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Predigt zu Psalm 110: Der ewige Priesterkönig

Montag 8. April 2024 von Pastor Dr. Stefan Felber


Pastor Dr. Stefan Felber

Psalm 110

1 EIN PSALM DAVIDS. Der HERR sprach zu meinem Herrn: »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« 2 Der HERR wird das Zepter deiner Macht ausstrecken aus Zion. Herrsche mitten unter deinen Feinden! 3 Wenn du dein Heer aufbietest, wird dir dein Volk willig folgen in heiligem Schmuck. Deine Söhne werden dir geboren wie der Tau aus der Morgenröte.

 4 Der HERR hat geschworen, und es wird ihn nicht gereuen: »Du bist ein Priester ewiglich nach der Weise Melchisedeks.«

 5 Der Herr zu deiner Rechten wird zerschmettern die Könige am Tage seines Zorns.  6 Er wird richten unter den Heiden, wird viele erschlagen, wird Häupter zerschmettern auf weitem Gefilde. 7 Er wird trinken vom Bach auf dem Wege, darum wird er das Haupt emporheben.

Liebe Gemeinde!

Vorblick:

  1. Von den Umfragen zum Kreuz [der ntl. Rahmen]
  2. Vom Unglauben zum König [falsche Deutungen]
  3. Vom Unwillen zu Klarheit und Heiligung [V. 3]
  4. Melchisedek, der unvergängliche Priesterkönig [V. 4]

1. Von den Umfragen zum Kreuz

Jeden Sonntag wird unserem Volk der politische Puls gefühlt: Wie sehen die aktuellen Stimmenverhältnisse aus, wenn nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre? Die Meinungsinstitute verdienen viel Geld damit … Und bekanntlich werden Umfragen auch gelenkt, um das Gewünschte herauszubringen, weil man damit wiederum die beeinflussen kann, die sich gerne der Mehrheit anpassen.

Auch im Neuen Testament gibt es einige Befragungen.

Die erste:

Wer, so fragt Jesus seine Jünger einmal, sagen die Leute, daß ich sei? Wer ist Jesus? Die Jünger präsentieren daraufhin einen bunten Strauß von Volksmeinungen: er sei Johannes der Täufer, er sei Elia, Jeremia oder ein anderer Prophet.

Und wer, so fragt er weiter, sagt denn ihr, daß ich sei? Ihr, die ihr mit mir unterwegs seid, ja von mir ausgesandt werdet, ihr könnt ja nicht unentschieden und neutral bleiben!

Simon Petrus antwortet: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.“ Für diese Erkenntnis preist Jesus den Simon Petrus selig, denn nicht Fleisch und Blut haben ihm das offenbart, sondern der Vater im Himmel (Mt 16,13–17).

Bei der zweiten Umfrage wird Jesus von den Sadduzäern befragt. Es ist nach dem Einzug in Jerusalem, und Jesus nutzt die Gelegenheit, den Konflikt mit den jüdischen Autoritäten zu dem Ziel hin zu treiben, zu dem er gekommen ist. Den Sadduzäern stopft er beim Thema Auferstehung der Toten das Maul: „Ihr irrt, weil ihr weder die Schrift kennt noch die Kraft Gottes … Habt ihr denn nicht gelesen …?“

Dann wendet er sich den Pharisäern zu, und das ist die dritte Umfrage. Bei der Frage nach dem höchsten Gebot finden sie noch zusammen. Aber das Maul stopft er ihnen mit der Frage nach dem Messias: „Was denkt ihr von dem Christus?“ Jesus läßt die Frage nicht so allgemein stehen, sondern engt sofort ein: „Wessen Sohn ist er?“

Die Pharisäer antworten mit einem einzigen Wort: „Davids“. Die Auskunft ist richtig, weil sie schriftgemäß ist. Matthäus selbst hatte sein Evangelium so begonnen: „Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.“ Und doch fragt Jesus weiter: „Wie kann ihn dann David durch den Geist Herr (hebr. adon, griech. kyrios) nennen, wenn er sagt – Ps 110 –: »Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege«?  Wenn nun David ihn Herr nennt, wie ist er dann sein Sohn?“ 

Der Sohn Davids ist auch Herr Davids! Hier verstummen die Pharisäer! Denn nach allem Recht ist kein Sohn der Herr (adon) seines Vaters. Es muß also in diesem Sohn etwas sein, was über die Natur und über menschliches Recht geht, daß ihn David seinen Herrn nennt. Dieses gewisse Etwas war den Pharisäern verborgen!

