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Salzburger Erklärung der IKBG/ICN

Dienstag 15. September 2015 von Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften


Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften

Die heutige Bedrohung der menschlichen Geschöpflichkeit und ihre Überwindung. Leben nach dem Schöpferwillen Gottes. Eine theologische Wegweisung der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften (IKBG/ICN)

Die vorliegende Erklärung wurde am 6. September 2015 auf dem VI. Ökumenischen Bekenntnis-Kongress der IKBG ohne Gegenstimme in Salzburg angenommen. Sie beruht auf einem Entwurf von Dozent Pfr. Dr. Werner Neuer, der durch ergänzende Mitwirkung von Mitarbeitern der Theologischen Kommission u.a. in die Endfassung gebracht wurde. Inhaltsangabe:

Einführung: Die heutige Bedrohung der menschlichen Geschöpflichkeit und die Notwendigkeit einer ökumenischen „Ökologie des Menschen

Was uns zu dieser Erklärung veranlasst [Nr. 1–5]

I Das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen als Fundament einer „Ökologie des Menschen“

Was wir zu Gottes Lob bezeugen und bekennen! [Nr. 6–12]

  1. Die Schöpfung als Geschenk der Liebe Gottes und der Lobpreis des Menschen [Nr. 7–8]
  2. Das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen [Nr. 9]
  3. Das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen als für alle christliche Kirchen verbindliche und zugleich vernünftige Offenbarungswahrheit [Nr. 10–12

II. Die gegenwärtigen Angriffe auf den Menschen und seine Geschöpflichkeit mit besonderer Berücksichtigung der Gender-Ideologie

Was wir vor Gott und Menschen beklagen! [Nr. 13–28]

  1. Die Bedrohung des menschlichen Lebens vor der Geburt [Nr. 13–14]
  2. Die Bedrohung des menschlichen Lebens nach der Geburt [Nr. 15]
  3. Die Bedrohung des Menschseins durch die Gender-Ideologie [Nr. 16–24]
  4. Die Konsequenzen der Gender-Ideologie für Vaterschaft und Mutterschaft, Ehe und Familie, Sexualität und Fortpflanzung [Nr. 25–28]

III. Die Notwendigkeit einer Neubesinnung auf das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen als Voraussetzung einer „Ökologie des Menschen“

Wozu wir vor Gott und Menschen aufrufen! [Nr. 29–34]

  1. Das Fehlen einer „Ökologie des Menschen“ und die Folgen in der Gesellschaft [Nr. 29–30]
  2. Die Neubesinnung auf die biblische Offenbarung als Voraussetzung einer „Ökologie des Menschen“ [Nr. 31]
  3. Die Wiedergewinnung einer „Ökologie des Menschen“ [32–34]

Einführung: Die heutige Bedrohung der menschlichen Geschöpflichkeit und die Notwendigkeit einer ökumenischen „Ökologie des Menschen“ [Nr. 1–5]

Was uns zu dieser Erklärung veranlasst.

1 Unsere Zeit ist seit der Entstehung der globalen ökologischen Bewegung in den 1970er Jahren durch eine große Sensibilität für die Bewahrung der Schöpfung gekennzeichnet. Die christlichen Kirchen haben die theologische Berechtigung dieses Anliegens längst anerkannt und unterstützen es. Papst Franziskus hat im Juni 2015 in seiner Enzyklika Laudato si die große Bedeutung der ökologischen Anliegen im Lichte der Bibel und der gesamtkirchlichen (nicht nur römisch-katholischen) christlichen Tradition eindrucksvoll bekräftigt und entfaltet.[i] Denn aus der jüdisch-christlichen Sicht der Welt als Schöpfung Gottes ergab sich von Anfang an die (leider oft nicht genügend beachtete) Konsequenz, der Schöpfung als einem großartigen Werk der Liebe Gottes mit tiefem Respekt und Wertschätzung zu begegnen und sie im Sinne Gottes zu erhalten und zu pflegen (Gen 1,28; Gen 2,15). Papst Benedikt XVI. hat in seiner Bundestagsrede am 22. September 2011 das Aufkommen der Ökologiebewegung mit den Worten gewürdigt: „Jungen Menschen war bewusst geworden, dass irgendetwas in unserem Umgang mit der Natur nicht stimmt. Dass Materie nicht nur Material für unser Machen ist, sondern dass die Erde selbst ihre Würde in sich trägt … Wir müssen auf die Sprache der Natur hören und entsprechend antworten.“[ii] Der Papst beklagte in seiner Rede allerdings eine Tatsache, die seiner Ansicht nach noch immer „weitgehend ausgeklammert wird: Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst machende Freiheit. Der Mensch macht sich nicht selbst!“[iii] Er ist Geschöpf und hat die Natur seines Menschseins zu beachten. „Ökologie des Menschen“ heisst, dass der Mensch seine eigene Natur angemessen behandelt (nicht nur die ihn umgebende Natur!), indem er die dem Menschen zu seinem Wohl gegebenen Schöpfungsordnungen und Gebote Gottes beachtet.[iv]

2 Mit der zitierten kritischen Feststellung vor dem Bundestag hat Papst Benedikt den Nagel auf den Kopf getroffen: Der erfreulich großen Sensibilität des heutigen Menschen für die ihn umgebende außermenschliche Schöpfung steht eine erschreckende Blindheit für den zerstörerischen Umgang des Menschen mit sich selbst und der ihm eigenen Geschöpflichkeit gegenüber! Der Anlass für diese Erklärung ist genau diese Tatsache. Als Christen unterschiedlicher Kirchen müssen wir heute feststellen, dass der Mensch als Schöpfung Gottes sogar in Friedenszeiten in nie da gewesener Weise bedroht ist! Während die Ökologie der menschlichen Umwelt inzwischen erfreulich reich entwickelt wurde, blieb ausgerechnet die Ökologie des Menschen und des Menschseins (die sog. „Humanökologie“) unterentwickelt. An ihre Stelle traten vernunftwidrige Ideologien, die den Menschen zutiefst gefährden, weil sie seiner Kreatürlichkeit widersprechen. Dadurch ist eine äußerst gefährliche Situation entstanden: Es droht heute nichts Geringeres als das, was der bekannte anglikanische Schriftsteller C. S. Lewis 1943 in geradezu prophetischer Voraussicht die „Abschaffung des Menschen“ durch den Menschen nannte![v] Ziel dieser Salzburger Erklärung ist es, die bislang vernachlässigte „Ökologie des Menschen“ wenigstens in Umrissen aufzuzeigen und darzulegen, was ein Leben nach dem Schöpferwillen Gottes in christlicher Sicht für die Bewahrung des Menschen und des Menschseins bedeutet.

3 Bei unvoreingenommener realistischer Betrachtung müssen wir heute zwei schwerwiegende Gefährdungen des Menschen feststellen:

  1. Zum einen droht dem heutigen Menschen mitten im Frieden eine so noch nicht da gewesene Vernichtung seiner Existenz durch Menschen: Vor allem am Anfang (vor der Geburt durch Abtreibung), aber auch gegen Endes ihres Lebens (durch die sog. aktive Sterbehilfe) sterben heute viele Menschen durch Menschenhand [s.u. Nr. 13–15].
  2. Zum anderen sind die kreatürlichen Grundlagen des Menschseins (und damit die menschliche „Natur“) elementar bedroht [s.u. Nr. 16–24]. Bedroht sind durch emanzipatorische Ideologien (Feminismus, Genderismus u.a.) ganz konkret die von Gott geschaffene und gewollte Zweigeschlechtlichkeit als grundlegende Voraussetzung von Ehe und Familie und damit auch die Würde des Menschen als Mann und Frau und als Vater und Mutter [Nr. 18–24]; und die Schöpfungsordnungen von Ehe und Familie und die Hinordnung der Sexualität auf die Weckung neuen Lebens als unverzichtbare Voraussetzungen jeder menschenwürdigen Gesellschaft und Zivilisation [Nr. 25–28].

4 Als Folge dieser beiden Bedrohungen des Menschen und der menschlichen „Natur“ sind zugleich die bisherigen ökumenischen Bemühungen und die angestrebte Einheit der christlichen Kirche in Wahrheit und Liebe bedroht, denn vor allem die protestantischen Kirchen reagieren sehr unterschiedlich auf die genannten Gefährdungen des Menschen. Es ist aber für die Glaubwürdigkeit des ökumenischen Anliegens unabdingbar, dass die Christen unbeschadet ihrer konfessionellen Unterschiede im zentralen Anliegen einer „Ökologie des Menschen“ mit einer Stimme sprechen – und zwar mit einer Stimme, die auch für Nichtglaubende nachvollziehbar ist. Denn wenn es um die Bewahrung des Menschen und des Menschseins geht, sind Nichtchristen genauso betroffen wie Christen. Wir sehen uns daher nicht nur aus schöpfungstheologischen und ökumenischen, sondern auch aus humanen Gründen veranlasst, diese Stellungnahme abzugeben.

5 Wir wollen unser Anliegen einer „Ökologie des Menschen“ in drei Teilen [I.–III.] entfalten, indem wir

  • zunächst das biblische Schöpfungszeugnis in Erinnerung rufen, weil es in der christlich-jüdischen Tradition die Grundlage der „Ökologie des Menschen“ ist (Teil I.),
  • dann den gegenwärtigen Angriff auf den Menschen und seine Geschöpflichkeit mit besonderer Berücksichtigung der Gender-Ideologie schildern (Teil II.)
  • und schließlich die Notwendigkeit einer Neubesinnung auf das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen als Voraussetzung einer „Ökologie des Menschen“ aufzeigen (Teil III.).

TEIL I: Das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen als Fundament einer „Ökologie des Menschen“

Was wir zu Gottes Lob bezeugen und bekennen [Nr. 6–12]

6 Weil der Mensch und die kreatürlichen Grundlagen des Menschseins heute wie nie zuvor bedroht sind (s.o. Einführung), sehen wir uns als Christen konfessionell unterschiedlicher Kirchen veranlasst, das für alle christlichen Kirchen verbindliche, heute aber höchst umkämpfte Schöpfungszeugnis der Bibel über den Menschen wieder neu in Erinnerung zu rufen. Denn das schon auf den ersten Seiten der Heiligen Schrift (in Gen 1–3) entfaltete Verständnis des Menschen als Geschöpf Gottes hat für die traditionelle christliche Theologie aller Konfessionen Offenbarungsqualität und daher auch Normativität. Darüber hinaus hat es auch die Kultur, die Rechtsordnung und das Ethos vieler Völker bis ins 20. Jh. hinein maßgeblich geprägt und ganz erheblich zu ihrem Wohle beigetragen. Es ist auch im 21. Jahrhundert um der Menschlichkeit der Gesellschaft willen unverzichtbar.

