Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

„Deine Sprache verrät dich“ (Mt 26,73): Muttersprache und Vaterland

Samstag 21. Oktober 2023 von Pastor Dr. Stefan Felber


Pastor Dr. Stefan Felber

1. Zwei Vor-Erzählungen

„Deutsch ist die Sprache meiner Freiheit. Diese Sprache schenkt mir die Möglichkeit, mich frei zu äußern. Die ‚Fremdsprache‘ bietet mir eine Heimstätte an, die die Heimat nicht ersetzt und nicht ersetzen will. Aus dem Grund könnte ich heute die deutsche Sprache nie verlassen.“

Der das sagte, zählte 14 Literaturpreise und Auszeichnungen, dazu die Goethe-Medaille und das Bundesverdienstkreuz am Bande – all das, obwohl er nicht in seiner Muttersprache schrieb: Der aus dem Iran stammende Schriftsteller Said Mirhadi. SAID, so der Künstlername in Großbuchstaben, wurde 1947 in Teheran geboren, studierte ab 1965 in München, wohin er später, enttäuscht von der iranischen Revolution, wieder zurückkehrte und blieb. 2000 bis 2002 war er Präsident des PEN-Zentrums der deutschen Schriftsteller. Er wurde zu den bedeutenden deutschsprachigen Lyrikern der Gegenwart gezählt. Mitten in den Arbeiten zu diesem Aufsatz starb er am 15. Mai 2021 an einem Herzinfarkt. Mit dem zitierten Satz antwortete er auf die Frage, ob er „im zweiten Land in der anderen Sprache auch eine Heimat finden kann“. Die „Sprachnachrichten“ schreiben über ihn, SAIDs Intention ausziehend: „Wenn er eine Ersatzheimat gefunden hat, dann in der deutschen Sprache, die ihm als Werkzeug und Medium dient.“[1] Für SAID geht es jedoch weniger um das Deutsche an sich, sondern mehr um die Sprache der Nation, die ihm Freiheit bot. In seinem Beitrag „zur entstehung der poesie“ staunt er über die Kraft der Poesie, „andere wirklichkeiten“ wachsen zu lassen. Diese überspannen den „Abgrund“ „zwischen dem betrachter und seinem objekt“ (Kleinbuchstaben von SAID):

„diese autoren, die keine abgründe kennen, können auch keinen halt mehr bieten, keinen trostraum für die verletzlichen. fortan siegt der nihilistische geist der gleichmacher, die alles erklären, um nichts zu empfinden.

doch jede schöpfung ist organisch den gesetzen der vibrierung unterworfen – das rätsel der welt liegt in der anbetung.

wer dafür kein organ hat, mutiert zum intellektuellen des fortschritts, sieht nur auf seine hände, hört seine handys und zieht sich zurück in den kokon der postmoderne. und wundert sich, wenn ihn dort die aggressive lesart der religionen überrascht.

‚wo keine götter sind, herrschen die gespenster‘, warnte schon novalis.“

Lassen wir uns von SAID für unser Thema zwei Einsichten mitgeben.

Die eine: Sprache vermittelt Heimat, indem sie den Beheimateten einhüllt, ihm nicht nur Werkzeug, sondern Medium ist. Hätte Sprache keinen überzeichenmäßigen Charakter, wäre sie also lediglich (maschinell verarbeitbare) Information, verlöre sie ihr Geheimnis und ihre elterliche, Heimat stiftende Kraft sofort. Muttersprache (vor allem Dialekt) und Vaterland sind durch diese Eigenschaften für die meisten Menschen untrennbar verbunden. „Vaterland“ und „Muttersprache“: Dieser Sprachgebrauch weist hin auf die Zeugung eines Kindes, auf sein Geborgen- und Eingefügtsein in Familie, Land, Kultur und Staat. Sprache umfaßt alle diese Dimensionen.

Die andere: SAID gewann durch Vertrautwerden mit und in einer Fremdsprache ein neues (Vater)Land. Treten Vaterland und Muttersprache auseinander, wie für die Wanderer zwischen den (Sprach‑)Welten, ergibt sich eine Spannung, die fruchtbar sein kann wie bei SAID, aber auch desaströs vereinsamend für die, denen die neue Heimat und Sprache verschlossen bleibt. SAID steht mit seiner Erfahrung nicht allein; ähnlich haben es Geistesgrößen wie Thomas Mann erlebt, insbesondere auch Juden: Marcel Reich-Ranicki, Karl Wolfskehl u.a.

