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In Sorge um unsere Pfälzische Landeskirche – Bilanz und Aufbruch anhand der Kirchenverfassung

Freitag 11. September 2020 von Administrator


In der Kirchenverfassung der Evangelischen Kirche der Pfalz in § 1, Abs. 2, ist die grundlegende Aufgabenstellung der Landeskirche, der Kirchengemeinden, der Gesamtkirchengemeinden, der Kirchenbezirke und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen sowie der gesamtkirchlichen Dienste formuliert: „Ihnen mit allen ihren Gliedern ist aufgegeben die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Sakrament, die Seelsorge, der Dienst christlicher Liebe, die christliche Unterweisung und der missionarische Dienst. Von allen Gemeindegliedern wird erwartet, dass sie einen christlichen Lebenswandel führen und sich am kirchlichen Leben beteiligen.“

Dies alles gilt es, in Theorie und Praxis wiederzugewinnen, damit die gegenwärtige Krise heilsam überwunden werden kann. Die zahlreichen Kirchenaustritte, die Finanzkrise, der fehlende theologische Nachwuchs, das Auflösen und Ausbluten von Kirchengemeinden und insbesondere der Verlust von Glauben und Glaubenswissen unter ihren Gliedern sind keine alternativlosen Gegebenheiten.

Parallel dazu läuft in allen gesellschaftlichen Ebenen ein Bedeutungsverlust der Kirche. Durch die Corona-Krise wurde manches verstärkt sichtbar und beschleunigt. Kirche und Glaube werden nicht mehr als systemrelevant wahrgenommen. Worin liegt ihr Mehrwert? Was ist ihr Alleinstellungsmerkmal?

Wäre es in der Krise nicht NOT-wendig gewesen, dass zumindest jeden Sonntag die Gemeinden mit „zwei oder drei“ und Abstand Gottesdienste feiern? Wäre nicht NOT-wendig gewesen, ein Umkehr- und Bußruf an unsere Kirche und unser Volk laut werden zu lassen? Wäre nicht NOT-wendig gewesen zu verkündigen, wo und wie die Menschen den lebendigen, einzig wahren Gott, Trost und Heil finden können?

In der Kirche muss nach innen und nach außen wieder sichtbar werden, was sie eigentlich ist: Ekklesia, das heißt die Gemeinschaft derjenigen, die von Jesus Christus durch das Evangelium aus der Welt herausgerufen werden. Alle Aufgaben der Kirche in Theorie und Praxis sind von Christus her zu verstehen und müssen auf ihn hin verstanden werden! Es bedarf einer erneuten Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern. Dieser Bedarf wird verdeutlicht und konkretisiert an den folgenden sieben Forderungen der oben zitierten Kirchenverfassung.

1. Wort und Sakrament

In Zeiten der Krise ist es ratsam und heilsam, sich auf das Wesentliche zu reduzieren und dieses Zentrale in aller Klarheit und Verbindlichkeit zu sagen und zu leben. Um sich nicht in “Buntheit und Vielfalt der Erscheinungen“ zu verlieren, muss auf das Wort vom Kreuz gehört werden und die evangelische Rettungsbotschaft klar ausgerichtet werden.

Dies kann nur in gründlicher theologischer Eindeutigkeit geschehen: In den Krisenzeiten der Kirche Christi sind deshalb immer Bekenntnisse formuliert worden, die das klar auf den Punkt bringen und in prägnanter Kürze der Kirche den Weg weisen, um Irrlehre und Wildwuchs entgegen zu treten. Hier muss in der gegenwärtigen theologischen Verunsicherung verbindlich Klarheit geschaffen werden, in dem „schlichten Gehorsam, den der Herr der Geschichte von uns fordert“.[1]

  • Wir brauchen das neue Hören im Gehorsam des Glaubens und die Bereitschaft zur Umkehr.
  • Wir brauchen die Rückbesinnung auf die Heilsnotwendigkeit der Sakramente und dazu gehört besonders die Bedeutung des Abendmahles gemäß der Einsetzung des Herrn: Der neue Bund beruht auf dem vergossenen Blut Christi.[2]
  • Wir brauchen die klare Rückbesinnung auf Wesen und Zweck der Kirche Christi, was nach dem Augsburger Bekenntnis eindeutig lautet, dass ‚das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden‘ (CA VII).

