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Das Wesen und die Aktualität biblischer Prophetie

Mittwoch 15. Juli 2009 von Dr. Joachim Cochlovius


Dr. Joachim Cochlovius

Das Wesen und die Aktualität biblischer Prophetie

1 Wesenszüge biblischer Prophetie

1.1 Israelbezogen, aber global ausgerichtet

Das Geheimnis der Erwählung Israels: Gott ruft ein Volk, um durch dieses eine Volk die ganze Menschheit zu segnen. Der Grund: seine Liebe, die Menschen würdigt, seine Mitarbeiter zu sein (Ps. 8). Zwei Grundverheißungen der Auserwählung Israels: die Abrahamverheißung (1. Mose 12,1-3) und die Sinaiverheißung (2. Mose 19,5f.) Tiefes Missverständnis des Antijudaismus!

Damit Israel seine Platzanweisung, seine Berufung, seinen Auftrag erkennt, spricht Gott zu diesem Volk. Das ist der Ursprung alle biblischen Prophetie. Ps. 103,7: „Gott hat Mose seine Wege kundgetan, den Kindern Israel sein Tun.“ Keinem anderen Volk hat Gott seinen Willen und seine Wege offenbart. Ihnen gehören die Erzväter, ihnen ist das Gesetz gegeben, ihnen sind die Verheißungen gegeben (Röm. 9,4 und 5).

Wir müssen lernen, die Erwählung Israels richtig zu verstehen: Als Segenstat Gottes an uns, an der Menschheit. Mit Israel läuft ein unauslöschlicher Segen mit. Selbst ihre Christusblindheit wurde noch zum Segen, denn dadurch ist das Evangelium in die übrige Welt gekommen. „Ihr Fall war Reichtum für die Welt“ (Röm. 11,12). Alle Israelprophetie hat letztlich die Völker im Blick. Nur – das muß Israel erst einmal selber lernen!

Jer. 1,5 „Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleib bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Propheten für die Völker.“ Gott hat die Völker im Blick. Wenn wir Gott kennenlernen wollen, sein Wesen, seine Pläne, dann müssen wir die Israel gegebene Prophetie studieren.

1.2 Vollständig

Biblische Prophetie ist vollständig: Vollständig im göttlichen Sinn. Alles was wir wissen müssen über Gott und das Heil der Menschen, über das Wesen und die Ziele Gottes, über sein Handeln und Schweigen, finden wir in der biblischen Prophetie. Amos 3,7 „Gott der Herr tut nichts, er offenbare denn seinen Ratschluß den Propheten, seinen Knechten.“ Es wird keine überraschenden Handlungen Gottes geben: Alles ist offenbart. Was wir wissen müssen über die Herkunft der Erde, über die Not des Lebens, über Erlösung und Vollendung – alles ist uns in der biblischen Prophetie offenbart. Übrigens auch die Entstehung der Welt. Eine beliebte Frage: Woher wusste Adam, was an den ersten Schöpfungstagen geschah? Die Antwort: Durch Offenbarung. Gott hat es ihm gesagt. Wenn wir die Erschaffung der Welt als geschichtlichen Akt Gottes nicht festhalten, verschwimmt uns die Zukunft, und wir werden anfällig für philosophisch-ideologische Zukunftsmodelle wie die Evolutionstheorie und in ihrer extremen Form für die sog. „Evolution des Geistes“, nach der sich auch der menschliche Geist in dauernder Höherentwicklung befindet. Siehe Carsten Bresch’s Buch: „Zwischenstufe Mensch“.

1.3 Erfüllt in Jesus Christus

Gottes Offenbarungshandeln fand seine Erfüllung und Vollendung in Jesus Christus. Hebr. 1, 1 und 2: „Nachdem Gott vorzeiten und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn“. Was Gott der Menschheit zu sagen hatte, ist gesagt. 2. Kor. 1, 20: „Auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das JA“. D.h. alle Verheißungen finden in ihm ihre letzte und eigentliche Erfüllung. Auch alles Zukünftige findet in Christus seine Erfüllung. Gott hat ihm das ganze Erbe in die Hand gelegt. Hebr. 1,2. Gott hat ihn auch zum Richter eingesetzt, wenn Christus wiederkommt. Und Gott hat ihn zum König eingesetzt, wenn die Gerichte vollzogen sind und eine neue Erde erschaffen ist. Ganz wichtig: Es gibt seit Christus kein weiteres Offenbarungsgeschehen. Wir dürfen alle sog. Prophetien okkulter oder charismatischer oder seelischer Art getrost an Hebr. 1,1 und 2 messen. Gottes Offenbarungsreden ist abgeschlossen! Was er sagen wollte, hat er durch die Propheten gesagt und wird er durch Christus vollenden.