Eine zweite Vor-Erzählung lassen wir uns von der großen Opernsängerin Edda Moser (geb. 1938) geben. Auch sie ist Wanderin zwischen den Welten (eine Aufnahme von ihr fliegt mit der Voyager II durchs All!) und insofern von gesteigerter Sensibilität für sprachliche Eigenarten: Sie gründete das Festspiel der deutschen Sprache, das jährlich in Sachsen-Anhalt stattfindet. Es soll für die deutsche Sprache begeistern und dem Sprachverfall entgegenwirken. Im Interview des Deutschlandfunks beschrieb sie die Hintergründe ihrer Idee; ich gebe die mündliche Rede samt der Brüche minimal gekürzt wieder:

„Auf die Idee gekommen bin ich eigentlich, als ich aus Amerika zurückgekehrt bin. Ich habe ja sehr viel in Amerika gearbeitet und habe dort sehr bewundert, wie die Juden, die 50 Jahre in New York lebten, ein perfektes Deutsch sprachen – mit allen Dialekten, ob es Mainzerisch oder Dresdnerisch war oder so. Das war so bewundernswert, dass ich immer fragte, warum ist das möglich, ihr sprecht alle so phänomenal deutsch, und die jungen Leute, die nach Amerika kommen, sprechen fast schlecht, insofern: Wenn sie nach drei Jahren ununterbrochen in Amerika waren, hatten sie schon einen amerikanischen Akzent. Und da sagten mir dann die Leute, die 50 Jahre dort lebten und vor den Entsetzlichkeiten der deutschen Politik eben geflohen waren: Die deutsche Sprache ist unser portatives Heimatland. Und das hat mich sehr nachdenklich gemacht. … da dachte ich, die deutsche Sprache anhand dieser schwachsinnigen Anglizismen, die man heute selbst bis in höchste Kreise hört, auch Leute, die sich mit der Sprache beschäftigen, die dann so unsinnigen Quatsch reden und wo man ein deutsches Wort benutzen könnte, dass ich gesagt habe, dagegen muss ich also jetzt wirklich zu Felde ziehen. In den Zeitungen kamen dann Worte wie ‚Boris fightete‘, oder ‚der hat sich geoutet‘. Da habe ich gesagt, das gibt es nicht, das kommt nicht infrage. Ich habe einfach die zornige Auffassung, dass wir unsere Sprache retten müssen, und unsere Sprache ist ein Teil der Individualität. Jeder möchte gerne Individualist sein. Das kriegt er durch Anglizismen nicht hin, sondern nur durch eine Sprache, in der er sich dann … Zum Beispiel würde man sagen, er hat sich geoutet. Warum sagt man nicht, ich offenbare mich? Das ist eine Gnade, diese Sprache zu sprechen, und das ist meine Hauptaufgabe jetzt.“[2]

Lassen wir uns auch von Edda Moser zwei Grundgedanken für unser Thema geben!

Zum einen: Wenn die Sprache ein portatives Heimatland ist, dann kann es in der Fremde die alte Heimat bewahren, ja die neue Umgebung vertraut(er) machen.

Zum anderen: Anglizismen[3] und gender-„gerechte“[4] Sprache haben das Potential, die Beheimatung in der Muttersprache zu gefährden, sowohl die Identifikation der Migranten, die dabei sind, heimisch zu werden, als auch der Alteingesessenen. Der Widerwille gegenüber dem dämlichen „Denglischen“ setzte bei der Sopranistin große Energien frei, sich für die Schönheit und den zureichenden Charakter der deutschen Sprache für Kommunikation, Literatur, Politik usw. einzusetzen. Die Schriftstellerin Gudrun Luh-Hardegg bringt in ihrem Buch „Von der Schönheit unserer Sprache oder König Midas zum Trotz“ zahllose weitere Beispiele dafür. Auch andere Kabarettistinnen und Schauspielerinnen wie Monika Gruber oder Cate Blanchett lehnen die Genderformen ab, ohne um ihren Ruf zu fürchten. (Eine andere Frage ist, ob und wie die „zornige Auffassung“ umsetzbar sein wird, „dass wir unsere Sprache retten müssen“.)