Matthäus schließt die Perikope ab mit dem Satz: Und niemand konnte ihm ein Wort antworten, auch wagte niemand von dem Tage an, ihn hinfort zu fragen.“ Es war die letzte Diskussion, die Jesus vor seiner Gefangennahme mit seinen Gegnern führte. Was sich bei Matthäus anschließt, ist eine schneidende Gerichtsrede Jesu über die Schriftgelehrten und Pharisäer. Sieben Weherufe spricht er über sie aus, weil sie das Wichtigste vom Wort Gottes beiseite setzen, nämlich „das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben“ (Mt 23,23). Der Streit um die rechte Auslegung der Heiligen Schrift führte Jesus zuletzt ans Kreuz. Anders gesagt: Der Streit um die Person Jesu und der Streit um die Auslegung der Bibel sind ein und dasselbe!

„Von den Umfragen zum Kreuz“ – wäre Jesus nur Mensch gewesen, wäre er gar nicht gekreuzigt worden.

Die Umfragen sind zu Ende. Es gibt kein(e) Antworten mehr. Aber warum nicht?

Der Heilige Geist war noch nicht ausgegossen, Pfingsten war noch nicht geschehen. Darum konnten es die Damaligen nicht annehmen. Für uns jedoch liegt das Neue Testament vor und durch den Glauben haben wir den Heiligen Geist, der uns befähigt, Schrift mit Schrift auszulegen. So ist die Antwort auf die Messiasfrage für uns leicht, wenn wir an den Christus denken, der Jesus ist: Wir kennen den Sohn Davids, der höher als sein irdischer Vorgänger ist, eben weil er auch der Sohn Gottes ist. Der Christus ist der Sohn Davids und der Sohn Gottes. „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!”[1] So Simon Petrus, dem es vom Vater offenbart war. Und vor dem Hohen Rat wird er gefragt: „Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, daß du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes. Jesus sprach zu ihm: Du sagst es …“ (im MkEv: „… ich bin es“).

Der Sohn steht zwar unter dem Vater, aber als Kyrios, als Herr der Welt, Sohn Gottes und aus der Jungfrau Geborener steht Jesus Christus doch über allen Geschöpfen.

Soweit der erste Punkt: Von den Umfragen zum Kreuz.

2. Vom Unglauben zum König

Wir haben uns nur auf das Matthäusevangelium besonnen, aber keineswegs alle Stellen angeführt, in denen das Neue Testament auf Psalm 110 Bezug nimmt.

Aber schon wenn wir uns die genannten Stellen aus Matthäus vor Augen halten, gewinnen wir einen Zugang zu dem Psalm, der von allen im Neuen Testament am häufigsten angeführt wird und doch heute kaum bekannt ist: Jesus Christus zur Rechten Gottes des Vaters, König über alle Völker, über die ganze Geschichte, zugleich Priester in Ewigkeit.

Erst mit dem Neuen Testament in der Hand (und natürlich im Herzen) gewinnen wir Zugang, sage ich sehr bewußt. Denn neuere, kritische Ausleger lesen den Psalm nicht vor dem Hintergrund des Neuen Testaments, sondern vor gewissen Hypothesen über eine ursprüngliche Situation, in der der Psalm gebraucht worden sei. Sie sehen den Platz von Ps 110 in einem Krönungs- oder Thronbesteigungsritual, in dem ein Hofprophet den König hymnisch preist und ihm einen grandiosen Sieg über alle Feinde wünscht.[2] Man stellt sich vor, es würde der Hofprophet Gott die Worte in den Mund legen, und zwar das, was politisch gewünscht, politisch korrekt ist, kann man sich so von höchster Stelle bestätigen lassen. Bestätigung auf Bestellung!! Lob von höchster Stelle – das lassen sich weltliche Obrigkeiten immer gerne gefallen. Diese Gefallsucht war es, so die Bibelkritik, die auch zu den Königspsalmen der Bibel führte.

