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Hoffnung auf demokratische Gesetze

Mittwoch 5. August 2009 von Christian Hausen


Christian Hausen

Hoffnung auf demokratische Gesetze
Folgen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum EU-Reformvertrag

Das Bundesverfassungsgericht hat am 30.06.2009 zwar den Lissabon Vertrag der Europäischen Union gebilligt, aber Nachbesserungen gefordert. Das Begleitgesetz über die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestags und Bundesrats in Angelegenheiten der EU genügt nicht den Anforderungen des Grundgesetzes (Aktenz.: 2 BvR 2/2008 UA). Es fragt sich, ob dadurch sich in der Gesetzgebung etwas zugunsten der christlichen Kultur wenden werde.

1. Wichtig ist zunächst einmal, dass das Inkrafttreten des Vertragstextes in seiner gegenwärtigen Form durch die verbindliche Zusage von Bundespräsident Köhler zunächst einmal verhindert ist, da er die Ratifizierung erst vornehmen wird, wenn das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit des Zustimmungsgesetzes entschieden hat. Für die Kritiker an der EU-Verfassung (Lissabonner Vertrag) ist Zeitgewinn ganz wichtig. Verfassungskonform müssen zumindest folgende Bereiche werden: demokratische Legitimierung, gesicherter Grundrechtsschutz gegenüber EU, Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes und rechtsstaatlicher Europäischer Gerichtshof.

2. Im Zentrum steht die Beanstandung der bislang vorgesehenen pauschalen Zustimmung zu allen Entscheidungen der EU. Das BVG sieht darin einen Eingriff in die nationale Souveränität – alles andere als eine Nebensächlichkeit. Das nationale Parlament hat die Pflicht, sich mit jeder dieser Interventionen detailliert zu befassen. Die eigenen Kontrollpflichten des Bundestags sind zu stärken. Die im Reformvertrag von 2007 festgehaltene einfache Mehrheit im EU-Ministerrat ist auf keinen Fall zu rechtfertigen. Das undemokratische Europäische Parlament – nicht „gleichheitsgerecht gewählt“ – lässt sich so nicht korrigieren und kann allenfalls zur Legitimation von EU-Verordnungen ergänzend beitragen. Es ist sicherzustellen, dass die EU-Gremien sich an die eingeräumten Befugnisse halten und in der Bundesrepublik „wesentliche Räume zur politischen Gestaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse“ bestehen bleiben. Erst dann können weitere Befugnisse auf die EU übertragen werden. Das BVG hat sich selbst Kontrollrechte vorbehalten, auch im Hinblick auf den EUGH.

3. Rechtlich es um Verstöße gegen die Artikel 38 Abs. 1 und 23 Abs. 1 des Grundgesetzes, weil Bundestag und Bundesrat im Rahmen der europäischen Rechtssetzung keine hinreichenden Beteiligungsrechte eingeräumt worden sind. Nun müssen die Abgeordneten in das zu korrigierende „Begleitgesetz“ weitreichende Kontrollrechte einbeziehen, gerade wenn es zu Kompetenzerweiterungen der EU kommt. Das BVG wird darauf achten, dass die Kontrollrechte auch adäquat ausgeübt werden. Nachdem aus der Perspektive des BVG das EU-Parlament geradezu hoffnungslos undemokratisch erscheint, sollen Bundestag und Bundesrat dafür sorgen, dass das deutsche Grundgesetz unantastbar bleibt. Zu dem erwähnten nationalen Schutzraum gehört vor allem der von den Grundrechten geschützte private Bereich. Einbezogen sind politische Entscheidungen, die „in besonderer Weise auf kulturelle, historische und sprachliche Verständnisse angewiesen sind“. Dazu gehört auch „die Gestaltung der Familien- und Bildungsverhältnisse“ sowie der „Umgang mit dem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis“.

