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Führt die Manipulation der menschlichen Fortpflanzung zum Designerkind?

Freitag 18. September 2009 von Dr. Wolfgang Furch


Dr. Wolfgang Furch

Dr. Wolfgang Furch
Führt die Manipulation der menschlichen Fortpflanzung zum „Designer-Kind“?

Wir leben in einer Zeit, in der die elementaren Bedingungen des Menschseins, ja sogar der Begriff der „Menschheit“, über die Eingriffe in die menschliche Fortpflanzung in einer Weise verändert werden wird, die noch kaum vorstellbar ist. Die Herausforderung an uns ist viel größer, als sie je eine Generation vor uns erlebt hat. Dabei geraten sogar die allen angeblich so wichtigen Menschenrechte in Gefahr, denn der Mensch schickt sich an, zum Neu-Schöpfer seiner selbst zu werden und damit zur „höheren Instanz“ für die von ihm geschaffenen bzw. durch genetische Manipulation veränderten Menschen. Wird er der daraus erwachsenden Verantwortung gerecht werden können, oder ist dieses Unterfangen von vorneherein zum Scheitern verurteilt?

In seinem prophetischen Buch „Schöne neue Welt“ von 1932 hat Aldous Huxley die bedrückende Vision einer Fortpflanzungsdiktatur beschrieben, in der es (bis auf eine Restbevölkerung in einer Art Reservat) keine durch natürliche Fortpflanzung entstandenen Menschen mehr gibt. Kinder werden durch künstliche Befruchtung „hergestellt“, in Glaszylindern mit unterschiedlicher Zufuhr von Sauerstoff und Nahrung manipuliert und später durch „Entkorkung“ entwickelt. Das obszönste Wort in dieser Gesellschaft der Schönen und Gesunden ist „Mutter“, das zu benutzen folglich auch strafbar ist.

Wenn man bedenkt, dass momentan mindestens drei hochklassige wissenschaftliche Teams weltweit am Projekt „Künstliche Gebärmutter“ arbeiten und heute ein Kind bereits drei „Mütter“ haben kann (die genetische Mutter, also die Ei-Spenderin, die austragende Leihmutter und schließlich die aufziehende soziale Mutter, die die „Herstellung“ in Auftrag gegeben hat), dann liegt Huxleys Welt schon bedenklich nahe. Das Bedrückendste dabei: Das Ganze läuft von der Gesellschaft kaum wahrgenommen in schnellen Schritten ab und wird vom Souverän der Demokratie, dem Volk, gar nicht beeinflusst, dafür aber durch persönliche Entscheidungen und individuelle Wünsche sozusagen als „Bedarf“ vorangetrieben.

Es gibt drei Urbedürfnisse des Menschen, zu deren Erfüllung er über die Jahrhunderte hinweg auf Glück – oder wie wir Christen sagen würden, auf die Gnade Gottes – angewiesen war:

Körperliche und seelische Gesundheit (heute das höchste Gut überhaupt)

Kinder haben zu wollen

Gesunde Kinder haben zu wollen

Erstmals in der Menschheitsgeschichte gibt es nun in unserer Zeit die technischen Voraussetzungen dazu, sich alle diese Bedürfnisse weitgehend selbst zu erfüllen. Dies geschieht einmal mehr durch die modernen Möglichkeiten der Erforschung des gesamten menschlichen Genbestands (Genomforschung) und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Es ist nämlich dadurch machbar, auf die Erbanlagen des Menschen Einfluss zu nehmen und besonders wirksame gentechnische Medikamente herzustellen.

Zu Hilfe kommen den Forschern dabei die Fähigkeiten und Kenntnisse, die sie durch künstliche Befruchtung und den Umgang mit menschlichen Frühembryonen gewonnen haben. Abgerundet wird das Bild durch die pränatale Diagnostik, bei der mit verschiedenen Methoden nach Abweichungen und Fehlbildungen des menschlichen Embryos gesucht wird und die in der direkten Untersuchung des Embryos vor der Einpflanzung in die Gebärmutterschleimhaut (Präimplantationsdiagnostik) gipfelt. Wenn dieser genetische Auffälligkeiten aufweist, kann er „verworfen“ werden.

In seinem Hochmut glaubt der Mensch, nicht mehr auf Gott angewiesen zu sein – und auch daran, dass er nun in der Lage sei, eine perfektere Neuschöpfung seiner selbst zu Stande zu bringen. So sagt der Entdecker der Doppelhelixstruktur der Erbinformation DNA, James Watson: „Wenn wir bessere Menschen herstellen könnten durch das Hinzufügen von Genen, warum sollten wir das nicht tun?“

Der Mensch verfährt dabei wie der Zauberlehrling in Goethes Faust II – er handelt, ohne groß über die Folgen seines Tuns nachzudenken. Wie stümperhaft seine Vorgehensweise ist, wird aber schon daran deutlich, dass auch heute noch nur 17 % der In-Vitro-Fertilisationen (Befruchtungen in der Petrischale) Erfolg haben und auch der Embryotransfer (IVF-ET) mit dem Tod einer großen Zahl von menschlichen Frühformen bezahlt wird – euphemistisch als „Verbrauch von Frühembryonen“ bezeichnet.

Am 20.07.2001 berichtete die Fernsehzeitschrift „TV Hören und Sehen“ (Nr. 30) in einem Artikel mit dem Titel „Intelligenz auf Bestellung“ über drei Paare, die sich besonders intelligente Kinder wünschten und sich diesen Wunsch über die sogenannte „Nobelpreisträger-Samenbank“ erfüllten. Dafür waren sie bereit, bis zu 100.000 US-Dollar zu investieren – die USA sind eben in vieler Hinsicht das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Die daraus entstandenen Kinder wiesen tatsächlich einen IQ von 180 bis 190 auf, erfüllten aber in anderer Hinsicht die Erwartungen ihrer „Erzeuger“ nicht, da letztlich ihre Wissenschaftler-Karriere nicht gelang. So zum Beispiel bei Victoria K. Sie war das erste Baby der Welt, das mit Hilfe einer solchen „Elitesamenspende“ zu Stande kam. Ihr Vater wollte, von krankhaftem Ehrgeiz angetrieben, seine Tochter zu einem Genie hochstilisieren. Als Schülerin gewinnt Victoria auch sämtliche Mathematikpreise – doch eine normale Kindheit bleibt ihr versagt. Erst als Teenager erfährt sie von ihrer Herkunft und gerät in eine schwere Krise, fühlt sich als seelenloses „Zuchtprodukt“. Mit 18 bricht sie den Kontakt zu ihren „Eltern“ ab und baut sich ein neues Leben in der Anonymität auf. Die ständige Überforderung und das Wissen, dass ihre Eltern mit ihrer „Erzeugung“ nur ihren eigenen Ehrgeiz befriedigen wollten und sie als Person gar nicht gewollt war, hatten beinahe ihr ganzes Leben zum Scheitern verurteilt.

