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Predigt über Markus 8,1-9 zum Erntedankfest 2020

Dienstag 6. Oktober 2020 von Pfr. Ulrich Hauck


Pfr. Ulrich Hauck

Liebe Gemeinde, wenn wir den Erntedanktag nicht einfach deswegen feiern, weil er halt zur kirchlichen Folklore dazugehört, dann sind wir in diesem Jahr besonders herausgefordert, über Erntedank nachzudenken. Zwar ist die Landwirtschaft vergleichsweise glimpflich durch die Corona-Verordnungen gekommen, aber für viele andere ist dieses Jahr in ökonomischer Hinsicht ein Horrorjahr. Die Wirtschaft ist eingebrochen, viele waren oder sind in Kurzarbeit, andere haben ihren Arbeitsplatz verloren oder kämpfen um ihre Existenz. Und unseren Kindern haben wir einen riesigen Schuldenberg aufgetürmt. Und dann Erntedank feiern? Wie passt das zusammen? – Oder wäre nicht viel eher ein Erntebitttag oder ein Tag der Klage angemessener als ein Erntedanktag?

Unser heutiger Bibelabschnitt nimmt uns mit in eine Situation, in die wir uns in diesem Jahr vielleicht besser hineinversetzen können. Im Gebiet der Zehn Städte am See Genezereth waren viele Menschen Jesus gefolgt, um ihn zu sehen und zu hören. Drei Tage hängen sie nun schon an seinen Lippen und Füßen; und sie haben nichts zu essen. Jesus sagt zu seinen Jüngern: „Wenn ich sie hungrig heimgehen ließe, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind von ferne gekommen.“ Die Jünger wissen keinen Rat, angesichts der 4.000 Menschen, sind die sieben Brote und ein paar Fische ja so gut wie nichts. Allemal ein Grund zur Klage oder ein Anlass ein Bittgebet zu sprechen, dass Gott in dieser Notlage doch irgendwie Hilfe schaffen möge. Aber Jesus handelt anders. Er nimmt das wenige Brot, was da ist, dankt seinem himmlischen Vater dafür, bricht es und lässt es austeilen.

Können wir noch wertschätzen, was wir haben? Oder starren wir viel mehr auf das, was wir nicht haben? Wir hatten ja im Frühjahr beim Lockdown – Gott sei Dank! – keinen Hunger zu leiden. Aber wie war das, als es in den Supermärkten keine Nudeln und kein Toilettenpapier mehr gab und auch viele andere Regale leer blieben?

In den Medien wurde das groß breitgetreten und vermutlich war das auch für die meisten von uns ein Gesprächsthema. – Haben wir dabei aber auch gemerkt, wie gut wir es normalerweise haben? Wie gut gefüllt die Regale, unsere Tische und Mägen gefüllt sind? Haben wir in der Krise gedankt für das, was wir haben? Oder nur geschimpft über den Mangel am Überfluss? Haben wir uns vielleicht zu sehr daran gewöhnt, alles überall und zu jeder Zeit haben zu können?

Ich will damit die existenziellen Nöte von vielen Selbständigen oder manchen Berufsgruppen nicht kleinreden. Und man muss durchaus die Frage klären, ob die einschränkenden Maßnahmen der Regierung verhältnismäßig und notwendig waren. Wir haben – Gott sei Dank – in unserem reichen Land ein soziales Netz, das vieles auffängt. Auch wenn diese Netz Löcher hat und manche Ungerechtigkeit hervorbringt, aber im Vergleich zu vielen anderen Ländern geht es uns gut.

