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Lebensgemeinschaften – Ehestatus ohne Familienfunktion

Samstag 21. Januar 2006 von Dr. Konrad Adam


Dr. Konrad Adam

„Lebensgemeinschaften“ – 
Ehestatus ohne Familienfunktion

Der Aufruhr in Italien, die Proteste in Spanien und die pompöse Hochzeit, die Elton John in London inszenierte, sind Zeichen für die Gleichstellungswelle, die unaufhaltsam durch Europa rollt. Wie ein Tsunami setzt sie sich nicht nur über Einwände und Widerstände, sondern auch über die Frage hinweg, ob da fundamental Ungleiches nicht gleich behandelt werden soll. Der aggressive Stil, in dem die sexuelle Komponente bei solchen Anlässen vorgezeigt wird, macht eine Antwort leichter.

Der Wunsch, die Grenze zwischen öffentlicher und privater Sphäre aufzuheben, kann sich auf alles Mögliche berufen, nur nicht auf die Verfassung. Der Staat habe im Schlafzimmer nichts zu suchen, heißt eine alte Formel, zu der sich auch die Grünen gern bekennen; allerdings nur so lange, bis sich die Schwulen und die Lesben melden. Dann darf der Staat nicht nur, dann muß er geradezu den Blick ins Schlafzimmer riskieren. Denn ohne Offenlegung der sexuellen Präferenz keine eingetragene Lebenspartnerschaft.

Das Keuschheitsgelübde, das sich der deutsche Staat verordnet hat, kennt eine einzige Ausnahme: Das ist die Ehe zwischen Mann und Frau. Da darf und soll und muß er sich einmischen, weil er ohne Nachwuchs bald auf dem trockenen säße. Peuplierung oder Bevölkerungspolitik war denn auch ein legitimes Ziel aller Regierungen, die ihren Auftrag ernstgenommen haben.

Das Grundgesetz hält sich auf dieser Linie, wenn es Ehe und Familie in einem Atemzug behandelt und gemeinsam unter den Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Die Formulierung stammt aus der Weimarer Verfassung, der das Grundgesetz ja auch sonst weithin folgt. Aus historisch verständlichen, sonst allerdings fatalen Gründen hat sich der Parlamentarische Rat jedoch geniert, auch die Begründung zu übernehmen, die diesem Artikel ursprünglich einmal beigegeben worden war. In Weimar wurde die Ehe nämlich nicht einfach so, sondern „als Grundlage des Familienlebens und der Erhaltung und Vermehrung der Nation“ dem Schutz der Verfassung unterstellt.

Der Zusatz macht deutlich, daß es den Weimarern nicht auf den Status, sondern auf die Funktion ankam. Hätten die Bonner Verfassungsgeber auch diese Klarstellung übernommen, die Schwulen und die Lesben hätten es erheblich schwerer, mit ihren Forderungen durchzudringen; und die Familien entsprechend leichter, ihre jahrzehntelange Benachteiligung zu überwinden. Denn Nachwuchs kann die gleichgeschlechtliche Partnerschaft, wenn sie auf Eingriff und Hilfe von außen verzichtet, aus den natürlichsten von allen Gründen ja gerade nicht hervorbringen.

Es wäre konsequent, auf diesen Umstand mit einer Einschränkung der hergebrachten Eheprivilegien auf die Familie zu reagieren. Statt dessen sollen sie auf immer neue Gruppen ausgeweitet werden. Einzig der Status soll noch zählen, nicht die Funktion. Wer das für falsch hält, muß hier in Deutschland mit der Frage rechnen, ob er zurück-wolle zu den Mutterkreuzen der Nazis oder vorhabe, ein „Sprunggeld“ für sexuell aktive Väter auszuloben. Mit solchen und ähnlichen Argumenten haben die Sozial- und Gleichstellungspolitiker sämtlicher Parteien jede ernsthafte Debatte über Aufgabe und Umfang der Familienförderung jahrzehntelang verhindert. Die Folgen werden allmählich spürbar.

Tatsächlich schlägt der Staat sich nicht nur selbst die Füße weg, er kommt auch in Begründungsnot, wenn er bei seiner Gleichstellungspolitik auf den Status abstellt, diesen Status dann aber an eine wie auch immer geartete sexuelle Veranlagung bindet. Entweder – oder: Entweder er interessiert sich für das Sexuelle, dann bitte auch für seine Funktion; oder er huldigt dem reinen Status. Dann freilich hätte er jede Art von Lebens-, Wohn- oder Verantwortungsgemeinschaften zu prämieren, ohne nach der sexuellen Orientierung auch nur zu fragen. Dann wäre es glatte Willkür, die mit der Lebensgemeinschaft verbundenen Vorrechte auf Schwule und Lesben zu begrenzen.

Aber die Homosexuellen sind gut organisiert, und sie verstehen es, ihre Interessen durchzusetzen. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Parlament hat Antje Vollmer, wohlvertraut mit dem Auftreten dieser Lobby durch ihre Tätigkeit bei den Grünen, dazu einige aufschlußreiche Bemerkungen gemacht. Wenn jemand die Kunst beherrscht, Gleichstellung zu sagen und Vorrechte zu meinen, dann sie. Sie wollen wie Familien besteuert, versichert und verrentet werden, obwohl sie die elementaren Voraussetzungen, die diese Sonderstellung erst begründen können, nicht erfüllen. Und sie achten sorgfältig darauf, daß sie die Vorteile, die sie der Familie abringen wollen, mit keiner anderen Gemeinschaft teilen müssen.

Artikel erschienen am  21. Januar 2006
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Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 21. Januar 2006 um 10:51 und abgelegt unter Ehe u. Familie, Gesellschaft / Politik.