Im Jahre 1999 hatte der Philosoph Peter Slouterdijk (Karlsruhe) in einer provozierenden Rede unter dem Titel „Regeln für den Menschenpark“ (1999 in Elmenau) die Frage aufgeworfen, ob man die doch heute immer mühsamere und unergiebigere Sozialisation junger Menschen (die sogenannte „soziale Menschwerdung“) nicht einfach durch eine genetische Manipulation ersetzen könne. Damit bewirkte er nur eine sehr kurzlebige Aufwallung, jedoch nicht die breite gesellschaftlich relevante Diskussion, die er sich möglicherweise erhofft hatte und die die folgenden Aspekte hätte aufgreifen müssen:

Was passiert eigentlich, wenn in Zukunft „naturwüchsige“ neben genetisch modellierten, angeblich „besseren“ Menschen leben?

Sollten sich unkontrolliert neue „Leibgeber“ neben den Eltern etablieren dürfen und ergäbe sich daraus nicht eine neue Form der „Leibeigenschaft“?

Was wird aus den allgemeinen Menschenrechten, die ja die Gleichheit aller Menschen durch Geburt voraussetzen?

Was sich jetzt anbahnt, ist nicht plötzlich und unvorhersehbar über unsere Gesellschaft hereingebrochen, sondern wurde durch zahlreiche Tabu-Brüche eingeleitet, die mehr oder weniger deutlich von der Bevölkerung hingenommen oder gar befürwortet wurden.

Der erste ethische Bruch, der sich zu einem regelrechten Dammbruch auswuchs, war der Beschluss der ersten Fristenlösung bei der Abtreibung im Jahr 1974. Zwar wurde dieser Beschluss vom Bundesverfassungsgericht 75 als verfassungswidrig verworfen, was aber nichts Entscheidendes mehr änderte, denn 1993 machte auch das Bundesverfassungsgericht seinen Frieden mit der Fristenlösung (mit einer Zwangsberatung, die eine Farce ist und dennoch zum Tatbestandsausschluss führt. Die 8 Millionen Kinder, die durch die Abtreibungen seit 1974 fehlen, haben entscheidend zur „Unterjüngung“ unserer Gesellschaft und damit zur sich anbahnenden demographischen Katastrophe beigetragen.

Sozusagen die logische Folge dieses ersten Bruchs waren dann die folgenden, die immer mit der Abtreibungsfrage „begründet“ wurden. Auf einige davon, die für unser Thema wichtig sind, möchte ich im Folgenden näher eingehen.

Ein Meilenstein war die Einführung der künstlichen Fortpflanzung (In-Vitro-Fertilisation mit Embryo-Transfer, s.o.). Sie erfolgte gegen den ausdrücklichen Widerstand der Kirchen. Sie hat uns neben einer großen Zahl von Kindern (weltweit über 2 Millionen) auch massive Probleme eingebracht: starke Nebenwirkungen für die Frau, psychische Belastungen, massenhafter Embryonen-„Verbrauch“ und vor allem den „überschüssigen“ Embryo – das Objekt der wissenschaftlichen Begierde.

In einem Interview nach der Geburt des ersten Retortenbabys bekannte einer der beiden wissenschaftlichen Geburtshelfer, Edwards: „Ohne Zweifel, niemals hätten wir diese Technik ohne die Freigabe der Abtreibung entwickeln und einsetzen können. Sie wird die menschliche Fortpflanzung in ungeahntem Maße verändern.“

Djerassi (der Erfinder der Ovulationshemmer), meinte hingegen: „Sex wird es in Zukunft nur noch zum Vergnügen geben, gezeugt wird im Labor. Niemand wir in Zukunft die Erbanlagen seiner Kinder dem Zufall der freien Kombination der Gene überlassen wollen, weil ihm das Risiko der genetischen Lotterie zu groß erscheinen wird.“

Allerdings gibt es auch andere Meinungen: „Es gibt keine gesunde genetische Ausstattung“, so der Genetiker Propping, Bonn. „Jeder Mensch trägt in seinem Erbgut die Anlagen für 5 bis 7 erbliche Krankheiten. Das Erbgut des Menschen besteht aus 3 Milliarden Bausteinen, die sich in jeder 2.000sten Position unterscheiden. Die Variabilität ist das Natürliche.“

Zählt man dann noch die disponierenden Gene dazu (für Diabetes, Adipositas und Krebs) würden eigentlich kaum noch geeignete (sprich, fehlerlose) Embryonen zum Transfer zur Verfügung stehen (Kolek).

Die künstliche Befruchtung ist immer noch problematisch, sowohl was die Nebenwirkungen für die betroffenen Frauen angeht (OHSS = Überstimulations-syndrom, Verlust von Kontrolle und Selbstwertgefühl, Depressionen) als auch die sich mehrenden Berichte über erhöhte Fehlbildungsraten. Eine Studie der Universität Uppsala an 6.000 IVF-Kindern ergab ein 3-fach erhöhtes Risiko für zerebrale Kinderlähmung mit schweren Bewegungsstörungen, 4-fach erhöhtes Risiko für Entwicklungsverzögerungen. In der Mainzer Studie ergab sich ein 16 % höheres Risiko für Fehlbildungen gegenüber 7 % im Normalkollektiv). Außerdem bleibt das ethische Problem des „Embryonenverbrauchs“ und die relativ niedrige „Baby-Take-Home“- (also Erfolgs-) Quote.

Aus dieser Technik entwickelt sich nun logisch eine „Innovation“, die Präimplantationsdiagnostik (PID) – besser wäre allerdings der Begriff „Prämiplantations-Selektion“, denn darum handelt es sich letztlich. Da man unbedingt vermeiden will, Embryonen mit genetischen Abweichungen zu übertragen, muss man bereits in der Petrischale ebensolche ausschließen können. Damit ist der nächste Schritt zu frühzeitigen genchirugischen Eingriffen (Keimbahneingriff) bereits geebnet.

