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Was können wir heute von Martin Luthers Aussagen zum Islam lernen? – Thesen des Lutherischen Konventes im Rheinland

Freitag 31. März 2017 von Lutherischer Konvent im Rheinland


Lutherischer Konvent im Rheinland

1. Martin Luther hat sich in seiner Zeit mit den Grundlagen des Islams befasst und den Koran (in lateinischer Übersetzung) gelesen. Damit unterscheidet er sich von zahlreichen heutigen kirchlichen und gesellschaftlichen Stellungnahmen zum Islam, die die Inhalte der islamischen Religion nur oberflächlich zur Kenntnis nehmen.
2. Luther empfiehlt den Christen, den Koran zu studieren, um sich ein differenziertes Urteil bilden zu können und um – im Vergleich zum Islam – im Glauben an Christus gefestigt zu werden. Dabei setzt er natürlich für Christen das Lesen der Bibel und die Kenntnis des christlichen Glaubens voraus.

Luther hätte kein Verständnis dafür, dass Vertreter der Kirche die Bibel und das Glaubensbekenntnis in Frage stellen, inhaltlich entleeren oder ihre Aussagen uminterpretieren.

3. Luther benennt klar und deutlich die Unterschiede zwischen Islam und christlichem Glauben. Er lehnt die wesentlichen Inhalte des Korans und des Islams als anti-christlich ab:

  • Der Koran verneint Jesus Christus als den Sohn Gottes, sein Erlösungswerk in Kreuz und Auferstehung und den Heiligen Geist als dritte Person der Gottheit. Jesus gilt im Koran zwar als Prophet und Gesandter Gottes, der aber unter Mohammed steht.
  • Luther erkennt einen „Werkglauben“ im Islam, der der menschlichen Vernunft durchaus entgegenkommt, der aber nichts von der Rechtfertigung durch das Vertrauen auf Jesus Christus weiß.
  • Die islamische Sicht der Ehe (ein Mann kann mehrere Frauen heiraten) steht für Luther im Widerspruch zum Wort Gottes.

Eine Suche nach Einheit zwischen Islam und christlichem Glauben im Sinne einer „abrahamitischen Ökumene“ wäre für Luther aufgrund der inhaltlichen Unterschiede nicht denkbar.

Die Evangelische Kirche sollte neben den Gemeinsamkeiten die Unterschiede zwischen Islam und Christentum herausstellen und nicht im Zuge der Globalisierung einer Religionsvermischung das Wort reden.

4. Luther kann Anerkennung für den religiösen Ernst der Muslime (im damaligen Sprachgebrauch = „Türken“) und ihre Frömmigkeitspraxis formulieren. Entscheidend bleibt aber für ihn der Glaube an Jesus Christus und nicht Werke der Frömmigkeit.

Für Christen muss heute Respekt vor anderen Glaubensüberzeugungen und einer anderen Glaubenspraxis selbstverständlich sein.

5. Luther kritisiert, dass die mittelalterlich-katholische Kirche nur die auffälligen Schattenseiten und Schandtaten des Islam angeprangert, aber seine guten Aspekte und religiösen Stärken nicht gewürdigt habe. Erst die Reformation mit der Wiederentdeckung des allein rettenden Glaubens an Jesus Christus habe es möglich gemacht, zum eigentlichen Kern der Auseinandersetzung vorzustoßen. Das Christentum sei mehr als schöne Zeremonien und gute Werke, sondern das Vertrauen auf Gott durch den Sühnetod und die Auferweckung seines Sohnes.

Es gibt keinen Dialog ohne Zeugnis und keine Mission ohne Dialog. Dazu gehört die Bereitschaft, dazuzulernen und eigene Vorurteile zu überwinden. Neben den Dialog mit den Muslimen muss daher um des Evangeliums willen eine Mission zu den Muslimen treten, die ihnen die Gnade Gottes in Jesus Christus im heutigen Kontext verständlich zu machen versucht, die christliche Botschaft der Liebe glaubwürdig vorlebt und auf jeglichen Druck verzichtet.

