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„Wir werden geschlachtet wie Schafe“

Mittwoch 2. Juli 2014 von Christian Solidarity International


Christian Solidarity International

Der Terror der islamistischen Boko Haram im bevölkerungsreichsten Land Afrikas wird zur Gefahr für den gesamten Kontinent. CSI hilft Opfern vor Ort.

jv/gw. 21 Nigerianer in Damatura (Bundesstaat Yobe), die am 17. Juni 2014 das WM-Spiel zwischen Brasilien und Mexiko auf einer Großleinwand verfolgten, bezahlten ihre Fußballbegeisterung mit dem Leben. Mindestens 27 weitere wurden schwer verletzt, als ein Attentäter seine Bombe nur wenige Minuten nach dem Spielanpfiff zündete. Bereits im Mai waren Fußballfans zur Zielscheibe von Terroristen geworden. Eine Bombe auf der Zuschauertribüne im Fußballstadion in Mubi (Bundesstaat Adamawa) riss mehr als 40 Menschen in den Tod.

Nach dem Willen der Terrororganisation Boko Haram ist bereits die Begeisterung für den Fußball „haram“, also „unrein“ und damit verboten. Der Kampf um den Ball wird als Ausgeburt der Ungläubigkeit westlicher Länder gegeißelt, wie die Musik habe er nur das Ziel, Muslime von ihrer Religion abzulenken. Aus Sorge vor weiteren Anschlägen schloss die Provinzregierung in Adamawa sämtliche „Public-Viewing“ Stationen für die Dauer der Fußballweltmeisterschaft. Die Zerstörungswut der Boko Haram richtet sich gegen den Sport, die Musik, Tanz, Bücher und selbst gegen Schulen, an denen Mädchen unterrichtet werden. Alles, was aus dem Westen kommt, ist verboten, ausgenommen natürlich das eigene militärische Gerät der Boko Haram wie Fahrzeuge, Telefone, Waffen und Bomben. Diese für die Überfälle benötigte Ausrüstung ist „halal“, also erlaubt.

An immer mehr Orten in Nigeria sind in den letzten Jahren Kirchen und karitative Einrichtungen zu Gefahrenzonen ersten Ranges geworden. Die Hälfte der 170 Millionen Menschen des bevölkerungsreichsten Landes sind Christen. Gemäß einer von der katholischen Kirche in Nigeria veröffentlichten Opferstatistik fi elen dem „Boko Haram“-Terror bereits mehr als 50 Gotteshäuser zum Opfer. Die Anfänge der Terrorbewegung lassen sich 20 Jahre zurückverfolgen. Damals trainierte bereits Osama bin Laden die ersten Kämpfer in seinem sudanesischen Hauptquartier.

Im südöstlich gelegenen Bundesstaat Enugu, wohin sich Tausende von Christen vor der Gewalt im Norden Nigerias in Sicherheit gebracht haben, sind die Schulen und Waisenhäuser überfüllt. Einheimische Gemeinden bekunden Mühe, den vielen vertriebenen Familien die Hilfe zur Verfügung zu stellen, die eigentlich nötig wäre. Wir trafen die junge Mutter Charity, die aus Kaduna im Norden Nigerias stammt und dort nur mit knapper Not dem Tod entging. „Auf dem Heimweg von einem Besuch in der Stadt kamen uns aufgeregte Nachbarn entgegen. Wir erfuhren, dass unser Haus abgebrannt wurde“, erzählte Charity. „Wir wussten sofort, was das bedeutete: Die Boko Haram ist da. Wir rannten zur Schule und holten unsere vier Kinder. Mein Bruder Erik, der bei uns wohnte, wollte noch einmal zum Haus zurück und nachsehen, was passiert war. Die Angreifer haben ihn wie ein Schaf geschlachtet.“

Da ihr Mann an einer lebensgefährlichen Blutkrankheit leidet, muss Charity ihre Familie praktisch allein durchbringen. Letztes Jahr konnten wir sie dabei unterstützen, einen eigenen Laden zu eröffnen. In einem kleinen Raum verkauft die tüchtige Frau nun Palmöl und Haushaltswaren. Obwohl Enugu bislang von Überfällen verschont blieb, will Charity auf keinen Fall fotografi ert werden.

Auf der Rückreise, die uns wieder nach Abuja führte, durften wir am 20. Juni 2014 das strahlende Gesicht der 17-jährigen Marta Nwenkwo fotografi eren, die beim Bombenanschlag auf die katholische Kirche in Madalla schwer verletzt wurde. Zurück blieben Schwellungen im Gesicht, die dazu führten, dass das Mädchen fast nicht mehr sehen konnte. Mittels fi nanzieller Hilfestellung durch CSI wurde Marta zum ersten Mal in ihrem Leben von einem Arzt untersucht. Die von ihm empfohlene Behandlung schlug an, die Schwellungen gingen zurück, und Marta gewann die volle Sehkraft zurück. Auch die Verletzungen, die ihre Mutter Anthonia und ihr jüngerer Bruder Kingsley erlitten, sind heute vollständig geheilt. „Wir danken Gott“, sagte Martas Mutter, die einen weiten Weg auf sich nahm, um unser Nigeria-Team zu treffen. „Bitte richten Sie unsere Dankbarkeit den Menschen in Europa und Amerika aus, die uns geholfen haben“.

„Falls Nigeria in die Hände der Islamisten fällt, ist ganz Afrika in Gefahr“, sagte der nigerianische Bischof Hyacinth Egbebo im Interview mit dem katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“. „Das wäre ein unvorstellbares humanitäres Desaster.“ Und an die Adresse der Kirchen in Deutschland fügte er hinzu: „Denken Sie bitte auch daran, dass wir hier dringendere Probleme haben als diejenigen, mit denen sich der Westen beschäftigt und die man uns gerne aufzwingen möchte – wie gleichgeschlechtliche Ehen oder die Abtreibung.“

Christian Solidarity International, CSI-Aktuell (Juli 2014), www.csi-de.de

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 2. Juli 2014 um 9:30 und abgelegt unter Christentum weltweit.