Ich erlaube mir, zu verallgemeinern: Je höher die literarische Meisterschaft, desto „sprachreiner“ wird gesprochen; je politischer bzw. je moralisch aufgeladener gedacht wird, desto stärker werden Sprechen und Schreiben einem ideologischen oder denglisch-anbiedernden Diktat unterworfen. Und je mehr jemand in einem Sachgebiet verwurzelt und kompetent ist, desto eher widersteht er (und hier gerade auch: sie) den neuen Vorgaben. So wollen die Soldatinnen der Bundeswehr (Anteil: 12%) mehrheitlich eben nicht „Oberstleutnantin“, „Oberstin“ oder „Bootsfrau“ usw. heißen. Laut den „Sprachnachrichten“ ist Friedrich Forssman einer der führenden Typographen Deutschlands. Dieser warnt, man gäbe „auf Jahrzehnte hinaus die Sprache als etwas Gemeinsames, Einigendes“ auf, wenn man die Grammatik nach moralisch-ideologischen Kriterien verforme.[5]

Spitzt man diese Verallgemeinerung versuchsweise nochmals zu, so kommt heraus: Je marktkonformer (und leider oft auch: je bildungsferner), desto denglisch; je politischer, desto gender. Die Zuspitzung vereinfacht, und man sollte sie nicht persönlich adressieren. Doch als gesellschaftliche Tendenz der sprachlichen Anbiederung stimmt sie. Bücher, die unsere Sprache gegen diese Entheimatung verteidigen wollen, bestätigen den Trend nur.[6]

 

  1. Von der gegenwärtigen zur grundsätzlichen Problematik

Zum Tag der Logopädie am 6. März 2021 meldete die Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik, bei Kindern hätten Sprachstörungen in den letzten Jahren „alarmierend zugenommen“. Dies betreffe vorwiegend die Sprachentwicklung und die Aussprache. Auch Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit der Kinder ließen nach.

Die Kompetenzentwicklung hinsichtlich Lesen, Textverständnis, Rechtschreibung, Schönschrift wirft in der Tat eine Fülle kritischer Fragen an unser Bildungs- und Mediensystem auf. Ältere und lesefreudige Menschen, die vom Thema „Heimat Sprache“ hören, werden darum mit Schmerz an die letzten Jahrzehnte denken. Das gilt erst recht für die unter ihnen, die in den Bereichen von Bildung und Medien auf die deutsche Sprache angewiesen sind.

Damit sind sie weder allein, noch ist ihre Sorge neu. 1965 schrieb Gerhard Friedrich (1908–1986), evangelischer Professor für Neues Testament:

„Das Beunruhigende der heutigen Situation ist, daß wir in einer ausgesprochenen Krise des Wortes leben. Das Wort hat weithin seinen Wortcharakter verloren, indem es zu einer leeren Mitteilungsformel und einem Zeichensystem geworden ist. … Die Technisierung der Sprache führt zum Tod des Wortes.“[7]

Friedrich beklagte eine Wort-Inflation, eine Entwertung des Wortes insbesondere auch in der Theologie. Am schlimmsten sei es in der Politik, wo Sprache „stärker mißbraucht werde als je“.

„Die Wörter dienen nicht dazu, sich dem andern gegenüber zu offenbaren, sondern die Gedanken vor ihm zu verbergen und ihn zu täuschen. … Die Verkehrung der Wörter in ihr Gegenteil wird von Orwell als die eigentliche Mechanik der neuen Zeit beschrieben.“[8]

Vor Friedrich hatte der katholische Professor für Theologie und Religionsphilosophie, Romano Guardini (1885–1968), die Lage der Sprache als äußerst gefährdet und eine neue Verantwortlichkeit ihr gegenüber als „besonders dringlich“ bezeichnet; er befürchtete gar ihr Zugrundegehen.[9] Für christliche Theologen sollte die besondere Verantwortlichkeit für das Wort verständlich, ja selbstverständlich sein. Denn wie sollte das zunehmende Entzogensein unserer Kultur vom göttlichen Wort, von dem aus alles Sprechen Würde, Wahrheit und Klarheit empfängt, nicht auch eine zunehmende Entfernung unserer Sprache von Würde, Wahrheit und Klarheit zur Folge haben?[10]

