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Predigt über Matthäus 8,5-13: Kein normaler Arztbesuch, sondern eine Provokation erster Klasse!

Montag 25. Januar 2021 von Pfr. Ulrich Hauck


Pfr. Ulrich Hauck

„Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn 6 und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen. 7 Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. 8 Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. 9 Denn auch ich bin ein Mensch, der einer Obrigkeit untersteht, und habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem andern: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er’s. 10 Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! 11 Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; 12 aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die äußerste Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern. 13 Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.“ (Mt 8,5-13)

Liebe Gemeinde, so etwas geschah nicht alle Tage. Da trat dieser Hauptmann, ein römischer Centurio, also der Befehlshaber über eine Hundertschaft, vor Jesus hin, weil sein Knecht gelähmt ist und große Schmerzen hat. Und Jesus antwortete ihm: „Ich will mit dir gehen und ihn gesundmachen.“ Das war kein normaler Arztbesuch, sondern eine Provokation erster Klasse! Eine Provokation für die große Menschenmenge, die Jesus folgte, seit er vom Berg hinabgegangen war (Vers 1). Eine Provokation nicht nur, weil die Römer als Besatzungsmacht verhasst waren, sondern weil ein frommer Jude niemals im Haus eines Heiden einkehren würde. Das tut man nicht. Da macht man sich nur unrein.

1. Das Heil kennt keine Grenzen.

Wir können uns gut vorstellen, was die Leute damals gedacht haben. Wie kann Jesus das nur tun? Wir sind schließlich das Volk von Abraham, Isaak und Jakob, Gottes erwähltes Volk? Wie kann er nur zu einem Heiden einkehren, dazu noch einem Römer? Wir haben die Tora und den Glauben an den einen Gott. Aber diese Heiden haben tausend Götter und doch keinen. Und einen Aberglauben haben die, das ist nicht mehr feierlich. Damit wollen wir nichts zu tun haben!

Wenn sich Jesus hier dennoch dem römischen Hauptmann zuwendet, so ist das keine Absage an die Glaubenstraditionen des Volkes Israel. Die Glaubenserfahrungen in der Familie von Generation zu Generation weiterzugeben ist sogar lebenswichtig für den Fortbestand dieses Volkes. Deshalb wird auch der Auszug aus Äpgypten und das Wunder des Durchzuges durchs Rote Meer jedes Jahr von neuem am Passahfest erzählt und gefeiert. Und Jesus hat ebenso nichts gegen die Tora und eine gründliche Bibelkenntnis. An vielen Stellen zitiert Jesu Worte aus dem Alten Testament und legt diese aus. Bereits als Zwölfjähriger im Tempel beeindruckte er die Gelehrten mit seiner Kenntnis. Und selbstverständlich widerspricht Jesus nicht denjenigen, die ihr Leben ganz an Gottes Wort und Gottes Geboten ausrichten.

Dies alles hat der Hauptmann nicht: keine jüdische Glaubenstradition, keine Tora und kein Leben nach Gottes Willen und Geboten. Und erinnern wir uns, wie Jesus einmal zur kanaanäischen Frau ganz schroff sagte: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“. Aber sowohl bei dieser Frau als auch beim Hauptmann wird zu Lebzeiten Jesu bereits angedeutet und vorabgebildet, was dann seit dem Missionsbefehl gilt, als der auferstandene Christus seine Jünger beauftragte: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker!“ Und das musste dann dem Petrus und den anderen Aposteln nochmals ausführlich deutlich gemacht werden. So kam ein anderer Hauptmann, nämlich der Kornelius, zu Petrus. Ihr kennt allen diesen Abschnitt aus Apostelgeschichte 10, wo das leinerne Tuch aus dem Himmel herabkam mit allerlei unreinen Tieren und dreimal eine Stimme aus dem Himmel dem Petrus befahl zu schlachten und zu essen. Hier machte Gott allen klar, sein Heil kennt keine Grenzen. Sein Heil gilt für Juden und Heiden gleichermaßen. Jesus Christus ist den Sühnetod am Kreuz für alle Menschen gestorben, um alle aus dem Gefängnis der Sünde zu befreien und den Weg in den Himmel zu öffnen.

Das gilt bis heute. Christus ist der Heiland aller Menschen. Nicht nur für die, die seit ihrer Kindheit nach dem Willen Gottes erzogen wurden und so in den Glauben hineingewachsen sind. Er ist genauso Heiland für die, die viele Jahrzehnte nach ihren eigenen Vorstellungen und auf eigene Rechnung gelebt haben. Und auch Menschen auf dem Sterbebett will er in letzter Stunde als Heiland begegnen, so wie dem Schächer, der am Kreuz neben ihm hing. Und gerade den Witwen und Waisen, den Armen und Kranken, den Einsamen und Trauernden und allen Verlorenen will er der Heiland sein.