2. Seelsorge

„Was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele?“[3] Mit dieser Frage weist Jesus Christus selbst den Weg für echte Seelsorge. Daher darf kirchliche Seelsorge nicht in erster Linie die Immanenz im Blick haben, sondern richtet sich auf die Transzendenz. Es geht nicht vorrangig um ein gutes Leben hier auf Erden, sondern um die Sorge, wie es nach dem irdischen Tod weitergeht. Genau an diesem Punkt wird der reiche Kornbauer als „Narr“ entlarvt[4], denn er hatte ja nur für dieses Leben vorgesorgt.

Den Menschen zu sagen, wie sie zu leben haben, was sie zu tun und zu lassen haben, was sie nicht essen dürfen und welches Fortbewegungsmittel sie nutzen sollten, ist nicht der Kernauftrag von Kirche. Ihre wichtigste Frage lautet: „Was ist Dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“[5] Kirche muss in ihrer Seelsorge vor allen ethischen Forderungen die Trost- und Frohbotschaft verkündigen, dass Jesus Christus durch sein teures Blut das Heil erworben und der Mensch durch Glauben an diesen Heiland sein Seelenheil geschenkt bekommt, weil er durch Jesus Christus aus den Schuldverstrickungen und von der Todesverfallenheit dieses Lebens errettet ist. Zudem muss Kirche Jesu Christi die Frohbotschaft verkündigen, dass der Mensch durch den Glauben an Jesus Christus in die Freiheit versetzt wird, nicht nur das Gute und Vernünftige zu erkennen, sondern auch zu tun.

Mit Hausbesuchen, Gottesdiensten und Kasualien hat die Kirche nach wie vor ein großes Potential. Die Kirche sollte hierbei ihre Alleinstellungsmerkmale und ihren Mehrwert nicht aus falscher Bescheidenheit oder in Anbiederung an den Zeitgeist verschweigen: Dem Tod die Auferstehungshoffnung in Erwartung der Wiederkunft Christi gegenüberzustellen, auf das Gericht mit doppeltem Ausgang hinzuweisen[6] und dass in den Genuss der Ewigkeit in Gottes beglückender Herrlichkeit eben nur diejenigen kommen, die ihr vergängliches Leben an den Gekreuzigten und Auferstandenen gebunden haben.[7] Zur verantwortungsbewussten Seelsorge gehört, diese Wirklichkeit ehrlich zu verkündigen, denn Seelsorge ist die Ausrichtung der Rechtfertigungsbotschaft an den Einzelnen.

3. Dienst christlicher Liebe

Gemeinde entsteht da, wo durch Gottes Wort der Glaube geweckt und eine Gemeinschaft der Gläubigen gestiftet wird. Denn Gemeinde stellt immer einen Personenverband dar, der sich aus freien Stücken auf gemeinsamer Grundlage zum gemeinsamen Glauben bekennt. Sichtbares Zeichen dessen nach außen ist die Zusammenkunft zum Gottesdienst. Wenn das gemeinsame Bekenntnis vernachlässigt wird, verwischen sich die Merkmale von Kirche im Vergleich zu anderen Gemeinschaften in der Gesellschaft. Dieses Bekenntnis findet seinen Ausdruck in der Feier des Gottesdienstes. Der Gottesdienst ist eines der Gefäße – wenn nicht das Gefäß überhaupt – mit dem das lebensspende Wasser des Evangeliums[8] geschöpft wird.

Das Zusammenkommen zum Gottesdienst (am Sonntag), zum Hören von Gottes Wort und der Feier von Taufe und Abendmahl, ist das zentrale Merkmal einer christlichen Gemeinde. Von diesen beiden Polen, sinnbildlich verdeutlicht in Kanzel und Altar, muss die Arbeit der Gemeinde ausgehen und sich auffächern.