George Steiner (1929–2020) skizziert in „Von realer Gegenwart“ (1990) einen Bruch zwischen Wort und Welt in fundamentaler und folgenreicher Art „zwischen 1870 und 1940 in Kultur und spekulativem Bewußtsein Europas, Mitteleuropas und Rußlands … Es ist dieser Bruch des Kontraktes zwischen Wort und Welt, der eine der wenigen echten geistigen Revolutionen in der Geschichte des Westens darstellt und durch den sich die Moderne definiert.“[11] Unter anderem verweist er auf Stephane Mallarmé, gemäß dem das Wort Rose eben nicht die Eigenschaften der Blume Rose hat: Es sticht nicht und duftet nicht. Sprache habe ihre beheimatende Funktion schon damals eingebüßt, die Bedeutungen der Wörter werden willkürlich. Das „Je est un autre“ („Ich ist ein anderer/etwas anderes“) von Arthur Rimbaud (1854–1891) dokumentiere die Auflösung.

Die Sehnsucht des Menschen nach Selbstentgrenzung führt jedoch zu Entfremdung, Entheimatung, und vor allem zur politischen Verfügbarkeit in jede Richtung. Für den postmodernen Vordenker Friedrich Nietzsche (1844–1900) lag der entscheidende Machtfaktor der Zukunft bei denen, die in der Lage sein werden, die Sprache zu regeln beziehungsweise einen bestimmten Sprachgebrauch durchzusetzen. Für ihn hat Sprache – nach dem von ihm ausgerufenen Tode Gottes und dem Ende der Metaphysik – gar keinen Anhalt mehr an der Wirklichkeit. Es gebe praktisch nur noch Interpretationen, die miteinander ringen. Die interpretierte Wirklichkeit werde durch Sprache vielmehr erst erzeugt! Analog entwarf George Orwell (1903–1950) in „1984“ die Schreckensvision eines „Wahrheitsministeriums“, das die richtigen Geschichtsdaten erst herstellte. Daß heute die Freiheit des sprachlichen Ausdrucks und damit des Denkens immer weiter reduziert wird, liegt auf der gleichen Linie.

Man kann die Problematik mit guten Recht noch weiter zurückverfolgen auf die Säkularisierung, die alle Gebiete des Lebens, eingeschlossen die Sprache, „aufklären“, d.h. auf natürliche Ursachen und Prinzipien reduzieren will.[12] Es ist, kurz gesagt, Sprache ohne Gott, die gefangen bleibt in einer Abwärtsspirale, in der sich grammatische Auflösungen und Abschleifungen (hierüber im Sprachvergleich: Roger Liebi) und immer neue Krisen der Bedeutungen vollziehen (hierüber neben George Steiner etwa bereits Max Picard[13] u.a.).

In seinem mit Wilhelm von Humboldt einsetzenden Überblick über die bisherigen Forschungen zur Typologisierung aller Sprachen der Welt meinte der Sprachwissenschaftler Johannes Fischer (1895–1983) für die „‚indogermanischen‘ Sprachen im allgemeinen und speziell dann im Griechischen und noch einmal in dem Typus der modernen europäischen Sprache eine Tendenz zur Ausscheidung des Intentionalitätsprinzips zu erkennen“, während die anderen Sprachgruppen im wesentlichen konstant blieben. Wenn ich Lohmann recht verstehe, geht es ihm wie Steiner um die verloren gehende Unmittelbarkeit der Gegenwart oder Vergegenwärtigung der Sache im Wort, denn er schreibt weiter:

„Das bewegende Motiv der ‚indogermanischen‘ Sprachgeschichte ist die Entbindung des Begriffes aus der Sprache, und zwar von ihrem Anfange bis zu ihrem Ende. Am Ende steht die Idee der nackten, puren, metaphysikfreien Objektsprache, deren Wesen der frühe Wittgenstein … am konsequentesten erfaßt hat. …

Der … Begriff des Wortes wird dann im weiteren Verlaufe zu einem arbiträren Zeichen für das damit bezeichnete ‚Objekt‘ – eine Entwicklung, die im Englischen und Französischen weiter fortgeschritten ist als im Deutschen (was sich auch in der Orthographie manifestiert).“[14]