A. Die Schöpfung als Geschenk der Liebe Gottes und der Lobpreis des Menschen [Nr. 7–8]

7 Angesichts der gegenwärtigen Gefährdung und Preisgabe des biblischen Menschenbildes sehen wir uns zunächst zum Lobpreis und dankbaren Bekenntnis veranlasst, dass der dreieinige Gott uns Menschen durch seine Selbstoffenbarung in der Heiligen Schrift sowohl seine erlösende Liebe in der Menschwerdung und im Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Christi geoffenbart hat, als auch seine Schöpferliebe, die sich in der Gutheit, Schönheit und Herrlichkeit der Schöpfung und ihren Ordnungen und in seiner liebenden Fürsorge für die Menschen widerspiegelt. Als Christen können wir die „Schöpfung … nur als ein Geschenk“ begreifen, „das aus der offenen Hand des Vaters aller Dinge hervorgeht“.[vi] Dieses Geschenk ist uns Menschen gänzlich unverdient als Ausdruck der freien göttlichen Liebe anvertraut und veranlasst uns zunächst – noch vor allen ethischen Aufgaben! – zum staunenden Lobpreis angesichts der überwältigenden Weisheit und Schönheit, die sich in der Schöpfung kundtut und im Schöpfungslob der Psalmen ihren reichen Niederschlag gefunden hat (vgl. Ps 104, 136, 146), aber auch durch die wissenschaftliche Forschung in immer neuen Variationen zutage tritt. Für uns Christen ist – wie es Papst Franziskus treffend formuliert hat – die „Liebe Gottes … der fundamentale eweggrund der gesamten Schöpfung“.[vii] Umso beklagenswerter ist es, wenn der heutige Mensch aufgrund der „Nachtseite“ der Schöpfung oft den Blick dafür verliert und Gott den gebührenden Lobpreis versagt. Jede Ökologie des Menschen hat aber damit zu beginnen, dass das Wissen um die eigene Kreatürlichkeit den Menschen zu Lob und Dank veranlasst und verpflichtet (Röm 1,20f). Die Kirche hat dieses doxologische Fundament jeder „Ökologie des Menschen“ immer wieder in ihren Gebeten und Hymnen zum Ausdruck gebracht (vgl. den Sonnengesang des Franziskus von Assisi). Martin Luther hat es in seinem Kleinen Katechismus in das Bekenntnis gefasst: „Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält … mit allem, was nottut für Leib und Leben, mich reichlich und täglich versorgt … und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit: für all das ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin.“[viii] Wo der Mensch Gott den schuldigen Dank und Lobpreis versagt, ist auch der Keim gelegt für eine mangelnde Wertschätzung der Schöpfung, die wiederum zu einer Misshandlung oder Ausbeutung der Schöpfung führen kann.

8 Fundament einer christlichen „Ökologie des Menschen“ ist, den heute oft übersehenen Geschenkcharakter allen kreatürlichen Lebens in Erinnerung zu rufen: Bevor Gott dem Menschen etwas gebietet, beschenkt er ihn mit dem Leben und der Fähigkeit des Wirkens. Die Wertschätzung und Dankbarkeit für die uns Menschen geschenkten und anvertrauten Schöpfungsgaben ist die Voraussetzung aller „Ökologie des Menschen“! Denn erst dann können die sich aus der Schöpfung ergebenden ethischen Aufgaben angemessen entfaltet werden, um so eine wahrhafte Umkehr zu Gott dem Schöpfer und den von ihm geschaffenen Ordnungen zu ermöglichen.

B. Das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen [Nr. 9]

9 Die biblische Offenbarung lässt schon in ihren ersten Kapiteln (Gen 1–3) keinen Zweifel daran, dass Gott die Schöpfung insgesamt und den Menschen als sein spezielles Gegenüber in Freiheit und Liebe geschaffen hat. Aus diesem biblischen Befund ergeben sich folgende zehn fundamentale Aussagen über den Menschen als Geschöpf Gottes, die heute immer mehr angezweifelt oder geleugnet werden:

  1. Der Mensch ist als Ebenbild Gottes geschaffen (Gen 1, 26f.). Er hat damit die Berufung empfangen, Gottes wesenhafte und ewige Liebe widerzuspiegeln und an die Mitmenschen und die außermenschliche Kreatur weiterzugeben. Aus seiner besonderen Stellung als personales Gegenüber Gottes ergibt sich gegenüber der außermenschlichen Kreatur seine besondere Personwürde als Mensch. Diese ihm geschenkte Menschenwürde ist unverlierbar und unverdient. Sie ist Grundvoraussetzung jeder humanen Rechts- und Gesellschaftsordnung.
  2. Der Mensch ist nach dem biblischen Zeugnis als Mann und Frau Ebenbild Gottes (Gen 1,26f.). Es ist bemerkenswert, dass der biblische Text sowohl das Mannsein als auch das Frausein als unterschiedliche, aber reale Aspekte der Gottebenbildlichkeit bezeugt. In dieser Tatsache gründet die je eigene, unvertauschbare und unverlierbare Würde des Mannes und der Frau: Mann und Frau dürfen und sollen jeder für sich in der ihrem Wesen jeweils entsprechenden Weise und als liebende Gemeinschaft trotz aller menschlichen Gebrochenheit, Sündhaftigkeit und Vorläufigkeit das Geheimnis der urbildlichen selbstlosen und sich verschenkenden Liebe (Agape) von Vater, Sohn und Geist abbilden – insbesondere da, wo sie diese göttliche Liebe durch den Glauben an Christus empfangen haben und weitergeben (Röm 5,5; s.u. Nr. 31).
  3. Mann und Frau sind aufgrund ihrer leib-seelischen Verschiedenartigkeit (die sich nicht nur, aber auch in ihrer biologischen Befähigung zur Fortpflanzung zeigt) in der Ehe zu einer sich einzigartig ergänzenden und unverwechselbaren Gemeinschaft der vorbehaltlosen Liebe und Treue berufen (Gen 2,24), die ein Abbild von Gottes ewigem und unverbrüchlichen Liebesbund mit dem Menschen ist und daher von Gott als lebenslanger Bund gewollt ist (Mk 10,9; Röm 7,2; 1 Kor 7,39). Die Ehe ist eine von Gott zum Wohl des Menschen gestiftete Schöpfungsordnung.
  4. Die Ehe von Mann und Frau beinhaltet als Geist, Seele und Leib umfassende Gemeinschaft der vorbehaltlosen Liebe und Treue einerseits die liebevolle Ergänzung und gegenseitige Beglückung der Geschlechter nach Geist, Seele und Leib und andererseits die sexuelle Fortpflanzung (Gen 1,28) durch selbstlose und zugleich verantwortliche Akte der Liebe. Die Ehe als intime (und insofern zunächst private) Gemeinschaft von Mann und Frau darf daher nach biblischem Verständnis nicht als „Egoismus zu zweit“ missverstanden werden, sondern ist zugleich eine öffentliche und rechtliche Gemeinschaft, weil von ihr die Zukunft und das Wohlergehen von Staat und Gesellschaft abhängen.
  5. Mann und Frau sind befähigt und dazu berufen, in der Ehe durch die sexuelle Gemeinschaft Kindern das Leben zu schenken und so der Familie, dem Volk und der Menschheit eine menschenwürdige Zukunft zu ermöglichen (Gen 1,28). Dies begründet die besondere Würde des Mannes als Vater und der Frau als Mutter.
  6. Die biologisch-leibliche Verschiedenartigkeit von Mann und Frau ermöglicht nicht nur die Zeugung von Kindern, sondern auch die ganzheitliche Begleitung, Förderung und Erziehung der Kinder durch Vater und Mutter. Diese sind daher auch berufen, ihre jeweilige geistig-seelische Verschiedenheit als Mann und Frau kreativ und konstruktiv in den familiären Erziehungsprozess einzubringen. Vaterschaft und Mutterschaft sind daher nicht nur biologische Voraussetzung für die Entstehung von Kindern, sondern aufgrund ihrer geistig-seelischen Unterschiedlichkeit zugleich eine wesentliche Voraussetzung für die Identitätsfindung, Erziehung und Sozialisation der Heranwachsenden.
  7. Die aus der Ehe durch die Zeugung von Kindern entstehende Familie als Gemeinschaft von Eltern und Kindern ist in theologischer Sicht (ebenso wie die ihr zugrundeliegende Ehe, s.o. 3.) als Schöpfungsordnung anzusehen und darf nach wie vor auch empirisch als die beste Voraussetzung für Geborgenheit, Wohlergehen und Glück der nachwachsenden Generation betrachtet werden.
  8. Ehe und Familie beinhalten eine Jahre und Jahrzehnte lange Einübung in soziale Verhaltensweisen wie Respekt und Rücksichtnahme, Gerechtigkeit und Liebe und sind insofern die optimale Voraussetzung für ein gelingendes soziales Miteinander von Mann und Frau, von Eltern und Kindern und daher auch für ein gedeihliches Miteinander der Generationen in Staat und Gesellschaft. Die biblische Offenbarung bekräftigt in den Zehn Geboten die fundamentale Bedeutung von Ehe und Familie dadurch, dass ihnen drei Gebote (das 4., 6. und 10.) gewidmet sind.
  9. Aus den genannten kreatürlichen Gegebenheiten folgt, dass Ehe und Familie die natürlichen Keimzellen von Staat und Gesellschaft sind – eine Einsicht, die der christliche Glaube unbeschadet fundamentaler Unterschiedlichkeiten in religiöser und dogmatischer Hinsicht sogar mit den meisten nichtchristlichen Religionen und Kulturen teilt.
  10. Das gelingende Miteinander von Mann und Frau, Eltern und Kindern in der Familie hat nicht nur Bedeutung für Staat und Gesellschaft, sondern damit auch für die ganze Menschheit und deren Zukunft. Denn die Familie ist eine unerlässliche Voraussetzung für die Erfüllung des Kulturauftrages, die Erde von Generation zu Generation im Sinn der Gebote Gottes zu gestalten (Gen 1,28) und eine an den Maßstäben von Gerechtigkeit und Liebe ausgerichtete Zivilisation aufzubauen, welche die Menschenwürde und die Würde als Mann und Frau, als Vater und Mutter achtet und sie vor Bedrohungen aller Art schützt.

C. Das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen als für alle christlichen Kirchen verbindliche und zugleich vernünftige Offenbarungswahrheit [Nr. 10–12]

10 Wir sind uns bewusst, dass die dargelegten Aspekte des biblischen Schöpfungszeugnisses in und außerhalb der Kirche stets umkämpft und durch den menschlichen Egoismus bedroht waren und sind. Allzu oft wurde und wird Gottes guter Schöpferwille auch von Christen durch Versagen und Scheitern verdunkelt oder gar mit Füßen getreten. Solches Scheitern ist nicht Anlass zu verurteilendem Moralismus, sondern zur barmherzigen zurechthelfenden Liebe (vgl. Lk 6,36). Aber alles Versagen ändert nichts daran, dass sich der vor allem in den Zehn Geboten (Ex 20, Dtn 5) bekundete Schöpferwille Gottes durch die Jahrtausende hindurch als eine das Wohl und Glück des Menschen fördernde und bewahrende ethische Wegweisung erwiesen hat, die sich auch global in der Lebenserfahrung vieler Menschen unterschiedlichster Kulturen und in zahlreichen empirischen Studien auf eindrucksvolle Weise als lebensdienlich und vernünftig bestätigt hat.[ix] Im Übrigen kann kein menschliches Versagen die durch Erfahrung und Vernunft reichlich bestätigte grundlegende Geltung der Offenbarung und der Gebote Gottes infrage stellen.

11 Wir sehen daher in den genannten biblischen Grundüberzeugungen verbindliche Wahrheiten, die für die Kirche Jesu Christi nicht verhandelbar sind, weil sie in der biblischen Selbstoffenbarung des dreieinigen Gottes gründen und sich zudem in der geschichtlichen Erfahrung als dem Menschen zutiefst angemessen, hilfreich und vernünftig bewährt haben: Gott hat sie den Menschen in der Bibel aus Liebe geoffenbart, damit sie mit der ihnen anvertrauten Geschöpflichkeit angemessen, d.h. dem Schöpferwillen Gottes gemäß, umgehen können.