Die Diskussion darum zu verfolgen ist ein Lehrstück in Sachen Strategie der Befürworter, die ihre Aussagen wie folgt steigern:

Die Methode werde nur bei 100 Paaren angewendet, auf keinen Fall mehr, und nur bei extremen Krankheitsbildern (wie z.B. Duchennesche Muskeldystrophie)

Es würden dadurch spätere Abtreibungen eingespart

Der nationale Ethikrat sagt, dass etwa 1.000 Paare zuzüglich der „Misserfolgspaare“ von der Methode profitieren sollen, wobei die Vermutung genetischer Abweichungen hier sehr groß ist. Nimmt man noch die Misserfolgspaare dazu, steigt die Zahl bereits auf 10.000 Paare.

Alle IVF-Kinder werden der PID allein aus haftungsrechtlichen Gründen unterzogen werden müssen, ist die Methode erst einmal etabliert (Montgomery).

Das ethische Dilemma wird hier aber immer undurchschaubarer. Denn was ist mit den vielen Millionen natürlich gezeugten Kindern, die ebenfalls gendiagnostisch beurteilt und ggf. behandelt werden müssten, um ihnen „unendliches Leid zu ersparen“? Damit ist der Weg zum „Designerkind“ breit gepflastert, denn wie kann man hier eine brutale Selektion vornehmen und den einen „helfen“, den anderen aber nicht? Wo verläuft die Grenze des Zumutbaren?

Ein weiteres Problem: PID ist nicht sicher. Laut eines Berichts in der Zeitschrift „Der Frauenarzt“ kommen in 6-8 % der Untersuchungen Verunreinigungen mit Fremdmaterial vor. Bei der Untersuchung von zwei Embryonen pro Frau ergibt sich in 5-10 % der Fälle keine gleichlautende Diagnose. Die Sicherheit der Methode liegt also nur bei 90-95%, und daher wird weltweit in 80% aller Fälle die Pränataldiagnostik zusätzlich eingesetzt.

Nach der internationalen PID-Statistik wurden 1.300 Embryonen transferiert, 162 Kinder wurden geboren. 7 Schwangerschaften wurden abgebrochen, in 9 Fällen wurde eine partielle Abtreibung in Form einer sogenannten Mehrlingsreduktion vorgenommen. In mindestens 49 Fällen kam es zu neonatalen oder postnatalen Komplikationen, die in 3 Fällen mit dem Tod des Kindes endeten. Die Behauptung, mit der PID ließen sich spätere Abtreibungen vermeiden, ist also eindeutig falsch.

Die Aufwändigkeit und Kostenintensität von 5.000 bis 8.000 Euro bedeutet eine deutliche Verwendungseinschränkung, zumal die Kosten für die IVF von 3.000 bis 4.000 Euro pro Eingriff noch hinzukommen.

Neuere wissenschaftliche Ergebnisse legt die FAZ vom 26.05.03 vor, bezogen auf eine Veröffentlichung in „Fertility And Sterility“ Band 79, S. 449:

Eine spanische Arbeitsgruppe hat herausgefunden, dass durch PID selektierte Embryonen beim Transfer keineswegs „besser angehen“ als ohne Vorauswahl transferierte. Damit treten wieder die Gefahren der Prozedur mehr in den Vordergrund. Die Entnahme von einem Viertel der Zellen (8 bis 10) eines Frühembryos scheint doch nicht so unproblematisch zu sein wie bisher angenommen, so dass die Frage aufkommt, ob nicht doch schon so früh eine innere Differenzierung begonnen hat. Sehr viele so traktierte Embryonen sterben ab (aus 6 Tranfers wurde nur eine tatsächliche Schwangerschaft gewonnen)). Das Einfrieren durch ICSI erzeugter Embryonen macht ebenfalls Probleme (bedingt durch das „Loch“ in der zona pellucida können intrazelluläre Veränderungen entstehen). Auch das vermehrte Auftreten des Angelmann-Syndroms nach ICSI (geistige und körperliche Retardierung) wird mit dieser Technik in Zusammenhang gebracht. Risikoerhöhung statt Minderung, welch eine contradictio in adjectu!

Mit der PID sind die Voraussetzungen für ein „Wunschkind nach Maß“ (Designer-Kind) in greifbare Nähe gerückt, da diese Methode die Voraussetzung für eventuelle genchirurgische Eingriffe am Frühembryo darstellt.

„Dies ist ein erster Blick auf die Radarschirme der Medizin im 21. Jahrhundert“, kommentiert der amerikanische Bioethiker Arthur Caplan. „Heute liegen die Fortpflanzungsoptionen der Paare in den Händen von Geburtshelfern und Gynäkologen, morgen bestimmt darüber ein Gen-Arzt, der unter dem Mikroskop Embryonen aussortiert.“ Es gibt für Caplan keinen Zweifel, dass, sobald genetische Marker für spezifische Persönlichkeitsmerkmale und Positionen für musikalische Begabung oder Kreativität gefunden werden, PID auch darauf angewendet werde. Es wird dann sehr viele Menschen geben, die diese technischen Möglichkeiten nutzen wollen, ihre Nachfahren genetisch auszuwählen.

Schon wird darüber nachgedacht, natürlich gezeugte Embryonen vor der Implantation in die Gebärmutter herauszuspülen, dem PID-Verfahren zu unterziehen und nur dann wieder zu re-implantieren, wenn sie keine genetischen Störungen aufweisen. Das Verfahren ist so kompliziert, dass man auf die Idee kommen könnte, gleich den Weg der In-Vitro-Fertilisation zu gehen. Und es gibt tatsächlich ernsthafte Zweifel von Wissenschaftlern, ob es in 20 bis 30 Jahren die sexuelle Fortpflanzung im herkömmlichen Sinn mit freier Kombination der Gene überhaupt noch geben wird – und vor allem geben darf. Was wir dann hätten, wäre die „Schöne neue Welt“ einer Fortpflanzungsdiktatur, in der es nur noch genetisch einwandfreie Menschen zu geben hätte, die es aber per definitionem gar nicht geben kann.