Wir stehen nicht mit leeren Händen da. Wir waren nicht drei Tage ohne Essen. Wir haben Gutes in unserem Leben, wenn auch vielleicht nicht mehr so viel wie noch vor einem Jahr. Sind wir dankbar für das was wir haben? Oder schauen wir nur auf das, was wir vermissen? Oder haben wir vielleicht auch angefangen neu zu schauen und zu denken? Haben wir in der Coronakrise vielleicht gute Dinge neu entdeckt? Viele Menschen hatten mehr Zeit, sind zur Ruhe gekommen, haben mehr Zeit in der Familie verbracht, vielleicht haben sie einen ganz persönlichen Punkt, für den sie in dieser Zeit dankbar sind. Kann vielleicht der Verzicht auf manche Dinge, hilfreich und wertvoll sein, um anderes zu gewinnen?

In unserem Bibelabschnitt haben die Menschen es drei Tage in Kauf genommen, nichts zu essen, um etwas Wertvolleres zu haben. Bei Jesus zu sein, dem Sohn Gottes und Heiland der Welt.

Ich hoffe, dass uns in diesen außergewöhnlichen Zeiten, unser Blick wieder auf das Wesentliche gelenkt wird. Wie schnell können wir Menschen undankbar werden, alles für selbstverständlich halten und Gott, der Geber aller Gaben, vergessen? Das christliche Abendland ist doch längst zu einem gottlosen Selbstverwirklichungsland geworden. Statt alles von Gott dankbar zu empfangen und alles Denken, Handeln und Arbeiten auf ihn hin zu richten, propagieren wir einen menschlichen Machbarkeitswahn, der gipfelt in Parolen wie „WIR schaffen das“. Es reicht doch nicht aus, in einer christlichen Erinnerungskultur zu leben, zum Erntedankfest und an Heilig Abend auch mal einen Gottesdienst zu besuchen, aber ansonsten den Schöpfer des Himmels und der Erde wie einen guten, alten Mann im Himmel behandeln, halb blind und schwerhörig. Sind wir ernsthaft der Meinung, dass Gott unter Demenz leidet? Nein, Gott hat alles im Blick! Er hat uns und unser Tun nicht vergessen. Das Problem ist, dass der Mensch Gott vergessen hat. Vielleicht hat er inzwischen sogar schon vergessen, dass er Gott vergessen hat.

Und deshalb kann ich überhaupt nicht verstehen, wenn in der Coronakrise von Theologen vollmundig verkündigt wird, das hat mit Gott nichts zu tun. Vielleicht steckt da die Angst dahinter, sich gegenüber Gott verantworten zu müssen: Weil man ihn vergessen hat, weil man seine Gebote mit Füßen getreten hat, weil man sein Wort in der Heiligen Schrift der eigenen menschlichen Vernunft untergeordnet hat. – Was steckt hinter der Coronakrise? Schicksal? Menschliche Fehler? Zorn und Gericht Gottes? Gottes Ruf zur Umkehr?

Wer jedenfalls meint, diese Krise hätte nichts mit Gott zu tun und man könnte sie ohne Gott überwinden, der wird vielleicht erleben, dass durch die Barmherzigkeit Gottes das alles vorübergeht. Aber er hat dann Gottes Rufen überhört. Er hat nichts gelernt für die nächste Krise und nichts über das endzeitliche Handeln Gottes in der Geschichte. Und er hat auch nichts gelernt für sein Leben, nichts für sein Sterben, nichts für die Aussicht, wo er in Ewigkeit sein wird. Er hat keine Heilsgewissheit. „Es geht ohne Gott in die Dunkelheit, aber mit ihm gehen wir ins Licht!“

So ich bin fest überzeugt, dass alles, was auf diesem Globus geschieht, mit Gott zu tun hat. Deshalb ist ja Gott selbst in seinem Sohn Jesus Christus auf diese Welt gekommen. Der Heiland der Welt, unser Retter und Erlöser ist erschienen und spricht (Joh 12,46): „Ich bin als Licht in die Welt gekommen, auf dass, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.“

Dieser Ruf Gottes, diese Einladung Jesu gilt für alle. Denn wir sind Gott nicht egal, Du bist Gott nicht gleichgültig, selbst wenn Du ihn vergessen hast. Denn Gott „will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ (1.Tim.2,4)

Machst Du es wie die 4.000 Menschen damals am See Genezereth? Hörst Du den Ruf Gottes? Er will Gemeinschaft mit dir! Nimmst Du seine Einladung an? Ist dir seine Nähe wichtiger als dein tägliches Brot?

