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Predigt über Markus 8,31-38: Jesus rettet aus der Todesnacht!

Samstag 23. April 2022 von Pastor Dietrich Klinke


Pastor Dietrich Klinke

Liebe Gemeinde, vor einigen Jahren besuchten wir einen Gottesdienst in Chemnitz in der Lutherkirche. Erstaunt las ich an der Vorderfront der Empore folgenden Satz: „Wir helfen dir, ein lebendiger Nachfolger von Jesus Christus zu werden.“ Das ist die sympathischste Form, einen Menschen zum Glauben an Jesus einzuladen. Weil sie mir so gut gefiel, habe ich sie eines Tages ausgedruckt und als Aufkleber an die Innenseite meiner Heckscheibe geklebt.

Nun sprach mich vor nicht allzu langer Zeit eine ältere Dame an und fragte: Wie wollen Sie das denn machen? Ich antwortete: Ich werde mit Ihnen beten, und dann können Sie Ihr Leben in die Hände von Jesus Christus legen. Da lächelte sie und sagte: Nein, mein Leben will ich selbst behalten. Vielleicht war ihr in der Kürze nicht alles verständlich. Aber sie sagte genau das, womit sich viele Menschen von Jesus distanzieren: Mein Leben will ich selbst behalten. Da lasse ich keinen ran.

Das ist die Melodie des alten Lebens, eines Lebens, das sich selbst regiert. Du musst Spaß haben, du musst Erfolg haben, du musst dich selbst verwirklichen, du musst etwas haben vom Leben …, du musst jemand sein – ich will so leben, wie es mir gefällt. Petrus stimmt genau in diese Melodie ein: „Leiden? Das widerfahre dir nur nicht. Das passt nicht zum Messias. Dann wärst du ja gescheitert. Leiden – das hast du doch nicht verdient, du hast so viele Wunder getan, so viele Menschen geheilt… Leiden, Meister? Auf keinen Fall!“

In der Pfalz, wo ich aufgewachsen bin, sagt man: „Turmspitze, Mistpfütze!“. Gerade noch stand er bei Jesus ganz hoch im Ansehen. Zuvor hatte Jesus die Jünger danach gefragt, für wen ihn die Leute halten. Petrus ergriff das Wort: „Die einen sagen, du seist Johannes, der Täufer, andere du seist Elia, andere, du seist einer der Propheten.“ Da fragte Jesus die Jünger: „Wer sagt ihr, dass ich sei?“ Prompt fährt es dem Petrus wie aus der Pistole geschossen heraus: „Du bist der Christus.“ Das ist der Gesalbte Gottes. Der von dem die ganze Schrift zeugt. Der auf den ganz Israel wartet. Der Retter Israels.

Matthäus schildert die ganze Wucht dieser Stelle ausführlicher. Petrus drückt sich noch klarer aus: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Das war quasi ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl. Jesus antwortet: „Glückselig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Petrus, das Sprachrohr Gottes! Es geht noch weiter. Jesus sagt: „Du bist Petrus…“, (griech. „petra“ heißt „Fels“), „…und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“

Es geht noch weiter: „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; alles was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.“

Geht da noch mehr? Die Schlüssel des Himmels! Er entscheidet, was im Himmel Bestand hat! Nach dieser Goldmedaille darf er doch auch einmal ein gut gemeintes, aber doch ernstes Wort an seinen Meister riskieren: „Meister, das widerfahre dir auf keinen Fall!“ Und schon handelt Petrus sich bei Jesus einen derben Rüffel ein: „Hinter mich, Satan, du willst nicht was göttlich, sondern was menschlich ist!“

So schnell kann das gehen. Gerade noch Gottes Sprachrohr, und schon Satan. Wir fragen uns vielleicht: Was ist denn so satanisch daran, wenn man jemand davor bewahren will, dass er in eine Falle tappt? Das Wort „menschlich“ hat doch einen positiven Klang. Wie sehr wünschen wir uns, dass alle menschlich miteinander umgehen. Anständig, höflich, respektvoll, verständnisvoll, auf Ausgleich und Verständigung bedacht – Alles ok.

Aber hier gerät das Wohlwollend-Menschliche in eine schwere Kollision. Es gerät in Widerspruch zum Willen Gottes. Jesus hat zwar Unglaubliches im Sinne dieser Menschlichkeit getan, aber als Petrus diesen Maßstab auch bei ihm anlegt, erntet er eine derbe Abfuhr. Ich würde sagen: Was für uns Menschen wichtig, ja lebenswichtig ist, ist bei Jesus fehl am Platz. Er gibt den Takt vor: Das Göttliche steht über dem Menschlichen. Ohne diese Regel kann man nicht Christ sein.