Einige Leute beginnen nun zu erschrecken. Ältere Genetiker, manche Frauenärzte – leider fast keine Christen (nachdenkenswert), obwohl letztere an erster Stelle der Abwehrfront zu finden sein müssten. Der damalige Bundespräsident Herzog sagte in seiner Ansprache anlässlich der Eröffnung des 100. deutschen Ärztetags 1997 in Eisenach: „ … Ich denke an die immer näher rückende Möglichkeit, Menschen von vorneherein nach einem optimierten Design zu produzieren; das wäre ein später Triumph der abstrusen Nazi-Idee, im Projekt Lebensborn den arischen Übermenschen zu züchten. Der Segen, schwere Krankheiten schon vor der Geburt behandeln zu können, wiegt schwer. Der Fluch, weniger Defekte behandeln als diagnostizieren zu können, nicht minder … Aber wie gehen wir mit diesem Wissen um? Besteht wirklich jeder Anspruch zu Recht? Sind Abtreibungen wegen geringfügiger Abweichungen vom Wunschbild bald an der Tagesordnung? Wir ein behindert geborenes Kind irgendwann den Eltern zum Vorwurf gemacht, etwa als kostenträchtiges Risiko?“

Jeremy Rifkin verdeutlicht ganz allgemein, was „Design“ bedeuten könnte: „Positives Design würde das Verhältnis von Eltern und Kinder für immer verändern. Die Eltern würden zu Architekten und die Kinder zum ultimativen Shopping-Experiment. Die Kinder jedoch, die nicht genetisch manipuliert wurden, könnten ihre Eltern für ihre Minderausstattung sogar verklagen. Die neue Eugenik kommt nämlich als Freund daher und ist schwer zu fassen. Wenn wir Designer-Babys akzeptieren, verlieren wir unser Einfühlungsvermögen gegenüber Kindern, die nicht der Norm entsprechen – und damit unsere Menschlichkeit. Wesentlich besser wäre es, unsere genetischen Erkenntnisse zum Verständnis der Dispositionen für Krankheiten zu nutzen und damit für eine wirkungsvolle Prävention einschließlich des Fernhaltens schädlicher Noxen.“ Den letzten Satz könnte man auch als „Chargaffs Vermächtnis“ bezeichnen.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein zum designten Kind ist die Technik des Klonierens. Darunter versteht man Folgendes: Eine weibliche Eizelle wird entkernt und dann ein Zellkern aus einer Körperzelle eines Erwachsenen (Mundschleimhautzelle) dafür eingebracht. Die Eizelle ist nun in der Lage, diesen Zellkern in den embryonalen Zustand zu reprogrammieren. Es wächst also ein Embryo heran, der eine weitgehende Kopie des Erwachsenen darstellt. Man müsste dazu lediglich den Embryo in eine entsprechend vorbereitete Gebärmutter einbringen. Das nennt man dann reproduktives Klonen. Den Embryo kann man aber auch für Heilzwecke nutzen, indem man ihm in einer bestimmten Phase in der Retorte die so genannten Stammzellen entnimmt. Das sind „Alleskönnerzellen“, die sich in jede Zellart des Körpers entwickeln können – damit könnte man einen neuen „Goldrausch“ auslösen! Diesen Weg, therapeutisches Klonen genannt, lassen wir jetzt einmal beiseite.

Unter dem Titel „Großer Schritt vorwärts“ fand ich folgendes in der Wetterauer Zeitung: Zwei südkoreanische Forscher hatten in größerer Zahl sozusagen maßgeschneiderte ESTZ aus klonierten Frühembryonen für einen erkrankten Zellkernspender hergestellt: Hwang, ein Tiermediziner, und Moon, ein Gynäkologe. Die Technik war beeindruckend, die Feiern allerdings verfrüht.

Unser Kanzler geriet ob der aktuellen Heilungsversprechungen ganz aus dem Häuschen und sehr viele riefen: „Jetzt aber auch in Deutschland!“ Weg mit den Bedenken und dem hinderlichen ESG.

Nach dem Goldrausch kamen endlich Leute zu Wort, die noch klar zu denken vermögen:

René Röspel MDB, der Vorsitzende der Enquéte-Kommission des DBT, wies auf die nicht ganz unwesentliche Tatsache hin, dass diese ESTZ doch die gleiche „kranke“ Erbinformation aufwiesen wie alle anderen Zellen des Kranken. Was sollte denn deren Übertragung bringen? Sie müssten doch erst berichtigt werden, was nicht so leicht ist (evtl. erforderte es sogar einen Keimbahneingriff).

Das Hauptproblem aller ESTZ ist nicht gelöst, nämlich die Potenz zur Tumorbildug. Stoppt man diese sicher, ist auch die gerühmte Potenz zur Organbildung weg.

Allerdings gilt auch (so Christian Schwägerl in der FAZ vom 20.05.05): „Steht der erste Mensch nach einer Klonzellenkur wieder auf den Beinen, fällt die Diskussion um den Wert der embryonalen Erscheinungsform des Menschen augenblicklich der kollektiven Amnesie anheim. Der Embryo ist zu klein, zu abstrakt. Gegen die Freude eines Menschen, der seine Krücken wegwirft (also eine Wunderheilung biblischen Zuschnitts erlebt), werden auch Millionen Embryonen keine Chance haben. Und auch die Umwandlung reproduktionsmedizinischer Zentren in Eizell-Zulieferbetriebe würde nicht mehr erschrecken.

Es gibt bei den genannten Vorgängen eine ganze Kette von Problemen. Die Reprogrammierung zeigt erhebliche Unstimmigkeiten beim Ein- und Ausschalten der verschiedenen Gene auf die embryonale Stufe (epigenetische Probleme). Hunderte von Erbinformationen werden in der Folge nicht richtig gelesen, es entstehen groteske Missbildungen und totale Versager (der Erzeugung des Klon-Schafs Dolly gingen über 200 Fehlversuche voraus, überlebende Embryonen wiesen Riesenwuchs und Riesenorgane auf).

Wohin also mit den „Homunculi“, fragte zu Recht Chargaff. Es ist verbrecherisch , und es wird wahrscheinlich nie richtig funktionieren .Verkauft wird das Experiment von Antinori als „letzte Hilfe für Paare, die ein eigenes Kind haben wollen.“

Laut UNO-Beschluss von März 2005 sind beide Verfahren zu ächten.