Was sagen wir dazu? Auf den ersten Blick klingt es plausibel, weil wir diese Vorgänge in der Politik immer wieder beobachten können, etwa 2017 bei der Einführung der Ehe für alle nach evangelische-landeskirchlicher Empfehlung oder jetzt beim Ausschluß bestimmter Parteien aus kirchlichen Ämtern.

Wird hier nicht weltliches Denken in die Bibel hineinprojiziert? Daß Bischöfe und Päpste sich mit Königen und Kaisern gut stellen wollen, kennt man aus der Geschichte zur Genüge. Indem man diesen Vorgang in die Bibel hineinliest, wird aber Gottes Wort als kritisches Gegenüber ausgeschaltet. Es darf nur noch sagen, was wir ohnehin schon wissen – ein im Grunde sehr aufklärerisches, vernunftoptimistisches Konzept! Echte Propheten gibt es hier nicht mehr, nur noch gewisse Hofschranzen.

Karl Barth: Kritischer sollten sie mir sein, die Kritiker! In der Tat! Aber gibt es auch aus dem Psalm selbst Gründe, die gegen die historisch-kritische Deutung sprechen? Ich nenne besonders zwei Gründe, die uns gegenüber der kritischen Exegese vorsichtig machen sollten:

Das Erste ist das Priestersein des angesprochenen Herrn laut Vers 4: Wir sollten deshalb vorsichtig sein, weil das Gotteswort des Psalms den Angesprochenen sowohl als König als auch als Priester bestimmt, und letzteres auch noch auf ewige Zeit hin. Anders als etwa in Ägypten durften Israels Könige nicht zugleich Priester sein, und wo sie es taten, handelten sie sich gewaltigen Ärger ein, z.B. wurde Judas König Usija mit Aussatz bestraft, als er eigenmächtig opfern wollte (2.Chronik 26,16ff.; vgl. auch Jerobeam I.). Während der ganzen Königszeit wurde kein Jerusalemer König rechtmäßig als Priester angesprochen, und von keinem hieß es, er sitze zur Rechten Gottes. Und von keinem konnte pauschal gesagt werden, daß er sogar über die Heiden Herrscher und Richter ist und dies auch noch ewig bleiben wird – also Herrscher nicht nur über Israel.[3]

Wir sehen, daß die Aussagen von Psalm 110 – aber auch anderer Königspsalmen – weit über alles hinausgehen, was im alten Israel über den König in Juda Wirklichkeit wurde. Auch David amtete nicht als Priester. Als er einen Tempel bauen wollte, lautete die Antwort Gottes: Nein, nicht du sollst mir ein Haus bauen, sondern ich will dir ein Haus bauen … das wurde dann der Stammbaum, der zu Jesus führte.

Das ist der eine Grund gegen die historisch-kritische Mißdeutung.

Den anderen Grund möchte ich der Anredeform des ersten Verses entnehmen:

„Der Herr sprach zu meinem Herrn:
‚Setze dich zu meiner Rechten …‘“

David darf hier einem innergöttlichen Gespräch zuhören: Gott der Vater spricht zu Gott zum Sohn. Worauf es mir ankommt, ist dies: Der Vater erhöht den Sohn zu seiner Rechten und ermächtigt ihn so als König. Der Sohn erhöht sich nicht selbst, sondern im Gegenteil: er erniedrigt sich, wird Mensch und opfert sich für uns am Kreuz. Darum wird er erhöht, wie wir gleich noch hören werden. Selbsterhöhung ist die Methode des Sünders und des Antichristen; Jesus aber war kein Sünder, sondern kam als Gott von Gott in unsere Not, war zugleich der Priester und das Opfer, und wurde so wiederum erhöht.

