Gemeindenetzwerk

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Ein Aufruf an unsere Kirche und alle Kirchengemeinden in Zeiten von staatlichen Eingriffen in das Selbstverwaltungsrecht von Kirchengemeinden im Zuge der Corona-Pandemie

Freitag 24. April 2020 von Gemeinde im Aufwind e.V.


Gemeinde im Aufwind e.V.

In den letzten Wochen waren Gottesdienste in unseren Gemeinden nicht erlaubt. Sie fielen undifferenziert unter das Veranstaltungsverbot der jeweiligen staatlichen Verordnungen. Viele staatliche Verordnungen im Bereich der Nordkirche haben Gottesdienste sogar ausdrücklich verboten. Dies ist eine bedrückende Situaon, obwohl wir ganz ausdrücklich anerkennen, dass die Gesundheit unserer Gottesdienseilnehmer unbedingt geschützt werden muss.

Gleichwohl haben sehr viele Kirchengemeinden mit großer Kreavität auf diese Notlage reagiert. Es sind auch sehr viele Akvitäten entstanden, die in einer veränderten Situation Gottes Menschenliebe im kirchlichen Handeln bezeugen und die Lebendigkeit von Gemeinden widerspiegeln.

Aber die Aussicht, dass ein „Gottesdienstverbot“ weiterhin Bestand hat und dies unwidersprochen bleibt, halten wir für eine schwere Belastung für den Glauben und auch eine Beschädigung unserer Kirche. Der Gottesdienst ist eine der zentralen Aufgaben der Ev.-Luth. Kirche. Er ist ein Lebensnerv und ist nicht zu ersetzen durch eine virtuell übertragene Feier ohne Besucher – so gut und phantasievoll diese Online-Gottesdienste im Einzelnen sein mögen. Zudem beobachten wir auch zunehmend, sogar in den säkularen Medien, einen Glaubwürdigkeitsverlust von Kirche in der Corona-Krise: Vieles ist in dieser Krise nötig (Lebensmittelversorgung) und möglich (Bau- und Gartenmärkte). Mittlerweile haben die meisten Geschäfte wieder geöffnet. Der Gottesdienst ist nach wie vor verboten. Er gilt offenbar nicht als „systemrelevant“.

Aber gerade in diesen Zeiten ist ein tröstender und versöhnender Gottesdienst von sehr großer Wichtigkeit. Ähnlich natürlich, wie es eine große Not darstellt, dass die staatlichen Maßnahmen die Wahrnehmung des kirchlichen Seelsorgeauftrags erschweren oder verhindern.

Offensichtlich ist das Bewusstsein nicht mehr vorhanden, dass der Staat nicht in den engen Kreis der „hoheitlichen“ Aufgaben der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts eingreifen darf (Art. 140 GG). Die Kirche kann diesbezüglich nicht unter andere Religionsgemeinschaften subsummiert werden, wie dies z.Zt. überall geschieht.

Dabei liegen Staat und Kirche ja gar nicht weit auseinander, denn das Infektionsschutzziel des Staates stellt ja auch im kirchlichen Raum ein hohes Gut dar. Wenn der Zugriff des Staates aber einseitig erfolgt, kommt das Gespräch „in freundschaftlicher Weise“, wie es im Schleswig-Holsteinischen Staatskirchenvertrag u.a. §28 erklärt wird, nicht zu Stande. Es muss noch einen anderen, differenzierten Weg geben als die einseige staatliche Bestimmung: „Gottesdienstverbot“.

Zusätzlich erschwerend ist in dieser Situaon, dass Kirchengemeinden als eigenverantwortliche örtliche Selbstverwaltungskörperschaften gegenüber den Kreis- und Stadtverwaltungen ja koordiniert und gemeinsam vorgehen sollten und diese Aufgabe deshalb naheliegender Weise von übergeordneten kirchlichen Institutionen wahrgenommen wird. Gleichzeig sind in den meisten Fällen aber weder die Landeskirche noch die Kirchenkreise die zuständige Behörde für den Gottesdienst, sondern die Kirchengemeinden vor Ort.

Es erscheint uns als dringend notwendig, dass einmal die Bedingungen geklärt werden, unter denen Gottesdienste und Amtshandlungen nach Maßgabe des zuständigen Kirchengemeinderats als gemeindliche Feiern wieder stattfinden oder eben auch nicht stattfinden können. Da gibt es ja viele Parameter (Größe/Volumen des Raums, Abstandsregeln, Mund-Nasenschutz, Desinfektionsmöglichkeiten, Zutrittswege, Sanitäreinrichtungen, Anzahl der Teilnehmenden, Open-Air-Gottesdienste, Länge des Gottesdienstes etc.), die man sehr differenziert benennen und abwägen kann. Dieser Aufgabe dürfen sich die Kirchengemeinden nicht entziehen und müssen ihre Entscheidungen dazu auch unter Beachtung der staatlichen Einschätzung fällen.

Wir fordern unsere kirchenleitenden Organe auf, sich gegenüber den staatlichen Stellen für den Gottesdienst einzusetzen und sehr zeitnah – im Benehmen mit den zuständigen staatlichen Behörden – den Kirchengemeinden zu helfen, den öffentlichen Gottesdienst unter den gebotenen Bedingungen zu ermöglichen. Eine gerichtliche Prüfung sollte nicht grundsätzlich verworfen werden und könnte für alle Seiten Klarheit und Rechtssicherheit bedeuten.

Pastor Frank Boysen, 21.4.2020

Vors. „Gemeinde im Aufwind“ e.V.
Herrenstr. 4
24214 Ge1orf
04346-938830
pastor.boysen@gmx.de

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 24. April 2020 um 10:11 und abgelegt unter Gemeinde, Gesellschaft / Politik, Kirche.