Das hat Konsequenzen für unseren Schriftgebrauch. Wir haben im biblischen Wort die komplette Lehrunterweisung Gottes für alle Zeiten und alle unsere Bedürfnisse, vgl. 2. Tim. 3,16: „Alle von Gott gehauchte Schrift ist nützlich zur Lehre: nämlich zur Überführung, zur Neuausrichtung und zur Erziehung im Heil“.

1.4 Diakritisch und wegweisend

In der Perspektive der Heiligen Schrift ist die Welt ein „finsterer Ort“, wo man Licht braucht zur Orientierung (2. Petr. 1,19). Wo sich die Menschen selber ihre Lichter anzündeten, sind sie oft nicht weit gekommen. 1781 erschien die „Kritik der reinen Vernunft“, 1789 begann der Terror der französischen Revolution! Nur das Wort Gottes ist in der Lage, die menschlichen Gedanken zu richten und neu auszurichten und die Gesinnung des menschlichen Herzens zu ändern (Hebr. 4,12).

Beispiele aus der Eheseelsorge: Was ist „Hilfe“? Was ist „Haupt“? Was ist „Liebe“? Wir gehen unter in der allgemeinen Begriffsverwirrung ohne die diakritische Hilfe des biblischen Wortes! 2. Petr. 1,19: „Dadurch (nämlich durch die Gottesoffenbarung auf dem Verklärungstag!) ist das Wort der Propheten für uns noch gewisser geworden, und ihr tut gut daran, es zu beachten; denn es ist ein Licht, das an einem finsteren Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen“. Ps. 119,105: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege“. Warum vermag Gottes Wort so diakritisch und wegweisend zu sein? „Niemals wurde ein prophetisches Wort gesprochen, weil ein Mensch es wollte, sondern vom Heiligen Geist getrieben haben Menschen im Auftrag Gottes geredet“ (2. Petr. 1,21). Es ist der Geist Gottes, der Göttliches, Menschliches und Teuflisches scheidet und verlässliche Wegweisung gibt.

2 Hauptziele der alttestamentlichen Prophetie

2.1 Sie begrenzt die Macht des Königtums in Israel

Bevor Saul zum ersten König Israels berufen wird, schenkt Gott in Gestalt von Samuel ein Korrektiv. Das Königtum Gottes sollte nicht angetastet werden (1. Sam. 8: Gottes Einwände gegen Israels Wunsch nach einem König). Überall dort, wo Israels Könige dem Machtmissbrauch verfielen, berief Gott Propheten, die dagegen aufstanden, oft unter Einsatz ihres Lebens.

David – Nathan (1. Sam. 13,7-15)

Ahia – Jerobeam (1. Kön. 11)

Elia – Ahab und Isebel (1. Kön. 17 ff.)

Man wünschte sich heutzutage oft, daß Gott auch in unserem Volk solche Propheten beruft, die gegen den Machtmissbrauch der politisch Verantwortlichen aufstehen. Aber wir sind nicht Israel! Wir leben in einer anderen heilsgeschichtlichen Zeit.

 2.2 Sie ruft das Volk Israel in den Gehorsam unter Gott

Mose legt Israel den Segen und den Fluch Gottes vor (5. Mose 28). „Wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorchen wirst, daß du hältst und tust alle seine Gebote, die ich dir heute gebiete, so wird dich der Herr, dein Gott, zum höchsten über alle Völker auf Erden machen, und weil du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorsam gewesen bist, werden über dich kommen und dir zuteil werden alle Segnungen…“ (5. Mose 28,1 und 2). Josua auf dem Landtag zu Sichem: „So fürchtet nun den Herrn und dient ihm treulich und rechtschaffen und lasst fahren die Götter“ (Jos. 24,14).