Wir danken Gott für die Gutheit, Schönheit und Herrlichkeit seiner Schöpfung und für die ihr eingestifteten guten, weil dem Leben dienlichen kreatürlichen Ordnungen. Lobpreis und Zeugnis der Kirche werden nicht aufhören, den geoffenbarten Schöpferwillen Gottes zu rühmen und auch und gerade dann zu bekennen, wenn dieses Zeugnis immer mehr auf Widerspruch von Menschen stösst oder gar abgelehnt wird. Als Glieder der Kirche sehen wir uns zu diesem Lobpreis und Bekenntnis um Gottes und der Menschen willen verpflichtet, weil wir von der Wahrheit und bleibenden Geltung der biblischen Sicht der Geschöpflichkeit überzeugt sind und Menschsein, Menschenwürde und Menschlichkeit daher bedroht sehen, wenn das biblische Menschenbild preisgegeben wird.

12 Immerhin wurden die genannten biblischen Grundüberzeugungen von den christlichen Kirchen trotz ihrer unterschiedlichen katholischen, orthodoxen und protestantischen Konfessionalität bis weit in das 20. Jahrhundert hinein als fundamentale Gemeinsamkeit aller Christen (im Sinne eines magnus consensus) festgehalten, zumal sie sogar in der vor- und außerchristlichen Naturrechtstradition in wesentlichen Punkten Bestätigung fanden![x] Dieses gemeinsame biblische Zeugnis ist heute in einer Weise wie nie zuvor bedroht, weil einflussreiche Gruppen vor allem im Protestantismus unter dem Einfluss des Zeitgeistes diese Gemeinsamkeit christlicher Kirchen aufkündigen und damit die vorhandenen Spaltungen in den Kirchen vertiefen. Dadurch ist nicht nur das ökumenische Bemühen um ein Einswerden der Kirchen im Kern gefährdet, sondern auch die Einheit in den einzelnen Kirchen. In Bezug auf das biblische Schöpfungszeugnis vom Menschen geht längst ein schmerzlicher Riss durch die Kirchen Europas und Nordamerikas, der ein gemeinsames Zeugnis der Christen und der christlichen Kirchen gegenüber den säkularen Gesellschaften und Weltanschauungen und den nichtchristlichen Religionen immer weniger möglich macht. Dies soll der folgende Teil (II.) verdeutlichen.

TEIL II: Die gegenwärtigen Angriffe auf den Menschen und seine Geschöpflichkeit mit besonderer Berücksichtigung der Gender-Ideologie

Was wir vor Gott und Menschen beklagen: [Nr. 13–28]

Die im I. Teil herausgearbeiteten Grundaspekte der biblischen Sicht der menschlichen Geschöpflichkeit werden heute vielfach radikal in Frage gestellt oder gar heftig bestritten. Wir wollen im folgenden zunächst die besonders gravierenden tödlichen Bedrohungen des Menschen als Geschöpf Gottes hervorheben [13–14.] und dann auf die Bedrohungen der menschlichen Geschöpflichkeit eingehen [14.ff.]

A. Die Bedrohung des menschlichen Lebens vor der Geburt [Nr. 13–14]

13 Der Mensch wird heute vielfach nicht mehr in seiner von Gott gegebenen Sonderstellung als verantwortliches Gegenüber Gottes gesehen, dem das strikte Gebot „Du sollst nicht töten!“ (Ex 20,13) gegeben ist, dessen Leben nach biblischem Verständnis schon vor der Geburt unter der Fürsorge und dem besonderen Schutz Gottes steht (vgl. Ps 139, 13ff.; Jer 1,5; Lk 1,44) und deshalb absolut unverfügbar ist. Stattdessen wird der Mensch häufig in falsch verstandener Autonomie als ein zur schrankenlosen Selbstbestimmung berufenes Wesen verstanden. Diesem Ideal der Selbstbestimmung oder Selbstverwirklichung wird heute in Europa und Nordamerika erschreckend häufig nicht nur die Würde, sondern sogar das Leben und Lebensrecht des Menschen vor und nach der Geburt geopfert.

14 Trotz der lobenswerten Bemühungen um Bewahrung der außermenschlichen Schöpfung (Tier-, Pflanzen-, Umwelt- und Klimaschutz) und trotz der theoretischen Hochschätzung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit ist das menschliche Leben vor der Geburt auf mannigfache Weise bedroht:

1. So gilt beispielsweise vielen Menschen die Abtreibung ungeborener Kinder als legitimer Ausdruck der propagierten und beanspruchten Selbstbestimmung der Frau. Wir beklagen, dass inmitten fast aller demokratisch verfassten Industrieländer trotz ihres Anspruchs auf Rechtstaatlichkeit nun schon seit Jahrzehnten die Massenabtreibung Ungeborener geduldet, schweigend hingenommen oder sogar als „Recht“ beansprucht wird. Jährlich fallen laut Statistiken weltweit über 40 Millionen Kinder dieser massenhaften Tötung zum Opfer. Die Abtreibung ist in der Sterbestatistik längst weltweit zur Haupttodesursache (vor Hunger, Krankheiten, Unfällen oder Selbsttötungen) geworden.[xi] Als Christen können wir uns mit dieser Situation nicht abfinden. Wir beklagen die ungezählten Kinder, die bereits Opfer dieser Massentötung geworden sind und fordern mit allem Nachdruck ein Ende aller gesetzlich legitimierten oder geduldeten Tötungen!

2. Besonders beklagenswert ist die heute herrschende Praxis, kranke und behinderte Kinder durch pränatale Diagnostik systematisch „aufzuspüren“ und abzutreiben. Auch wenn wir die mit schweren Behinderungen einhergehende Last der Angehörigen nicht bagatellisieren wollen, müssen wir ganz klar feststellen: Eine Gesellschaft, die das Lebensrecht von kranken und behinderten Kindern vor der Geburt infrage stellt, untergräbt ihre ethischen und rechtsstaatlichen Fundamente! Wo das Lebensrecht der ungeborenen Kranken und Behinderten mit Füßen getreten wird, kann es auch für geborene Behinderte nicht mehr plausibel gemacht werden. Eine solche Gesellschaft – wie hoch ihr technologischer Standard auch sein mag – befindet sich auf dem Weg der Verrohung und Barbarei!

3. Zu den genannten Beispielen kommen weitere Formen der vorgeburtlichen Tötung, die in unserer Gesellschaft inzwischen weitgehend akzeptiert sind. Dazu gehört z.B. der Gebrauch von sog. Verhütungsmitteln (wie die „Pille danach“ oder die „Spirale“), die in Wirklichkeit nicht die Empfängnis, sondern die Einnistung des bereits befruchteten Eies in die Gebärmutter verhindert.[xii] Da das Menschsein mit der Befruchtung beginnt, handelt es sich bei einer solchen Nidationshemmung um eine Tötung im Frühstadium menschlichen Lebens. Wir beklagen, dass solche Formen des Tötens vor der Nidation heute vielfach überhaupt nicht mehr als Tötungen von Menschen wahrgenommen oder verworfen werden, weil der biologisch eindeutige Beginn menschlichen Lebens mit der Vereinigung von Ei- und Samenzelle bei der Befruchtung von vielen heute ignoriert oder nicht mehr anerkannt wird.

4. Eine ethisch verwerflicher leichtfertiger und verantwortungsloser Umgang mit ungeborenem Leben erfolgt ferner durch die Technik der Reagenzglasbefruchtung. Denn sie beruht darauf, dass zahlreiche Embryonen gezeugt werden, obwohl sie entweder kaum eine Überlebenschance haben (weil nur ein kleiner Bruchteil der gezeugten Embryonen bis zur Geburt überlebt) oder (in manchen Ländern) durch das PID-Verfahren vor der Einpflanzung in die Gebärmutter bewusst getötet werden, wenn sie nicht bestimmte „Qualitätsmerkmale“ aufweisen.[xiii]

B. Die Bedrohung des menschlichen Lebens nach der Geburt [Nr. 15]

15 Auch das menschliche Leben nach der Geburt ist heute in den Industrieländern in hohem und leider wachsendem Maße bedroht: Nachdem die sog. aktive Sterbehilfe (Euthanasie) in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg bereits legalisiert ist, gibt es weitere Bestrebungen, sie europaweit und schließlich weltweit einzuführen. Damit wäre nach dem in Europa weitgehend verlorenen Rechtsschutz für die ungeborenen Menschen ein weiterer Dammbruch erfolgt und die „Kultur des Todes“ (Johannes Paul II.) weiter vorangeschritten.[xiv] So wie es dem Menschen verwehrt ist, am Beginn menschlichen Lebens tötend einzugreifen, so ist es ihm auch untersagt, dies am Ende des Lebens zu tun! Durch all diese Tötungen maßt sich der Mensch an, an die Stelle Gottes des Schöpfers zu treten, des alleinigen Herrn über Leben und Tod. Im Falle der Euthanasie ist ein solcher Eingriff besonders verwerflich, weil die Möglichkeiten der modernen sog. Palliativmedizin, die sich auf unheilbar kranke und sterbende Menschen spezialisiert, in den letzten Jahrzehnten enorm fortgeschritten sind (z.B. in Bezug auf Schmerzbekämpfung). Die internationale Hospizbewegung, in der auch viele Christen mitarbeiten, versucht diese Erkenntnisse in bemerkenswerter Weise als Alternative zur Euthanasie zu verwirklichen. Die christlichen Kirchen stehen also auch in der säkularen Gesellschaft keineswegs allein, wenn sie sich für eine menschenwürdige Sterbebegleitung anstelle einer bewussten aktiven Beendigung des Lebens durch die sog. „aktive Sterbehilfe“ einsetzen. Noch ist es nicht soweit, dass sich die Forderung nach Euthanasie europa- oder weltweit durchgesetzt hätte! Wir rufen daher alle christlichen Kirchen dazu auf, sich einem solchen weiteren Dammbruch entschlossen zu verweigern und zu versuchen, ihn zu verhindern! Zugleich gilt es, die enorme Herausforderung anzunehmen, als Christen der immer größeren Schar von hilfsbedürftigen Sterbenden und unheilbar Kranken in unserer Gesellschaft beiseite zu stehen, ihnen die Hoffnung des Glaubens zu bezeugen und die nötige Hilfe für ein menschenwürdiges Sterben nach Geist, Seele und Leib zukommen zu lassen.

C. Die Bedrohung des Menschseins durch die Gender-Ideologie [Nr. 16–24]

16 Außer den genannten, die Existenz vernichtenden tödlichen Bedrohungen des Menschen als Geschöpf Gottes haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten jene Bedrohungen des Menschseins und der menschlichen Geschöpflichkeit verstärkt, die den Menschen zwar nicht mit dem physischen Tod bedrohen, aber ihn in seinem von Gott gewollten kreatürlichen Wesen zu pervertieren suchen, so dass man geradezu von dem Versuch einer Abschaffung des Menschen sprechen muss. Die oben in zehn Punkten zusammengefassten Merkmale der menschlichen Kreatürlichkeit [I. 1–10] sind– wie die folgenden Ausführungen zeigen – heute z.T. in nie dagewesener Weise bedroht.

17 In den letzten 20 Jahren war und ist es vor allem die Ideologie des Genderismus, die in Fortsetzung und Radikalisierung der Überzeugungen des Feminismus und der Homosexuellenbewegung die Axt an das jüdisch-christliche Menschenbild gelegt hat, indem sie die für die Bibel fundamentale Zweigeschlechtlichkeit des Menschen und damit die Polarität von Mann und Frau bestreitet und diese Verneinung der Geschlechtlichkeit nun in Form der sog. „Gender-Mainstreaming“- Programmatik in einer geradezu totalitären Weise weltweit durchzusetzen sucht.