Gerne hätten wir einen netten, stromlinienförmigen Jesus, der sich ganz an unsere Vorstellungen anpasst, der uns genau das gibt, was wir gerne haben wollen, einen Jesus, der als Kronzeuge herhalten muss für einen harmlosen Gott, der es nicht so eng nimmt mit seinen Geboten, wenn wir ihn nur als eine Art Yoga-Ersatz präsentieren, als einen „Wir haben doch alle den gleichen Gott“, als Lehrer, der uns hilft, uns selbst zu verwirklichen. Dann müssen wir damit rechnen, dass Jesus uns heute dieselben Worte an den Kopf wirft wie dem Petrus: „Geh weg von mir Satan, du meinst nicht was göttlich ist, sondern was menschlich ist.*

Petrus hat Jesus als den Christus, den Sohn Gottes bekannt. Jesus bezeichnet sich auch als den Menschensohn. Mit dieser Leidensankündigung will Jesus jetzt den Jüngern erklären, was es mit diesem Christus auf sich hat, was das Ziel seines Kommens ist: Leiden, Sterben – und jetzt kommt es: Am dritten Tage auferstehen.

Ich wundere mich etwas, dass Petrus auf das Leiden und Sterben abfährt. Viel näher legt sich doch die Frage: Wie soll das denn gehen – am dritten Tage auferstehen? Am jüngsten Tag gibt es eine Auferstehung, aber jetzt? Und in drei Tagen, woher weißt du das so genau, und wie soll das denn vor sich gehen? Aber Petrus bleibt bei seinem eigenen, menschlichen Problem hängen, dem Tod. Wenn vom Tod gesprochen wird, dann ist Sense.

Ein Bekannter von mir, der auch als Seelsorger auf Touristenschiffen tätig ist, erzählte: Man kann mit den Leuten über alles reden, aber nicht über den Tod.  Der Tod ist ein Tabuthema. Die Wahrnehmung des Petrus scheitert an dem bevorstehenden Todesschicksal Jesu. Ein entschiedenes Nein. Es bestätigt sich das Wort des Hebräerbriefs (2,15):  „…die durch Furcht des Todes im ganzen Leben Knechte sein mussten.“ Auch das Herz wie der Verstand stehen unter der Knechtschaft des Todes.

Das erleben wir seit zwei Jahren in der Pandemie. Die Schilderungen der Qualen und der Angst der Patienten auf den Intensivstationen, qualvoller Tod. Sie wirken sich aus. Unsere Gesellschaft atmet je länger desto mehr Angst und Panik. Eine Frau sagte mir: Wenn man jemand trifft, wird nicht mehr gefragt, wie geht es dir, sondern bist du geboostert? Eine andere erzählte von einer Begegnung auf der Straße. Als sie sagte, sie sei nicht geimpft, sei die andere Person gleich drei Schritte zurückgegangen. Angst ist eine Funktion des Todes. Sie knechtet die Gemüter der Menschen. Sie hält sie in Todesangst. Das möchte Jesus beenden. Er will durch seine Todesnacht die Menschen aus ihrer Todesnacht befreien. Darum kennt er kein Pardon, auch nicht gegenüber Petrus: Nicht mehr „Spiel mir das Lied vom Tod“, sondern „Jesus lebt, mit ihm auch ich, Tod, wo sind nun deine Schrecken“.

Worauf es hier ankommt: „mit ihm auch ich“! Auch wir? Auch Sie? Wenn ja, dann sind sie zu beglückwünschen, wenn nein: Warum nicht? Warum noch nicht? Nichts muss mehr zwischen Ihnen und Jesus stehen. Petrus schreibt im 1. Petrusbrief: Er hat unsere Sünden an seinem Leib hinaufgetragen an das Holz. Der Apostel Paulus schreibt es den Ephesern mit diesen Worten: „Ihr hattet keine Hoffnung und wart ohne Gott in der Welt. Jetzt aber in Christus seid ihr, die ihr ferne wart, nahe geworden durch das Blut Christi.“ Das ist es: Er hat durch seinen Tod am Kreuz unsere Sünden hinweg getan und ist uns nahegekommen.

Warum wollen Sie ihre Sünden zurückhaben? Machen Sie keine drei Schritte zurück aus Angst, sich zu infizieren. Sie können sich hier nur mit einem infizieren – mit der Gabe des ewigen Lebens. Diese Gabe ist das Einzige, was Bestand hat. Jesus senkt sie mit einer festen Gewissheit und lebendigen Hoffnung in Ihr Herz hinein. Sie werden ebenfalls in das Lied der Erretteten einstimmen: „Jesus lebt, nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben.“