Weitere Beispiele: Mose am Sinai, Elia am Karmel, Jesus am Berg der Seligpreisungen. Ãœberall rufen Gottes Propheten Israel zum Gehorsam.

2.3 Sie kündigt dem gottlos gewordenen Israel
das Strafgericht Gottes an

 Mose in 5. Mose 28. Hosea und Amos kündigen den Untergang des Nordreiches an (Hos. 10,1-8; Amos 6,8-11). Jesaja kündigt den Untergang des Südreiches an: Jes. 5,1-7: „Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will. Sein Zaun soll weggenommen werden, daß er verwüstet werde, und seine Mauern soll eingerissen werden, daß er zertreten werde“. Jeremia kündigt den Fall Jerusalems am. „Siehe ich will Unheil über dies Volk bringen, ihren verdienten Lohn, weil sie auf meine Worte nicht achten und mein Gesetz verwerfen“. (Jes. 6,19). Ebenso Amos 3,2: „Aus allen Geschlechtern auf Erden habe ich allein euch erkannt, darum will ich auch an euch heimsuchen all eure Sünde“. Hier ist das besondere Strafgerichtshandeln Gottes an Israel begründet. „Wem viel anvertraut ist, von dem wir viel gefordert“ (Luk. 12,48). Die Auserwählung Israels ist eine riesige Last und Verantwortung!

2.4 Sie verstockt die Herzen des gottlosen Volkes

Das ist eine der merkwürdigsten Zielsetzungen und Funktionen der biblischen Prophetie. Gott beruft Propheten, die gerade die Gottlosigkeit des Volkes manifest machen sollen. Der Mensch hat die zweifelhafte Gabe, seine Gottlosigkeit zu verbergen und sogar mit frommen Mänteln zu verkleiden. Und er kann sich selber dabei so weit manipulieren, daß er an seine eigene Frömmigkeit glaubt. Beispiel: Die Freunde Hiobs. Das prophetische Wort Gottes macht alle versteckte Gottlosigkeit offenbar, und dort, wo der Mensch diese letzte Chance zur Umkehr nicht ergreift, wird er verstockt, d.h. er bekommt ein hartes, unempfängliches Herz. Jes. 6,10: „Verstocke das Herz dieses Volkes und laß ihre Ohren taub sein und ihre Augen blind, daß sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihren Herzen und sich nicht bekehren und genesen.“

Auch Jesus hat diese Funktion des prophetischen Wortes praktiziert! In Mt. 13,10ff. erklärt er den Jüngern, warum er in Gleichnissen spricht. „Mit sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie nicht, und sie verstehen es nicht“.

Echte Prophetie ist also hochgefährlich. Sie ruft zum Leben oder sie verstockt! Es geht um ewiges Leben und ewigen Tod!

2.5 Sie dokumentiert das künftige Heil Israels

Der Schlüssel für Gottes Heilsplan mit Israel – und mit den Völkern – liegt in seiner Treue zu seinen Verheißungen (Röm. 3,3; 11,29: Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen) und in seiner Liebe zu den verlorenen Menschen. Gott hält an seinem großen Ziel fest, die Menschheit durch das auserwählte Volk Israel zu segnen. Er läßt sich durch nichts und durch niemand daran irre machen. Wir müssen uns frei machen von den unguten Folgen der sog. Substitutionstheorie, nach welcher Gott Israel endgültig verworfen und alle noch ausstehenden Israelverheißungen auf die Kirche übertragen hat. Beispiel: die beiden Engelfiguren am Straßburger Münster. Wir müssen auch wieder lernen, die Israelverheißungen ursprünglich zu hören und sie nicht sofort zu verchristlichen. Erst dann leuchten sie in die Zukunft und erhellen die Segenspläne Gottes mit Israel. Sach. 9,9: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze. Siehe dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin“. Das ist zunächst eine Israelverheißung, die erst zur Hälfte eingelöst ist (durch Jesus bei seinem ersten Kommen, als er auf einem Esel in Jerusalem einritt). Die eigentliche Erfüllung steht noch aus: Christus wird seinem Volk Israel als Gerechter und Helfer begegnen!

