Mittwoch 7. September 2016 von Prof. Dr. Ulrich Eibach
Voraussetzung jedes Dialogs ist, dass man die wesentlichen Aussagen des eigenen Glaubens kennt und befähigt ist, sie ins Gespräch mit Anhängern anderer Religionen einzubringen. Dazu gehört auch, dass man hinreichend Kenntnisse über die Religion der Gesprächspartner hat. Äußerst fraglich aus christlicher Sicht ist allerdings eine theologische Ausgangsbasis, wonach man mit der Möglichkeit rechnen muss, dass es auch Wahrheitsansprüche in anderen Religionen gibt, die dem christlichen Glauben widersprechen. Anders ausgedrückt hieße das: Geltungsansprüche gelten nur innerhalb einer bestimmten Religion. Man müsse deshalb auf Mission verzichten und die widersprüchlichen Geltungsansprüche möglichst verschweigen, denn die wahre Religion findet sich in keiner der geschichtlich gewordenen Religionen (vgl. G. E. Lessing). Jedes Geltendmachen einer Wahrheit bedrohe angeblich den gesellschaftlichen Frieden. Den ganzen Beitrag lesen »
Kategorie: Kirche, Weltreligionen
Donnerstag 5. November 2015 von Prof. Dr. Ulrich Eibach
Menschenwürde und Lebensschutz – Zur Debatte um die Sterbehilfe
In westlichen Gesellschaften herrscht keine Einigkeit mehr darüber, was unter dem im Grundgesetz (GG Art.1) Deutschlands und vielen internationalen Abkommen zentralen Begriff der Menschenwürde (MW) zu verstehen ist. Die Säkularisierung und die Pluralisierung der Lebens- und Wertvorstellungen haben es mit sich gebracht, dass jede religiös-metaphysische und transzendente Begründung der MW als rational nicht begründbare und gesellschaftlich nicht mehr konsensfähige „Sonderethik“ abgelehnt wird. Wenn das diesseitigeg Leben aber kein „Jenseits“ mehr hat, dann wird auch unklar, welchen Sinn ein Leben hat, das von schwerer unheilbarer Krankheit und cerebralem „Abbau“ gekennzeichnet nur noch auf seinen Tod zuläuft. Unklar ist dann auch, ob es sich bei diesem Leben noch um ein „lebenswertes“ Leben handelt. Den ganzen Beitrag lesen »
Kategorie: Gesellschaft / Politik, Lebensrecht, Medizinische Ethik
Donnerstag 11. Juli 2013 von Prof. Dr. Ulrich Eibach
Kritische Stellungnahme zur Orientierungshilfe (= OH) der EKD „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit: Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“
1. Der Anspruch der OH
Nach der OH (Nr.147) sind „Evangelische Theologie und Kirche … aus ihrer biblischen Tradition heraus gefragt, zur Orientierung auf ein Menschenbild beizutragen, das Menschen jenseits von Leistungsanforderungen wertschätzt und annimmt“. Die Leistungsanforderungen, die die OH an Menschen und Familien hinsichtlich einer die Generationen übergreifenden Fürsorge füreinander stellt, sind allerdings teils so hoch, dass man Zweifel haben kann, dass Menschen sie wirklich erfüllen können. Geprüft werden soll hier aber nur, ob die OH ihrem eigenen Anspruch, zur evangelischen Orientierung auf ein der biblischen Botschaft entsprechendes Menschenbild beizutragen, gerecht wird. Schon formal fällt auf, dass die theologischen Überlegungen quantitativ gegenüber den soziologischen, sozialgeschichtlichen und rechtlichen Ausführungen einen bescheidenen Raum einnehmen. Die Vermutung, dass diese und nicht die theologischen Überlegungen die ethisch-normativen Ergebnisse der OH hauptsächlich prägen, liegt von daher nahe. Den ganzen Beitrag lesen »
Kategorie: Ehe u. Familie, Gemeinde, Kirche
Freitag 14. September 2012 von Prof. Dr. Ulrich Eibach