Dass das in der Regel kaum der Fall ist, sondern von Haupt- und Ehrenamtlichen vielmehr umgekehrt gedacht wird – Teilnehmer kirchlicher Kreise kommen vielleicht auch einmal in den Gottesdienst – zeigt die Resignation der institutionalisierten Kirche auf das abnehmende Interesse am Gottesdienst im Kontext unserer individualisierten Gesellschaft und stellt zugleich selbst eine wesentliche Ursache dieses Krisensymptoms dar.

Die Aufgabe, Gott als Schöpfer und Erlöser fortwährend zu loben, ist der Gemeinschaft seiner Heiligen bleibend gestellt[9], unabhängig von Teilnehmerzahlen. Denn unsere ganze Liturgie, unser gesamter Gottesdienst – unsere Hinwendung zu Gott, unser Lobpreis, unser Danken und unser Bitten – ist stellvertretender Dienst für alle Menschen.[10] Dieser Dienst vor Gott für die Welt unterscheidet uns als Kirche grundsätzlich von der Welt um uns herum. Zugleich verbindet genau das die Kirche mit dem Weltganzen, indem sie für die unvollkommene, ungerechte, unfriedliche und gottlose Welt betet. So geschieht unser Beten als Kirche, unser Gottesdienst, auch für diejenigen, die davon nichts halten. Wenn aber die Gemeinde selbst, entsprechend dem Vorbild ihrer Hauptamtlichen, diesen Dienst selbst geringachtet, kann sie diese ihre Aufgabe in Gottes Schöpfung nicht mehr erfüllen.

In den vergangenen beiden Jahrzehnten wurde durch Aufbrechung traditioneller Formen und die Vernachlässigung des Hauptgottesdienstes zugunsten verschiedenster Zielgruppenangebote versucht, der Krise des Gottesdienstes, wie der Kirche überhaupt, zu begegnen. Heute zeigt sich, dass den wenigsten dieser Versuche Gelingen gegeben war. Vor diesem Hintergrund ist erneut zu fragen, wie das gottesdienstliche Leben als Mitte der Gemeinde in einer individualisierten Gesellschaft gestärkt werden kann und muss.

Die Jünger tun nichts wesentlich anderes[11] als wir heute: Sie versammeln sich am Tag der Auferstehung, dem Sonntag, um dem Auferstandenen zu begegnen. So soll jeder Sonntag ein kleines Osterfest sein und sich so der Sonntag als der Herrentag in der Begegnung mit dem Auferstandenen in Wort und Sakrament im Gottesdienst erfüllen. Es ist für die Feier unserer Gottesdienste ein wichtiger Fingerzeig, dass Jesus hinter verschlossenen Türen zu den Jüngern kommt. Die Begegnung mit dem Auferstandenen ist kein öffentliches Ereignis mit Eventcharakter, sondern ein ganz persönliches Geschehen in der Gemeinschaft derer, die sich zu ihm bekennen. Zwar sollen wir ihm, wo wir können, den Weg bereiten, aber wir müssen nicht mit Gewalt versuchen, ihm alle verschlossenen Türen zu öffnen – seien sie nun von außen oder von innen verschlossen.

Daher ist es wichtig, im Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen sich gemäß der Agende in vertrauten Formen zu bewegen, um ein klares Profil zu bieten. Dem Einzelnen im Gottesdienst soll klarwerden: Hier ist Kirche, hier findet Kirche statt (ganz im Sinne der pfälzischen Synonymität von Kirche und Gottesdienst).

In der Beobachtung fällt auf, dass gerade Fernstehende mit der Erwartung eines traditionell geprägten Gottesdienstes diesen aufsuchen und neue Formen an dieser Stelle oftmals befremden und verunsichern. Dieselbe Beobachtung lässt sich in der Kerngemeinde machen. Die Tradition hat als Band zwischen allen Interessen ihren Platz im Hauptgottesdienst, ebenso gilt es, für die neueren Ausdrucksformen angemessene Formen zu finden.

Aus Wort und Sakrament im Gottesdienst lebt und gestaltet sich dann alles diakonische Handeln. [12]  Dies gilt es wieder zu gewinnen, sowohl für das christliche Handeln der Kirchengemeinden, als auch für die Diakonie an besonderen Orten.