Jes. 11,1: „Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen“… „Und es wird geschehen zu der Zeit, daß das Reis aus der Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker“. Das sind Verheißungen der sichtbaren Königsherrschaft Christi auf der erneuerten Erde, wenn er über und durch Israel regieren wird.

Die Josephsgeschichte 1. Mose 37 – 50 ist als Ganzes prophetischer Hinweis auf Jesus und sein Volk Israel.

3 Falsche Prophetie

3.1 Im Alten Testament

Seit Gott Propheten berufen hat, gibt es das Phänomen der falschen Prophetie, der unberufenen Propheten, die aus eigenem Gutdünken oder wegen Geld angeblich Gottes Wort ausrichten. Aaron war ein falscher Prophet, als Mose auf dem Sinai war. Ahab und Isebel duldeten 450 Baalspropheten im Land (um 850 v.Chr.). Jeremia musste zeitlebens unter den Intrigen der Hof- und Staatspropheten leiden. Jer. 5,13: „Die Propheten sind Schwätzer und haben Gottes Wort nicht“. Jer. 8,10: „Priester und Propheten gehen mit Lüge um“. In Jer. 2,3 muß Jeremia in Gottes Auftrag die Sünden der falschen Propheten auflisten und ihnen das Gericht Gottes ankündigen: Ehebruch – Lüge – Bestärkung der Boshaften – Verkündung eigener Gesichte – ohne Gottesberufung – Verkündung eigener Träume.

3.2 In der „letzten Zeit“

Mit der Ausgießung des Heiligen Geistes beginnt nach neutestamentlicher Auffassung die „letzte Zeit“. Das Reden in fremden Sprachen vor den Jerusalemer Juden und Festpilgern an Pfingsten sieht Petrus als Erfüllung einer Joelverheißung, die für die „letzten Tage“ gegeben ist (Ag. 2,17): In dieser „letzten Zeit“ gibt es nach 1. Joh. 4,1-3 nicht nur den Geist Christi, sondern auch den Geist des falschen Christus, der viele verführt, falsche Propheten bzw. falsche Verkündiger zu sein. Die Gemeinde Jesu wird also von Anfang an von Irrlehre und Irrlehrern verwirrt, belastet und verführt. Falsche Prophetie, falsche Lehre ist ein Dauerphänomen, solange wir als Christen auf dieser Welt sind und sein werden.

In Offenbarung 13 ist von einem falschen Propheten die Rede, der dem endgeschichtlichen falschen Christus zur Seite steht und das Volk Israel zur Anbetung des falschen Christus zu manipulieren versucht (durch Zeichen und Wunder und durch Wirtschaftsterror). In der Bergpredigt hat Jesus vor dem falschen Propheten gewarnt, Mt. 7,15-20. Er wird „Schafskleider“ tragen, also zunächst Frieden und Gottes Wohltaten verkünden.

3.3 Kriterien falscher Prophetie

Das Hauptkriterium falscher Prophetie ist nach 1. Joh. 4 das fehlende Bekenntnis zum Mensch gewordenen Gottessohn. Das muß man richtig verstehen. Hier geht es nicht um ein formales Glaubensbekenntnis in unserem Sinn, das man auch ohne Glauben sprechen kann. Hier geht es um die Lehre. Falsche Propheten fügen zu Jesus etwas hinzu. Für sie genügt Jesus nicht. Zur Schrift treten andere Offenbarungsquellen. Zum göttlichen tritt menschliches Handeln dazu. Zur Gnade tritt die Leistung. Zum Glauben tritt das Schauen. An diesen Nahtstellen ist die Gemeinde Jesu immer gefährdet. Besonders kritisch muß man sein bei allen angeblichen Heilspropheten. Zu Jeremias Zeiten haben sie „Friede, Friede“ gepredigt, als Nebukadnezar schon vor dem Tor Jerusalems stand. Für alle Heilspropheten gilt Jer. 28,8-9: „Ob ihn wirklich der Herr gesandt hat, wird man daran erkennen, daß sein Wort erfüllt wird“.

