Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Andacht zur Berufung von Königin Esther durch Mordechai

Mittwoch 10. Mai 2023 von Pastor Dr. Stefan Felber


Pastor Dr. Stefan Felber

Lied RG 163,1–3: «Jesus, Herr und Haupt der Deinen»

(RG = Reformiertes Gesangbuch 1998)

 

Bußgebet mit Psalm 25

1 Nach dir, HERR, verlanget mich.

2 Mein Gott, ich hoffe auf dich; lass mich nicht zuschanden werden, daß meine Feinde nicht frohlocken über mich.

3 Denn keiner wird zuschanden, der auf dich harret; aber zuschanden werden die leichtfertigen Verächter.

4 HERR, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige!

5 Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich! Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich.

6 Gedenke, HERR, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind.

7 Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Übertretungen, gedenke aber meiner nach deiner Barmherzigkeit, HERR, um deiner Güte willen!

Stille

So bitten wir, treuer Gott und Vater, um neues Erbarmen für uns selbst, für unsere Familien und Häuser, Gemeinden und Kirchen, ja für alles Volk in diesen wirren Zeiten.

Vergib unsere Vorurteile und schaffe unter uns neue Einsicht und Klarheit!

Vergib alle Schlaffheit und schaffe neue Tapferkeit!

Vergib die Glaubenslosigkeit und schaffe neues Vertrauen, das sich nicht auf Fürsten, sondern auf dich richtet.

Im Namen Jesu Christi, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Zuspruch

Hört, was der Apostel in 2.Korinther 5,20–6,2 schreibt::

20 Er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

1 Als Mitarbeiter aber ermahnen wir euch, daß ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt.

2 Denn er spricht (Jesaja 49,8): »Ich habe dich zur Zeit der Gnade erhört und habe dir am Tage des Heils geholfen.« Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!

 

Lied 1,1–4: (Magnifikat): «Hoch hebt den Herrn mein Herz und meine Seele»

 

Schriftlesung und Andachtswort

Mordechai hatte Esther aufgefordert, zum König zu gehen und Fürbitte zu tun für ihr Volk (V. 8). Esther wies Mordechai aber darauf hin, daß sein Ansinnen lebensgefährlich sei. Wir hören die Fortsetzung des berühmten Wortwechsels:

12 Und als Esters Worte Mordechai gesagt wurden, 13 ließ Mordechai Ester antworten: Denke nicht, daß du dein Leben errettest, weil du im Palast des Königs bist, du allein von allen Juden.

 14 Denn wenn du zu dieser Zeit schweigen wirst, so wird eine Hilfe und Errettung von einem andern Ort her den Juden erstehen, du aber und deines Vaters Haus, ihr werdet umkommen. Und wer weiß, ob du nicht gerade um dieser Zeit willen zur königlichen Würde gekommen bist?

 15 Ester ließ Mordechai antworten:

 16 So geh hin und versammle alle Juden, die in Susa sind, und fastet für mich, daß ihr nicht esst und trinkt drei Tage lang, weder Tag noch Nacht. Auch ich und meine Dienerinnen wollen so fasten. Und dann will ich zum König hineingehen entgegen dem Gesetz. Komme ich um, so komme ich um.

 17 Mordechai ging hin und tat alles, was ihm Ester geboten hatte.

So lesen wir das Buch Esther, Kapitel 4.

«Du bist im Palast des Königs», sagt Mordechai. Zutritt bekamst Du um Deiner Schönheit willen. Doch der Mensch sieht, was vor Augen ist, und der Herr prüft das Herz. Darum: Du bist nicht um deiner selbst willen im Palast des Königs, sondern weil du dort eine Aufgabe, eine Verantwortung hast, die dir niemand abnehmen kann. Deine politische Verantwortung und deine geistliche Verantwortung für das Gottesvolk ist in diesem Moment ein und dieselbe.

Ja, Gott sorgt auf jeden Fall. Dennoch: Du bist verantwortlich. An kaum einer Stelle wird das Ineinander von beidem so eng verbunden wie in diesem Wort Mordechais. Dein politisches Privileg ist höchst vergänglich. Schon morgen kannst Du gestürzt werden und am Galgen enden, wie es Haman geschah.

Darum: Nimm deine Verantwortung für heute wahr.