„Man kann so die indogermanische Sprachgeschichte in dem Trend, der sie beherrscht, so beschreiben, daß der ‚Sinn‘ aus der Sprache selbst entweicht und nur noch durch objektive Erfahrungen des denkenden ‚Subjekts‘ gegeben ist. Was die Indogermanistik, speziell als die sog. ‚Etymologie‘ tut, ist nichts weiter als der Versuch, durch den Rückgriff auf die Geschichte den aus der Sprache entwichenen Sinn wieder in sie zurückzuholen. Dadurch entsteht ein Bild der Sprachgeschichte, wonach in grauer Vorzeit eine sog. ‚Ursprache‘, gewissermaßen als ein Geschenk des Himmels, den Völkern in den Schoß gefallen wäre, um von ihnen hinfort nur noch … deformiert zu werden.

Eine solche systematische Deformation, Zerstörung des ursprünglichen Sinngefüges, findet in der indogermanischen Sprachgeschichte, aber nur in ihr allein unter allen bekannten Sprachgeschichten, tatsächlich statt: Die Zerstörung des ursprünglichen Sinnes ist hier gerade der Sinn der Sprachgeschichte. Ihr Ziel ist die ‚Wortsprache‘, die der heutige Europäer mit Sprache überhaupt verwechselt, d.h. die Gestalt einer Sprache, in der terms (man kann dies charakteristischerweise nur auf Englisch sagen) mit Hilfe einer logisch-grammatischen Apparatur auf ‚Objekte‘ bezogen werden. Dieses Ziel kann in natürlichen Sprachen allerdings niemals vollständig erreicht werden, wohl aber z.B. in dem sog. ‚Basic English‘ (d.h. einer auf dem natürlichen Englisch aufgebauten Kunstsprache) sowie in der ‚formalisierten‘ Sprache der Wissenschaften mathematischen Charakters und in der philosophischen Idee der ‚Objektsprache‘, wie sie als erster Wittgenstein in letzter Konsequenz entwickelt hat.“[15]

Es sollte nicht überraschen, daß die Klage von Literaturwissenschaftlern vom Schlage Steiners auch sprachwissenschaftliche Pendants findet. Eher sollte überraschen, daß derlei nicht häufiger vorgetragen wird. Sollten Lohmann und Steiner Recht haben – und ich finde, es kommt ihnen hohe Plausibilität zu –, so mag man als Lehrer oder Prediger bestürzt und ernüchtert reagieren.

Bestürzt: Moderne und Postmoderne mit ihrem Sprachverständnis sind offenbar auf dem besten Weg, uns schon sprachlich den Himmel zu verschließen. Denn wenn sich die Sprachentwicklung à la Wittgenstein allem Sinn, aller Ethik entzieht, um wieviel mehr wird sie sich transzendenten Erwägungen verschließen. Liegt hier eine, vielleicht eine große Problematik heutiger Heimat‑, Traditions‑ und Glaubensvermittlung begraben?[16]

Ernüchtert: Unsere Möglichkeiten, die Entwicklung umzukehren, sind denkbar gering. Lohmann bietet jedoch indirekt eine Bestätigung dafür, daß die Theologie, ja vielmehr der Heilige Geist die Aufgabe hat, vielmehr nur Er die Macht hat, uns durch das Wort Gottes die Sprache wieder zu öffnen für eine Rede von Gott und Schöpfung, die wirklich Zugang zu Gott und Schöpfung verschafft. Mit der Vision Jesajas gesprochen: Die Bibel ist die glühende Kohle, die die unreinen Lippen anrühren kann, damit sie wieder ins sonst unsagbare Lob der Seraphim einstimmen können (Jes 6).

Doch verfolgen wir noch die Linie rückwärts, überschlagsweise in nur noch drei Schlaglichtern bis zum ersten Anfang:

  • Stimmen des 17. Jahrhunderts empfanden den Dreißigjährigen Krieg als göttliche Strafe für die Verderbnis der deutschen Sprache und Sitten (Justus Georg Schottelius, Johann Rist).[17] Bereits damals wurde Klage über die Sprachentwicklung geführt.
  • Sodann sei erinnert an die Sophisten im alten Griechenland, die Sprache (und Wahrheit!) durchaus kunstvoll in den Dienst des politischen Ãœberzeugens, also der Macht stellten (Nietzsche!).
  • Schließlich: Beim Sündenfall ließ sich Eva auf das Gespräch mit der Schlange ein; mit ihr fiel Adam auf die teuflischen Versprechen herein. Dann nutzten beide ihre (Ur)Sprache, sich vor Gott zu verstellen oder zu entschulden, belasteten sich damit jedoch noch mehr, und vor allem mißbrauchten und verdrehten sie die Sprache zu Lüge und Verstellung.[18] Bei Kain findet sich sofort das gleiche Problem, 1. Mose 4,9f.:

Da sprach der Herr zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel?
Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein?
Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.