„Der Herr sprach zu meinem Herrn:
‚Setze dich zu meiner Rechten …‘“

Indem der Vater es sagt, tut er es – Sagen und Tun sind hier bedeutungsschwer zusammen. Eine bewirkende („performative“) Rede, die wir entfernt auch von irdischen Verhältnissen her kennen, z.B.: „Hiermit erkläre ich die Sitzung für eröffnet und erteile dem Geschäftsführer das Wort“, „Ich erkläre euch zu Mann und Frau“, oder: „Ich verspreche dir, dir das Geld bis zum 1.1. zurückzugeben“ usw. Immer wieder durch eine Erklärung mit Worten eine bestimmte Beziehung gestiftet oder ein Status verändert. (Eine ganze Sprachwissenschaft bzw. Sprachphilosophie beschäftigt sich damit.) Also nochmal: Der Vater erhebt den Sohn. Und nicht: Der Sohn erhebt sich selbst. Von hier aus erst verstehen wir den ganzen Psalm bis zum letzten Vers. Der Sohn hatte sich nicht erhöht! Jeder Sünder erhöht sich gerne selbst, und will sein wie Gott! Im Extrem tut es der Antichrist, ein Anstatt-Christus, der Jesus als König ersetzen, ja vernichten will.

Der wahre Christus aber erniedrigt sich bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz, und DARUM hat ihn Gott der Vater auch erhöht …

Genau dieses DARUM finden wir im letzten Vers: Er hat sich erniedrigt, vom schmutzigen Wegbach zu trinken, und darum wird er das Haupt erheben.–

Mit dem ersten Vers sind wir noch nicht zu Ende. Er beginnt mit der prophetischen Formel „Spruch des Herrn“. Der ganze Psalm ist prophetische Rede, unmittelbares Wort Gottes. Psalm 110 bietet nicht in erster Linie Worte zu Gott, sondern von Gott dar, mehr noch: es sind Worte von Gott nicht an Menschen, sondern von Gott zu Gott. Gleichwohl stehen diese Worte im Gebetbuch der Bibel, sollen also vom (menschlichen) Beter vor Gott gesprochen werden. Gott wird geehrt, wenn unsere Lippen einfältig seinen Worten folgen, sie nachsprechen, bekennen, beten.

Das gilt schon für David selbst.

Gottes Wort, wie David es hören durfte, steht nicht beziehungslos in den Psalmen. Wer Psalm 110 liest und den Psalter bis hierher durchgegangen ist, kommt von Psalm 109 her. David betet dort in einer äußerst bedrängten Lage: „Gott, mein Ruhm, schweige nicht! Denn sie (meine Feinde) haben ihr gottloses Lügenmaul wider mich aufgetan. Sie reden wider mich mit falscher Zunge, und reden giftig wider mich allenthalben. Dafür, daß ich sie liebe, feinden sie mich an; ich aber bete.“

Ps 110 ist die Antwort auf die Bitte, daß Gott nicht schweigen soll: „Der Herr sprach zu meinem Herrn …“ Die Krise Davids wird beantwortet mit der göttlichen Gewißheit, daß alle Feinde ihr gerechtes Urteil finden werden.

Ps 109: Davids Bitte – Ps 110: Gottes Antwort.

Und wie es David gebetet hat, wie der Heilige Geist David mit diesen Worten gestärkt und getröstet hat, dürfen auch wir es tun. Auch wir dürfen sagen „Der Herr sprach zu meinem Herrn“: Wir halten dieses Bekenntnis allen Mächten der Welt und des Teufels entgegen: Weil Gott seinen Christus eingesetzt hat, regiert dieser unumstößlich. Wir haben die Einsetzung selbst gehört: Setze dich zu meiner Rechten!

Gott der Vater spricht zu Gott dem Sohn, er setzt ihn sich zur Rechten und läßt ihn „herrschen, bis Gott ihm alle Feinde unter seine Füße gelegt hat“ (1.Kor 15,25 mit Zitat aus Ps 110,1). David hört, im Heiligen Geist, wie die feierliche Stimme Jahwes selbst an den Messias gerichtet ist. Welch wunderbare Offenbarung, wo wir in die innere Gemeinschaft der heiligen Dreieinigkeit hineinhören dürfen! Hier, in der inneren Liebesgemeinschaft Gottes, entsteht, entspringt unsere Schöpfung und unsere Erlösung!