Mordechai macht Esthers gefahrvollen Weg zum König äußerst dringlich, und zwar für sie selbst, nicht für die Juden! Gott wird die Juden unbedingt bewahren. Aber wenn Esther lieber sich selbst bewahrt als ihre Aufgabe wahrzunehmen, wird sie mit ihrer Familie umkommen.

14 Denn wenn du zu dieser Zeit schweigen wirst, so wird eine Hilfe und Errettung von einem andern Ort her den Juden erstehen, du aber und deines Vaters Haus, ihr werdet umkommen. Und wer weiß, ob du nicht gerade um dieser Zeit willen zur königlichen Würde gekommen bist?

Der Vers nennt Gott nicht ausdrücklich, aber mehrfach indirekt. Es geht um Raum und Zeit:

  • Von einem anderen Ort: Von außerhalb! nicht einkalkulierbar! – Jahwe, der Herr!
  • Um dieser Zeit willen: Es gibt einen Gott und Vater, der vorsorgt und Personen in die passende Stellung bringt, auch wenn sie es vorher nicht wissen. Joseph und Daniel stiegen ebenfalls unfreiwillig in heidnischen Herrscherhäusern auf, und so durften sie Segensträger über das Gebiet und das Volk Israels weit hinaus werden.

Dann folgt Esthers Entscheidung:

15 Ester ließ Mordechai antworten:

16 So geh hin und versammle alle Juden, die in Susa sind, und fastet für mich, daß ihr nicht eßt und trinkt drei Tage lang, weder Tag noch Nacht. Auch ich und meine Dienerinnen wollen so fasten. Und dann will ich zum König hineingehen entgegen dem Gesetz. Komme ich um, so komme ich um.

17 Mordechai ging hin und tat alles, was ihm Ester geboten hatte.

War zuvor ein Gebot Mordechais an Esther gelangt, so nun ein Gebot Esthers an Mordechai und die Juden in Susa: Fastet, das heißt zugleich: betet für mich. Die Fürbitte der Juden soll die Fürbitte Esthers tragen, wenn sie sich dem König nähert. So geschah es, so war es gesegnet.

An Mordechai und Esther sehen wir drei Qualifikationen der Nachfolger Christi, die wir auch heute brauchen:

Wir brauchen 1. Fachkenntnis: Mordechai ließ Esther eigens eine Abschrift des Gesetzes schicken, auf dessen Grundlage die Juden vernichtet werden sollten, damit sie genau weiß, was auf dem Spiel steht. Dementsprechend klären wir durch unsere Tagungen auf.

Wir brauchen 2. Tapferkeit vor Freund und Feind («Komme ich um, so komme ich um»), denn Christus ruft in die Nachfolge:

«Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben lieb hat, wird es verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt haßt, der wird’s erhalten zum ewigen Leben.»

So rief Mordechai Esther in ihre geschichtliche Verantwortung.

Wir brauchen 3. das Gebet. «Haltet an am Gebet.» Damit die Tür zum König aufgeht, muß erst die Tür zu Gott geöffnet sein. Das Fasten fand nach der jüdischen Auslegung um die Tage vom 13. bis 15 Nisan statt – die Tage des Passafestes, die Tage des Auszugs aus Ägypten, die Tage um die Kreuzigung Jesu.

Die drei Qualitäten sind in der Schafherde Christi ungleichmäßig verteilt. Manche Tapferen haben zu wenig Kenntnis, sie blöken laut, aber mit Unverstand. Manche Kenntnisreiche sind mutlos und kommen über den inneren Rückzug nicht hinaus. Beten müssen alle, die Frucht bringen wollen. Umso nötiger, ja unerläßlich sind die Zusammenkünfte der Gemeinde – und zwar physisch! Denn keine Internetverbindung kann den Grad an Verbundenheit und Verbindlichkeit erzeugen, den wir in der Begegnung von Angesicht zu Angesicht erreichen.

 

Wir beten:

Allmächtiger Gott, wir bitten Dich: Vermehre unter uns die Weisheit und den Mut Esthers, und schenke in Deiner Gemeinde neu den prophetischen Blick Mordechais, der zu den nötigen Berufungen im rechten Moment führt.

Amen.


Beim voranstehenden Text handelt es sich um eine (gekürzte) Andacht im Rahmen einer Konferenz von „Kirche und Corona“, Kollbrunn/Schweiz, 6.11.2021.

Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 10. Mai 2023 um 20:14 und abgelegt unter Allgemein.