Kain, der unmittelbar zuvor seinen Bruder erschlagen hatte, weiß sehr genau, wo er den Bruder verscharrt hat. Aber er verbirgt sich. Da erhebt das Blut seine Stimme! Das gilt im Blick auf die Anklage des Menschen, aber auch im Blick auf das Lob, das die ganze Schöpfung dem Höchsten schuldig ist, ja ihm gerne, aus innerstem Antrieb zuwendet (Ps 148–150). Schweigen die Jünger, müssen die Steine schreien (Lk 19,40).

Wir stehen vor einem grundsätzlichen Problem, das in Wellen stärker oder schwächer spürbar ist und daher auch mal mehr, mal weniger heftig beklagt wird. Wir berühren eine, wenn nicht die entscheidende Wurzel der anthropologischen Krise unseres Zeitalters: Das Wort ohne seinen Geber, die Sprache ohne Gott bringt mit sich die „Entwortung des Wortes“, die „die Entmenschung des Menschen zur Folge“ hat.[19] Wir wissen nicht mehr, was der Mensch ist und wo er zu Hause ist, wenn wir seine Sprache nur als Nebenphänomen zur materiellen und leiblichen Gestalt des Menschen unterbestimmen. Sprache ist eine gewaltige Gottesgabe an den Menschen; eine atheistische Evolutionstheorie kann ihr Wesen nicht verstehen. Steiner, obwohl selbst Agnostiker, erfaßt es klar:

„Die These lautet, daß jede logisch stimmige Auffassung dessen, was Sprache ist und wie Sprache funktioniert, daß jede logisch stimmige Erklärung des Vermögens der menschlichen Sprache, Sinn und Gefühl zu vermitteln, letztlich auf der Annahme einer Gegenwart Gottes beruhen muß.“[20]

 

  1. Hoffnung für die Sprache

Trotz alledem, auch trotz den sehr berechtigten Klagen über schwindende Sprach- und Lesekompetenzen, gilt nach wie vor: Wir leben und sprechen noch. Wir hören einander. Wir lieben und werden wiedergeliebt. Wir leben von Verträgen, die über viele Generationen hinweg Bestand hatten, und schließen neue. Demagogen überzeugen, und Lehrer vermitteln Stoff. Das Evangelium wird gepredigt, Menschen tun Buße und werden errettet. Der Engel von Offb 14,6 verkündigt ein ewiges Evangelium allen, die auf Erden wohnen; die Knechte Gottes singen das Lied des Mose von den Wundern der Werke, der Wege und des Namens des heiligen Gottes (15,3f.). Keine Macht wird diese Bewegung aufhalten!

Hochmut und Gier haben Sprechen und Denken zwar so empfindlich gestört, daß wir Menschen mit Gott und miteinander nicht mehr verkehren können wie Adam und Eva im Garten Eden vor dem Fall: frei von Mißverständnissen, Unverständnissen, Lügen und Verstellungen. Gott hat dennoch auch nach dem Fall wieder und wieder zum Menschen gesprochen, und er hat sich dabei einer Sprache bedient, auf die der Mensch mit seiner Sprache reagieren konnte. Sprache und Dialog blieben möglich, genauer gesagt: Sie werden immer wieder neu geschenkt.

Die materialistischen Erklärungsversuche versagen vor dem Wunder der Kommunikation, der christlichen zumal. Wenn Yuval Noah Harari in „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von der „kognitiven Revolution“ in der Evolution des Menschen spricht, so bietet er die populär-atheistische Variante des Staunens, ja offenbart das Nichtverstehenkönnen des Unglaubens über das Rätsel der Gottesgabe Sprache, die den Abgrund zwischen Stofflichem und Geistigem überspannt, und die den Qualitätssprung vom Tier zum Menschen signalisiert. Das Unverständlichste am Universum ist, so Albert Einstein, seine Verständlichkeit.[21] Doch das Universum wird verständlich, d.h. es wird transparent, sagbar, ja zu preisen für das Wirken Gottes, wenn denn die biblischen Berichte von der Schöpfung durch das Wort am Anfang und der Fleischwerdung des göttlichen Wortes in Jesus Christus geglaubt und theologisch-philosophisch ernst genommen werden. Nur wer dies in seiner Muttersprache glauben und bekennen kann, ist in seiner Sprache zu Hause.

