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Pressemitteilung: Mündliche Verhandlung in Karlsruhe zeigt Voreingenommenheit

Freitag 17. April 2015 von Verband Familienarbeit e.V.


Verband Familienarbeit e.V.

Am Dienstag, 14.April, fand am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine mündliche Verhandlung zum Betreuungsgeld statt. Der Hamburger Senat als Kläger hält es für verfassungswidrig. Bundesregierung und bayerische Landesregierung halten es für verfassungsgemäß. Der Stellvertretende Vorsitzende des Verbands Familienarbeit, Dr. Johannes Resch, der die Verhandlung vor Ort verfolgte, äußert sich zu deren Verlauf:

„Schon die Auswahl der geladenen Verbandsvertreter/innen legt eine Voreingenommenheit des Gerichts nahe. Nur der Vertreter des Deutschen Familienverbandes konnte als einziger das Betreuungsgeld als grundsätzlich berechtigte Leistung verteidigen. Auf der anderen Seite durften ein halbes Dutzend Verbandsvertreter/innen ihre gegenteiligen Positionen darlegen.

Auch in den Fragen der Richter/innen wurde Voreingenommenheit erkennbar. Mehrmals wurde von ihnen eine „Anreizwirkung“ des Betreuungsgelds problematisiert, die Kinder nicht in öffentliche Betreuung zu geben. Dagegen wurde eine Anreizwirkung durch die weit höher dotierte öffentliche Krippenfinanzierung, die Kinder nicht selbst zu betreuen, nicht thematisiert. Eine solche einseitige Betrachtungsweise ist nur so erklärbar, dass das Richterkollegium die öffentliche Betreuung für förderungswürdiger hält als die elterliche Betreuung.

Diese Grundeinstellung zeigt, dass die Richter/innen kritiklos der von Wirtschaftslobby und anderen lautstark vertretenen Auffassung der Überlegenheit der Krippenbetreuung gegenüber der elterlichen Betreuung für unter dreijährige Kinder folgten. Diese Überlegenheit ist jedoch durch keinerlei seriöse Studien belegt und zwar auch nicht für Familien aus prekären Verhältnissen. Fachleute, die sich inhaltlich zu Vor- und Nachteilen der zur Diskussion stehenden Betreuungsformen von Kleinkindern hätten äußern können, kamen gar nicht zu Wort. Fachleute, die die Interessen der Kinder hätten vertreten können, waren offensichtlich gar nicht eingeladen.

Die regierungsamtlichen Befürworter des Betreuungsgeldes versuchten, es als Teil eines „Gesamtkonzeptes“ in Verbindung mit der staatlichen Krippenfinanzierung im Sinne einer Wahlfreiheit für die Eltern darzustellen. Das war allerdings insofern wenig überzeugend, da 150 € Betreuungsgeld im Vergleich zu einem mehrfachen Betrag zur Finanzierung eines Krippenplatzes keine tatsächliche Wahlfreiheit begründen können. Diesen Schwachpunkt in der Argumentation der Befürworter nutzten die Kläger denn auch zur Begründung ihrer These, dass Betreuungsgeld und Krippenfinanzierung völlig getrennt zu betrachten seien. So konnten sie das geringe Betreuungsgeld als einseitige Begünstigung eines Teils der Eltern darstellen und gleichzeitig die tatsächlich weit höhere Begünstigung anderer Eltern durch die viel kostenträchtigere Krippenfinanzierung unbeachtet lassen.

Aus einzelnen Fragen der Richter/innen war zu schließen, dass sie im Betreuungsgeld eine Begünstigung einer „überkommenen Rollenverteilung“ sehen, die angeblich zu überwinden sei. Dagegen war aus den gestellten Fragen nicht zu schließen, dass die Wünsche der Eltern für die Richter/innen überhaupt von Interesse sind.

Nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung ist zu befürchten, dass es zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts kommt, das erstmals das Recht auf Gleichberechtigung von Müttern und Vätern ummünzt zu einem Gleichstellungsrecht des Staates im Sinne einer Bevormundung, ohne das Erziehungsrecht der Eltern nach Art. 6 GG und das Recht auf Gleichberechtigung nach Art. 3 GG zu beachten. Diese Befürchtung drängt sich auch deshalb auf, weil die Umdeutung von Gleichberechtigung der Eltern zu Bevormundung durch staatlich verfügte Gleichstellung bereits in mehreren Beschlüssen von Kammern aus Richter/innen des gleichen Senats offen betrieben wurde (vergl. z.B. 1 BvR 1853/11, Rn 18). – Allerdings ging es bei diesen Kammerbeschlüssen „nur“ um die Grundrechte einzelner Beschwerde führender Eltern. Gesetzt den Fall, diese Logik würde zum Inhalt eines von einem ganzen Senat getragenen Urteils, so würde das bedeuten, dass fundamentale Elternrechte, die bisher zu den Grundrechten nach Art. 3 und Art. 6 GG gezählt wurden, praktisch außer Kraft gesetzt werden. Eine solches Urteil würde die Grundfesten unseres Rechtsstaats nachhaltig erschüttern.“

Pressemitteilung vom 14. April 2015

 

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 17. April 2015 um 10:12 und abgelegt unter Ehe u. Familie, Gesellschaft / Politik.