Predigt über Jak 1,12-18: Alles Gute kommt von oben!
Sonntag 7. April 2024 von Pfr. Ulrich Hauck
Selig ist, wer Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben. 13 Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand. 14 Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seiner eigenen Begierde gereizt und gelockt. 15 Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod. 16 Irrt euch nicht, meine Lieben. 17 Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts[1], bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel von Licht und Finsternis. 18 Er hat uns geboren nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir die Erstlinge seiner Geschöpfe seien. (Jakobus 1,12-18)
 „Alles Gute kommt von oben!“ Diese Redensart, liebe Gemeinde, stammt aus dem 1. Kapitel des Jakobusbriefes. Von oben, also von Gott, da kommt nur Gutes und Vollkommenes. Viele Menschen können das nicht nachvollziehen. Immer wenn etwas Schlimmes passiert, höre ich den Satz: „Wo ist denn euer guter und vollkommener Gott? An einen Gott, der Krankheit, Krieg und riesige Katastrophen zulässt, kann ich nicht glauben.“
„LEID – und wo bleibt Gott“, so lautet die Neuauflage des Bestsellers von Peter Hahne.
Was hat das mit unserem heutigen Predigtabschnitt zu tun?
Schauen wir uns der Reihe nach an, was Jakobus, der Bruder unseres Herrn Jesus, der gemeinsam mit Petrus und Johannes Leiter der Jerusalemer Urgemeinde war, im heutigen Bibelschnitt schreibt.
Vers 12: Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben.
„Anfechtung“ kann man genauso gut mit „Prüfung“, „Erprobung“ oder „Versuchung“ übersetzen, im griechischen Urtext ist das alles dasselbe Wort „Peirasmos“. Wenn ein Gläubiger in „Anfechtung“ hineingerät, so ist es weder im Alten noch im Neuen Testament etwas Negatives. Im Gegenteil, man soll es sogar als Freude ansehen, in Anfechtung zu geraten. Warum? Weil in der Anfechtung der Glaube standhalten kann. Der Glaube wird bewährt und bewirkt Geduld. Die Echtheit des Glaubens wird geprüft. Und aus der Bewährung wachsen dann Früchte des Glaubens. Es geht auch in den Schreiben des Paulus und Petrus darum, dass wir nicht ausbrechen aus Herausforderungen und Belastungen des Lebens und des Glaubens, sondern im Vertrauen auf Gott drunterbleiben, also standhaft Aushalten durch Gottes Kraft.
„Glücklich zu preisen ist, wer in der Anfechtung durchhält!“
Auf ihn wartet eine große Belohnung: „Er wird die Krone des Lebens empfangen.“ Angefochtene sollen auf dieses Ziel schauen. Es lohnt sich, in den Anfechtungen drunterzubleiben und Stand zu halten.
Als Luthers Freund Melanchthon einmal furchtbar klagte, wie schlecht es ihm gehe, habe Luther ihn gefragt: „Ja, betest du nicht mehr das Vaterunser?“ – „Wie kommst du auf diese Idee?“ – „Nun, wenn du das Vater unser betest, dann kann es dir nur gut gehen!“ – „Das versteh ich nicht«, erwiderte Melanchthon. Worauf Luther sagte: »Im Vaterunser beten wir: ›Dein Wille geschehe!‹ Wenn Jesus dein Gebet erhört, kann es dir doch nicht schlecht gehen.“
Und unsere Vorfahren, die Germanen, als sie Christen geworden waren, haben diesen Gedanken des Vaterunsers symbolisch aufgenommen: Sie falteten beim Gebet die Hände. Diese Gebärde übernahmen sie aus dem Krieg. Wenn sich damals einer im Kampf dem Feind ergab, dann erhob er nicht wie heutzutage die Arme, – sondern faltete die Hände, damit der Sieger ihn fesseln und als Sklaven abführen konnte. So machten sie nun als Christen deutlich: „Ich bin der Gefangene, der Sklave Jesu. Er darf mit mir machen, was er für richtig hält.“
Liebe Brüder und Schwestern,
wer so drunter bleibt in seinen Anfechtungen, wer so lebt mit seinen Schwierigkeiten, mit seiner Krankheit, mit seinen Problemen in Beruf oder Familie, der ist „selig“. Der hat seine Prüfung bestanden.