18 Der folgende Exkurs soll die tragenden Überzeugungen des Genderismus wenigstens skizzenhaft darlegen:

1. Kernüberzeugung des Genderismus ist die Auffassung, daß das „Geschlecht“ des Menschen keine biologische, d.h. natürliche, schöpfungsmäßige Gegebenheit ist (was im Englischen mit dem Begriff sex ausgedrückt wird), sondern letztlich eine soziologische, d.h. vom Menschen beliebig konstruierbare und wählbare Identität (was im Englischen mit dem Begriff gender ausgedrückt wird). Nach dieser Auffassung gibt es daher nicht eine natürliche Vorgegebenheit von Mannsein und Frausein, also zwei in ihrem Wesen und Erscheinungsbild unterschiedlichen Geschlechtern, sondern eine – je nach Option der jeweiligen Person – grundsätzlich nicht festlegbare Vielzahl von geschlechtlichen Identitäten, zumal nach der Genderideologie die jeweilige sexuelle Orientierung Teil der geschlechtlichen Identität ist, was maßgeblich zu deren Pluralisierung beiträgt: Die hauptsächlich gemeinten sexuellen Orientierungen werden in den Formeln LGBT (d.h. Lesbian, Gay, Bisexual und Trans [-gender bzw. -sexual]) oder LSBTTIQ (d.h. lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle und queere Ausprägungen von Sexualität) zusammengefasst.[xv] Alle diese sexuellen Ausrichtungen werden im Genderismus als gleichwertige Alternativen zur Heterosexualität angesehen, die in der traditionellen Ehe und Familie ihre natürliche Konkretisierung findet. Die neue Auffassung des Geschlechtlichen als eine die Dualität von Mann und Frau sprengende Vielheit von selbst bestimmten Ausprägungen beinhaltet zugleich also eine prinzipielle Vielheit sexueller Lebensformen, die als ebenso gleichwertig angesehen werden sollen wie die traditionelle Ehe und Familie.

2. Geistige Urheberin dieser Ideologie ist die amerikanische Professorin für Rhetorik und Philosophie Judith Butler, deren 1990 publiziertes Buch Gender Trouble – Feminism and the Subversion of Identity für die geistige Fundierung des Genderismus grundlegend war.[xvi] Durch Aufhebung des Inzestverbotes und Ausmerzung aller „heterosexistischen Signaturen“ in allen Bereichen will Butler die Normalität von Geschlechterpolarität (d.h. von Mannsein und Frausein, Vaterschaft und Mutterschaft), von Heterosexualität, von Ehe und Familie aufheben und deren angebliche Natürlichkeit als Fiktion bzw. als rein sprachliches Konstrukt entlarven.[xvii]

3. Die geistige Wirkung von Butlers Genderismus auf die Industriegesellschaften des Westens war und ist enorm: Binnen weniger Jahre entstanden unter starker Einflussnahme grüner und linker Parteien, Bewegungen und Gruppen (in den deutschsprachigen Ländern v.a. seit 2000) zahlreiche Lehrstühle und Forschungszentren für sog. Gender Studies (in Deutschland inzwischen über 200!). Der im Namen sog. „Wissenschaft“ seither ausgeübte Einfluss auf Kultur, Gesellschaft (v.a. auf Erziehung und Ausbildung der Heranwachsenden) und Politik ist beträchtlich, obwohl der wissenschaftliche Anspruch höchst zweifelhaft und keineswegs allgemein anerkannt ist.[xviii] Die Beeinflussung der Denkweisen und Mentalitäten von v.a. jungen Menschen kann schon jetzt kaum überschätzt werden, obwohl diese Beeinflussung auch auf Widerstand im Namen des „gesunden Menschenverstandes“ stößt.

4. Die geistige Wirkung des Genderismus wird verstärkt durch eine gezielt eingesetzte Manipulation der überlieferten Sprache im Sinne einer sog. geschlechtsneutralen Sprache, die zunächst alle vermeintlich männlichen Begriffe und Spracheigentümlichkeiten im Sinne einer „feministischen Linguistik“ ausmerzt, um schließlich dann eine Sprache zu konzipieren, die im Sinne eines „Genderspeaks“ vermeintlich „geschlechtsneutral“ ist.[xix] Dadurch können z.B. Begriffe wie „Vater“ oder „Mutter“, die durch die traditionelle Gechlechterpolarität bestimmt sind durch den geschlechtsneutralen Begriff „Elter“ ersetzt werden. Die beschriebene Sprachmanipulation ist durchaus normativ gemeint und erhebt (z.T. bereits mit Erfolg) den Anspruch, die Sprachgestalt von Gesetzen und administrativen Verordnungen immer mehr zu bestimmen und sich zu einer verordneten Sprache zu entwickeln, die dem Bürger mehr und mehr die Freiheit zum gewohnten eigenen Sprachgebrauch nimmt.

5. Die ideologische Beeinflussung der Menschen durch den Genderismus ist vor allen Dingen dort von ganz erheblicher Bedeutung, wo sie die Sexualerziehung von Kindern betrifft. Geradezu empörend ist das Konzept der sog. „Sexualpädagogik der Vielfalt“ (das teilweise bereits in die Standards der Weltgesundheitsorganisation WHO eingegangen ist), bei dem bereits Kleinkinder zu sexuellen Stimulationen angeregt werden, die Kinder allgemein zur sog. „sexuellen Selbstbestimmung“ angeleitet werden und vielfältige Formen von Sexualverhalten als gleichwertig akzeptieren sollen.[xx]

6. Die von vielen noch immer unterschätzte politisch-gesellschaftliche Wirkung des Genderismus ist – obwohl keineswegs demokratisch legitimiert! – außerordentlich groß: Sie erfolgt auf der UN-Ebene,[xxi] auf der EU-Ebene[xxii] und auf nationaler Ebene[xxiii] und bestimmt die gegenwärtige Politik v.a. in Europa und der westlichen Welt schon jetzt auf umfassende Weise: Die für den Genderismus grundlegende Bestreitung der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen hat die geradezu kulturrevolutionäre gesellschaftspolitische Konsequenz, in den Erziehungseinrichtungen des Staates alle nicht-heterosexuellen Sexual- und Lebensformen normativ der Heterosexualität gleichzustellen und den besonderen Rang von Ehe (als exklusiver Gemeinschaft von Mann und Frau) und Familie (als exklusiver Gemeinschaft von Eltern und Kindern) als Fundament eines menschenwürdigen und zukunftsfähigen Staatswesens aufzuheben. Die radikalen Auswirkungen der Gender-Ideologie auf die Staatenwelt zeigen sich z.B. in der Tatsache, dass bis zum Jahr 2015 innerhalb von nur 14 Jahren die Institution der Ehe in ca. 20 Staaten juristisch für homosexuelle Lebensformen geöffnet wurde,[xxiv] obwohl sie in der gesamten bisherigen Menschheitsgeschichte als exklusive Gemeinschaft von Mann und Frau verstanden wurde.

19 Die Genderideologie bietet durch ihre radikale Infragestellung von Mannsein und Frausein, Mutterschaft und Vaterschaft, Ehe und Familie nicht nur in theologischer Sicht mannigfache Angriffsflächen (s.u. Nr. 20; 25–27), sondern auch in nichtreligiöser (z.B. naturwissenschaftlich-empirischer[xxv] oder philosophischer Hinsicht[xxvi]). Auch ihre individual- oder sozialethischen Konsequenzen sind (ganz unabhängig von speziell christlichen Überzeugungen) zutiefst problematisch. Als verantwortungsvolle Staatsbürger protestieren wir energisch gegen den geradezu totalitären, demokratisch in keiner Weise legitimierten Versuch, die Genderagenda vom Kleinkindalter an in Europa und der Welt durchzusetzen. Wir verwahren uns entschieden gegen das von der Genderideologie geplante Programm einer Umerziehung des Menschen und den damit verbundenen Eingriff in Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit.

20 So sehr wir als Christen für die zahlreichen nicht spezifisch christlichen, aber vernünftigen Einwände gegen den Genderismus von Seiten der Naturwissenschaft, Philosophie oder Ethik offen und dankbar sind, liegt der Schwerpunkt unserer Kritik als Christen darin, dass die Anthropologie der Genderideologie völlig unvereinbar ist mit dem Menschenbild der biblischen Offenbarung. Nach dem biblischen Menschenbild ist die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen für sein Menschsein konstitutiv (s.o. Nr. 9.2). Nicht nur die expliziten biblischen Aussagen über den von Gott in Liebe geschaffenen Menschen, sondern die gesamte Heilige Schrift vom ersten bis zum letzten Kapitel setzen die Polarität der Geschlechter voraus. Mannsein und Frausein, Vaterschaft und Mutterschaft, Sexualität und Fruchtbarkeit, Ehe und Familie als von Gott gestiftete Schöpfungsordnungen zum Wohle des Menschen sind nach biblischem Verständnis unverzichtbare Grunddaten der Anthropologie und Schöpfungstheologie, die im Wesentlichen nicht nur von den Christen und christlichen Kirchen, sondern auch vom Judentum (und darüber hinaus von vielen Menschen mit anderen religiösen Überzeugungen!) geteilt werden. Wir Christen sehen in diesen geschöpflichen Vorgaben der biblischen Offenbarung daher das Fundament einer „Ökologie des Menschen“, von dessen Anerkennung und Entfaltung eine wahrhaft menschliche, d.h. dem Menschen gemäße Zukunft abhängig ist. Eine Infragestellung oder gar Zerstörung dieses Fundamentes aber führt zur Abschaffung des Menschen in dem von Gott gewollten und geschaffenen Sinn. Die Dualität des Menschen als Mann und Frau ist nämlich nicht eine bloß der Fortpflanzung dienende und insofern rein funktionale Eigenschaft des Menschen, sondern – viel mehr! – ein Abbild des liebenden Wesens des dreieinigen Gottes, der den Menschen als sein Ebenbild zur Liebe berufen hat: Diese Liebe soll als geschenkte Liebe (Röm 5,5) nicht nur, aber in besonderer Weise im Miteinander von Mann und Frau, d.h. z.B. konkret in der Ehe als einer Gemeinschaft der Liebe, und im Miteinander von Eltern und Kindern, d.h. in der Familie als eine um Kinder „erweiterte“ Gemeinschaft der Liebe Gestalt annehmen.[xxvii] Die Zweigeschlechtlichkeit von Mann und Frau verdeutlicht also in besonderer Weise die Berufung des Menschen zum liebenden Miteinander und Füreinander! Diese kann nur verwirklicht werden, wenn Mann und Frau einander jene unbedingte Liebe und Treue erweisen, die in einzigartiger Weise in der Ehe Gestalt annimmt und in der sexuellen Gemeinschaft in besonderer Weise die Entstehung neuen Lebens als eine besonders schöne und nachhaltige Frucht der Liebesgemeinschaft eröffnet und Mann und Frau mit der Würde der Vaterschaft und Mutterschaft beschenkt. Durch den Lebenszusammenhang von ehelicher Liebe und Fortpflanzung erfüllen Mann und Frau in besonderer Weise ihre Berufung zur Liebe – zu einer Liebe, die sich durch die Entstehung von Kindern als eine wahrhaft schöpferische Potenz erweist, indem sie an der Erschaffung neuen Lebens mitwirkt: Die Erweiterung der Ehe zur Liebesgemeinschaft von Eltern und Kindern in der Familie, macht deutlich, wie sehr die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen die unabdingbare Grundlage für die Realisierung von Liebe in Ehe und Familie als Grundlage einer menschenwürdigen Zukunft der Menschheitsfamilie ist.