Der gleiche HErr Jesus Christus, dem Du nicht egal bist, er lädt dich ein mit aller Deutlichkeit und Ernsthaftigkeit (Offb 21,6): „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein und er wird mein Sohn sein. Die Feigen aber und Ungläubigen und Frevler und Mörder und Unzüchtigen und Zauberer und Götzendiener und alle Lügner, deren Teil wird in dem Pfuhl sein, der mit Feuer und Schwefel brennt; das ist der zweite Tod.“

Nicht nur beim Corona-Virus liegen Leben und Tod nahe beieinander, das ist vielmehr bei Jesus Christus so, der sich für uns kreuzigen ließ und auferstanden ist, der den Tod für unsere Gottvergessenheit und Sünde auf sich genommen hat, damit wir neu leben können, mit ihm, hier auf Erden und dann vor allem auch in Ewigkeit.

Gehen wir noch einmal in die Situation am See Genezereth hinein. Was passiert, nachdem Jesus gedankt hatte, für das Wenige, das sie hatten? Es geschieht ja kein Wunder im Sinne eines Zaubertricks, sodass mit einem Mal 4.000 Lunchpakete dalägen, von denen jeder sich eins nehmen könnte. Sondern es bleibt bei sieben Broten und ein paar Fischen. Aber das Wenige wird dankbar ausgeteilt und vermehrt sich auf wundersame Weise, so dass nicht nur alle satt werden, sondern es bleiben noch sieben Körbe voll übrig, also mehr als zuvor.

Gott gibt gerne, was die Menschen brauchen, er sieht ihre Not und er versorgt sie gnädig und liebevoll mit allem, was sie zum Leben brauchen. Alle Fülle ist in ihm, sogar über das hinaus, was gebraucht wird.

Dieses Wunder der Brotvermehrung ist nur eine Vorschattung auf ein viel größeres Wunder, nämlich auf die Gabe des Heiligen Abendmahls. Dank und Segen über Brot und Wein, so ist es das gesegnete Brot das wir essen und der gesegnete Kelch, den wir trinken. Das geht über das hinaus, was wir als tägliche Nahrung brauchen, es ist unsere geistliche Nahrung: Wir empfangen Christi Leib und Christi Blut, wir dürfen den HErrn schmecken in all seiner Fülle, wir haben unmittelbare, leibliche Gemeinschaft mit ihm, die uns stärkt für unseren Weg durch dieses Leben in ein ewiges Leben.

Deshalb dürfen wir auch heute dankbar Erntedank feiern. Danken nicht nur für die tägliche Nahrung, sondern für alles, womit uns Gott fürsorglich versorgt. Wir dürfen auch danken für all die Bewahrung, die wir bis heute in unserem Leben empfangen haben. Und auch wer in diesen Coronazeiten in eine Krise geraten ist oder wer jetzt krank hier im Klinikum liegt, wir dürfen uns im Gebet an Jesus Christus wenden, ihm auch unsere Not klagen, wir dürfen ihn bitten, immer im Vertrauen, dass wir in Gottes Händen geborgen sind und in dem Wissen, wie es der Apostel Paulus im Brief an die Gemeinde in Rom formuliert, „dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen“.

Bei allem, was es zu beklagen gibt in diesen Tagen, ist das allemal ein Grund zur Dankbarkeit. So lernen wir neu auch in Krisensituationen das wertzuschätzen, was wir haben, – und auch und gerade das mit Dank vor Gott bringen und ihn bitten, dass er es und uns segne.

Amen.

Pfr. Ulrich J. Hauck, Predigt im Klinikum Kandel, Erntedanksonntag 2020

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 6. Oktober 2020 um 9:36 und abgelegt unter Predigten / Andachten.