Beihilfe zur Selbsttötung? – Eine ethische und seelsorgerliche Beurteilung1
I. Zum geistig-kulturellen Hintergrund der Diskussion
Seit einigen Jahren wird im Medizin- und Betreuungsrecht immer mehr die Selbstbestimmung der kranken Menschen betont. Hintergrund sind die Fortschritte der Medizin, die es zweifelhaft werden lassen, ob all das, was die Medizin machen kann, wirklich den Wünschen der Menschen entspricht. Am bedeutsamsten dürfte je doch die Individualisierung und Säkularisierung der Lebens- und Wertvorstellungen sein. Im Zuge dieses Wertewandels wurde die Autonomie zum vorherrschenden moralischen und rechtlichen Leitbegriff. Beides gemeinsam führte zur Krise des bis dahin in den Heil- und Pflegeberufen leitenden Ethos der Fürsorge. Es gerät so unter den Verdacht eines „paternalistischen“ Behandelns als Objekt mehr oder weniger wohlmeinender Fürsorge. Nicht mehr das Wohlergehen der Patienten und der Schutz ihres Lebens, sondern allein ihr Wille soll oberste Leitlinie ärztlichen und pflegerischen Handelns und auch der Betreuung sein2. Den ganzen Beitrag lesen »
Kategorie: Lebensrecht, Medizinische Ethik
Freitag 4. März 2011 von Prof. Dr. Ulrich Eibach
Ist die PID ethisch vertretbar und rechtlich zu billigen, um den Wunsch nach gesunden Kindern zu erfüllen?
1. Zur Einführung
Man kann, wie etwa der Ratsvorsitzende der EKD, Präses Nikolaus Schneider, viel „Sympathie“ und „Verständnis“ für die Menschen haben, die ein gesundes Kind durch PID (Präimplantationsdiagnostik) haben möchten. Dies sind aber keine ethischen, sondern bestenfalls „seelsorgerliche“ Kategorien. Ich habe z.B. viel Verständnis für jenen Patienten, der durch den Tod bedroht auf eine neue Leber wartet und der mich fragt, warum man eigentlich, wenn ein Mensch definitiv ohnehin sterben muss und schon unwiderruflich bewusstlos ist, nicht bereits vor dem Hirntod Organe entnehmen darf, ob das Transplantationsgesetz, das das verbietet, nicht geändert werden sollte. Als Seelsorger bringe ich Verständnis für schwere Schicksale auf und lasse mich auf die Fragen der Menschen ein, auch wenn ich deren angestrebte Lösungen ihrer Probleme aus einer die Interessen des jeweiligen Individuums übergreifenden ethischen Sicht nicht billigen kann. „Verständnis“ ist keine hinreichende Kategorie, etwas – mit dem Philosophen I. Kant gesprochen – zur Maxime allgemeinen Handelns oder gar zum Recht zu erheben. Den ganzen Beitrag lesen »
Kategorie: Gesellschaft / Politik, Medizinische Ethik
Freitag 15. Oktober 2004 von Prof. Dr. Ulrich Eibach
Die Krise der Ehe und die Lebensformen der Geschlechter
1. Problemanzeige: Der „Zeitgeist“ als hermeneutischer Schlüssel?
Die Ehe ist – glaubt man den „Gebildeten“ unter ihren Verächtern – ein „auslaufendes“ und zudem noch repressives Modell, das man endgültig auf die Abstellgleise vorgestriger Wertvorstellungen deponieren sollte. Auch in den Kirchen will man den Anschluß an die „Postmoderne“ nicht verlieren, in der immer neue Lebensformen der Geschlechter entwickelt werden. Wie soll man sich zu diesen neuen Lebensformen (freie Lebensgemeinschaften, Lebensabschnittsbeziehungen, homosexuelle und auch bisexuelle Beziehungen u.a.) verhalten? Diskriminiert man die Menschen nicht, die so leben, wenn man seitens der Kirchen an den „Institutionen“ Ehe und Familie als allein gültige normative Leitbilder für das Leben der Geschlechter festhält? Den ganzen Beitrag lesen »
Kategorie: Ehe u. Familie, Sexualethik