Wir sehen also, über die negative Selektion durch Verwerfen und Töten sind wir noch lange nicht hinausgekommen. In den USA wird deshalb ganz besonders intensiv an der Keimbahntechnik geforscht, das heißt am Ersatz so genannter defekter Gene durch gesunde im frühen Embryonalstadium. Dann wären alle Zellen des Embryos „heil“ und die neue Eigenschaft wird weiter vererbt. Niemand weiß allerdings, was dann passiert – es gibt nämlich auch so etwas wie die „gute Seite schlechter Gene“.

So hatten im Mittelalter homologe Träger des Mucoviscidose-Gens bessere Überlebenschancen bei schweren Durchfallerkrankungen (Cholera), da auch sie etwas eingedickte Körperflüssigkeiten aufweisen und so weniger Flüssigkeit verloren als gesunde Menschen. Dieses Beispiel zeigt, dass auch ein über Jahrtausende entwickelter Schutzmechanismus vernichtet werden kann, wenn wir „krankmachende“ Gene einfach entfernen und durch „gesunde“ ersetzen.

Bei einem solchen Keimbahneingriff kann beispielsweise auch die Abwehr gegen Virusinfektionen beeinträchtigt werden. Der „Geheilte“ und alle seine Nachkommen sterben an der nächstbesten Attacke durch ein neues Virus (z. B. die Vogelgrippe). Ein spektakulärer all der so genannten somatischen Gentherapie, der genial und auch ethisch einwandfrei war, endete schließlich doch in einer Katastrophe. Was war geschehen?

Am 20.03.2002 kursierte in Fachzeitschriften ein Bericht über die gentherapeutische Heilung der Immunschwäche SCID, die angeborene Unfähigkeit, Abwehrzellen zu bilden. Ein Leben in diesen Menschen nur im Isolierzelt möglich. Man hat die Gendefekte erkannt, die dafür verantwortlich sind, es handelt sich gleich um mehrere: das rag-2-Gen ist ausgefallen, ebenso das Artemis-Gen der T-Zellen oder Gamma-c-Protein, das für die T-Zellen nötig ist. Bei 8 Kindern wurden Blutstammzellen entnommen und ein intaktes Gamma-c-Gen eingeschleust (über Virusfähre). Bei 7 der Kinder wurden daraufhin die so genannten „Killerzellen“ T-Lymphozyten und B-Lymphozyten gebildet – damit waren sie geheilt! Die intakten Zellen hatten einen Selektionsvorteil und vermehrten sich rasant. Bei 4 der Kinder ist das nun 4 Jahre her und sie führen ein normales Leben – die erste erfolgreiche gentherapeutische Behandlung. Doch dann erkrankten zwei der Kinder an einer schweren, bisher nicht bekannten Form der Leukämie und alle Therapien wurden gestoppt.

Äußerste Vorsicht ist also geboten! Keimbahneingriffe sind erst recht eine Art Schrotschuss ins Unbekannte!

Im Geo-Forum 11/96 hat der Biologe und Physiker der Uni Konstanz Prof. Dr. Ernst Peter Fischer einmal eine praktische Szenerie entwickelt, wie die Realität aussehen könnte, gelänge irgendwann das „positive Design“.

Denken wir an das „Kevin-Phänomen“: Nach dem Film „Kevin allein zu Haus“ wurden plötzlich unzählige Kinder Kevin getauft, weil die Eltern glaubten, eine geniale Namensidee gehabt zu haben … nur leider dachten sehr viele Eltern so! Beim positiven Design würden nun alle diese Kinder auch noch wie „Kevin“ aussehen! Nach den allgemeinen Auswahlkriterien würden alle Kinder groß, intelligent und begabt sein, die Jungen alle Mischungen aus Boris Becker, Brad Pitt und Albert Einstein, die Mädchen Kreuzungen aus Claudia Schiffer, Steffi Graf und Marie Curie. Das würde bedeuten, dass der Vorteil eines besonders schönen oder talentierten Menschen dahin ist, weil er nichts Besonderes mehr ist – und somit würde er eher zum Nachteil. Zunächst wird es ja zumindest noch Lieschen Müller geben, deren Eltern sich dieser Prozedur nicht unterzogen haben und die mit ihrer Originalität all die Schönen und Klugen ausstechen wird!

Doch zurück zum Ernst des Themas. Lee Silver weist darauf hin, dass dann ein Problem entsteht, wenn die „Genreichen“ den „Naturbelassenen“ gegenüberstehen. Auch die risikoreiche natürliche Gebärmutter (angreifbar durch Alkohol, Nikotin, Stress) muss durch eine künstliche optimiert werden. Prof. Data aus Italien war vor vielen Jahren der Pionier auf diesem Gebiet, heute arbeiten mehrere hoch qualifizierte wissenschaftliche Teams daran.

Für die Entwicklung einer künstlichen Gebärmutter gibt es einen möglicherweise entscheidenden Antrieb (nach Stanley Kurtz): Die nachwuchsarme überalterte Welt entwickelt sich krisenhaft. Setzt sich der historische Trend zu immer mehr Individualismus fort, ist dieser nach Tocqueville sogar eine unüberwindliche Kraft, dann können staatliche Maßnahmen zur Geburtenförderung, wie sie jetzt, zu unentschlossen und viel zu spät gestartet werden – und nichts bewirken.

Dann bleiben nur zwei Szenarien übrig:

Es kommt zu einem drastischen Niedergang von Wirtschaft und Sozialstaat und in dessen Folge zur Wiederentdeckung der Familie als einziger verbleibender zuverlässiger sozialer Absicherung, eventuell begleitet von einer religiösen Erneuerung mit Rückbesinnung auf traditionelle Werte. Dies setzt einen fast schockartigen kulturellen Wandel voraus. Oder es siegt …

der immer stärkere Individualismus mit zunehmender Gebärunlust von Frauen und Männern (zur Zeit wollen 26 % der Männer und 16 % der Frauen grundsätzlich keine Kinder). Dies führt zum weiteren Schwinden der Familie in all ihren Spielarten.

Dann wird die Fortpflanzung über die künstliche Gebärmutter zur wichtigsten Option. Einen besonderen Schub bekäme sie noch durch die Ideologie des Feminismus („Ende des Gebärzwangs“). Wenn dann die künstliche Gebärmutter auch „sicherer“ wäre als die natürliche, , könnten Versicherungsgesellschaften sich veranlasst sehen, diesen Weg voranzutreiben. Das wäre die Stunde der Genetiker, die dann weitgehend freie Hand zur Selektion und auch zum positiven Design hätten – die technischen Voraussetzungen für Aldous Huxleys Alptraum von der „schönen neuen Welt“ wären dann vorhanden.