Wer „ja“ sagt zu Gottes Führung, zu Gottes Prüfung, der darf ihn auch bitten um ein Ende der Prüfung und wird ihn auch bitten: „HErr, hilf mir durch!“ Ob dann der Vater im Himmel das Leid wegnimmt oder die Leidenszeit verkürzt, – sein Wille geschehe -; in jedem Fall erfahren wir, dass Gott uns Kraft gibt zum Tragen.
Leuchtende Beispiele dafür sind die vielen Trostlieder in unserem Gesangbuch. Ich denke an Paul Gerhardt. Mitten im Verlust mehrerer Kinder und seiner Frau bis hin zum Verlust seiner Pfarrstelle in Berlin hat er uns die tiefsinnigsten Trostlieder geschenkt. Auch er war einer von vielen, die Gottes Hilfe in der Prüfung erfahren haben. Wer von uns hat nicht schon im Nachhinein erkannt, dass sein Leid auch einen Sinn gehabt hat?!
Liebe Gemeinde!
Eine besondere Gefahr der Anfechtung ist aber die „Versuchung zum Bösen“, die Versuchung zur Sünde. Denn das ist die Versuchung zum Abfall und zum Götzendienst. Auch in solchen Versuchungen gilt es „drunterzubleiben“ unter Gottes Wort und Gebot und eben nicht der Verführung, Verlockung und Versuchung nachzugeben und zu erliegen.
So wie auch unser HErr in der Wüste mit Fasten und Beten druntergeblieben ist unter Gottes Wort. Indem Gottes Sohn ja Mensch geworden ist in Jesus, so wurde auch er versuchbar zum Bösen. Allerdings hat Jesus – als Einziger auf diesem Planeten – niemals der Versuchung nachgegeben. Der Gottesohn hat auch in der Wüste standgehalten den listigen und frommklingenden Angriffen des Teufels.
Adam und Eva hatten nach der Erschaffung der Welt nicht standgehalten im Garten Eden. Das hatte ernste und bittere Folgen für sie selbst und die ganze Schöpfung. Die Vertreibung aus dem Paradies, hinaus aus dem geheiligten Bereich Gottes. Seither haben alle Menschen ein böses Herz von Jugend auf, wir alle haben den Samen des Ungehorsams gegen Gottes Wort und Gebot in uns. Und seit her gibt es Leid, Schmerz und Gewalt auf dieser Welt. Und auch der Tod ist der Lohn für unseren Ungehorsam und unsere Sünde.
Und was bereits bei Adam und Eva begonnen hatte, das machten die Menschen immer wieder, auch zur Zeit des Jakobus und auch in unserer Zeit heute. Sie schieben ihre Schuld nämlich von sich weg: auf die äußeren Umstände, auf andere Menschen und zuletzt auch auf Gott selbst. Deshalb wird der Apostel an dieser Stelle auch so energisch und schreibt: Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. – Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, – und er selbst versucht niemand. -Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.
Dazu muss man zunächst wissen, dass es bei manchen philosophischen Denkrichtungen die Vorstellung gab, dass Gott in sich alles vereinigt, das Gute und das Böse, Licht und Finsternis. Wenn das so wäre, dann ginge das Böse tatsächlich auch aus Gott hervor.
So ist es aber nicht. Gott ist absolut heilig, gerecht und gut.
Deshalb sagt Jakobus: Gott kann nicht versucht werden zum Bösen. In ihm ist nichts Böses, das Böse ist Gott absolut wesenfremd. Deshalb versucht Gott auch niemanden zum Bösen.
Ja, Gott prüft uns, er stellt unseren Glauben auf die Probe. Dieses Prüfen geschieht zur Stärkung unseres Glaubens und niemals mit dem Ziel uns zur Sünde zu verführen. Gott prüft uns, damit unser Glaube geläutert wird zum Guten und nicht zum Abfall von Gott und seinem Wort.
