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Stellungnahme zur „Empfehlung“ der VELKD-Bischofskonferenz vom 9.3.04

Mittwoch 27. April 2005 von Dr. Joachim Cochlovius


Dr. Joachim Cochlovius

Stellungnahme des Gemeindehilfsbundes zur „Empfehlung“ der VELKD-Bischofskonferenz vom 8.3.04

Der einleitenden Feststellung der „Empfehlung“, die unterschiedlichen Bewertungen gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften würden nur „Ordnungsfragen“ berühren, nicht aber den status confessionis, muß widersprochen werden. Die gleichgeschlechtliche Lebensweise muß als Leugnung des christlichen Gottes- und Menschenbildes und damit als fundamentaler Widerspruch gegen die Selbstoffenbarung Gottes verstanden werden, wie sie in der Heiligen Schrift bezeugt und im reformatorischen Bekenntnis bestätigt wird. Eine Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen Lebensweise begründet insofern den status confessionis.

Begründung des status confessionis: Das christliche Gottes- und Menschenbild und der erste Glaubensartikel zeigen Gott als zielbestimmten Schöpfer des Menschen. Die Erschaffung des Menschen hat das Ziel, daß der Mensch Bild bzw. Repräsentant Gottes wird. Dazu verleiht ihm Gott einen dreifachen Anteil an seinem Wesen: 1.) Er gibt ihm Anteil an seinem kommunikativen Wesen, indem er ihn als Mann und Frau erschafft. 2.) Er gibt ihm Anteil an seinem Schöpfertum, indem er ihn mit Fruchtbarkeit segnet. 3.) Er gibt ihm Anteil an seiner Herrscherwürde, indem er ihn zum Herrscher über die Tierwelt einsetzt. Die gleichgeschlechtliche Lebensweise ist demgegenüber eine Sinnverfehlung unserer anerschaffenen Geschlechtlichkeit, eine Rebellion gegen die göttliche Zuordnung von Mann und Frau und eine grundsätzliche Verweigerung gegenüber dem Fruchtbarkeitssegen. Wer sie propagiert oder rechtfertigt, setzt dem christlichen Gottes- und Menschenbild ein andersartiges Bild von Gott und dem Menschen entgegen.

Die „Empfehlung“ geht in der Einleitung ferner von einer ergebnisoffenen theologischen Diskussion über die gleichgeschlechtliche Lebensweise aus. Demgegenüber muß festgehalten werden, daß sich die christliche Kirche der Selbstoffenbarung Gottes verdankt und niemals befugt ist, das Gottes- und Menschenbild zu verlassen oder zu ändern, wie es durch den Schöpfungsakt Gottes begründet und durch Jesus Christus bestätigt wurde. Eine sog. ergebnisoffene theologische Diskussion über die gleichgeschlechtliche Lebensweise kann es deswegen in der christlichen Kirche nicht geben.

Zu Punkt 1:

§ 51 PfG der VELKD verpflichtet die Amtsträger zu einer Lebensführung in Ehe und Familie, die ihrem Auftrag entspricht. Die „Empfehlung“ stellt zu Recht fest, daß für die Amtsträger „das Leitbild von Ehe und Familie maßgebend ist“. Gleichzeitig öffnet sie sich aber für andere Formen des Zusammenlebens, indem sie diese als eine „begründungsbedürftige Ausnahme“ darstellt. Zu dieser Öffnung ist festzustellen, daß einer gleichgeschlechtlichen Lebensweise kein Ausnahmestatus zugesprochen werden kann, weil sie als ein bewußtes Gegenleitbild die Leitbildfunktion von Ehe und Familie aufhebt.

Zu Punkt 2:

Hier formuliert die „Empfehlung“ den Grund, der Ausnahmen rechtfertigt, nämlich „wenn besondere persönliche Gründe vorliegen“. Abgesehen davon, daß diese offene Formulierung vielfältige Interpretationen zuläßt, dürfen wie auch immer geartete „persönliche Gründe“ in der Kirche niemals das von Gott selbst gesetzte Leitbild von Familie und Ehe außer Kraft setzen oder relativieren. Auch das Grundgesetz läßt keinerlei Ausnahme vom Leitbildcharakter von Ehe und Familie zu, wenn es ausschließlich Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt (GG Art. 6 Abs. 1).