4 Gestalt- und Bedeutungswandel biblischer Prophetie nach Pfingsten

Wenn in Jesus Christus alle biblische Prophetie erfüllt ist und sich erfüllen wird, dann muß sich Gestalt und Bedeutung der Prophetie ändern, seitdem Jesus Christus auf Erden erschienen ist. Der Kommende ist nun der Gekommene geworden. Johannes der Täufer fasst noch einmal in seiner Person das Wesen der altestamentlichen Prophetie zusammen. Jesus Christus erfüllt sie. Und er ist gleichzeitig die Quelle und der Autor der neuen Gestalt der Prophetie, wie sie seit Pfingsten in der Gemeinde Jesu praktiziert wird.

4.1 Johannes der Täufer

Johannes der Täufer vereinigt alle fünf Wesensmerkmale der alttestamentlichen Prophetie. Jesus nennt ihn deswegen den größten je von einer Frau Geborenen und sogar den wiedergekommenen Elia (Mt. 11,11-14).

– Der Täufer kritisierte die Unzuchtsehe von Herodes Antipas (Luk. 3,19 f.).

– Er rief Israel in den Gehorsam unter Gott. „Kehrt um, denn Gottes Königsherrschaft ist nahe herbeigekommen (Mt. 3,2).

– Er kündigte dem gottlosen Gottesvolk das Strafgericht an. „Es ist die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. Jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen“ (Mt. 3,10).

– Er verstockte Israel. Das bekennen die Schriftgelehrten selber. Vgl. Mk. 11,31: „Sie bedachten bei sich selbst und sprachen: Sagen wir, die Tage des Johannes war vom Himmel, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?“

– Er verwies auf Christus, der Israel mit dem Heiligen Geist taufen wird (Luk. 3,16).

4.2 Jesus als Erfüller und Vollender der biblischen Prophetie

Jesus erfüllt die alttestamentliche Prophetie. Er ist die Gottesherrschaft in Person („Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen“, Mk. 1,15). Er ist gekommen, um Gesetz und die Propheten zu erfüllen (Mt. 5,17), und d.h. die Zielsetzung des Gesetzes zu erfüllen: Menschen zu Ebenbildern Gottes zu machen. So ist Röm. 10,4 und 13,10 zu verstehen. Jesus ist der Prophet Gottes schlechthin. Er offenbart Gottes Willen in endgültiger Weise. Und er lebt und stirbt dafür, daß sich Gottes Wille erfüllt. Er ist der von Mose angekündigte neue Prophet (5. Mose 18,15). Alle Prophetie, der ganze Wille Gottes ist in einem Menschen zum Ziel gekommen, wenn Jesus Christus durch den Heiligen Geist in ihm Wohnung genommen hat und der Mensch geistlich neu geboren ist. Nun braucht der Mensch ein neue Form der Prophetie. Und diese neue Form begegnet ihm in der apostolischen Prophetie.

4.3 Jesus als Autor der apostolischen Prophetie

Die Apostel sind gleichzeitig Propheten, denn Jesus hat sie zur Verkündigung des Evangeliums eingesetzt. Ihre ganze Verkündigung ist somit „Prophetie“. Auf ihr Zeugnis und auf ihren Dienst baut Jesus seine Gemeinde, in welcher er selber der Eckstein ist (Eph. 2,20). Ihnen offenbart er durch den Heiligen Geist die Geheimnisse des Evangeliums, daß Gott alle Menschen aus allen Völkern zu Miterben Israels machen will. (Eph. 3,5). Die Apostel bekamen Aufschluß über alles, was Jesus gelehrt hatte. Es erfüllt sich damit, was er ihnen in Joh. 14,26 zugesagt hatte: „Der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“. Damit ist Jesus der eigentliche Autor der apostolischen Verkündigung und auch der Apostelbriefe. Wozu soll die apostolische Verkündigung bzw. Prophetie dienen? Nach Eph. 4,11 ff. soll die Gemeinde zugerüstet werden zum Werk der Liebe bzw. zum Werk des Dienstes. Sie soll geistlich reif und stabil werden in Christus. Sie soll gewappnet werden gegen den Zeitgeist. Und sie soll wahrhaftig sein in der Liebe. Das alles ist der apostolischen Prophetie verheißen! Wie unendlich wichtig ist sie heute! Wie wichtig, daß wir unbeirrt festhalten am apostolischen Wort, insbesondere am Wort des Völkerapostels Paulus. Zur Festigung des Glaubens und zur Zurüstung zur Liebe tritt noch die Verankerung in der Hoffnung. Also hat die apostolische Prophetie eine dreifache Funktion:

– Festigung des Glaubens durch die Verkündigung der Person und der Taten Christi und der sich daraus ergebenden Konsequenzen (durch den „Indikativ“ und „Imperativ“). Aufbau der apostolischen Briefe!