21 Die Verleugnung der Geschlechterdualität im Genderismus mit der ihr folgenden Relativierung von Ehe und Familie zeigt, wie sehr in der Gender-Ideologie der Gedanke der personalen Freiheit den der Liebe verdrängt hat: Der die Vorgaben seines Schöpfers ignorierende libertinäre Selbstentwurf des Menschen, der seine sog. „geschlechtliche Identität“ eigenmächtig wählt, tritt an die Stelle der von Gott gewollten liebenden Beziehung von Mann und Frau und verfehlt dadurch die Liebe als Ursprung und Ziel jeder christlichen und zugleich wahrhaft humanen „Ökologie des Menschen“! Gleichzeitig ignoriert sie die Liebe Gottes als Ursprung und Ziel der menschlichen Existenz. Mit der Trennung von Freiheit und Liebe verfehlt der Mensch jenes unauflösliche Miteinander von Liebe und Freiheit, die für das Wesen des dreieinigen Gottes charakteristisch ist. Hier gilt die Warnung von Papst Benedikt XVI.: „Wo die Freiheit des Machens zur Freiheit des Sich-selbst-Machens wird, wird notwendigerweise der Schöpfer selbst geleugnet und damit am Ende auch der Mensch als göttliche Schöpfung, als Ebenbild Gottes im Eigentlichen seines Seins entwürdigt.“[xxviii] Das völlige Fehlen der Dimension der Liebe in der Gender-Ideologie unterstreicht auf schmerzliche Weise, wie weit diese vom christlichen Denken entfernt ist, dessen innere Mitte – auch dort, wo es um die Schöpfung geht! – stets die in Christus offenbare Liebe ist.

22 Die genannten Andeutungen mögen genügen, um zu zeigen, daß der Genderismus das biblische Verständnis des Menschen als ein zur Gemeinschaft und Liebe berufenes Geschöpf völlig verfehlt! Mit der Gender-Ideologie geht eine Zerstörung des biblischen Verständnisses von menschlicher Geschöpflichkeit und Liebe einher, die sowohl den Charakter der christlichen Ethik als Schöpfungsethik als auch deren Merkmal als Liebesethik die Grundlage entzieht. Die christliche Kirche kann daher, wenn sie der Heiligen Schrift und ihrem Bekenntnis treu bleiben will, den Genderismus nur in aller Deutlichkeit zurückweisen! Das Ziel einer „Ökologie des Menschen“ und die Gender-Ideologie schließen einander aus!

23 Am eklatantesten und offensichtlichsten verfehlt der Genderismus die menschliche Kreatürlichkeit durch seine weitgehende Ignoranz gegenüber der offenkundig geschlechtlich strukturierten Leiblichkeit des Menschen, die – von seltenen Fehlentwicklungen abgesehen – weltweit in entweder männlicher oder weiblicher Gestalt vorliegt. Das biblische Zeugnis von der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen ist ja kein unanschaulich bleibender, „blind“ zu akzeptierender Glaubenssatz, sondern beruht auf einer sinnenfälligen Tatsächlichkeit, die jeder sehfähige Mensch täglich vor Augen hat und deren biologische Evidenz vom Augenschein bis zur mikrobiologischen Stufe der Körperzelle mit vernünftigen Argumenten nicht bestritten werden kann.[xxix] Dass aufgrund des Leib-Seele-Zusammenhangs damit auch ein signifikanter geistig-seelischer Unterschied zwischen den Geschlechtern besteht, ist kein bloßes Postulat, sondern aufgrund einer Fülle von empirischen Studien gesichert.[xxx]

24 Angesichts der angeführten Befunde und angesichts der mit starkem politischem Druck forcierten Gender-Mainstreaming-Agenda ist die Christenheit zum entschiedenen Widerstand gerufen! Zugleich sollte sie durch Aufdeckung der Irrtümer der Gender-Ideologie (v.a. ihrer Schöpfungswidrigkeit) zur Überwindung dieser Ideologie beitragen, die nicht nur dem jüdisch-christlichen Menschenbild, sondern in vieler Hinsicht auch einem verbreiteten sensus communis widerspricht. Wir begrüßen daher die eindeutigen Stellungnahmen von Papst Franziskus[xxxi] und seinem Vorgänger Benedikt XVI.[xxxii] gegen den Genderismus ebenso wie die klaren Hirtenbriefe der Bischofskonferenzen der Slowakei,[xxxiii] Polens,[xxxiv] Portugals[xxxv], Ungarns, Kroatiens und Norditaliens[xxxvi] sowie des Bischofs Huonder vom Bistum Chur (Schweiz).[xxxvii] Darüber hinaus verweisen wir auf die von Christen unterschiedlicher Konfessionen getragene bekenntnisökumenische Erklärung „Widersteht der Gender-Ideologie“[xxxviii] und andere kritische Gender-Stellungnahmen christlicher Gruppen und Autoren.[xxxix] Umso mehr bedauern wir, dass in der evangelischen Theologie[xl] und in der EKD teilweise eine Bejahung der Gender-Ideologie festzustellen ist, die durch die Eröffnung eines Studienzentrums für Genderfragen in Hannover im April 2014 sogar institutionell verankert wurde.[xli] Denn diese Tatsache verunmöglicht – jedenfalls zur Zeit – jene dringend zu wünschende und eigentlich notwendige gemeinsame ökumenische Sicht und Stellungnahme gegenüber der Gender-Ideologie, die die Kirche den heutigen Menschen schuldet.

D. Die Konsequenzen der Gender-Ideologie für Vaterschaft und Mutterschaft, Ehe und Familie, Sexualität und Fortpflanzung [Nr. 25–28]

25 Mindestens so beklagenswert und bedenklich wie die Gender-Ideologie als solche sind die daraus folgenden Konsequenzen für das Verständnis von Vaterschaft und Mutterschaft, Ehe und Familie, Sexualität und Fortpflanzung, deren rechtes Verständnis für eine „Ökologie des Menschen“ von größter Tragweite ist:

26 Da die Gender-Ideologie Mannsein und Frausein als Grundaspekte des Menschseins verneint, haben auch Vaterschaft und Mutterschaft ihre Bedeutung für das Menschenbild verloren. „Vaterschaft“ und „Mutterschaft“ hören auf, das Menschsein fundamental bestimmende Größen zu sein und werden reduziert auf die biologische Verursachung von neuem Leben. Nach biblischem Verständnis aber sind Vaterschaft und Mutterschaft weit mehr als ein bloßes Beteiligtsein am biologischen Vorgang der Zeugung. Sie sind vielmehr Gaben Gottes, die das Sein der Eltern für immer bestimmen und diesen eine bleibende Würde (mit Rechten und Pflichten) verleiht: Sie berechtigt und verpflichtet sie vor allen anderen Menschen und vor allen Institutionen von Staat und Gesellschaft zur Erziehung der Kinder und zu einer lebenslangen Fürsorge und Mit-Verantwortung für deren Leben, die auch dann nicht einfach aufhört, wenn die Kinder erwachsen sind und selbst einen Partner oder Kinder haben. Es ist leider zu beobachten, dass diese natürliche und daher vorstaatliche Verantwortung der Eltern heute oft missachtet wird, indem Staat und Gesellschaft den Anspruch erheben, Entwicklung und Sozialisation der Kinder möglichst total von der Geburt an (z.B.im Sinne der Gender-Ideologie oder anderer Weltanschauungen) zu übernehmen. Ein solcher Anspruch widerspricht diametral der biblischen Anthropologie, die der Vaterschaft und der Mutterschaft (und damit indirekt auch der Großelternschaft) einen denkbar hohen Rang einräumt. Dies wird nicht zuletzt daran sichtbar, dass die zweite Tafel des Dekaloges mit dem Gebot beginnt: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!“ (Ex 20,12a). Der Nachsatz „auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott, gibt“ (Ex 20,12b) unterstreicht den fundamentalen Stellenwert, den gerade dieses Gebot für die biblische Schöpfungsethik besitzt. Demgegenüber ist heute ein Verlust der Wertschätzung und hohen Bedeutung von Vaterschaft und Mutterschaft zu beklagen, der ganz erheblich dazu beiträgt, dass überhaupt das respektvolle Miteinander der Menschen (insbesondere gegenüber Älteren) vielfach im Abnehmen begriffen ist. Besonders schmerzlich ist in unseren Gesellschaften die mangelnde Wertschätzung der Mutterschaft und ihre bedenklichen Folgen für die Entwicklung und das Wohl der Kinder:[xlii] Sie zeigt sich z.B. darin, dass der zeitweilige oder grundsätzliche Verzicht von Müttern auf eine außerhäusliche Erwerbsarbeit um der Kinder und Familie willen immer mehr auf gesellschaftliche Ablehnung und schwerwiegende ökonomische Benachteiligung (v.a. im Hinblick auf die Altersversorgung) stösst. Zur „Ökologie des Menschen“ gehört jedenfalls eine neue Wertschätzung von Vaterschaft und Mutterschaft und ihrer Bedeutung für die Gesellschaft. Dazu könnten und sollten die christlichen Kirchen einen wichtigen Beitrag leisten!