6. Luther lehnt Kreuzzüge ab; er will keine Gewalt und keinen Krieg im Namen oder zur Ausbreitung des Glaubens. Er sieht das Erstarken des Islams im Zusammenhang mit der Schwäche und dem Unglauben der Christenheit und ruft an erster Stelle die Christen zu Gebet, Umkehr und Buße.

Christen haben im Verlauf einer langen und immer wieder mit Schuld beladenen Kirchengeschichte gelernt, dass mit physischer oder psychischer Gewalt der Glaube an Christus nicht verbreitet werden kann und darf.

7. Luther betont das Recht und die Pflicht zur Verteidigung durch den Kaiser als weltlichen Herrscher gegen die anstürmenden Heere des türkischen Sultans, die 1529 zum ersten Mal Wien belagerten.

Wir hoffen, dass die Zeiten der Kreuzzüge und Eroberungskriege zwischen Christen und Muslimen im 21. Jahrhundert vorbei sind. Gleichzeitig ist zu beklagen, dass Christen in den meisten muslimischen Ländern nicht gleichberechtigt sind, sondern benachteiligt, zunehmend sogar verfolgt und gefangengenommen werden. Besonders gefährdet sind die christlichen Konvertiten, die in vielen islamischen Ländern entweder gesellschaftlich vogelfrei oder durch staatliche Gesetze mit Gefängnis und Tod bedroht sind. Weltweit muss islamistischen Terroristen mit allen Mitteln des Rechtsstaates begegnet werden, was sich u.a. auch aus Luthers Zwei-Regimenten-Lehre ergibt.

8. Luther sah, dass der Islam aufgrund seiner mangelnden Unterscheidung von Gesetz und Evangelium, Werken und Glauben, Politik und Religion zu einer Vermischung der beiden Reiche und Regimente führt, sogar das Reich Allahs auf Erden mit staatlichen Mitteln verwirklichen will.

Diese angeblich vernünftige, theokratische Konzeption ist der Grund für die Anfälligkeit des Islams für politische Ideologie sowie den Fanatismus und die Gewaltbereitschaft vieler Muslime. Blutige Kriege und Terrorismus im Namen Gottes sind die Folge (vgl. Mt 11,12; Lk 16,16). Der Islam erweist sich so als gesetzliche Potenzierung der Sünde (Röm 5,20; 7,7ff.) und hat dadurch in den letzten Jahren die Religionen in den Augen vieler Menschen moralisch diskreditiert.

9. Luther hielt es für möglich, dass das biblische Evangelium Muslime dazu überzeugen kann, den Glauben an Jesus Christus anzunehmen. Eine gezielte „Mission“ von Christen unter Muslimen hatte er nicht im Blick.

Allerdings hätte Luther keinerlei Verständnis dafür, die Bezeugung des christlichen Glaubens an Muslime grundsätzlich zu unterlassen, wie es in manchen aktuellen kirchlichen Verlautbarungen gefordert wird.

10. Ein interreligiöser Dialog war zur Zeit Luthers angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Islam in Mittel- und Osteuropa keine reale Möglichkeit.

Heute ist er eine gesellschaftliche Notwendigkeit, um ein friedliches Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Glaubensüberzeugungen zu gewährleisten. Dafür können wir von Luther lernen, dass nicht eine Verharmlosung und Verschleierung der Gegensätze, sondern ein klares Bekenntnis des eigenen Glaubens zum gegenseitigen Verstehen führt. Christen sollten der Spirale von Diffamierung und Gewalt widerstehen und auf dem schmalen Grat zwischen übertriebener Toleranz und religiöser Indifferenz gehen. Dialog und Mission sind keine Gegensätze, sondern im freiheitlichen Rechtsstaat möglich und tragen zum Religionsfrieden bei.

Lutherischer Konvent, Königswinter, 27. März 2017

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 31. März 2017 um 10:34 und abgelegt unter Christentum weltweit, Kirche, Theologie, Weltreligionen.