Spurgeon: „Alle großen Werke der Gnade sind sämtlich durch Gottes Sprechen zur Ausführung gekommen; ohne dieses hätte es keine Offenbarung der Gottheit an uns gegeben.“[4]

David unterscheidet die göttlichen Personen: Jahwe und Adoni, Vater und Sohn – jedoch in der griechischen Bibel las die Urgemeinde: es sprach kyrios zu kyrios, also Herr zu Herr. Und sie bekannte Jesus als den kyrios. Spurgeon meint, daß David schon die Erkenntnis des Thomas vorwegnimmt, der vor Jesus kniet und anbetet: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28)

Was wir in diesen Worten beten, bekennen und preisen, ist die unverbrüchliche Zusage, daß Gott an diesem Herrscher festhält und keinen anderen aufkommen läßt. Jesus ist der Herr, Jesus ist der König, Jesus ist unser Priester! Er und kein anderer befreit, erlöst von Sünde, Tod und Teufel. Paulus geht in seinem Auferstehungskapitel 1.Kor 15 direkt weiter zu diesem Sieg: „Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. Denn ‚alles hat er unter seine Füße getan‘ (Ps 8,7). (Nebenbei: Hier wird neben Ps 110 auch Ps 8 auf Jesus hin verstanden!)

Dieser und kein anderer, auch kein Engel, tut so an uns. Der Hebräerbrief führt Ps 110 so an: „Zu welchem Engel aber hat er jemals gesagt: ‚Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache?“ (Hebr 1,13) Darum sollen „ihn alle Engel Gottes anbeten“ (1,6 mit Ps 97,7).

Psalm 110 beschreibt eine Ehre, die nicht einmal Engeln zuteil wurde, um wieviel weniger also den zum großen Teil lausigen Königen während 400 Jahren Königszeit in Juda?

Aus der Sicht des Neuen Testaments ist es eindeutig, daß Psalm 110 von Jesus Christus spricht. Das Wort von seinem Platznehmen zur Rechten Gottes wurde erfüllt, sagt Petrus in seiner Predigt beim ersten Pfingsten, als Jesus in den Himmel aufgehoben wurde (Apg 2,34f.).

Keinem anderen gehört diese Ehre, kein Buddha und kein Mohammed sitzt zur Rechten Gottes! Und keiner tritt für uns bei Gott ein, nur der eine Priester, der ohne Anfang und ohne Ende ist wie der ewige Priester nach der Weise Melchisedeks! Nur einer ist König und Priester und Prophet: Jesus Christus – gepriesen sei sein Name!

Das war das Zweite: Vom Unglauben zum König.

3. Vom Unwillen zu Klarheit und Heiligung: „Willig folgen in heiligem Schmuck“

Die Gemeinde Jesu darf, wie gesagt, den Psalm nachsprechend und mitbetend mitfeiern. Gerade so, also wieder in diesem worthaften Vollzug, ändert sich unser Status. Der Prophet spricht vor, wir stimmen ein. Das gleiche geschieht, wenn ich das Glaubensbekenntnis mitspreche oder mich im Gebet dem Herrn als meinem guten Hirten anvertraue.

Durch Beten und gläubiges Lesen der Schrift werden wir zu dem Volk, „das ihm willig folgt in heiligem Schmuck“, willig, das heißt: nicht gezwungen, nicht ein Söldnerheer, sondern eine mit den Kleidern der Gerechtigkeit geschmückte Braut, ein fröhliches und gewisses Volk, ja ein priesterliches Volk, denn der Vers erinnert an die herrlichen Priesterkleiner (2. Mose 28+39). Ihre Gewißheit gründet nicht in irgendwelchen Vermutungen und Ahnungen über die geschichtlichen und natürlichen Kräfte der Erde. Ihre Gewißheit gründet vielmehr im geheimnisvollen innertrinitarischen Gespräch Gottes, bei dem sie zuhören darf. Psalm 110 ist der irdische Lautsprecher und Verstärker dieses innertrinitarischen Gesprächs.