Zu Punkt 3:

Dieser Punkt präzisiert die „besonderen persönlichen Gründe“ für die kirchliche Anerkennung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft dahingehend, daß sie nur dann ausgesprochen werden könne, wenn die Verbindung „ein vergleichbar hohes Maß von Verläßlichkeit und gegenseitiger Verantwortung wie die Ehe ermöglicht“. Ihm ist aus empirischen und theologischen Gründen zu widersprechen. Die Annahme, daß eine gleichgeschlechtliche Lebensweise „ein vergleichbar hohes Maß an Verläßlichkeit“ wie die Ehe bieten könne, ist empirisch nicht haltbar. Feste gleichgeschlechtliche Partnerschaften schließen flüchtige und unverbindliche Nebenbeziehungen zu anderen Partnern keineswegs aus. (Prof. U. Rauchfleisch, Basel, in: Die stille und die schrille Szene, Freiburg 1995, 57). Theologisch ist anzumerken, daß die spezifische gegenseitige Verantwortung von Mann und Frau in der Ehe nur aufgrund der den Geschlechtern anerschaffenen unterschiedlichen physischen und psychischen Wesensmerkmale möglich ist. Insbesondere durch die gemeinsame Zeugung von Kindern und deren Erziehung entsteht in einer Ehe ein einzigartiges gegenseitiges Verantwortungsgefühl und -geflecht, das in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft grundsätzlich nicht möglich ist.

Zu Punkt 4:

Die hier ausgesprochenen Forderungen an Amtsträger, die gleichgeschlechtlich zusammenleben, daß sie in ihrem pastoralen Dienst „die Leitbildfunktion der Ehe anerkennen“ müssen und ihre Lebensform nicht propagieren dürfen, ist nicht einlösbar. Solche Amtsträger können, wenn sie nach ihrer Lebensweise gefragt werden, weder de facto noch de iure gezwungen werden, diese als minderwertig gegenüber der Ehe darzustellen. Gerade indem sie die öffentlich gelebte gleichgeschlechtliche Lebensweise wählen, drücken sie ja aus, daß diese Lebensform nach ihrer Überzeugung der Ehe gleichwertig bzw. überlegen ist. Wenn diesen Amtsträgern verboten wird, ihre Lebensform zum „Gegenstand der Verkündigung oder der Amtsführung“ zu machen, wird vergessen, daß ihre Lebensweise eo ipso Verkündigung ist.

Zu Punkt 5:

Hier wird in unstatthafter Weise die praktische Entscheidung über die Vereinbarkeit einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft von Amtsträgern mit dem pfarramtlichen Dienst den kirchenleitenden Organen zugesprochen. Dazu ist zu sagen, daß kein kirchenleitendes Organ befugt ist, das christliche Gottes- und Menschenbild aufzuheben (CA 28 Abs. 23 und 24).

Zu Punkt 6:

Die „Empfehlung“ erklärt hier gleichgeschlechtliche Partnerschaften von Amtsträgern nur dort für zulässig, wo diese Lebensweise akzeptiert wird. Insbesondere sei die einmütige Zustimmung des Kirchenvorstands bzw. der betreffenden Gremien unverzichtbar. „Die Einheit der Gemeinde und die Gedeihlichkeit des Wirkens in dieser Gemeinde“ dürfe nicht gefährdet werden. Hier gilt das gleiche wie zu Punkt 5. Kein Kirchenvorstand und kein kirchliches Gremium, das für Personalentscheidungen zuständig ist, kann das christliche Gottes- und Menschenbild aufheben. Selbst wenn eine Gemeinde sich hundertprozentig für die Anstellung eines Amtsträgers ausspräche, der in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt, hätte sie kein Recht zu einem solchen Beschluß, der das christliche Gottes- und Menschenbild sowie den ersten Glaubensartikel aufhebt.

Die Schlußbemerkung der „Empfehlung“, daß es den VELKD-Gliedkirchen unbenommen bleibt, Amtsträger in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vom Dienst auszuschließen, stellt wiederum eine unstatthafte Kompetenzzuweisung an kirchenleitende Organe dar. Kein Mensch und keine Kirchenleitung hat das Recht, über Grundartikel des christlichen Glaubens zu befinden, weder in ablehnender noch in zustimmender Weise. Diese Artikel entziehen sich grundsätzlich menschlicher Verfügbarkeit.

Die „Empfehlung“ muß zurückgenommen werden.

27.4.2005

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 27. April 2005 um 15:49 und abgelegt unter Sexualethik.