4. Christliche Unterweisung

Der geistliche Niedergang unserer Kirche geht einher mit einer wachsenden Unkenntnis der christlichen Grundlagen: Bibel, Gesangbuch und Katechismus sind weithin zu Fremdkörpern und Nebensächlichkeiten in Leben und Lehre unserer Kirche geworden. Diese Vernachlässigung der fundamentalen Grundlagen, die noch vor wenigen Jahrzehnten selbstverständlich waren, führt zu einer christlichen Ahnungslosigkeit und zu bedenklichem theologischen Wildwuchs. Die einigende Mitte, die um das Wesentliche weiß, ist weithin verloren gegangen.

In Zeiten des Niederganges und des Zerfalls, die in der Kirchengeschichte lehrreiche Parallelen haben, ist eine theologische Kehrtwende unerlässlich. Die Flucht in die Tagespolitik, die Moralisierung und Sozialethisierung der kirchlichen Lehre haben die eigentliche Aufgabe vernachlässigt und das Wort vom Kreuz entstellt bzw. als eine – oft infantil anmutende – Torheit dargestellt.[13] Die rettende Botschaft des Evangeliums muss wieder einigender Mittelpunkt aller kirchlichen Bildungsarbeit werden.

Die Kehrtwende kann nur in einer Reduktion auf das Wesentliche bestehen: Die Werkzeuge dieser Reduktion sind Bibel, Gesangbuch und Katechismus. Hierin besteht der kirchliche Bildungsauftrag, dem alle anderen Experimente der vergangenen Jahrzehnte unterzuordnen sind.

Dies gilt auch in besonderem Ernst der Ausbildung des theologischen Nachwuchses im Predigerseminar: Diese Ausbildung ist an den Bedürfnissen der Gemeinden auszurichten und auf Wortverkündigung, Sakramentsverwaltung und Seelsorge zu konzentrieren. Der Gefahr der zunehmenden Ideologisierung kann nur mit vertieftem geistlichen Ernst begegnet werden: Ein gutes Vorbild besteht in den Predigerseminaren der Bekennenden Kirche – Vorbild ist hier z.B. das Wirken Bonhoeffers als theologischer Lehrer.

Ein wesentlicher Aspekt der kirchlichen Arbeit auf allen Ebenen ist die Verdiesseitigung der kirchlichen Lehre, die vom Salz der Erde zum Honigseim der Welt verkommen ist: Ãœber den Sorgen der Welt[14] ist die Ewigkeit vergessen worden. Diesem Transzendenzverlust ist entgegenzuwirken und auf das Entscheidende zu konzentrieren.[15]

5. Missionarischer Dienst

Es ist nicht in unser Belieben gestellt, ob wir missionarisch tätig sein wollen oder nicht! Was die Kirchenverfassung uns hier aufgibt, entspricht dem Auftrag Christi: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und lehret alle Völker. Taufet sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich Euch befohlen habe.“[16] Wir sollen also aktiv werden, um alle Menschen einzuladen zu einem Leben als Jünger Jesu!

Dieses Ziel ist nicht schon erreicht, wenn Menschen an ein höheres Wesen glauben oder das Wirken der historischen Person Jesus anerkennen. Dies gilt es, beim Umgang mit Andersgläubigen zu bedenken. Denn Jesus begründet seinen Missionsbefehl so: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Das heißt, Jesus allein ist der Herr. Und das Ziel von Mission ist, dass Menschen Jesus als Herrn anerkennen und ihm als Jünger nachfolgen. Im interreligiösen Dialog müssen wir also das Alleinstellungsmerkmal unseres Glaubens hochhalten, wie es durch die Taufe vergegenwärtigt ist. Jesus sagt: „Taufet sie!“ Aber das Ziel des missionarischen Dienstes ist nicht schon erreicht, wenn alle getauft und konfirmiert und Mitglied einer verfassten Kirche sind! Denn das sichtbare Zeichen der heiligen Taufe soll uns der Gnade Gottes gewiss machen, die uns durch die Menschwerdung Jesu Christi offenbart wurde. Nach Römer 6 werden wir durch die Taufe in den Tod hineingenommen, den Jesus erlitten hat, um uns von unseren Sünden zu erlösen. Der Auftrag unseres Herrn zielt also darauf, jeden einzelnen Menschen einzuladen, ihn als Erlöser anzunehmen.