Die Fortpflanzung würde einen Art „Waren-Charakter“ erhalten und die Mutter-Kind-Beziehung würde entscheidend geschwächt, wenn nicht gar vollständig beseitigt.

„Die zersetzende Auswirkungen der Gentechnik werden sich besonders in einer überalterten Welt zeigen. Die unmittelbare Herausforderung für die Menschheitsgeschichte ist die Aussicht, dass die Familie durch ein gentechnisches Fortpflanzungssystem ersetzt wird. Nicht die Erzeugung von Supermenschen könnte bald die wichtigste soziale Herausforderung des wissenschaftlichen Fortschritts sein, sondern die Entwicklung einer künstlichen Gebärmutter. Sollte es tatsächlich irgendwann die Möglichkeit geben, bessere Menschen zu `konstruieren´, so wird das in einer überalterten Welt geschehen.

Angesichts dieser Bevölkerungskrise ist also eine konservative Rückbesinnung ebenso möglich wie ein genetischer Alptraum.

Rifkin stellt die Frage: Was werden das für Menschen sein, die heranwachsen, ohne das Urvertrauen schenkende Klopfen des mütterlichen Herzens je gehört zu haben, ohne Emotionen und ohne soziale und kognitive Mutterbindung? Man fühlt sich an die grausamen Experimente von Kaiser Friedrich II erinnert. Ihre Welt wäre steril, eintönig, ohne Gefühle, ohne Barmherzigkeit.

Und noch etwas würde geschehen: Abraham Lincoln (Marfan-Syndrom), Toulouse-Lautrec (Glasknochenkrankheit), Paganini (Bindegewebsstörung mit Hyperflexibilität) hätte es ebenso wenig gegeben wie Beethoven, der aus einer stark krankheitsbelasteten Familie kam und dessen spätere Ertaubung man vermutlich genanalytisch hätte voraussagen können. Doch hätte er als Gesunder diese wunderbare Musik schreiben können, diese Dankgebete für die Genesung? Diese normalen Menschen integrierten ihre Krankheiten und Fehlbildungen in ihr Leben (integrativer Gesundheitsbegriff nach Prof. P. Petersen). Von der WHO-Definition von Gesundheit, die da lautet: „Ständige Abwesenheit von Krankheiten und permanentes Wohlbefinden“ wussten sie noch nichts.

Lassen wir hier noch Prof. Erwin Chargaff (1996) zu Wort kommen, der immerhin schon 1945 die entscheidende Regel entdeckte, ohne die eine Entschlüsselung der menschlichen Erbsubstanz nicht möglich gewesen wäre:

„Die Gene sind heute alles. Da herrscht ein fundamentalistischer Glaube, die Naturwissenschaftler sind die Taliban der Moderne! Die Züchtung des Übermenschen – ich halte mir die Ohren zu! Hat das nicht auch Hitler mal probiert?

Mir wäre es nie in den Sinn gekommen, die Natur verbessern zu wollen. Früher hat man wegen des Regens den Regenschirm erfunden. Da hat es keine großen Eingriffe in die Metrologie gegeben. Heute bekäme ein Forschungsinstitut den milliardenschweren Auftrag, den Regen abzuschaffen. Wir haben den Respekt vor der Dunkelheit verloren.

Meine Frau ist an Parkinson gestorben, vor sechs Jahren. Seitdem schreibe ich nichts mehr, mit ihr habe ich das Leben verlassen, fühle mich allein. Aber ich wäre dagegen gewesen, ihr den Kopf aufzumachen und da etwas hineinzuschmeißen. Eine Stammzelle, die durch den Tod eines anderen, an dem das ausprobiert worden ist, geschaffen wurde. Wir pfuschen am Leben herum, und ich glaube nicht an die Heilsversprechungen, die uns gemacht werden.

Die pränatale Diagnostik ist eine grässliche Sache. Der Mensch hat nicht die Garantie, dass er gesund geboren wird. Dahinter ist doch der Wunsch nach einem verbesserten Hitler. Wer steht an der Rampe? Wer selektiert? Wir leben in einer elenden Welt, wenn wir ernsthaft über diese Dinge nachdenken müssen.“

Wie Recht Chargaff mit seinen drastischen Feststellungen hat, sei anhand der neuesten Idee der Reprogenetiker und Fortpflanzungstechniker verdeutlicht:

Die neuesten „Spinnereien“ der Genforscher

Homosexuelle, insbesondere lesbische Frauen, sind die neue Zielgruppe der Reproduktionsmediziner. In den USA werden grundsätzlich keine Unterschiede mehr gemacht, ob der IVF-Wunsch von homo- oder heterosexuellen Paaren ausgeht. Die Menschen selbst interessieren nicht, sie sind lediglich Mittel zum Zweck der Propheten der technischen Fortpflanzung und deren neuestem Projekt „Infertilität für alle (DZ 10.07.03):

Spermien und Eizellen sollen schon früh in Embryobanken deponiert werden, um sie jederzeit bei Bedarf „abheben“ zu können. Danach erfolgt die Sterilisation, was in der Folge die Kontrazeption einspart. Eine überraschende Empfängnis ist damit nahezu ausgeschlossen. Sex wird nur noch aus Lust und Liebe durchgeführt (s.o. Djerassi). Die Fortpflanzung erfolgt völlig vom Geschlechtsverkehr abgekoppelt im Labor und selbstverständlich nach PID. Watson und Stock, die Propheten dieser „Innovation“, schwärmen dabei begeistert von den Möglichkeiten des Designs und der Evolution des Menschengeschlechts aus der Hand des Menschen. Dabei seien biologisch deregulierte Nationen im Vorteil gegenüber denjenigen, die „noch nicht dazu bereit“ seien.

„Wir wollen Gene lesen, verändern, hinzufügen“, freut sich Lee Silver. Und selbstverständlich mündet die IVF für alle in der Eugenik für alle! Erreicht werden soll dies schneller über die den Forschern weitgehend ausgelieferten Homosexuellen. Und schon ist die Schöne neue Welt Huxleys in Form einer mehr oder weniger moderaten Fortpflanzungsdiktatur nahezu verwirklicht!

