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„Der IS hat mich zu Jesus gebracht“

Freitag 4. September 2015 von Hilfsaktion Märtyrerkirche e.V.


Hilfsaktion Märtyrerkirche e.V.

Zur Weihnachtszeit letzten Jahres steckte Pastor Joseph wie immer bis zum Hals in Arbeit. Neben den üblichen Festvorbereitungen verbrachte er dieses Mal außerdem noch viel Zeit mit Christen, die durch den IS-Terror in Not geraten waren. Mitten in diesem Chaos kam ein Mann in sein Büro. Er sagte, es sei dringend – er würde gern ein paar Worte mit ihm wechseln. Also unterbrach Joseph seine Arbeit, um die Geschichte des Besuchers anzuhören – eine Geschichte, die der 38-Jährige zwar schon oft gehört hatte, aber immer wieder gern erzählt bekommt: die eines Muslims, der aufgrund des IS-Terrors zum Glauben an Jesus Christus kommt.

„Ich war blind, aber jetzt kann ich sehen!“, erklärte ihm der Mann. „Wie meinen Sie das?“, fragte Joseph. „Ich war Muslim, aber jetzt habe ich die Wahrheit erkannt. Von dem Tag an, als der IS in Mosul einfiel, begann ich, den Koran zu lesen. Ich wollte den Leuten zeigen, dass dieser Islam nicht der wahre Islam ist. Vier bis fünf Stunden täglich las ich darin. Ich wollte meine Religion verteidigen können. Leider habe ich genau das Gegenteil herausgefunden: Der IS vertritt den wahren Islam.“

Solche Geschichten hört Joseph immer wieder, während er trotz der Bedrohung durch den IS in Bagdad ausharrt und treu seine Arbeit verrichtet. Er weiß: Durch die Terroristen gibt es seltene Gelegenheiten für die Kirche. So hat er zum Beispiel viele junge Muslime kennengelernt, die dem Islam den Rücken gekehrt haben, nachdem sie herausgefunden hatten, wie der IS sich auf den Koran berufen kann. Auf der anderen Seite merken diese jungen Menschen, dass sie trotzdem immer noch Gott brauchen. „Dann machen sie sich auf die Suche“, erklärt Joseph. „Wenn sie eine Bibel haben, fangen sie an, darin zu lesen. Und hier lernen sie einen Gott kennen, der Liebe ist. Ein Gott, der weder Christen noch Jesiden hasst. Ein Gott, der überhaupt nicht töten will. Viele Menschen finden zum Christentum, weil sie sich auf die Suche nach Gott machen.“

Der Mann, der Joseph im Dezember besuchte, hatte eine ähnliche Erfahrung gemacht. Die Koranlektüre hatte ihn mit Erschrecken feststellen lassen, dass der IS seine Taten sehr wohl mit dem Koran rechtfertigen konnte. Er wurde Atheist. Tage später kam er an einer Bibliothek vorbei. Vor dem Eingang saß eine Handvoll Männer, vor ihnen lagen Bibeln und christliche Literatur auf einem Tisch. „Kann ich eine Bibel haben?“, fragte der Mann. Sie gaben ihm ein Neues Testament, das er zu Hause sofort zu lesen begann. Die Geschichte von der Ehebrecherin im Johannesevangelium Kapitel acht sprach ihn an – besonders die Stelle, in der die Menge Jesus fragt, wie mit der Ehebrecherin zu verfahren sei. „Würde ich sie steinigen?“, fragte er sich. Dann las er die Antwort Jesu: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“

„Das ist Gott!“, rief der Mann begeistert aus. „Das ist der wahre Gott, den wir anbeten sollten!“ Die Suche nach einer Kirche brachte ihn schließlich zu Joseph. Seine Geschichte ist kein Einzelfall. „Der IS hilft uns in gewisser Weise, denn er bringt die Menschen dazu, nach der Wahrheit zu suchen“, erklärt Joseph. „Ich höre viele solcher Geschichten von Muslimen, die zurzeit zu Jesus finden.“

Die Kehrseite der Medaille

Für jede Geschichte eines Muslims, der sich zum christlichen Glauben bekehrt, kennt Joseph mehrere von Muslimen, speziell IS-Kämpfern, die Christen verfolgen. In den Medien kursieren sie zu Genüge: Geschichten von Enthauptungen, Kreuzigungen und arabischen „N“s, die an die Häuser von Christen geschrieben werden (das N steht für „naṣrānī“, auf Deutsch „Christ“). Christen werden dazu gezwungen, aus dem Irak zu fliehen, zum Islam zu konvertieren, eine sehr hohe Summe Schutzgeld zu bezahlen – oder sie werden getötet. Die Geschichten, die Joseph hört, haben alle einen Namen; es sind jedes Mal persönliche Schicksale. Immer wieder erfährt er von Kirchenmitgliedern, die versuchen, vor dem Terror des IS zu flüchten – nur, um genau dem IS an den vielen Checkpoints in die Arme zu laufen, die sie überall um das von den islamistischen Kämpfern eroberte Gebiet errichtet haben. Dort werden den Christen Pässe, Ausweise und alle Wertsachen weggenommen. Joseph hörte von einem IS-Wachmann, der an eben solch einem Checkpoint den Ehering einer Schwangeren einforderte. Durch die Schwangerschaft waren die Finger der Frau angeschwollen, sodass sie den Ring nicht abziehen konnte. Kurzerhand schnitt der Islamist ihr den Finger ab, um an das Schmuckstück zu gelangen …

Solche Begebenheiten gehen nicht spurlos an den Christen im Irak vorbei. „Sie haben Angst“, sagt Joseph. „Die meisten von ihnen wollen nicht mehr im Land bleiben. Viele Familien wandern nach Jordanien, in den Libanon oder die Türkei aus. Sie wollen einfach nur noch weg.“ Während die Mitglieder seiner Gemeinde überlegen, wie sie an ein Visum kommen, ob sie alles zurücklassen und fliehen sollen, rät Joseph ihnen, die Ruhe zu bewahren, sich zu setzen und zu beten. „Ich bete einfach für sie“, erklärt er. „Wir als Kirche können ihnen nicht vorschreiben, ob sie bleiben oder gehen sollen. Aber wir können sie dazu anhalten, über ihre Entscheidung zu beten und sich von Gott führen zu lassen.“

„Bitte betet mit uns!“

Trotz all der Herausforderungen ermutigen die vielen Bekehrungen von Muslimen den Pastor. Er glaubt an die Zukunft seines Landes. „Ich denke, auf geistlicher Ebene wird vieles besser werden“, so Joseph. „Wir alle beten und glauben an das Gebet, dass Gott unser Land in eine bessere Zukunft führen wird.“ Und er fügt hinzu: „Bitte betet mit uns für die Menschen und die Kirche im Irak!“

Quelle: www.verfolgte-christen.de

Hilfsaktion Märtyrerkirche, Uhldingen

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 4. September 2015 um 16:59 und abgelegt unter Christentum weltweit.