Wenn unsere Landeskirche Hauptamtliche freistellt für das Volksmissionarische Amt und Beauftragungen für Missionswerke ausspricht, ist das zu begrüßen. Wo dies aber zu der Einstellung führt, der missionarische Dienst sei schon dadurch hinreichend abgedeckt, leidet unsere Kirche! Vielmehr müssen die einzelnen Christen gelehrt werden, missionarisch aktiv zu werden, also andere zum Glauben an Jesus Christus einzuladen!

Ob aber dazu die althergebrachten, parochialen Strukturen unserer Landeskirche allein ausreichend sind, um die Krise der Kirche zu wenden – zumal die Parochien durch die Auflösung von Pfarreien immer größer werden?! Statt sich mit dem Schrumpfen unserer Kirche im alten Gewand zu arrangieren, müssten wir dynamischer und missionarischer werden, um wieder zu wachsen. Wo dies in den alten Strukturen nicht möglich ist, oder wo solch missionarisches Zeugnis von Ehrenamtlichen unerwünscht ist, schlagen wir die Neugründung von Richtungsgemeinden vor, die nicht durch den Wohnort ihrer Mitglieder definiert werden, sondern durch die gemeinsame Ausrichtung auf den auferstandenen Herrn und Erlöser und durch das gemeinsame Ziel, Menschen für Jesus zu gewinnen. Wer davon überzeugt ist, wird sich persönlich einbringen und zur Finanzierung dieser Gemeinden auch auf neuen Wegen statt oder neben der Kirchensteuer beitragen.

In der Krise wird sich unsere Kirche so oder so verändern. Wenn wir den missionarischen Dienst vernachlässigen, wird sie weiter schrumpfen und verkümmern. Wenn wir aber das Zeugnis für Jesus Christus als Herrn und Heiland hochhalten und seinem Missionsbefehl nachkommen, gilt uns seine Verheißung: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“[17]

6. Christlicher Lebenswandel

„Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.“[18] Für einen christlichen Lebenswandel bedarf es des Wortes Gottes in der Heiligen Schrift. Danach gilt es, sein Leben zu gestalten, sowohl in der Kirchengemeinde als auch in allen alltäglichen Bezügen. Die Bergpredigt Jesu und die Zehn Gebote sind grundlegend. Der Katechismus der Evangelischen Kirche der Pfalz ist eine gute und kurze Unterweisung für „die christliche Glaubenslehre“ und „das christliche Glaubensleben“.

An zwei Geboten kann in besonderer Weise verdeutlicht werden, was gegenwärtig nottut.[19] Kinder Gottes leben gerne die Sonntagsheiligung, indem sie jeden Sonntag den Gottesdienst besuchen und von irdischer Arbeit lassen. Kinder Gottes halten an dem lebenslangen Treuebund und der Ausschließlichkeit der Ehe zwischen Mann und Frau fest.

Ein so ausgerichtetes Leben der erlösten Kinder Gottes bringt viel Freude und inneren Frieden, trotz manchem Leid, Anfechtung und Widerstand. So sind Christen „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“[20]. Hier gilt es für alle in der Gemeinde Verantwortlichen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Deshalb sind sie auch mit besonderem Augenmerk auszuwählen.[21]

7. Beteiligung am kirchlichen Leben

Gemeindeglieder finden Motivation und Freude zu einer Beteiligung am kirchlichen Leben vor allem dann, wenn die Kirche vor Ort präsent bleibt und im Pfarrhaus Licht brennt. Die Auflösung und Fusionierung von Kirchengemeinden und Pfarrämtern war in vielen Fällen falsch. Die Bildung von Pfarrteams für ganze Regionen bewirken weitere Entfremdung und lösen klare Zuordnungen auf. Gemeindearbeit lebt sehr stark durch Beziehungsarbeit und gemeinsames Leben mit den für Seelsorge Zuständigen. Nur so können christliche Lehre und christliches Leben zu einer Einheit werden. Denn „die Gemeinde hat den Beruf, durch Wort und Sakrament eine Pflanzstätte evangelischen Glaubens und Lebens und eine Gemeinschaft geschwisterlicher Liebe zu sein“[22].