Es ist sehr aufschlussreich, abschließend noch einmal die Bibel zu diesen neuen Vorhaben des Menschen zu befragen. Natürlich finden wir darin nichts über Pränataldiagnostik und Klonierung, aber lassen Sie sich überraschen!

Feststellung: Der Auftrag Gottes an die Menschen lautet: „Macht euch die Erde untertan!“. Dieser Satz wird gern auch von Leuten wie Antinori zitiert, dem sonst nichts so fern liegt wie die Bibel. Er dient als Legitimation dafür, alles zu machen, was machbar ist. Diese Anweisung war den Menschen aber „unter Gott“ gegeben. Sie sollten als seine Stellvertreter und Verwalter auf Erden in seinem Sinne, also dienend, erhaltend und pflegend tätig sein, nicht indem sie an Gottes vollkommener Schöpfung arrogant herumbasteln und glauben, sie verbessern zu können, wie beispielsweise Watson nicht müde wird zu behaupten. Wenn die Ehrfurcht und das Vertrauen in den Schöpfer verloren gegangen ist, wird der Umgang mit der Schöpfung beliebig, egoistisch und ungeachtet der Neben- und Langzeitwirkungen, die immer erheblicher werden, je tiefer wir in die Bausteine des Lebens eindringen.

Prof. Chargaff, nach eigenem Zeugnis ein nichtreligiöser Jude aus Wien, sagt zum Machbarkeitswahn der heutigen Wissenschaftler: „Gott hatte in Satan immer einen Gegenspieler, heute nimmt der Mensch diesen Platz ein.“ In Goethes Faust macht der Mensch den Homunculus; der Teufel hatte das nicht gewagt! Chargaff weiter: „Ich habe immer gedacht, dass zur Naturforschung eine gewisse Ehrfurcht vor dem Leben gehört. Die Molekularbiologen und Gentechnologen jedoch benehmen sich wie Staatsanwälte, die einen Prozess gegen Gott führen. Sie häufen Material an, um zu zeigen, dass die Schöpfung nichts wert ist. Man kann nur mit Verachtung auf diese Leute schauen, es sind nur beschränkte Menschen.“

Diese Handeln ist also ein direkter Angriff auf den Schöpfer, der nach getaner Arbeit feststellte: „Es ist sehr gut“ (Genesis 1,31).

Feststellung: Die Urgeschichte, wie sie uns im 1. Buch Mose (Genesis) dargestellt wird, hat einen universalen Horizont. Der Zusammenhang von Versuchung und Fall gilt noch heute. Wenn wir den Baum der Begrenzung anerkennen, erkennen wir auch den Schöpfer an – oder wir wollen selbst sein wie Gott! Schon Adam und Eva waren von diesem Grenzbereich fasziniert, doch er war Gott vorbehalten. Zu ihm gehört auch der Baum des Lebens, dessen Zugang den Menschen verwehrt ist. Das schließt Folgendes ein:

die Schaffung von Leben an Gottes Weg der Zeugung vorbei (die Folgen, wenn wir es dennoch tun, sind an den Nebenwirkungen von IVF-ET, PID und „Designerkindern“ offensichtlich)

die Manipulation am Leben allgemein, das Eindringen in die „Werkstatt“ des Schöpfers

Anfang und Ende des Lebens selbst bestimmen zu wollen.

Es ist sehr aufschlussreich, sich in diesem Zusammenhang noch einmal die Geschichte vom Turmbau in Babel (1 Mose 11,4-9) anzusehen. Die Spitze des Turms ragte in den Himmel, richtete sich also gegen Gott. Aus solcher Intention entstehen apokalyptische Perspektiven der Zerstörung. Für unser Thema sehr interessant ist Gottes Kommentar dazu in Vers 6: „Sie sind ein Volk und haben eine Sprache. Das ist erst der Anfang ihres Tuns. Es wird ihnen nichts unmöglich sein, was sie sich auch immer vornehmen.“

Diese Aussage hat in unserer Zeit eine besondere Aktualität gewonnen. Mit der Spaltung des Atomkerns und der Manipulation des Zellkerns hat der Mensch diesen Satz in einem Ausmaß bestätigt, wie es kaum vorstellbar war. Doch er unterliegt nun einem doppelten Dilemma, wenn nicht gar einem Fluch, bezogen auf den Baum der Erkenntnis. Es besteht nun ein regelrechter Zwang zum Erkennen, ohne Rücksicht auf die Folgen – und sei es das Ende der Menschheit. Was machbar ist, muss gemacht werden, koste es, was es wolle.

Dabei sind wir den meisten dieser Erkenntnisse moralisch nicht gewachsen: die mögliche Nutzung menschlicher Embryos als „Rohstoff“ für die Stammzellengewinnung, Organzüchtungen über des therapeutische Klonen mit der Möglichkeit, 200 Jahre alt zu werden, ja das altmodische Sterben ganz zu überwinden.

Prof. Holschneider von der UKK in Köln sieht das ähnlich: „Der Baum der Erkenntnis ist gleichzeitig ein Fluch für den Menschen. Er erfindet das Schwarzpulver für Bergwerke und Straßenbau – und nutzt es zum Töten. Er entdeckt die Atomspaltung zur Energiegewinnung – und nutzt sie zum Bau der Wasserstoffbombe. Dann schafft er die Energiequelle als zu gefährlich wieder ab, behält aber die Bombe zurück. Er entdeckt das Klonen, bevor er in der Lage ist, durch die neue Technik Gewebe von Patienten für deren individuelle Nutzung zu züchten. Dann hängt über ihm das Damoklesschwert der monomorphen Züchtung ganzer Spezies, verbunden mit der Ausrottung der Artenvielfalt, oder der Organentnahme bei einem unmündigen, willenlosen Embryo.“

Lassen Sie uns kurz zum Atemholen innehalten und uns einiger Grundtatsachen vergewissern:

Bisher verdankten sich alle Menschen einem gemeinsamen Geschehen, dem Geborenwerden durch eine menschliche Mutter – etwas, auf das wir alle keinen Einfluss hatten. Dieses Geschehen, der Eintritt in das Leben als Gattung Mensch, ist für alle gleich (Habermas: Wir sind alle gleich ursprünglich). Niemand wurde Mensch auf Grund irgendwelche Prozeduren oder der Akzeptanz durch die Eltern oder die „Gesellschaft“. Diese Gleichheit ist die Basis der allgemeinen Menschenrechte.