In Jesus Christus ist Gott Mensch geworden. Er hat Fleisch und Sprache des Menschen in seinen Dienst genommen. Durch das Evangelium, durch eine sprachliche Botschaft, hat er das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht (2. Tim 1,10).[22] Leib und Wort, die göttlichen Gaben an den Menschen, überläßt er also trotz aller Entstellungen und Lügen nicht dem Teufel. Die Wunder der leiblichen, geistigen und geistlichen Zeugungen, der Mitteilungen und Selbstmitteilungen, die Wunder des „Dein Wort ist Wahrheit“[23] bestehen nach wie vor und hindern die Sünder daran, wie in Babel (1. Mose 11) zerstreut zu werden und nolens volens die Welt zu vernichten. Es gibt zwar Faktoren, die insbesondere für Dialekte und für Sprachen mit wenigen aktiven Sprechern gefährlich sind, vor allem Mobilität/Migration, Globalisierung, Digitalisierung, Fortschrittsdenken zugunsten von Fremdsprachen (bes. Englisch, Denglisch), sowie die oben beschriebenen sprachwissenschaftlichen und sprachphilosophischen Reduktionen. Tatsächlich sterben Sprachen auch aus, andere fächern sich auf. Dennoch nennt Luther zu Recht die Sprache ein Loch im Reich des Teufels. Es gibt kein geschichtliches Ereignis, durch das das Pfingstereignis prinzipiell außer Kraft gesetzt werden könnte.

Gott hat das menschliche Sprachvermögen so weit erhalten, daß wir uns, um Weisheit und Heiligung flehend, der Sprache bedienen dürfen (und müssen), um uns zu verständigen. Außersprachliche Wege stehen nicht zur Verfügung. Erst recht, wo die Sprache selbst Gegenstand der Besinnung wird, empfiehlt sich die Leitung durch das Wort Gottes, weil nur hier der von Eden entheimatete Mensch dem Ruf aus dem Paradies und zum Paradies zurück und damit einem Wort begegnet, das von Lüge, Verstellung und Irrtum völlig frei ist. Was die Leitung durch Gottes Wort konkret bedeuten kann, hat für die Ebene von Semantik und Vokabular beispielsweise Friso Melzer am Beispiel der Säkularisierung und wiederum neuen „Taufe“ von Wörtern wie Beruf/Berufung, Barmherzigkeit und vieler anderer gezeigt.[24] Für die Quellen unserer grundsätzlichen Sicht von Sprache bin ich nach wie der Überzeugung, daß die Auskunftsfreudigkeit der Bibel weit unterschätzt wird.[25]

 

  1. Das systematische Problem und die Chance einer Besinnung auf Sprache

Sprache ist nicht ein Gegenstand, dem wir gegenübertreten können wie einem Stück Holz. Sie verhält sich nicht nur wie das Wasser um den Fisch oder die Luft um den Menschen herum. Die Analogie zu Luft und Wasser stimmt nur insofern, als diese Elemente durch unsere Atmung und Verdauung tief in uns eindringen, gefiltert und wieder ausgeschieden werden.

Dasselbe geschieht – jedenfalls bei den meisten Menschen – mit der Muttersprache, freilich noch inniger und intimer, weil es nicht (in erster Linie) um stoffliche Prozesse geht (etwa den Schall und seine biophysikalische und ‑chemische Verarbeitung via Gehör im Gehirn), sondern um das geistige Denken und Fühlen. Die Heimat des inneren Menschen wird gefüllt durch seine Muttersprache bzw. seinen vertrauten Dialekt, sowie durch die Bilder der Landschaft(en), in der (denen) er prägende Jahre verbracht hat. Der Begriff „Heimat“ wäre hierbei in Analogie zu einer Landschaft, „Vaterland“ (patria), in dem man aufgewachsen oder vertraut ist, eine Unterbestimmung für das, was die Muttersprache uns bedeutet. Denn ein Weg- und Umzug, ein Heimischwerden in einer anderen Sprache ist schwer, den meisten Menschen fast unmöglich.[26] Ein Mensch hat in der Regel nur eine Muttersprache, alles andere sind Fremdsprachen, Zweit- oder Drittsprachen. Nur selten werden sie so beherrscht und verinnerlicht wie die Muttersprache. Ausnahmen wie SAIDs und Steiners Meisterschaften in einer Zweit- oder gar Drittsprache bestätigen die Regel.