So dienen wir willig dem einen Herrn des Himmels und der Erde, nicht einem Götzen, nicht einer Ideologie. Wir folgen dem, der jeden von uns ins Leben rief und bis heute trotz aller Widrigkeiten festhält; wir folgen dem, der uns durch Wort und Sakrament in seine Gemeinschaft nehmen will – oder soll ich Ihnen zurufen: Laßt uns folgen?

Möge doch ein jeder von uns wissen, auf welcher Seite er steht, und welche Kraft dieser Psalm für ihn ist: Ist Jesus Christus auch dein König, oder bist du noch dein eigener König? Ist Jesus dein Priester – oder willst du dich noch selbst vor Gott rechtfertigen? Glaubst du auch, daß Christus bei seiner Wiederkunft alle, die sich ihm noch nicht willig unterordnen, unterwerfen wird, wie es der letzte Teil des Psalms bezeugt und der Apostel Paulus bestätigt (2.Thess 1–2; vgl. Offb 19)?

Vers 3: „Wenn du dein Heer aufbietest, wird dir dein Volk willig folgen in heiligem Schmuck. Deine Söhne werden dir geboren wie der Tau aus der Morgenröte.“ Nachfolge geschieht auf dem Weg der Heiligung. Neubekehrte säumen den Weg des Evangeliums durch die Generationen: Wie der Tau frisch ist, so erfrischen die im Glauben Jungen die Kirche. Darum ist die große Zahl unter uns, die heute eine biblisch-theologische Ausbildung in Angriff nehmen will, ein Hoffnungszeichen für die ganze Kirche!

Wie wunderbar ist die ewige Jugend der Kirche: sie hat Anteil an der Auferstehungskraft Christi.

Spurgeon:

„Weil Jesus ewig lebt, soll auch seine Gemeinde ewig blühen. Wie seine Kraft nie erlahmt, soll auch die Stärke seines treuen Volkes von Tag zu Tag erneuert werden. Wie er der Priesterkönig ist, so sind die Seinen alle Priester und Könige, der Schmuck der Heiligkeit ist ihr Priestergewand, herrlich und schön (2.Mose 28,2), und von diesen Priestern Gottes wird es eine echte ununterbrochene Folge (Sukzession) geben.“[5]

 

4. Der unvergängliche Priesterkönig

Vers 4: Wieder ein Gotteswort, sogar ein Schwur:

Der Herr hat geschworen und es wird ihn nicht gereuen:

»Du bist ein Priester ewiglich nach der Weise Melchisedeks.«

Wer Jesus verstehen will, muß sich mit diesem Schwur beschäftigen! Wer war Melchisedek? Er kommt im Alten Testament nur hier und in 1. Mose 14 vor: Abraham hatte in einem Kampf mit einer ganzen Koalition von Stadtkönigen seinen Neffen Lot aus der Gefangenschaft befreit. Als er zurückkam vom Sieg, brachte ihm der damalige König von Jerusalem, Melchisedek, Brot und Wein heraus. Melchisedek war nicht nur König, sondern zugleich „Priester Gottes des Höchsten“ (1. Mose 14,18). Melchisedek segnete Abraham vom „höchsten Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat“, und übrigens: Der König von Sodom durfte dabei offenbar zusehen und zuhören (V. 17+20).

Melchisedek war also Priester und König von Jerusalem, und im Neuen Testament ist es der Hebräerbrief, der uns weiterhilft zu verstehen, wie Melchisedek und Jesus zusammenhängen: Der Hebräerbrief zeigt die Ähnlichkeiten zwischen Melchisedek und Jesus:

  1. Melchisedek heißt übersetzt „König der Gerechtigkeit“.
  2. Er war König von Jerusalem, das damals Salem hieß, also: Friede, König des Friedens.
  3. Melchisedek wird ohne Vater und Mutter, ja ganz ohne Stammbaum dargestellt.

Schlußfolgerung: „So gleicht er dem Sohn Gottes und bleibt Priester in Ewigkeit. Seht aber, wie groß der ist, dem auch Abraham, der Erzvater, den Zehnten gab von der eroberten Beute“ (Hebr 7,3–4). Wie groß!