Die Welt des Todes, in der wir leben, hasst das Leben, das stärker ist als der Tod. Jesus macht daraus keinen Hehl. Wer ihm nachfolgt, wird die gleiche Feindschaft erfahren wie er. Er wird ebenso sein Kreuz auf sich nehmen und tragen. „Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Dieses Kreuz ist zu unterscheiden von all den andern Kreuzen, die Menschen tragen müssen. Wir sprechen von „Kreuz tragen“, wenn Menschen schwere Lasten zu tragen haben, eine schwere Krankheit, Unrecht, wenn jemand in der Schule oder auf der Arbeit gemobbt wird, Schicksalsschläge. Da ist es wichtig, den Menschen das Kreuz leichter zu machen oder auch ganz von den Schultern zu nehmen.*

Hier geht es um das Kreuz, das ein Mensch um Jesu willen bereit ist zu tragen, weil ihm Jesus so wichtig geworden ist. Widerstehen wir darum der Verlockung, uns einen eigenen Jesus nach unseren Wünschen zurechtzubasteln. Widerstehen wir der Verlockung, der Welt des Unglaubens gefällig zu sein. Hören wir auf das, was er, der wirkliche Jesus zu sagen hat:

  • Ja, er erwartet von uns tatsächlich Selbstverleugnung statt Selbstverwirklichung; er erwartet von uns, dass wir unsere Wünsche nicht an die erste Stelle setzen, sondern sie bewusst zurückstellen in der Nachfolge unseres Herrn.
  • Ja, er erwartet von uns allen Ernstes, dass wir bereit sind, um seines Namens willen Nachteile in Kauf zu nehmen, dass wir dort, wo wir auf seine Zugehörigkeit hin angesprochen werden, nicht kneifen, uns nicht verschämt verstecken, dass wir Christen sind, sondern dass wir uns offen zu unserem Herrn und Retter bekennen.*

Obwohl der eine oder andere unter uns solche Erfahrungen kennt, täuschen wir uns nicht darüber hinweg, dass wir immer noch in einem Komfortchristentum leben. Die Hilfsorganisation Open Doors arbeitet weltweit unter verfolgten Christen. Jährlich stellt sie einen Weltverfolgungsindex auf. Darin sind die Länder, in denen Christen bedrängt und verfolgt werden, nach dem Maß der Intensität der Verfolgung aufgelistet. Vor wenigen Jahren betrug die Zahl der verfolgten Christen nach dem Index 200 Millionen. In diesem Jahr wird sie bereits mit 360 Millionen benannt. Menschen, die Verlust der Freiheit, Unrecht, sogar das Risiko des Todes auf sich nehmen, um Jesus die Treue zu halten. In Nordkorea leben vermutlich mehr Christen in brutalen Arbeitslagern als in Freiheit. Afghanistan ist durch die Machtübernahme der Taliban zum Verfolgungsland Nr. 1 geworden. Es ist erst wenige Jahre her, dass 21 junge koptische Christen (Kopten nennt man die Christen in Ägypten) von Terroristen des Islamischen Staats geköpft wurden, weil sie sich weigerten, zum Islam überzutreten. Ihr letztes Wort war „Jesus“.

Ein kleines Beispiel aus Bangladesch: Nurul und seine sechs Brüder und seine Schwester wohnten mit ihren Familien auf einem gemeinsamen Grundstück. Um der Familie willen duldeten seine muslimischen Geschwister zunächst, dass Nurul sich jede Woche mit anderen Christen in seinem Haus traf. Als die Hausgemeinde wuchs, wurden sie immer wütender auf ihren Bruder. Mit einem gefälschten Dokument erreichten sie, dass Nuruls Erbe ihnen zugeschrieben wurde. Sie zwangen ihn, mit seiner Familie das Dorf zu verlassen. (Beispiel von Open Doors).

Muslime, die sich taufen lassen, riskieren den Tod. Jesus bietet mehr als die ganze Welt. Er bietet den Gewinn eines unzerstörbaren ewigen Lebens. Er bietet die Auslösung von unseren Sünden, die Rettung unseres Lebens, das ansonsten dem Gericht Gottes und dem ewigen Tod verfallen wäre.

Nein, wir müssen uns nicht selbst den Himmel verdienen, umgekehrt: Vor uns her geht Jesus, der sein Leben für uns am Kreuz in den Tod gegeben hat, um uns das ewige Leben zu schenken. Weil er alles für uns getan hat, lassen sie uns dranbleiben in seiner Gemeinschaft. Er zwingt uns nicht dazu. Er sagt ausdrücklich: Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Gebe es Gott, dass uns das Kreuz unseres Herrn immer lieber und immer wichtiger wird bis zum Ziel.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Dietrich Klinke P.i.R. Nienburg/Weser, Sonntag Estomihi, 08.02.2022

(Mit * gekennzeichnete Stellen wurden aus anderen Quellen übernommen.)

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 23. April 2022 um 22:07 und abgelegt unter Predigten / Andachten.