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Gesellschaft ohne Gott

Donnerstag 9. September 2010 von Administrator


Gesellschaft ohne Gott

Rezension: Andreas Püttmann, Gesellschaft ohne Gott-Risiken und Nebenwirkungen der Entchristlichung Deutschlands, Gerth Medien, Asslar, 2010, 288 Seiten.

Andreas Püttmann stellt der deutschen Gesellschaft im ersten Teil seines Buches eine schonungslose Diagnose. In Deutschland sei es zu einem regelrechten Zusammenbruch der christlichen Leitkultur gekommen. Nur noch 10 % der Deutschen können von sich sagen, dass sie ein „gläubiges Mitglied“ ihrer Kirche sind und sich mit dieser eng verbunden fühlen. Püttmann zitiert Daniel Deckers (FAZ) mit der Aussage, dass „die Zeit der Volkskirche nicht zu Ende geht, sondern zu Ende ist“. Allein die Zahl der Protestanten ist seit 1950 von 43 auf 25 Millionen gesunken. Püttmann macht deutlich, dass das „Christliche“ in der Gesellschaft und auch in der Politik im Allgemeinen noch positiv bewertet wird. Doch wenn es konkret wird, dann wird ein großes Skandalgeschrei angestimmt. Der Marburger Kongress von 2009 hat gezeigt, dass Christen, die von einer Veränderbarkeit der Homosexualität ausgehen und dafür eintreten, mit zunehmendem „Gesinnungsterror“ rechnen müssen. Der Blick auf den Umgang deutscher Politiker mit katholischen Bischöfen („Hassprediger“), die verzerrenden  und diffamierenden Darstellungen theologisch konservativer Protestanten in den Medien oder die Begleitumstände der Berufung Rocco Buttiglione zum Europaminister bestätigen die Aussage des amerikanisch-jüdischen Juristen Joseph Weiler, dass man im ehemals christlichen Abendland bereits Anzeichen von „Christophobie“ erkennen kann. Noch kann von regelrechter Christenverfolgung nicht die Rede sein. Doch mit Blick auf Hitler und Stalin weist Püttmann auf die Möglichkeit hin, dass auch europäische Christen zukünftig „Drangsalierung, Diskriminierung, Vertreibung und Ermordung“ erleiden könnten. Zu Recht geht Püttmann hier auf den inneren Zusammenhang zwischen Christen- und Christusfeindschaft hin. Die Erstere lässt sich nur aus der Letzteren erklären: „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh 15,20). Püttmann schließt die Diagnose mit einem Adenauerzitat, das zugleich die Prognose einleitet:  “Dass das Verlassen des christlichen Fundamentes letzten Endes Europa mit dem Untergang bedroht…Nur die Befolgung christlicher Grundsätze vermag die Menschheit vor dem Rückfall in schlimmste Barbarei, ja vor der Selbstvernichtung zu retten“ (Adenauer, 1946).

In der Prognose, dem zweiten Teil des Buches, stellt Püttmann die These auf, dass ein Zusammenhang zwischen Religion und Moral, Glaubensvitalität und Gemeinwohl besteht. Er geht der Frage nach, ob es gut und soziologisch nachweisbar ist, wenn viele Menschen Christen sind und ob es schlecht ist, wenn sie es nicht sind. Anhand von Studien und Umfragen kann Püttmann diesen Zusammenhang belegen. Dabei ist weniger relevant, ob jemand Christ ist, sondern wie eng er seiner Kirche verbunden ist. Je mehr sich Christen mit ihrer Kirche verbunden wissen und auch tatsächlich am kirchlichen Leben teilnehmen, desto mehr durchdringen christliche Wertmaßstäbe das alltägliche Handeln in Ehe und Familie, in Beruf und Freizeit. Christen leisten in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft enorme Beiträge zum Gemeinwohl. Sie setzen sich stärker für das Grundrecht auf Leben ein, was Abtreibungszahlen und Euthanasieanfälligkeit senkt. Volkswirtschaften profitieren, wenn ihre Akteure von christlichen Grundüberzeugungen geprägt sind, denn Ehrlichkeit und Vertrauen sind wichtige „Schmiermittel“ funktionierender Wirtschaftssysteme. Der Glaube hat weiterhin positive Auswirkungen auf Lebenseinstellungen, Gesundheit, bewirkt niedrigere Scheidungsraten und reduziert die Anfälligkeit für Strafdelikte. Noch zehrt unsere Gesellschaft von den „säkularen Derivaten des Christentum“ (Josef Isensee), doch die schmerzliche Erfahrung der roten und braunen Systeme haben gezeigt: „Wer Gott aus den Herzen der Menschen reißt, weckt die wölfischen Instinkte“.

Im dritten Teil seines Buches macht Püttmann einen Therapievorschlag, der sich an den Worten des Stuttgarter Schuldbekenntnisses von 1945 orientiert. Wenn die Christen wieder „mutiger bekennen“, “treuer beten“, „fröhlicher glauben“ und „brennender lieben“, dann kann es zur Revitalisierung der Kirchen und zur Erneuerung der Gesellschaft kommen. Püttmann geht hier allerdings nicht auf die Schuldfrage der heutigen Generation ein, die ja gerade durch den Bezug zum Stuttgarter Schuldbekenntnis aufgeworfen wird. Kann es überhaupt zu einer Revitalisierung der Gesellschaft kommen, solange z. B. der millionenfache Kindsmord der letzten Jahrzehnte nicht als Sünde erkannt und bekannt wird? Erneuerung setzt immer auch geistliche Umkehr (Buße) voraus. Abgesehen von dieser kleinen Ergänzung wünscht man dem Buch viele Leser und dem deutschen Volk viele Christen, die „mutiger bekennen“, „treuer beten“, „fröhlicher glauben“ und „brennender lieben“.

Johann Hesse, 09.09.2010

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 9. September 2010 um 8:59 und abgelegt unter Buchempfehlungen, Gesellschaft / Politik, Rezensionen.