– Zurüstung zur Liebe durch Erinnerung an die „Barmherzigkeiten Gottes“ (Röm. 12,1 und 2).

– Verankerung in der Hoffnung auf vielfältige Weise. Röm. 8: Der Blick für unser Erbe, den Herrlichkeitsleib, wird geschärft. 1. Kor. 15: Die Hoffnung auf die Auferstehung wird gestärkt (vgl. bes. 1. Kor. 15,23). 1. Thess. 4,13-18: der Trost der Verwandlung des Leibes in der Auferstehung wird entfaltet. 2. Thess. 2,1-12: Eine voreilige Hoffnung wird gedämpft: Erst muß der Mensch der Bosheit erscheinen.

5 Die Apokalyptik als Offenbarung des Heilsweges Gottes
mit Israel und mit der Gemeinde Jesu

5.1 Was ist Apokalyptik?

Die Apokalyptik ist eine Sonderform der biblischen Prophetie. Sie offenbart den Heilswillen Gottes mit Israel und mit der Menschheit sowie seine unerschütterliche Treue zu seinen Verheißungen. Apokalyptische Bücher sind Daniel und die Johannesoffenbarung. Apokalyptische Abschnitte sind die Endzeitreden Jesu in Mt. 24 und 25 (par. Mk. 13 und Luk. 21) sowie größere Passagen bei Jesaja, Hesekiel, Sacharja u.a. Die wichtigsten Kennzeichen apokalyptischer Rede sind:

– Depravation (Verschlechterung). Die Gottesentfremdung der Menschheit und speziell Israels nimmt zu. Statuenbild Dan. 2. Tierbild Dan. 7.

– Periodisierung und endgültige Begrenzung der Weltgeschichte durch das Gericht Gottes (Statuenbild und Tierbild bei Daniel; die drei ersten Vaterunserbitten).

– Äonenlehre. Äon: eine Zeitperiode in Gottes Heilsplan. Nach dem jetzigen Äon der ersten Schöpfung folgt ein neuer Äon mit einem neuen Himmel und einer neuen Erde (Jes. 65 und 66, Offenb. 21 und 22).

– Mahnung zur Treue und Warnung vor Verführung (Mt. 24 und 25; die sieben Sendschreiben der Offenbarung).

5.2 Die Entrückung der Gemeinde Jesu

In 1. Kor. 15,51ff. spricht Paulus von einem „Geheimnis“, also von einer ihm durch göttliche Offenbarung zuteil gewordenen Tatsache. „Wir werden nicht alle entschlafen, aber wir werden alle verwandelt werden, plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Es wird die Posaune erschallen, und die Toten (gemeint sind hier die im Glauben an Christus gestorbenen) werden auferstehen unverweslich und wir werden verwandelt werden. Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit“. In 2. Kor. 5,2f. äußert er die Hoffnung, daß er zu Lebzeiten mit dem himmlischen Haus überkleidet wird, d.h. den unverweslichen Leib erhält (vgl. auch Röm. 8,23). Dieser neue Leib ist der Inbegriff der eschatologischen Hoffnung der Christenheit. Er ist das große himmlische Erbe, von dem Paulus in Römer schreibt, demgegenüber alles Leiden dieser Zeit verblasst (Röm. 8,18). In 1. Thess. 4,13-18 führt Paulus diese Hoffnung näher aus. Die große Umwandlung vom alten in den neuen Leib wird den Christen geschenkt, wenn Christus vom Himmel herabkommen wird. Dann werden zuerst die in Christus gestorbenen auferstehen, d.h. die neue Leiblichkeit empfangen, und gleichzeitig werden die dann Lebenden an Christus Glaubenden verwandelt und zu ihm auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen, entrückt werden“ (1. Thess. 4,16 und 17).