Der Teufel hingegen versucht zum Bösen, zur Sünde, zum Abfall von Gott. Und deshalb heißt er „der Versucher“.
Wenn wir also im Vaterunser beten „und führe uns nicht in Versuchung“, so bitten wir nicht darum, dass Gott uns nicht zum Bösen versuchen soll. Das ist nach dem Zeugnis der Schrift völlig ausgeschlossen. Da Gott aber zulässt, dass wir, wie auch damals Jesus, vom Teufel in Versuchungen geführt werden, deshalb bitten wir darum, dass Gott uns durch seinen Geist beisteht und wir nicht fallen.
Diese Bitte im Vaterunser zielt also darauf ab, dass wir nicht auf die äußerste Probe gestellt werden. Das heißt, dass wir nicht in eine Situation kommen, in der wir den Glauben aufgeben. Wir beten in der Gewissheit, dass auch die Versuchung durch den Teufel bei den Kindern Gottes ihre Begrenzung hat. – Erlöse und von dem Bösen!
Martin Luther schreibt im Kleinen Katechismus, dass Gott zwar keinen versuche, aber Christen bitten in im Vaterunser, „dass uns Gott behüte und erhalte, damit uns der Teufel, die Welt und unser Fleisch nicht betrüge und verführe in Missglauben, Verzweiflung und andere große Schande und Laster; und wenn wir damit angefochten würden, dass wir doch endlich gewinnen und den Sieg behalten“.
Liebe Gemeinde!
In den Versen 14 und 15 haben wir dann eine genaue Beschreibung, wie es zur Sünde kommt.
Am Anfang steht die menschliche Begierde. Ich werde gereizt und gelockt. Das böse Ziel habe ich schon vor Augen.
Deshalb soll man Ort des Bösen meiden, sich fernhalten, wo die Begierden lauern.
Wenn das nicht gelingt, werde ich schnell wie ein manövrierungsunfähiges Schiff ins Schlepptau genommen; fremdgesteuert, gewaltige Kräfte reißen mich fort.
Kann ich noch loskommen von diesem Schlepptau ins Böse?
Ja, durch Beharren auf Gottes Wort, im Gebet und durch Gemeinschaft mit Glaubensgeschwistern.
Falls ich das nicht tue, dann folgt die Empfängnis. Ich werde schwanger mit dem Bösen. Der Erzeuger meiner bösen Frucht ist der Teufel. Den nennt Jakobus hier aber nicht beim Namen. Damit macht er klar, ich kann meine Schuld nicht abwälzen, nicht einmal auf den Teufel. Nein, ich bin dafür selbst verantwortlich.
Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde. Das Unrecht ist da, es ist geschehen. Es ist nicht wieder rückgängig zu machen.
Und die Sünde, wenn sie vollendet ist gebiert den Tod. Es gehört zu den Gesetzmäßigkeiten dieser Welt, dass aus der Sünde der Tod hervorgeht, der physische Tod und der geistliche Tod. Das Absterben meiner Leiblichkeit und auch die Abtrennung von Gott.
Der irdische und der ewige Tod! Mea culpa! Es ist meine Schuld! Adolf Schlatter schreibt in seinem Kommentar: „Begierde, Sünde, Tod, das ist die Reihe von Wirkungen, die wir selbst hervorbringen.“
In diese tödliche Kette, in diese tödliche Verkettung, kann nur einer eingreifen und uns retten: JESUS!
Irrt euch nicht, meine lieben Brüder!
Also auch Christen können irren. Deshalb sind wir in der Pflicht, Irrtümer zu erkennen und aufzugeben.
In die Erkenntnis der Wahrheit führt uns der Apostel Jakobus dann mit den beiden folgenden Versen:
Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis. Er hat uns geboren nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir Erstlinge seiner Geschöpfe seien.
In Gott ist nichts Böses, er tut nichts Böses, er schafft nichts Böses, Gott versucht uns auch nicht zum Bösen. Er ist der Vater des Lichts, der helle Schein, in ihm ist keine Finsternis.