Aber Moment: Jesus hatte doch einen Stammbaum, und der ist auch sehr wichtig! Freilich: Als Mensch hatte er einen, aber als Gott hatte er keinen.[6] „Seht aber, wie groß der ist …“: Der Hebräerbrief deutet an, daß Melchisedek nicht nur eine Art Vorbild Jesu Christi war, sondern Jesus selbst, eben vor seiner Menschwerdung. 100% sicher ist es nicht, das gebe ich zu. Aber hören wir mal diesen Dialog aus Johannes 8:

56 Abraham, euer Vater, wurde froh, daß er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich. 57 Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen? 58 Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich. 59 Da hoben sie Steine auf, um auf ihn zu werfen. Aber Jesus verbarg sich und ging zum Tempel hinaus.

Wer käme sonst in Frage, der so hoch ist, und dem Abraham begegnet ist? Jesus könnte auch daran gedacht haben, daß er bei den drei Männern dabei war, die Abraham einmal begegneten und ihm die Geburt Isaak prophezeiten, und die dort für Gott stehen (1. Mose 18).

Aber noch wahrscheinlicher scheint mir die Begegnung zwischen Abraham und Melchisedek, weil die genannten Charakteristika dafür sprechen.

Zusammenfassung

  1. Von den Umfragen zum Kreuz
  2. Vom Unglauben zum König
  3. Vom Unwillen zu Klarheit und Heiligung
  4. Melchisedek, der unvergängliche Priesterkönig

Worin besteht die Klarheit unserer Erkenntnis Jesu Christi, was ist uns völlig gewiß?

Er ist erhöht, ermächtigt und er erlöst uns.

Warum in dieser Reihenfolge?

Die Reihenfolge ist weniger chronologisch als christologisch: Nur der Erhöhte hat die Macht, uns durch sein Opfer aus der Gewalt des Teufels zu reißen.

Möge Gott jedem von uns diese großartige Gewißheit Jesu Christi schenken, daß er für jeden von uns König und Priester ist, und durch sein Wort auch der Prophet, der das bestimmende Wort Gottes ausrichtet.

Amen.

 

 


 

 

Angaben zum Gottesdienst:

Eingangswort: 1. Petr 1,3; Lesung: Mt 22,41–46; Psalmgebet: Ps 146 (bei Nr. 840)

Predigttext: Psalm 110 (s. Rückseite)

Lieder aus „Jesus unsere Freude“:

640,1–5 (alle Str.): Morgenglanz der Ewigkeit

120,1–3: Mit Freuden zart (Wochenlied)

117,1–4: Jesus lebt, mit ihm auch ich!

569,1–3: Kommt her, des Königs Aufgebot

195,1+5–6: Komm, mein Herz; später Str. 7

12,1–4+22 +11: Jesus Christus herrscht als König

Der Gottesdienst wurde am Sonntag Quasimodogeniti, den 7.4.2024, in der Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes (Düshorn) gehalten.

 


 

Fußnoten:

[1] Man sehe in der Konkordanz nach Stellen, die „Christus“ und „Sohn“ gemeinsam aufführen – eine ganze Menge!

[2] So sogar bei Beat Weber (Werkbuch II).

[3] Davids Aussage in Ps 18,44 („Du machst mich zum Haupt über Heiden“, vgl. 2.Sam 8) spricht nicht dagegen, weil David nicht einmal über Israel unangefochten herrschen konnte (vgl. die Aufstände von Absalom und Scheba, 2.Sam 9–20).

[4] Schatzkammer Davids, II, 486.

[5] Spurgeon aaO. 489f.

[6] Frage: Gilt auch: Als König hatte er keinen Stammbaum, weil er als Gott immer Mitherrscher war, aber als Priester, der er erst als Mensch wurde, hatte er einen? Dagegen spricht: Sein Stammbaum (Juda) erweist sein Königtum, nicht seine Priesterschaft. Seine Göttlichkeit jedoch verbürgt seine Priesterschaft und damit seine Macht, uns zu erlösen!

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 8. April 2024 um 10:59 und abgelegt unter Allgemein.