag heute weniger selbstverständlich sein als früher – die meisten verbinden mit ihr Glück und Lebenssinn.

Anmerkungen

(1) Vgl. Stefan P. Rübenach/Julia Weinmann: Haushalte und Lebensformen der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus 2006, S. 113-133, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Wirtschaft und Statistik 2/2008, S. 129 sowie Evelyn Grünheid: Die demographische Lage in Deutschland 2005, in: Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft Heft 1/2006, S. 3-103, S. 17.

(2) Gelegentlich werden solche Erkenntnisse auch publizistisch aufgegriffen. Als Beispiel: Julia Roebke: Reich, gesund und glücklich: Ein Lob der Ehe, in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 1. Juli 2007, S. 26.

(3) Vgl.: Ulrich Mueller/Monika Heinzel Gutenbrunner: Gesundheit und ihre wichtigsten Determinanten, S. 95-126, in: Karla Gärtner, Evelyn Grünheid und Marx Luy (Hrsg.): Interdisziplinäre Analysen von Gesundheit und Sterblichkeit aus dem Lebenserwartungssurvey des BIB, Wiesbaden 2005, S. 98 sowie Uwe Helmert und Wolfgang Voges: Familiale Situation, soziale Unterstützung und subjektive Gesundheit, S. 189-203, ebenda, S. 191 sowie 194.

(4) Siehe hierzu: http://www.i-daf.org/60–woche-27-2008.html.

(5) Eltern von mehreren Kinder sind sehr viel häufiger verheiratet als Befragte mit nur einem oder ohne eigene Kinder. Kinderreiche Eltern sind dementsprechend auch häufiger der Überzeugung, dass Kinder bei einem Ehepaar aufwachsen sollten, damit sie „wirklich ein Zuhause“ haben. Vgl.: Stefan Fuchs: Mehrkinderfamilien in Deutschland – Ziele des Bundesfamilienministeriums und Erkenntnisse der empirischen Sozialforschung
http://www.erziehungstrends.de/Mehrkinderfamilien/
Bundesfamilienministerium/
Sozialforschung/2.

(6) Angelika Tölke/Karsten Hank: Männer und Familie: Vom Schattendasein ins Rampenlicht – Familiengründung im Kontext der beruflichen Entwicklung, S. 96-105, in: männer leben. Familienplanung und Lebensläufe von Männern. Kontinuitäten und Wandel, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln 2005, S. 102f. sowie Abbildung unten: „Lebensformen nach Geschwisterzahl“.

Febr. 2009

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 4. Februar 2009 um 9:01 und abgelegt unter Ehe u. Familie.