Dazu gehört vor allem auch der Begriff der „Menschenwürde“, die unantastbar sei, wie das Grundgesetz in Artikel 1 formuliert. Die Menschenwürde ist der zentrale Begriff unseres Grundgesetzes, versehen mit Ewigkeitsgarantie nach Artikel 49 GG, und sie verdankt ihre Hervorhebung unter anderem dem schlimmen Geschehen in unserem Land vor 1945. Die natürliche Gleichheit aller Mitglieder der Gattung Mensch und ihre geistige Einheit sind die Legitimationsbasis unserer Rechtsordnung. Eine Trennung von Menschheit und „menschlichem Leben als unpersonalem Menschenmaterial, das zur Disposition der bereits Lebenden steht“ zerstört diese Rechtsordnung und kann nicht in Frage kommen. Der Mensch hat nicht Wert, sondern Würde. Wert ist zeitgeistabhängig von Alter, Ausstattung usw. Letztlich ist die Würde transzendentaler Natur und in der Gottesbildlichkeit des Menschen begründet, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Aber es gibt sogar eine rationale Begründung für die unbedingt notwendige Achtung der Menschenwürde, deren Darstellung ich Prof. Picker verdanke:

Eine konkrete Bewertung von Leben ist definitiv nicht möglich, da dies immer auch eine Relativierung bedeuten würde.

Ein an „Wert“ gebundenes Lebensrecht ist willkürlich und zeitgeistorientiert.

Ohne die Würde ist die physische Existenz des Menschen nicht mehr gesichert. Jeder Starke wird irgendwann schwach, jeder Nützliche plötzlich nutzlos (einen Schlaganfall kann jeder jederzeit erleiden). Niemand ist dann mehr seines Lebens sicher – dies ist eine konsequente Weiterführung der aktuellen Entwicklung und keine Schwarzmalerei!

Die Freiheit aller Bürger von Angst vor Verlust des eigenen Lebens setzt dessen Totalschutz voraus. Der Ausschluss dieser Urangst ist ein wesentlicher Grund für die Staatenbildung. Das Vertrauen auf Staatsschutz macht erst den Verzicht auf Selbstschutz möglich und sinnvoll. Sehen wir uns wieder zum Selbstschutz gezwungen, so wird dadurch das Zusammenleben paralysiert (Rückkehr zum Status Naturalis).

Die Gesellschaft braucht zu ihrer Erhaltung notwendigerweise das Tötungs-Tabu. So gesehen markiert der Würde-Artikel I des Grundgesetzes die totale Tabuzone.

Alles menschliche Leben muss vorbehaltlos angenommen werden, sonst degeneriert das Volk zu einem Club, in den man aufgenommen wird (Eintrittskarte) oder auch nicht.

Hier handelt es sich um nichts weniger als den Sicherheitsstandard der zivilen Gesellschaft – also ein rationales Tabu!

Ein Fortschritt unter Inanspruchnahme des Menschen oder bestimmter Menschengruppen muss unter allen Umständen verhindert werden.

Wie ist die Titelfrage also zu beantworten? Die Manipulation der Fortpflanzung muss nicht zwingend zum Designer-Kind führen, wenn wir die logische Folge der Tabubrüche stoppen können. Gelingt uns das jedoch nicht, dann folgt daraus zwingen: Was einige wünschen, müssen eines Tages alle unfreiwillig ertragen! Die Nebenwirkungen werden verheerend sein.

Dazu noch einmal Chargaff: „Unendlich traurig ist, wie der Anstand die Welt verlassen hat. Die Menschlichkeit ist zu Ende gegangen.“

Nun stellt sich am Schluss die Frage unserer Einwirkungsmöglichkeiten auf diesen Prozess. Ganz sicher können wir Einfluss nehmen …

… durch die Verweigerung des Mittuns an der Reprogenetik, aber auch an der selektierenden Form der PND, an der IVF-PID-Klonen-Design-Schiene.

… durch die Reklamierung des Rechts auf Nicht-wissen-wollen (PND, PID).

… durch den Verzicht auf therapeutische Hilfen, die aus der kannibalistischen Medizin stammen.

… aber auch durch Einflussnahme auf die öffentliche Debatte, durch:

Leserbriefe an Print- und audiovisuelle Medien (Kritik und Lob)

Kontaktaufnahme mit den örtlichen Abgeordneten des Bundestags und auch der Landesparlamente

Teilnahme an öffentlichen Bürgeraktionen ( wie z.B. der 1.000-Kreuze-Marsch in Berlin, die Demonstration gegen Wilmut-Ehrung vor der Paulskirche in Frankfurt, Unterstützung der Enquete-Komission des Deutschen Bundestags „Recht und Ethik in der modernen Medizin“)

Besonders die Christen sind hier gefordert, denn für sie gibt es als dritten Weg zwischen Resignation einerseits und Mitmachen andererseits noch das Vertrauen auf Gottes Lebensplan, der unseren Lebensweg schon vor unserem biologischen Werden kannte (Psalm 139, 13-16). Wenn wir ihm vertrauen, haben wir unethische Hilfsmittel nicht nötig, um unser Leben zu „optimieren“.

Das gilt auch für unsere genetische Ausstattung, denn die genauere, ursprünglich sicher unverständliche Formulierung des Verses 17 lautet „Deine Augen sahen mein aus spiralförmigen Fäden zusammengerolltes Knäuel“ (Prof. Leisenberg) – eine ziemlich genaue, immerhin 2.000 Jahre alte Beschreibung der Doppelhelixstruktur der menschlichen Erbinformation!

Denn du bist´s, der meine Nieren gebildet, mich gewoben in meiner Mutter Schoß!

Ich danke dir, dass ich wunderbar bereitet bin; wunderbar sind deine Werke, und meine Seele erkennt es wohl. Meine Wesengestaltung war dir nicht verborgen, als ich im Geheimen gebildet ward, kunstvoll gewirkt in der geheimen Werkstatt. Deine Augen sahen mich schon als ungeformten Keim (Embryo – Elberfelder Übersetzung wörtlich. „mein aus spiralförmigen Fäden zusammengerolltes Knäuel“) und in deinem Buch standen eingeschrieben alle Tage, die vorbedacht waren, als noch keiner da war! (Psalm 139, 13-16)

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 18. September 2009 um 17:12 und abgelegt unter Gesellschaft / Politik, Medizinische Ethik.