5.3 Das Kommen Jesu zum Gericht am Ende dieses Äons

Daß unser Äon mit einem umfassenden Gottesgericht abgeschlossen wird, ist durchgehende Lehre der biblischen Prophetie. Dan. 7,10: „Gericht wurde gehalten, und die Bücher wurden aufgetan“. Pred. 12,13f: „Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles was verborgen ist, es sei gut oder böse“. Hebr. 9,27: „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht“. Röm. 2,5: „Du aber mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen häufst dir selbst Zorn an auf den Tag des Zornes und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes“. Ag. 17,30f: „Gott hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat“.

Das Kommen Jesu zum Gericht umfasst nach dem Zeugnis der Johannesoffenbarung vier Gerichtsakte: Erstens die Vernichtung der gegen Israel kämpfenden Völker durch ein unsichtbares Schwert aus seinem Mund (Offenb. 19,15). Das ist die Schlacht bei Harmagedon (Offenb. 16,16). Zweitens die Vernichtung des falschen Messias und der falschen Propheten. Offenb. 13: Das erste Tier lästert gegen Gott und bekommt 3 ½ Jahre Zeit zur Verfolgung und Vernichtung der „Heiligen“. Das zweite Tier verführt Israel und die Völker zur Anbetung des falschen Messias. Drittens die Bindung Satans für 1000 Jahre und seine anschließende Vernichtung (Offenb. 20,1-3 und 7-10). Viertens das Gericht über die Toten (Offenb. 20,11-15), und zwar nicht erst nach 1000 Jahren, wie das meistens ausgelegt wird. Hier wird alle Gottlosigkeit und Bosheit der Menschen gerichtet (Röm. 1,18). An die Juden wird der Maßstab des Gesetzes angelegt, an die Nichtjuden der Maßstab ihres Gewissens (Röm. 2,12-15).

5.4 Die ewige Königsherrschaft Jesu auf der erneuerten Erde

Schon Jes. 65 und 66 schaut die Neuschöpfung von Himmel und Erde. Der Apostel Petrus spricht in 2. Petrus 3,13 die Erwartung eines neuen Himmels und einer neuen Erde aus, in denen Gerechtigkeit wohnt, d.h. in dem der Mensch heil geworden ist. Ganz eng mit Jes. 65 und 66 korrespondiert Offenbarung 21 und 22. Jerusalem wird Mittelpunkt der neuen Erde. Es wird die von Gott selbst geschmückte Residenz Christi sein. Jerusalem wird sicher vor Feinden sein. Christus wird bei seinem Volk Israel wohnen. Der Tod hat seinen Schrecken verloren. Christus wird in kompletter Fürsorge für sein Volk da sein. Israel wird ewig existieren. Es erfüllt sich, was der Engel Gabriel Maria verkündigte: „Er wird ein König sein über das Haus Jakob ewiglich“ (Luk 1,33). Die Völker werden nach Jerusalem kommen und dort Gottes Herrlichkeit in Christus schauen.

Das himmlische Jerusalem wird dann auf der neuen Erde sein. Schon Abraham wartete auf diese Gottesstadt (Hebr. 11,10). Das wandernde Gottesvolk der Messiasjuden sucht sie (Hebr. 13,14): „Die zukünftige Stadt suchen wir“. Alles wird in dieser Stadt lichtdurchflutet sein. Die Mauern haben keine Schutzfunktion mehr, nur Trennungsfunktion. Drinnen wohnt Israel – draußen die Völker. Mitten in der Stadt steht der Thron Christi. Böse dürfen nicht in die Stadt. Bäume und Wasser haben Heilkraft.

Israel wird am Ziel seiner Bestimmung sein: Priester- und Königsvolk Gottes für die übrige Menschheit zu sein. „Zehn Männer aus allen Sprachen der Heiden werden einen jüdischen Mann beim Zipfel seines Gewandes ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir hören, daß Gott mit euch ist“ (Sach. 8,23). Der Tempel ist gebunden, später vernichtet. Die Menschen kommen aus tiefem Interesse, Gemeinschaft mit Gott zu haben, heil zu werden an Leib, Seele und Geist. Und sie werden heil werden und Jesus Christus die Ehre geben.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 15. Juli 2009 um 10:52 und abgelegt unter Theologie.