Dazu bedarf es auch einer entsprechenden finanziellen Ausstattung der Kirchengemeinden. Der „Löwenanteil“ der Kirchensteuereinnahmen muss in den Gemeinden vor Ort ankommen und diese dürfen ihrer Bedeutung nach keinesfalls als Bittsteller gegenüber anderen Ebenen dastehen. Das ehrenamtliche Engagement muss vielfältiger und mit mehr Verantwortung ausgestaltet werden können. Und die Hauptaufgabe der Presbyterien ist es, dass sie die Gemeinde geistlich leiten. Mit den Geistlichen gilt es die Ausrichtung der Arbeit neu zu entdecken, denn sie tragen zu allererst „gemeinsam Verantwortung für die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Sakrament, die Seelsorge, die christliche Unterweisung, die Diakonie und Mission sowie für die Einhaltung der kirchlichen Ordnung“[23]. Überholte Strukturen gilt es zu überwinden und neue Strukturen zu schaffen. Nur dann, wenn die „Kirche im Dorf“ bleibt, können die kirchlichen Auflösungserscheinungen verlangsamt werden und Gemeindeaufbau neu entstehen. Macht die GEMEINDE stark, denn seit Jesus arbeitet Gott vor Ort bei den Menschen.

Die Erkennbarkeit evangelischer Gemeinden gilt es zu erhalten und zu stärken. Nicht als falsche Abgrenzung gegenüber Freikirchen oder gegenüber der katholischen Kirche, sondern um das reformatorische Profil zu erhalten, mit welchem uns im Reich Gottes ein großer Schatz anvertraut ist.

©  Im September 2020 herausgegeben von

Pfarrer Thorsten Grasse, Wilgartswiesen

Pfarrer Ulrich J. Hauck, Barbelroth

Pfarrer Hartmut Hopp, Zellertal

Pfarrer Dr. Ulrich Kronenberg, Speyer

Pfarrer Holger Müller, Barbelroth

Pfarrer Traugott Oerther, Schweigen-Rechtenbach

„In Sorge um unsere Pfälzische Landeskirche – Bilanz und Aufbruch anhand der Kirchenverfassung“ als Broschüre hier herunterladen.


Kontaktadressen:

Ulrich J. Hauck   
Im großen Sand 8
76889 Barbelroth
E-Mail: ulrich-xp@t-online.de       

Dr. Ulrich Kronenberg
Am Anger 5
67346 Speyer
E-Mail: ulrich.kronenberg@evkirchepfalz.de

[1] Zitate sind aus: Loewenich, Walther von: Die Geschichte der Kirche. Witten6 1962. S. 12 und 14.

[2] Lukas 22,20; 1. Korinther 11,25

[3] Markus 8,36

[4] Lukas 12, 16-21

[5] Heidelberger Katechismus, Frage 1

[6] Johannes 5,28; Matthäus 25,46

[7] Johannes 11,25f

[8] Johannes 4

[9] Psalm 145,10

[10] 1. Timotheus 2,1-4

[11] Johannes 20,19

[12] Grundlegend für das Verhältnis von Verkündigung und Diakonie ist die Vorgabe der Apostel, Apostelgeschichte 6, 1-7

[13] 1. Korinther 1,18

[14] Matthäus 13,22

[15] Matthäus 6,33; 16,26; Apostelgeschichte 10,33b u.v.a.m.

[16] Matthäus 28, 18-20

[17] Matthäus 28, 20b

[18] Jakobus 1,22

[19] Diese beiden Gebote wurden exemplarisch ausgewählt, weil an ihnen die Misere der Glaubenspraxis in der Kirche besonders augenscheinlich wird. Die Liebe zu Gott hängt am Halten seiner Gebote (1. Johannes 5,3).

[20] Matthäus 5,13f

[21] Siehe 1. Timotheus 3 und Titusbrief 1,5ff

[22] Kirchenverfassung § 5

[23] Kirchenverfassung § 13

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 11. September 2020 um 10:35 und abgelegt unter Kirche, Theologie.