Und jetzt wird auch klar, warum allein JESUS von Sünde, Tod und Teufel retten kann. Jesus Christus spricht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
Es hilft dem todverfallenen Menschen nicht, wenn man seine guten Seiten aufzählt, wenn man die Sünde relativiert und vergibt. Nein, der Mensch muss in einen neuen Stand versetzt werden. Aus der Finsternis ins Licht. Von Adam weg, hin zu Christus!
Jesus, der Sohn Gottes, ist das Licht der Welt! Allein in ihm ist Dein Heil, Deine Rettung, Deine Gerechtigkeit. Wer zu ihm gehört, der ist selbst im Licht und nicht mehr in der Finsternis.
Welch eine tiefgehende, vollkommene und ewige Bedeutung das hat, sehen wir im Hinblick auf das ewige Reich Gottes. Dann wird es einen neuen Himmel und eine neue Erde geben. Und über das Neue Jerusalem, die Stadt Gottes, heißt es: Und ich sah keinen Tempel darin; denn der Herr, der allmächtige Gott, ist ihr Tempel, er und das Lamm. Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. Und die Völker werden wandeln in ihrem Licht; und die Könige auf Erden werden ihre Herrlichkeit in sie bringen. Und ihre Tore werden nicht verschlossen am Tage; denn da wird keine Nacht sein.
Liebe Gemeinde!
Der Schöpfer aller Dinge, der auch den neuen Himmel, die neue Erde und das neue Jerusalem schafft, der will auch dich neuschaffen, damit wir Erstlinge der neuen Schöpfung seien.
Das kannst du nicht selbst tun. Du brauchst Umkehr. Du brauchst Hinkehr zu Jesus Christus. Denn wer Sünde tut, der ist vom Teufel; denn der Teufel sündigt von Anfang. Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, daß er die Werke des Teufels zerstöre.
Du brauchst ein Neu-Geboren-Werden aus Wasser und Geist. Wer aus Gott geboren ist, der tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt bei ihm; und kann nicht sündigen, denn er ist von Gott geboren. Daran wird’s offenbar, welche die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels sind. Wer nicht recht tut, der ist nicht von Gott, und wer nicht seinen Bruder liebhat (1Joh3,8ff). So schreibt es der Apostel Johannes.
Wer den Samen des Teufels empfängt, der gebiert Sünde und Tod.
Wer aber aus dem Samen Gottes ist, der kann nicht sündigen, der ist neugeboren aus Gott.
„In Christus bleiben“, darum geht es! Wo wir beständig Gottes Wort an uns wirken lassen, das wird unser Leben rein. Das geschieht bei Gotteskindern nicht aus Zwang, sondern aus lauter Freude, um ihrem Herrn Jesus zu gefallen.
Behauptet der Apostel Johannes wirklich die vollkommene Sündlosigkeit jedes echten Christen? Ja, sofern er in Christus bleibt. Wo wir sündigen, laufen wir von ihm weg. Und das wissen wir auch. Gerade, dass wir Christen der Versuchung auch erliegen können, ist kein Widerspruch zu „ein Christ sündigt nicht“. Sündlosigkeit ist nämlich nicht unsere Möglichkeit, sondern die Wirklichkeit unseres HErrn! Wo wir auf ihn achten, sein Wort hören, seinem Geist Raum geben, in Christus bleiben und uns ihm ganz aufliefern, da sündigen wir nicht!
Es wäre Missachtung der Gnade und Liebe Gottes, wenn wir an der Sünde festhalten, wenn wir unser Leben an den Geboten Gottes vorbei gestalten. Sünde ist niemals harmlos, den Sünde trennt von Gott und seinem Reich. Wir sind dann in Gefahr das Heil, unseren Heiland zu verlieren. Darum: Hin zu Christus! Christus spricht: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht!“
Amen.
Pfr. Ulrich Hauck, Gottesdienst Invocavit, Niederhorbach – 18.02.2024
Dieser Beitrag wurde erstellt am Sonntag 7. April 2024 um 7:38 und abgelegt unter Predigten / Andachten.