2. Das Heil wird im Glauben ergriffen

Also, während die Menge gedanklich noch an ihrer eigenen Frömmigkeitspraxis hing: „Wir gehen regelmäßig in die Synagoge. Wir spenden tüchtig. Und überhaupt halten wir uns an die Gebote Gottes“, da antwortete der Hauptmann ganz demütig: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. … Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!“ Das ist schon wieder so eine Provokation. Solchen Glauben wie dieser Hauptmann soll keiner sonst aus dem erwählten Volk Israel haben? Wie auch immer, aber dieser Hauptmann hatte von Jesus gehört, ging zu ihm hin, vertraute ganz und gar dem Heiland und sagte: „Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“

Das ist ja hoch spannend. Er hat also keine Salbe verlangt und auch keinen Wundertee, auch keine große Heilungszeremonie. Jesus, „sprich nur ein Wort …“

Wie ist das mit unserem Glauben? Mit unserem Glaubensleben? Mit unserem Gebetsleben? Ist es nicht oft so, dass wir unserem Heiland ganz konkret vortragen, was wir gerne hätten und welche Mittel dazugehören? Legen wir Jesus im Gebet nicht oft mit unseren Sorgen und Anliegen auch die Lösungsvorschläge und Lösungsmöglichkeiten mit auf den Tisch?

Wo ist unser Hauptmann-Vertrauen? Jesus, „sprich nur ein Wort …“ Volles Vertrauen auf Jesus, der alles kann und dem wir alles zutrauen. – Und zugleich lässt dieses „Jesus, „sprich nur ein Wort …“ auch das Heft des Handelns ganz bei Gott. Nicht mein Wille, HErr, geschehe. „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden“. Aber das volle Vertrauen, dass ein einziges Wörtlein aus Gottes Mund dazu ausreicht. Das ist tiefer Glaube, ein Vertrauen, mit dem wir unser ganzes Leben, mit allen unseren Sorgen und Anliegen, dem Heiland anvertrauen. In dem Wissen, ein Wörtlein von ihm genügt völlig. Und selbst für die schlimmsten Nöte und Anfechtungen nehmen wir uns zu Herzen, was Martin Luther in „Ein feste Burg“ über Satan, den Fürsten dieser Welt, dichtet: „Ein Wörtlein kann ihn fällen.“ Ein solches Gottvertrauen gibt mir Ruhe. Denn ich weiß, wenn Gott will und die Zeit dafür reif ist, dann wird er auch sprechen und handeln. Und wenn nicht, dann ist das auch Gottes Wille oder die Zeit ist noch nicht gekommen. Vertrauen wie die Kinder. Werden wie die Kinder. Ist ein solches kindliche Vertrauen dem modernen Menschen überhaupt zumutbar?

Der gestandene Hauptmann zeigt uns, was Glauben ist. Nicht auf die eigene Stärke und Macht zu schauen, nicht auf die Möglichkeiten dieser Welt, sondern ganz auf Jesus, den Heiland, vertrauen. Sein Leben bei ihm geborgen zu wissen. Sich wie ein Kind von ihm beschenken zu lassen. Und nicht zweifend fragen, ob das geht, ob das überhaupt Gottes Wille sein kann, ob ich das verdient habe. Jesus will uns herausrufen aus skeptischen Bedenken hin zu kindlichem Vertrauen, weg von inneren Sperren des Zweifels hin zur Freiheit der Kinder Gottes. Es ist so wichtig, dass die Menschen das Heil nicht nur hören und kennenlernen, sondern dass sie es ergreifen.

Informationen über Jesus gibt es heute mengenweise, leider auch viele Halbwahrheiten und Lügen. Aber selbst das Studieren der Heiligen Schrift ist noch keine automatische Begegnung mit dem Heiland. Glaubenswissen ist noch kein Glaube. Christliche Ansichten sind noch keine geistlichen Einsichten. Zum Glauben gehört die Beziehung zum Heiland Jesus Christus. Das brennende Herz, ihn zu suchen und mit ihm zu leben. Deshalb ist es so wichtig, immer wieder neu die Begegnung mit Jesus zu suchen: Im Lesen und Hören seines Wortes, im Gebet, im Empfang des Heiligen Abendmahls. Dabei hängt Begegnung mit Bewegung zusammen. Glauben hat mehr mit Bewegung zu tun als mit einem Standpunkt; mehr mit Schritten, die wir gehen, als mit einem Standpunkt, auf dem wir verharren. Glaube ist lebendig und dynamisch, nicht statisch.