27 Mit dem Verlust der Wertschätzung von Vaterschaft und Mutterschaft geht die mangelnde Wertschätzung einher, den die Institutionen von Ehe und Familie in unseren Gesellschaften erfahren – eine Entwicklung, die schon vor der Entwicklung der Genderideologie eingesetzt hat, aber durch den Genderismus verstärkt wurde: Obwohl Ehe und Familie in der Bibel als von Gott zum Wohle des Menschen gestiftete Schöpfungsordnungen einen denkbar hohen Rang einnehmen, erfahren sie in der Gesellschaft einen Bedeutungsverlust, der inzwischen einen geradezu Existenz bedrohenden Charakter angenommen hat: Alle konstitutiven Merkmale der traditionellen Ehe (ihre Unauflöslichkeit, ihre Exklusivität als legitimer Ort sexueller Gemeinschaft, ihre Offenheit für Kinder und ihre Zweigeschlechtlichkeit) sind heute höchst umstritten: Gerade der Genderismus, aber auch die Homosexuellen- und Lesbenbewegung wollen die seit Jahrtausenden bislang überall in der Menschheit unumstrittene Zweigeschlechtlichkeit der Ehe preisgeben und diese für nicht-heterosexuelle Lebensformen öffnen. Die Gegner einer solchen Umdefinierung der Ehe werden mit dem Vorwurf der „Homophobie“ oder Diskriminierung von Homosexualität konfrontiert, obwohl sie nicht nur das bisherige christliche und jüdische, sondern zugleich das Jahrtausende alte menschheitliche Verständnis von Ehe vertreten. Auch der überlieferte Begriff der Familie als eine aus der Ehe entstehende naturgegebene Gemeinschaft von Eltern und Kindern wird mehr und mehr aufgelöst, indem alle möglichen Formen von Erziehungsgemeinschaften (mit ein, zwei oder mehreren Erziehern unterschiedlichen oder gleichen Geschlechts bzw. verschiedener „geschlechtlicher Identitäten“ mit eigenen, adoptierten oder in Pflege genommenen Kindern) als prinzipiell gleichwertige Modelle des Zusammenlebens betrachtet werden. Die Kirche hat angesichts dessen mehr denn je die Aufgabe, die Unüberbietbarkeit von Ehe und Familie als gute Schöpfungsordnungen neu zu betonen. Denn sie haben sich über Jahrtausende als dem Wohl des Menschen dienliche und trotz aller Angefochtenheit bemerkenswert stabile Lebensformen bewährt. Es ist beklagenswert, dass sie heute häufig angefeindet, mindestens aber in ihrer Normativität und in ihrem Leitbildcharakter bestritten werden, obwohl beide nicht nur im deutschen Grundgesetz, sondern in vielen Verfassungen unter dem „besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“[xliii] stehen und obwohl sich bis heute kein anderes Modell des Zusammenlebens von Eltern und Kindern gezeigt hat, das im Hinblick auf Stabilität und Lebensentfaltung ebenbürtig ist. Stattdessen muss festgestellt werden, dass heute sowohl die traditionelle Ehe als auch die traditionelle Familie in ihrer rechtlichen und sozialen Sonderstellung und damit in ihrer Existenz als gesellschaftlich besonders wichtige, weil fundamentale Gemeinschaften bedroht sind: Es gibt starke politische Bestrebungen, gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Ehe mindestens rechtlich und sozial gleichzustellen oder sogar die Begriffe „Ehe“ und „Familie“ für solche Lebensformen zu erweitern. Die christlichen Kirchen können aufgrund ihrer Bekenntnisbindung eine solche rechtliche, soziale oder sogar begriffliche Gleichstellung von Ehe und homosexuellen Partnerschaften nicht akzeptieren! Denn die Schöpfungsordnungen von Ehe und Familie sind nach dem Zeugnis der biblischen Offenbarung keine menschlichen Erfindungen, sondern von Gott gegebene (und damit Staat und Gesellschaft vorgegebene!) Stiftungen und Institutionen, die der Mensch nicht beliebig umdefinieren oder manipulieren darf.[xliv] Was nach Gottes Willen verschieden ist, darf vom Menschen nicht als gleich angesehen oder behandelt werden! Abgesehen von der in den letzten 25 Jahren international erfolgten Beseitigung der Sonderstellung der Ehe durch die Einführung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften (seit 1989) bzw. sog. gleichgeschlechtlicher „Ehen“ (seit 2001) ist auch die rechtliche, soziale und finanzielle Situation der Familie im Vergleich zu der (nicht juristisch, aber) faktisch privilegierten Stellung kinderloser Partnerschaften schon seit Jahrzehnten (also längst vor dem Aufkommen des Genderismus) beklagenswert, weil in Deutschland, aber auch in anderen Ländern der erheblich größere Finanzbedarf insbesondere von kinderreichen Familien weder steuerlich noch in Bezug auf die Altersversorgung angemessen berücksichtigt wird. Leider haben die politischen Verantwortungsträger in Deutschland trotz mehrfacher Mahnungen des Bundesverfassungsgerichtes keine wesentliche Verbesserung der gesellschaftlichen und ökonomischen Situation der Familie herbeigeführt. Es ist kaum übertrieben, wenn der frühere Kölner Erzbischof Kardinal Meisner die Situation mit dem Wort zusammengefasst hat: „Keine göttliche Stiftung ist in unserer Gesellschaft so unbeachtet, ja sogar so verachtet wie die Familie, angefangen von den höchsten Repräsentanten unseres Staates bis in die Gesetzgebung unsrer Gerichte.“[xlv] Wenn man bedenkt, dass Ehe und Familie das Fundament von Staat und Gesellschaft sind und sie eine grundlegende Rolle für eine menschenwürdige Zukunft haben, kann diese Entwicklung nur beklagt werden. An dieser Stelle begegnen sich christliche Einsicht und außerchristliche menschliche Weisheit: Wenn Martin Luther feststellt, dass die „Familie … die Quelle des Segens und Unsegens der Völker“ ist, und Konfuzius als ein Vertreter östlicher Weisheit sagt: „Wenn die Familie in Ordnung ist, wird der Staat in Ordnung sein; wenn der Staat in Ordnung ist, wird die große Gemeinschaft der Menschen in Frieden leben“, dann zeigt sich im Zusammenklang von sonst religiös so unterschiedlichen Personen, wie sehr unsere Gesellschaft weithin die Grundlagen preisgegeben hat, die für eine „Ökologie des Menschen“ unerlässlich sind.

28 Ähnliches ist zu sagen von dem gegenwärtigen Trend, Sexualität und Fortpflanzung prinzipiell zu trennen. Eine tief eingreifende Folge dieser schon seit den 1960er Jahren zu beobachtenden, durch die Gender-Ideologie verstärkte Tendenz ist die demographische Entwicklung in Deutschland und Europa, die fast überall zu einer in Friedenszeiten historisch nie da gewesenen Halbierung der Geburtenzahlen und zu einem erheblichen Übergewicht der Sterberaten gegenüber den Geburtenraten führte.[xlvi] Diese schon heute in Bezug auf die Altersversorgung und die Erhaltung der sozialen, ökonomischen und humanitären Standards höchst bedenkliche Entwicklung hatte auch die anfangs kaum beachtete Folge, dass der prinzipielle Unterschied zwischen Heterosexualität und Homosexualität weithin ignoriert wurde: Die durch die Zweigeschlechtlichkeit vorgegebene Heterosexualität eröffnet kraft des Schöpferwillens Gottes neues Leben und menschliche Zukunft, während Homosexualität eine zur Fortpflanzung und Eröffnung einer Zukunft des Menschen grundsätzlich unfähige Gestalt von Sexualität ist. Dass in der christlich-jüdischen Tradition diese offenkundige Tatsache für die Normativität der Heterosexualität maßgeblich war und nicht die oft unterstellte Diskriminierung homosexuell empfindender Menschen, wurde und wird weithin übersehen. Wer die Entstehung neuen menschlichen Lebens und die mit Kindern verbundene einzigartige Lebensqualität als für die Existenz, das Wohlergehen und die Zukunft einer Gesellschaft unerheblich ansieht, hat den „Mehrwert“, die Besonderheit und Exklusivität der heterosexuellen Liebe nicht begriffen. Es hat wahrlich nichts mit „Homophobie“ zu tun, die Tatsache zur Kenntnis zu nehmen, dass alle (auch die homosexuell empfindenden) Menschen ihr Leben der grundlegenden Tatsache verdanken, dass Gott die Sexualität von Mann und Frau mit dieser einzigartigen prokreativen Potenz ausgestattet hat, neues menschliches Leben durch einen Akt der Liebe hervorzubringen. Sollte diese Tatsache nicht alle, auch die zur Homosexualität neigenden Menschen, dazu bewegen, die Sexualität von Mann und Frau besonders wert zu schätzen? Dass die Schöpfungsordnungen von Ehe und Familie nicht zuletzt aus diesem Grund Anspruch auf Wertschätzung und auf „Schutz durch Gesellschaft und Staat“ haben, ist offensichtlich und wurde 1948 in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte unumwunden anerkannt. Für eine „Ökologie des Menschen“ wird jedenfalls die biblisch und schöpfungstheologisch offenkundige Hinordnung der menschlichen Sexualität auf die Weckung neuen Lebens auch in Zukunft ein unverzichtbarer Grundpfeiler bleiben müssen.

Teil III: Die Notwendigkeit einer Neubesinnung auf das biblische   Schöpfungszeugnis vom Menschen als Voraussetzung einer „Ökologie des Menschen“

Wozu wir vor Gott und Menschen aufrufen:

A. Das Fehlen einer „Ökologie des Menschen“ und die Folgen

29 Unsere Analyse im II. Teil hat die gravierenden Folgen einer fehlenden „Ökologie des Menschen“ für Gesellschaft und Staat aufgezeigt, die von Papst Benedikt XVI. vor dem deutschen Bundestag im Jahr 2011 angemahnt wurde [s.o. Nr. 13–28]. Der erfreulich hohe Stellenwert, den die Bewahrung der außermenschlichen Kreatur bei den meisten politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Gruppen genießt, steht in beklagenswertem Kontrast zu der alarmierenden massenhaften Bedrohung des menschlichen Lebens vor und nach der Geburt, die in den westlichen Demokratien nun schon seit Jahrzehnten nicht nur juristisch, sondern auch faktisch üblich geworden ist [s.o. Nr. 13–15]. Die schon vor 20 Jahren (1995) erfolgte leidenschaftliche Warnung von Papst Johannes Paul II. vor einer „Kultur der Todes“ in seiner Enzyklika Evangelium Vitae hat sich seither längst nicht erledigt. Die Situation ist sogar in mancher Hinsicht schlimmer geworden: Der mit fast zwei Dritteln der Stimmen (405:239) erfolgte Beschluss des europäischen Parlamentes für ein sog. „Menschenrecht auf Abtreibung“ (am 10. März 2015) gab das elementarste aller Menschenrechte, das Grundrecht auf Leben, preis und propagierte damit ein Europa, das sich von Rechtsstaatlichkeit und Humanität – und damit seinen eigenen Prinzipien – völlig verabschiedet hat![xlvii] Als bekennende Christen unterschiedlicher Konfessionalität protestieren wir in aller Entschiedenheit gegen diesen Beschluss, der für die Zukunft Europas im wörtlichen und übertragenen Sinn tödlich ist und deshalb unbedingt zurückgenommen werden muss!

30 Unsere Analyse hat gleichfalls deutlich gemacht, daß die natürlichen Grundlagen des Menschseins durch die Gender-Ideologie und ihre Konsequenzen zutiefst bedroht sind [s.o. Nr. 16–24]. Der mit der antiken Häresie der Gnosis in mancher Hinsicht vergleichbare Genderismus leugnet die für die jüdisch-christliche Anthropologie grundlegende Zweigeschlechtlichkeit des Menschen als Schöpfungsvorgabe Gottes und damit die Gabe von Mannsein und Frausein, von Väterlichkeit und Mütterlichkeit. Dadurch wird die Besonderheit der Sexualität von Mann und Frau als „Normalgestalt“ der Sexualität fraglich und andere (schwule, lesbische, bisexuelle, transsexuelle etc.) Formen der Sexualität werden zu vermeintlich „gleichwertigen“ Alternativen. Besonders bestürzend ist der Versuch des Genderismus, durch eine sog. „Sexualpädagogik der Vielfalt“ Kinder bereits im Vorschulalter zu sexuellen Handlungen unterschiedlicher Art zu stimulieren und eine Frühsexualisierung zu fördern, die natürlich noch in keiner Weise beziehungsorientiert sein kann, sondern die (bloß körperliche) Lustgewinnung in den Vordergrund stellt [s.o. Nr. 18.5]. Eine weitere in ihrer Tragweite kaum zu überschätzende Folge des Genderismus ist die Tatsache, dass die von Gott als Schöpfungsordnungen zum Wohle des Menschen gestifteten Institutionen der Ehe von Mann und Frau und der aus ihr entstehenden Familie ihren normativen Leitbildcharakter verlieren [s.o. Nr. 26–27]. Damit werden ausgerechnet jene fundamentalen Gemeinschaften relativiert, die für das Wohlergehen der Kinder, des Staates, der Gesellschaft und der ganzen Menschheit von wesentlicher und daher unverzichtbarer Bedeutung sind und deren Schutz und Förderung zu Recht nicht nur im deutschen Grundgesetz, sondern auch in der UN-Verfassung[xlviii] und international in vielen Verfassungen betont wird. Durch die Infragestellung von Zweigeschlechtlichkeit, von Männlichkeit und Weiblichkeit, von Väterlichkeit und Mütterlichkeit, die zugleich mit der Relativierung von Heterosexualität, von Ehe und Familie als Schöpfungsordnungen Gottes zum Wohle des Menschen einhergeht, werden die kreatürlichen Grundlagen des Menschseins und damit auch die Basis wahrer Humanität infrage gestellt. Die zerstörerischen Folgen in Bezug auf Staat und Gesellschaft sind langfristig verheerend. Auch die mit der Gender-Ideologie einhergehende Relativierung der prokreativen Sexualität von Mann und Frau zugunsten anderer Formen sexueller Ausrichtung, denen die Potenz der Fruchtbarkeit – und damit der Zukunftsfähigkeit – fehlt, ist angesichts der ohnehin bereits drastischen demographischen Entwicklung äußerst bedenklich. Denn langfristig wird durch die schon seit Jahrzehnten andauernde Geburtenarmut der soziale und humanitäre Standard der Wohlstandsgesellschaft und die Stellung der alten, kranken, armen und sozial schwachen Menschen gefährdet. Angesichts der schon jetzt eingetretenen Verluste an humanitärer Qualität (vgl. z.B. die kaum noch bezahlbare Gesundheitsversorgung und den drohenden Pflegenotstand) verfolgen wir diese Entwicklung als Christen und verantwortungsbewusste Staatsbürger mit großer Sorge. Sie unterstreicht die Dringlichkeit einer „Ökologie des Menschen“. Gleichzeitig müssen wir als Christen entschieden Nein sagen zu den vielfältigen alternativen Lebensformen, mit denen sich der vermeintlich „autonome“ Mensch gegen ein Leben nach den vorgegebenen Schöpfungsordnungen Gottes auflehnt oder diese zu umgehen sucht.