4. Begrüßenswert ist, dass zunächst einmal das Grundgesetz Maßstab für künftige Gesetze bleibt. So wird z. B. die „sexuelle Identität“ im Gegensatz zur EU-Grundrechtscharta in den deutschen Grundrechten nicht geschützt. Die Priorität der Ehe nach Art. 6 GG bleibt im Vergleich zu anderen Lebensgemeinschaften bestehen. Es entfällt auch die vorgesehene Strafrechtskompetenz für die EU-Politiker, so dass nicht z. B. unmittelbar die neuen „Delikte“ wie Diskriminierung von Homosexuellen oder Verstöße gegen die Politische Korrektheit strafwürdig werden. Das hat auch zumindest mittelbare Wirkung für die deutschen Regierungen, die nicht mehr so selbstherrlich Ideologien frönen können wie Gender Mainstreaming und sich dabei auf dem Weg über Brüssel, also hinter dem Rücken des Bundestags, ein verfassungswidriges Vorgehen anmaßen.

5. Das bedeutet nach meiner Ansicht, dass für den Christen die BVG-Entscheidung positiv zu bewerten ist, auch wenn man vielleicht die Null-und-Nichtig-Erklärung des Lissabonner Vertrags erwartet haben könnte. Der Verfassungsrichter Professor Udo Di Fabio, der als Berichterstatter das Urteil verfasst hat, bekennt sich – wie ich es im persönlichen Gespräch erfahren habe und was seine Bücher bestätigen – eindeutig zum christlichen Glauben. Sein indirekter Weg zeugt von Klugheit, was auch der „Spiegel“ einräumt, etwa mit der Charakterisierung „intelligentere Version“. Die Wortwahl des BVG vermeidet unmittelbare Vorwürfe und lässt den Vertragstext als solchen stehen, um über nationales Recht einschließlich der eigenen Kompetenz die deutsche Verfassung abzusichern. Damit wird zwangsläufig auch die EU bei der freien Umsetzung ihrer Ideologien gehemmt.

6. Der Freiheitsraum für christliches Gedankengut wird somit erweitert. Das hat zur Folge, dass die Position der Christen in Deutschland grundsätzlich verbessert wird, sie haben eher die Möglichkeit, unbürokratisches Handeln der EU-Bürokraten oder der Regierungsmitglieder in Berlin zu brandmarken. Vielleicht kann die EKD von den verbesserten Möglichkeiten auch Gebrauch machen, selbst wenn sie – erst recht nach der Wahl einer Grünen zur Synodalpräsidentin – derzeit keinen Anlass zur Hoffnung bietet, sich von den modischen Ideologien zu lösen. Es lohnt sich ganz gewiss, Bundestag und Bundesrat mehr ins Visier zu nehmen und über einen „konstruktiven Lobbyismus“ die Entscheidungsträger in Richtung wirklichem Wohl des Volkes zu motivieren.

7. Mich erfüllt persönlich die Hoffnung, dass durch das BVG-Urteil künftige Gesetze des Bundestags und Verordnungen der EU ideologiefrei werden. Der Einengung durch die wissenschaftlich unhaltbare Forderung, Parlamente zur Beachtung von „Gender Mainstreaming“ zu zwingen, muss ein Ende bereitet werden. Die grundgesetzmäßig garantierten Freiheiten müssen wieder dominant werden mit der Folge, dass grundrechtswidrige Regelungen wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz außer Kraft gesetzt werden sowie die Errungenschaften der christlichen Kultur wieder mehr Relevanz erlangen – wie der Verfasser in seinen Büchern „Hilfe, wir werden diskriminiert“ und „Mehr Mut zum C in der Politik“ (beide sdv-Verlag, Schleswig) unmissverständlich gefordert hat. Ehe und Familie müssen intensiver geschützt werden, als es die deutsche Regierung mit Kreationen wie der Krippenförderung für Kleinkinder realisiert. Auch muss das Bildungsniveau angehoben werden, wobei schon ein Fortschritt erzielt wird, wenn Politiker und Medien motiviert werden, mit den christlichen Errungenschaften und deren Repräsentanten fairer umzugehen, als dies in der ersten Hälfte des Jahres 2009 geschehen ist.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass das BVG-Urteil – wenn auch nicht vordergründig – Möglichkeiten aufzeigt, dem Wohl des Volkes gerade auf der Grundlage der christlich-abendländischen Kultur zu dienen.

Rechtsanwalt Christian Hausen, Neumünster in Holstein, 06.07.2009

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 5. August 2009 um 14:58 und abgelegt unter Gesellschaft / Politik.