„Da trat ein Hauptmann zu Jesus.“ Er wagt diesen Schritt hin zu Jesus auf eine so unmittelbare Weise, dass Jesus darüber staunt. Manche Menschen meinen, sie könnten nur mit einer weißen Weste zu Jesus kommen. Oder Zweifel stehen im Weg. Probleme blockieren. Innere Sperren, aufgeschüttet durch negative Erfahrungen, lassen Glaubensschritte schwer erscheinen. „Da trat ein Hauptmann zu Jesus.“ Durch dieses Hintreten zu Jesus kann der römische Hauptmann zum Ermutiger werden. Er kann ermutigen zu dieser immer wieder neuen Hinwendung zu Jesus, eine Bewegung des Glaubens.

3. Ohne Heil bleibt nur Finsternis

Was geschah nach dem Vertrauensschritt des Hauptmanns? Jesus antwortet kurz und bündig: „Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast.“ Der Hauptmann hatte sein ganzes Vertrauen auf Jesus gesetzt und wurde erhört und verändert. Er kehrt als ein anderer zurück als er von dort losgezogen war. Von nun an lebte er in einer Vertrauensbeziehung mit dem lebendigen Gott. Das verändert seinen Weg und sein Leben. Dieses Vertrauen zeigt sich auch daran, dass der Hauptmann keinen Beweis verlangt für die Gesundung seines Knechtes. Er zweifelt mit keiner Silbe an dem Wort Jesu: „dir geschehe, wie du geglaubt hast.“ Und das Ergebnis sah er dann als er wieder zuhause war. Darüber berichtet Matthäus ganz nüchtern: „Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.“

Die Heilung des Knechtes ist geschehen, eine Fernheilung sozusagen. Die Lähmung wurde gelöst. Aber die Heilung ist nicht der Mittelpunkt und das Entscheidende an dieser Begebenheit. Wir wissen nicht einmal, warum der Knecht krank wurde und wie. Wir kennen die näheren Umstände nicht. Spielt auch keine Rolle, denn es ging Jesus hier nicht um ein Heilungswunder, sondern um dieses Beispiel für Vertrauen und Glauben.

Diese Begegnung zwischen dem Hauptmann und Jesus ist deshalb auch nicht nur für Gelähmte von großer Bedeutung, sondern für alle Menschen. So gibt es neben den körperlichen Lähmungserscheinungen auch Lähmungen in Beziehungen, Lähmungen der Seele, Lähmungen des Glaubens, Lähmungen der Gotteserkenntnis. Das sind alles ganz furchtbare Dinge! Solche Lähmungen des Glaubens und der Gotteserkenntnis gab und gibt es mitten im erwählten Volk Israel. Und solche Lähmungen des Glaubens und der Gotteserkenntnis gibt es auch bei vielen, die getauft und konfirmiert sind, die Mitglied in einer christlichen Kirche sind. Als Jesus dieses tiefe Vertrauen des heidnischen, römischen Hauptmannes sah, „wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!“

Und Jesus fügte hinzu, weshalb nur der Glaube und die Nachfolge Jesu rettet. Und weshalb die Lähmungen des Glaubens und der Gotteserkenntnis so furchtbar sind und furchtbar enden: „Ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“

Dass mir ja keiner von Euch irgendeine Selbstsicherheit hat, nach dem Motto: ICH gehöre zum Volk Gottes, ICH bin Mitglied in einer Kirche, ICH bin ein guter und anständiger Mensch. Das hilft Dir alles NICHTS! Deine Selbstsicherheit ist Lug und Trug! Es gibt keine Heilssicherheit für dein Leben, im Gegenteil. Was es aber gibt, ist die Heilsgewißheit. Und die hängt weder an dem Stand oder den Fähigkeiten des Hauptmannes noch an deinen. Nein, die Heilsgewissheit hat nur einen Namen, nur einen Bürgen, nur eine Verlässlichkeit. Und die heißt JESUS CHRISTUS, der das Heilswerk Gottes vollbracht hat, als er am Kreuz von Golgatha den Sühnetod für dich starb, den Tod besiegte und dir ein neues, ewiges Leben erwirkt hat. Dieses Heil kennt keine Grenzen, es gilt für alle. Du kannst es nur im Glauben an Jesus Christus ergreifen. Allein der Sohn Gottes kann dich auch deinem Gelähmtsein und deiner Finsternis herausreißen und vor dem Heulen und Zähneklappern bewahren. Dein Heil und deine Heilsgewissheit liegen allein in Christus. Vertraue ihm. Geh zu Jesus und vertraue ihm, ein Wort von ihm genügt. Lass dir von ihm dienen im Hören seines Wortes und im Empfangen seines Leibes und Blutes. Und bedenke: Der Glaube rettet dich, nicht deine körperliche Heilung, nicht die Erfüllung deiner Ziele, Wünsche und Gebete. Das Himmelreich ist wichtiger als gelingendes Leben auf Erden. Und vertraue, dass „denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“

Amen.

© Ulrich J. Hauck

Predigt im Gottesdienst der Prot. Kirchengemeinde Landau-Mörzheim, 24.1.2021

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 25. Januar 2021 um 16:43 und abgelegt unter Predigten / Andachten.