B. Die Neubesinnung auf die biblische Offenbarung als Voraussetzung einer „Ökologie des Menschen“

31 Angesichts der beschriebenen Entwicklung bedürfen wir – Christen wie Nichtchristen – dringend einer Neubesinnung auf die biblische Offenbarung als verlässliches Fundament einer „Ökologie des Menschen“. Auch nichtglaubende oder nach dem Glauben suchende Menschen möchten wir dazu ermutigen, die biblische Offenbarung als Grundlage einer „Ökologie des Menschen“ ernst zu nehmen. Denn sie dient nicht nur dem Wohlergehen der Glaubenden, sondern ganz allgemein dem Wohl der Menschen. Eine biblisch begründete “Ökologie des Menschen“ (d.h. ein Leben nach den guten Ordnungen Gottes des Schöpfers) ist eine für alle hilfreiche und insofern auch vernünftige Wegweisung! Für uns Christen ist ein solches Leben daher nicht in erster Linie „Pflicht“ oder gar Last, sondern vielmehr eine freundliche Einladung Gottes an uns Menschen, uns auf ein solches Leben konsequent und fröhlich einzulassen, auch wenn es anspruchsvoll ist und Widerspruch erfährt. Dabei hilft uns die Gewissheit, dass wir in unserem Tun auf den barmherzigen, gütigen, allmächtigen und stets hilfsbereiten Schöpfer des Universums rechnen dürfen, der Menschen, die wirklich seinen Willen tun wollen, gerne mit der dazu nötigen Kraft und Weisheit ausstattet (Spr 2,7). Wir sind uns bewusst, dass eine bloße „Neubesinnung“ auf die biblische Offenbarung unzureichend wäre, wenn wir als Menschen nur auf unsere eigenen, menschlichen Möglichkeiten angewiesen wären. Wir sind Gott daher dankbar, dass wir als Christen auch mit den Kräften der von Christus vollbrachten Erlösung rechnen dürfen. Denn Gott stattet die Glaubenden durch den Heiligen Geist mit der ihm eigenen göttlichen Liebe (Agape) aus (Röm 5,5), die der Apostel Paulus auf unübertreffliche, aber treffende Weise im „Hohelied der Liebe“ (1 Kor 13) charakterisiert hat: „Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles“ (V. 4–7). Diese Liebe zielt trotz der Bruchstückhaftigkeit, Unvollkommenheit und Vorläufigkeit unseres Tuns darauf, alles kreatürliche Leben nicht nur zu bewahren, sondern zur Entfaltung und zum Aufleuchten zu bringen. Die der menschlichen Wesensnatur entsprechende „Ökologie des Menschen“ beruht nämlich nicht nur auf der Beachtung von mit dem Menschsein gegebenen „äußeren“ Schöpfungsordnungen, sondern zutiefst auf der von Gott geschenkten Liebe als einer die Personmitte (und damit das „Innerste“) des Menschen motivierenden und bewegenden Potenz. Denn nur diese vermag sowohl der innersten Struktur des Geschöpflichen als auch dem Wesen des dreieinigen Gottes gerecht zu werden und die Übereinstimmung von göttlichem Urbild und menschlich-geschöpflichem Abbild herzustellen. Diese Liebe ist es auch, die es uns Menschen ermöglicht, ein Leben nach den Schöpfungsordnungen sogar unter den Bedingungen der menschlichen Sündhaftigkeit zu verwirklichen: Gerade da, wo das Leben nach Gottes Schöpfungsordnungen aufgrund unserer Sünde zur harten Probe werden kann oder zur „Unmöglichkeit“ zu werden droht, weil die entschlossene Orientierung an den anspruchsvollen Maßstäben Gottes (z.B. im Blick auf die Unauflöslichkeit der Ehe) mit unserer menschlichen „Herzens Härte“ kollidiert (Mt 19,8), dürfen wir mit Gottes Hilfe rechnen. Denn Gottes Liebe bewährt sich auch und gerade dann, „wenn es weh tut“ (Mutter Teresa) oder wenn sie schmerzhafte Opfer fordern muss. Ein Leben nach dem Schöpferwillen Gottes wird angesichts der menschlichen Sünde nie frei sein von Entsagung, Leiden und Opfer. Auch eine „Ökologie des Menschen“ kann die durch den Sündenfall geschädigte Wirklichkeit nicht einfach aufheben, die Jesus in Mt. 6 mit dem Hinweis auf die tägliche „Plage“ des menschlichen Lebens andeutet (V. 34). Und doch gibt es bei aller Vorläufigkeit und Bruchstückhaftigkeit unserer irdischen Existenz aufgrund der Erlösung und ‚Auferstehung Christi schon jetzt die Realität einer gnadenhaften „Ökologie des Menschen“, eines von Gott eröffneten und ermöglichten Lebens nach den in der Bibel bezeugten Schöpfungsordnungen, zu dem wir als Christen unterschiedlicher Konfessionalität gemeinsam ermutigen und ermahnen wollen.

C. Die Wiedergewinnung einer „Ökologie des Menschen“

32 Für eine glaubwürdige Wiedergewinnung der notwendigen „Ökologie des Menschen“ bedürfen wir Christen der Einheit im Glauben und Leben, in Wahrheit und Liebe. Die Gemeinsamkeit des Zeugnisses der römisch-katholischen, orthodoxen, anglikanischen und reformatorischen Überzeugungen (die oft und in wachsendem Maße zu den Konzepten des heutigen Neuprotestantismus in Gegensatz stehen) ist in den Grundfragen der Schöpfungsethik hinreichend groß, um die Gutheit und Schönheit der Schöpfungsordnungen sichtbar zu machen und ihre Lebbarkeit auch vor der nichtglaubenden Welt zu bezeugen. Diese beruht freilich nicht auf den uns sündigen Menschen noch verbliebenen sittlichen Möglichkeiten, sondern auf der Realität der Vergebung Gottes und der empfangenen Liebe des Vaters, der seinen Kindern – trotz allen Scheiterns und Versagens – ein Leben der Gnade ermöglicht (s.o. Nr. 31).

33 Ein solches gemeinsames Zeugnis bedarf in der gegenwärtigen Situation allerdings einer Überwindung jener schwerwiegenden Spaltungen und Spannungen, die v.a. innerhalb eines Teils der protestantischen Kirchen in der Frage alternativer Lebensformen zu Ehe und Familie oder schöpfungswidriger Ideologien (wie dem Genderismus) entstanden sind. Wo diese Spaltungen im Moment nicht überwindbar sind, dürfen die bekennenden Christen in den einzelnen Kirchen nicht zögern, mit Christen anderer Kirchen zu einem gemeinsamen öffentlichen Bekenntnis der apostolischen Wahrheit zu finden und das Einssein in der Lehre der „einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche[xlix] öffentlich zu bekunden. Dies ist umso wichtiger, weil die von uns genannten schöpfungswidrigen Ideologien häufig mit einem massiven politischen Druck arbeiten, der jede demokratische Transparenz, Fairness oder Toleranz vermissen lässt (s.o. Nr. 18.4–6; Nr.20). Diesen Ideologien muss nicht nur um der Wahrheit willen entschieden widersprochen werden, sondern auch um der durch sie bedrohten Freiheit willen. Vor allem aber muss ihnen auch um Gottes willen entgegengetreten werden, weil die unermessliche Weisheit, Herrlichkeit und Schönheit der Schöpfung Gottes durch sie verdunkelt wird, die zu loben und zu preisen unsere lebenslange und ewige Aufgabe ist.

34 Wir möchten diese Erklärung daher schließen mit Psalm 8, jener großartigen, drei Jahrtausende alten hymnischen Offenbarung der Herrlichkeit Gottes am Menschen als „Krone der Schöpfung“, die man geradezu als Magna Charta einer biblischen „Ökologie des Menschen“ bezeichnen kann:

Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen,
der du zeigst deine Hoheit am Himmel!
Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet
um deiner Feinde willen, dass du vertilgest den Feind und den Rachgierigen.

Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk,
den Mond und die Sterne, die du bereitet hast:
was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst,
und des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?
Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott,
mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.
Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk,
alles hast du unter seine Füße getan:
Schafe und Rinder allzumal,

dazu auch die wilden Tiere,
die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer
und alles, was die Meere durchzieht.
Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!

Ehre sei dem Vater und dem Sohn
und dem Heiligen Geist,
wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit
und in Ewigkeit.
AMEN.

Salzburg, am 14. Sonntag nach Trinitatis, den 6. September 2015 Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften Pastor Ulrich Rüß (Präsident) Andreas Späth (Vizepräsident) Prof. Dr. Peter Beyerhaus DD (Ehrenpräsident) Dozent Pfr. Dr. Werner Neuer (Vorsitzender der Theologischen Kommission)


Anmerkungen:

[i] Papst Franziskus: Die Enzyklika Laudato si. Über die Sorge für das gemeinsame Haus, Freiburg/Basel/Wien 2015.
[ii] Ansprache von Papst Benedikt XVI. im Deutschen Bundestag S. 36f., zit. nach: Apostolische Reise Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. nach Berlin, Erfurt und Freiburg 22.–25. September 2011, Bonn 2011, 30–38. Vgl. zur „Sprache der Natur“ Röm 1,26f.; 2,14f.
[iii] Ebd. 37 (Hervorhebung IKBG).
[iv] In diesem Sinne ist der für viele ungewohnte, aber treffende Begriff „Ökologie des Menschen“ in dieser Erklärung zu verstehen.
[v] C.S. Lewis, Die Abschaffung des Menschen, Einsiedeln 41993.
[vi] Enzyklika Laudato si (Nr. 76)
[vii] Ebd (Nr. 77)
[viii] Kleiner Katechismus, Auslegung des 1. Glaubensartikels (zit. nach: Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Ausgabe für die Gemeinde, 62013, 470)
[ix] Vgl. die Zusammenfassung zahlreicher internationaler Studien zu Ehe und Familie; die die biblische Sicht in vieler Hinsicht bestätigen bei T. Schirrmacher: Der Segen von Ehe und Familie. Interessante Erkenntnisse aus Forschung und Statistik , idea-Dokumentation, Wetzlar 2006.
[x] Vgl. z.B. die klare und prägnante Naturrechtsdefinition der Ehe beim römischen Juristen Modestinus (Anfang 3. Jh.): „Ehe ist die Verbindung von Mann und Frau und eine Vereinigung für das ganze Leben, eine Gemeinschaft göttlichen und menschlichen Rechts“ (zit. nach W. Waldstein: Ins Herz geschrieben. Das Naturrecht als Fundament einer menschlichen Gesellschaft, Augsburg 2010, 106.). Waldstein zeigt, wie sehr das Verständnis von Ehe und Familie im Naturrecht mit dem biblischen bzw. christlichen Verständnis in Übereinstimmung steht (ebd 105–121). Dies ist eine eindrucksvolle Bestätigung der Aussage des Apostels Paulus, dass sich der universelle Schöpferwille Gottes auch der Völkerwelt bezeugt (Röm 2,14f)).
[xi] Zu den Zahlen vgl. H. Steeb: ist die Kultur des Todes unaufhaltsam? Zwischenruf, in: Lebendige Gemeinde [hg. von der Ludwig-Hofacker-Vereinigung] (4/2006) 15.
[xii] Leider gilt dies auch für die ovulationshemmende sog. Antibabypille, deren Wirkweise z.T. auf der Verhinderung der Einnistung des befruchteten Eis beruht: Vgl. dazu Ehmann, Die lebenszerstörende Wirkung der Antibabypille, 40–49, in: idea-DOKUMENTATION 2010/2 Verfügungsmasse Mensch 39–60.
[xiii] Vgl. zur ethischen Problematik der Reagenzglasbefruchtung R. Graf, Ethik in der medizinischen Forschung rund um den Beginn des menschlichen Lebens, Darmstadt 1999 und die Instruktion der Glaubenskongregation DIGNITAS PERSONAE.Über einige Fragen der Bioethik, Rom 2008, Nr. 14–22. [xiv] Vgl. seine Enzyklika Evangelium vitae.
[xv] Man rechnet im Genderismus mit „tausenden unterschiedlichen Geschlechtervarianten bei uns Menschen“ (so die Pastorin Annette Behnken im ARD-„Wort zum Sonntag“ vom 27.6.2015)
[xvi] Dt. Übers. Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt a.M. 1991.
[xvii] Vgl. die Kurzinformation der Soziologin G. Kuby: Gender. Eine neue Ideologie zerstört die Familie, Kisslegg 2014 und deren umfangreiche Studie: Die globale sexuelle Revolution. Zerstörung der Freiheit im Namen der Freiheit. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Robert Spaemann, Kissleg 2012. Eine bestens recherchierte und analysierte Kurz-Information über den Genderismus bietet auch die 40seitige Broschüre der Arbeitsgruppe „Jugend und Familie“ [Hg.]: Die Gender-Ideologie: Pseudowissenschaft mit verhängnisvollen Folgen für die Gesellschaft!, Zürich 2014.
[xviii] Vgl. zum unwissenschaftlichen Charakter des Genderismus vgl. „Jugend und Familie“, aaO 9–20 und den Biowissenschaftler H.P. Klein, der in der Integration der Genderideologie in „Unterrichts- und Ausbildungskonzepte … einen völlig inakzeptablen Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre“ sieht (Heldenhafte Spermien und wachgeküsste Eizellen [FAZ 21.5.2015]).
[xix] Vgl. zur Manipulation der Sprache Kuby (2012) 174–192 (s.o. Anm.17).
[xx] Vgl. dazu Zukunft – Verantwortung – Lernen e.V.
[xxi] Der Begriff englische Begriff gender wurde auf der UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking anstelle des bisherigen biologischen Begriffs sex durchgesetzt, um die „normative Zwangsheterosexualität“ zu überwinden und den Genderismus durchzusetzen (vgl. Kuby [2012] 100f). Seit 2011 ist durch die UN-Resolution 17/19 (17.6.2011) der Genderismus auf UN-Ebene legitimiert und die daraus resultierende politische Programmatik des Gender-Mainstreaming auf der multilateralen Tagesordnung der UN (vgl. dazu „Jugend und Familie“ 22–26). Vgl. auch den Beschluß des Economic and Social Council der UN (v. 24.7. 2013): “Die Gender Perspektive soll in alle Politiken und Programme durch einen systemweiten Handlungsplan gemainstreamt werden.” Zit. nach Kuby (2014) 19.
[xxii] In der EU ist spätestens seit dem mit Mehrheit beschlossenen „EU-Fahrplan zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität“ (dem sog. Lunacek-Bericht) Leitlinie der Politik (vgl. „Jugend und Familie“ 26–28 und Kuby [2014] 20–23).
[xxiii] Die Bundesregierung hat bereits 1999 Gender Mainstreaming zum „Leitprinzip und zur Querschnittsaufgabe“ der deutschen Politik gemacht (Kuby [2014]) 22.
[xxiv] Vgl. den Wikipedia -Art. „Ehe“ mit den neuesten Zahlen.
[xxv] Vgl. z.B. die Studien von Manfred Spreng (s.u. Anm. 39).
[xxvi] Vgl. die Studien der Philosophen Harald Seubert (s.u. Anm. 39) und Hanna-Barbara Gerl-Falkowitz (v.a. Frau – Männin – Menschin: Zwischen Feminismus und Gender, Kevelaer 2009). [xxvii] Insofern in der Familie die Liebe die bloß duale Konkretion zwischen den Ehepartnern überschreitet, indem sie die Kinder als Frucht und zugleich dritten Adressaten der Liebe einbezieht, kann man in ihr theologisch in gewisser Weise ein Gleichnis der Dreieinigkeit sehen, solange man das radikal Unvergleichliche dieser Analogie stets im Auge behält (das Unvergleichliche der Gott eigenen Liebe gegenüber allen menschlichen Verwirklichungen von Liebe und die personale Dreiheit in der Trinität angesichts der nicht auf die Dreiheit der Personen beschränkten personalen Vielfalt der Familie).
[xxviii] Ansprache v. 21.12.2015.
[xxix] Dieses Faktum – neben vielen anderen – zeigt die Unvernünftigkeit, ja Absurdität der Genderideologie! Vgl. dazu das Interview mit Mathias von Gersdorff „Gender – eine absurde Ideologie“, in: Kirche heute (2015/8-9) 6–8.
[xxx] Vgl. die zahlreiche Forschungen zusammenfassende Darstellung der geistig-seelischen Unterschiede von D. Bischof-Köhler: Von Natur aus anders. Die Psychologie der Geschlechtsunterschiede, Stuttgart 2002.
[xxxi] Vgl. z.B. seine Generalaudienz am 15.4.2015, wo er die im Genderismus zu beobachtende „Auslöschung der sexuellen Differenz“ beklagt [vgl. Die Presse.com v. 15.4.2015]. Vgl. auch seine scharfe Äußerung, dass die Genderideologie „dämonisch sei“ [kath.net 11.3.2014].
[xxxii] Benedikt XVI. sprach am 21. Dezember 2012 von der „tiefen Unwahrheit dieser Theorie [des Genderismus] und der in ihr liegenden anthropologischen Revolution“.
[xxxiii] Hirtenbrief der slowakischen Bischofskonferenz zum ersten Adventssonntag 2013, www.stjosef.at/dokumente/Hirtenbrief%20SK_2013_12_01_A4.pdf
[xxxiv] Polnische Bischofskonferenz: Hirtenbrief gegen die Gender-Ideologie, 9. Januar 2014, www.kath.net/news 44419.
[xxxv] Medrum. Christliches Informationsforum, 7.1.2014.
[xxxvi] Herder Korrespondenz 69 (3/2015): „Der Begriff ‚Gender‘ als Anathema“ (Rebeka Anic). [xxxvii] Vitus Huonder: Hirtenwort zum Genderismus, 17. Dezember 2013, www.kath.net/news 44051.
[xxxviii] Widersteht der Gender-Ideologie! Gemeinsamer Aufruf von Christen aus den drei Hauptkonfessionen, 10.12.2014, http://www.bekenntnisbruderschaft.de/dokumentationen.html. Als PDF-Datei downloadbar.
[xxxix] Vgl. außer den bereits genannten Publikationen von G. Kuby (2012+2014) und „Jugend und Familie“ [s.o. Anm. 17] M. v. Gersdorff: Gender – Was steckt dahinter?, Illertissen 2015; D. Klenk: Gender Mainstreaming: Das Ende von Mann und Frau? Gießen 2009; I.M. Thürkauf: Gender Mainstreaming. Multikultur und die Neue Weltordnung, Flaach 2013. – Kirche in Not: Gender-Ideologie – Ein Leitfaden. München 2013; C. Raedel: Gender Mainstreaming. Auflösung der Geschlechter? Reihe kurz & bündig, Holzgerlingen 2014; ders., Gender-Dekonstruktivismus und Gender-Mainstreaming als Herausforderungen an Theologie und Kirche, in: C. Herrmann (Hg.): Leben zur Ehre Gottes. Themenbuch zur Christlichen Ethik, Bd. 2: Konkretionen, Witten 2010, 85–114; A. Späth (Hg.): Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender- Ideologie, Ansbach 2012 (mit Beiträgen v. H. Seubert u. M. Spreng); M. Spreng: Es trifft Frauen und Kinder zuerst. Wie der Genderismus krank machen kann!, Ansbach 2015.
[xl] Vgl. I. Karle: „Da ist nicht mehr Mann noch Frau …“. Theologie jenseits der Geschlechterdifferenz, Gütersloh 2006.
[xli] Vgl. zur Eröffnung des EKD-Studienzentrums für Genderfragen in Hannover am 7.4.2014 das Pressestatement von Präses Nikolaus Schneider, nach dem das Zentrum „den Genderansatz zugrunde legen“ wird, um „Genderperspektiven möglichst systematisch in die Entscheidungsabläufe und das kirchliche Handeln zu integrieren.“ Zit. nach http://www.ekd.de/chancengerechtigkeit/vortraege/20140407_pressestatement_st
[xlii] Vgl. dazu M. Spreng (2015)[s.o. Anm.39] 7–13.
[xliii] So die Formulierung im deutschen Grundgesetz Art. 6 Absatz 1. Es kann, wie der Zivilrechtler und Rechtstheoretiker Bernd Rüthers gezeigt hat (FAZ 168 [23.7.2015] 5) kein Zweifel bestehen, dass das Grundgesetz schon aufgrund seiner Entstehungsgeschichte unter Ehe eine „auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft eines Mannes mit einer Frau“ versteht und eine mögliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften in keiner Weise im Blick hat.
[xliv] Für Luther gehörte „der Lobpreis des Ehestandes als einer Gott wohlgefälligen Schöpfung und Ordnung“ sogar zu den Kennzeichen der Kirche (notae ecclesiae), durch die sie sich als wahre Kirche Christi erweist! Vgl. dazu CL 4,333f.)
[xlv] Zit. nach PUR-Magazin (2014/2) S. 5. Vgl. dazu die Analyse des ehemaligen Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt Prof. Werner Münch: Wie Politik und Rechtsprechung den besonderen Schutz von Ehe und Familie aufgekündigt haben. In: Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V. (IDAF)), Aufsatz des Monats 7/2015.
[xlvi] Vgl. fast prophetische Prognose des französischen Historikers P .Chaunu, der die Entwicklung bereits 1980 klarer vorausgesehen hat als die meisten Politiker, in: Die verhütete Zukunft, 1980.
[xlvii] Vgl. pro. Christliches Medienmagazin, 10.3.2015.
[xlviii] Vgl. die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948) Art. 16, Abschnitt 3. Vgl. auch den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte der UN (1966) Art. 23.
[xlix] Die hier genannten vier Wesenseigenschaften der Kirche Jesu Christi finden sich im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (dem sog. Nizänum), das zu den gemeinsamen Bekenntnissen der katholischen und der orthodoxen Kirchen, der lutherischen und der anglikanischen Kirchen gehört. Der Begriff „katholisch“ ist in diesem Bekenntnis noch vorkonfessionell (da es noch keine Kirchenspaltung gab). Er ist daher nicht auf die römisch-katholische Kirche beschränkt, sondern bezieht sich auf die ganze (jede spezielle Konfession übergreifende) Kirche.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 15. September 2015 um 12:56 und abgelegt unter Allgemein.