Die Vorgegebenheit der Muttersprache besteht nicht nur formal. Nietzsche übertreibt: Jedes Wort sei in sich schon ein Vor-Urteil.[27] Einerseits stimmt es: Die Muttersprache gibt die Gleise vor, auf denen sich unser Weltverstehen bewegt. Ihre „Einteilungen von Wirklichkeit“ (Hempelmann[28]) sind nur hintergehbar durch das Erlernen von Fremdsprachen oder durch theologisch-philosophische Reflexion.

Als minimales Beispiel sei auf das nach deutscher Grammatik reflexiv zu konstruierende „entschuldigen“ und „bedanken“ verwiesen: „Er entschuldigt sich“, „sie bedankt sich“. Als Christ und Theologe frage ich: Wie ist das möglich? Ich schlage als Alternative vor: „Er bittet ihn um Entschuldigung“, „sie dankt ihr …“ Denn es sollte beim Ent-Schulden und Danken nicht um eine Handlung gehen, die jemand an sich selbst tut, sondern um einen zwischenpersonalen Vorgang, also die Bitte um eine Übertragung (Vergebung) oder eine Zueignung (Dank)!

Andererseits würde, wie gesagt, Nietzsches Sprachskeptizismus, radikal gefaßt, völlige Entheimatung nach sich ziehen, Entweltlichung, ja Entmenschlichung. Radikal gefaßt kann Nietzsche schon aus empirischen Gründen nicht Recht behalten. Denn in ein und derselben Sprache können extrem gegensätzliche Haltungen und Einsichten artikuliert werden, dazu muß man nicht auf andere Sprachen ausweichen. Selbst Nietzsche hat seine scharfe Sprachkritik, die den Begriff der objektiven Wahrheit entlarven wollte – „Was ist ein Wort? Die Abbildung eines Nervenreizes in Lauten“[29] –, nicht anders als sprachlich vorgetragen.

Sprechenkönnen bedeutet also nicht nur Bindung, sondern auch Freiheit! Unsere Muttersprache gibt uns nicht nur Wurzeln, sondern auch Flügel. Steiners „Nach Babel“ hat auch diesem Befund beredten Ausdruck verliehen.

In den Sprachvereinen unserer Zeit, die gegen den gesellschaftlichen Trend zur Vereinzelung wachsen, sammeln sich immer mehr Menschen, die die Gefahr der sprachlichen Entheimatung durch zerstörerische Kräfte spüren, und die die Sehnsucht nach Freiheit, nach Ausdruck von Weite durch und in schöne(r) Sprache verbindet. Eine Hoffnung auf Erneuerung an der Wurzel der Sprachprobleme kann sich jedoch letztlich nur auf den Gott richten, der selbst das Wort ist und spricht, wie es der Prolog zum Johannesevangelium vorgibt. Nur so wird Nietzsches Blockade wieder „geheilt“, der dem 20. Jahrhundert mitgab: „Die Worte liegen uns im Wege!“[30] Die Schrift Gottes zeigt dagegen: Sein Wort ist der Weg, die Wahrheit, und das Leben. Durch Gottes Wort wird unser Wort rein, wirkt Gemeinschaft und Abgrenzung, Vertrautheit und Freiheit – das Vaterland.

5. Mose 32,46f.:

„Nehmt zu Herzen alle Worte, die ich euch heute bezeuge, daß ihr euren Kindern befehlt, alle Worte dieses Gesetzes zu halten und zu tun.
Denn es ist nicht ein leeres Wort an euch, sondern es ist euer Leben, und durch dies Wort werdet ihr lange leben in dem Lande, in das ihr zieht über den Jordan, um es einzunehmen.“

Ps 119,116:

„Erhalte mich durch dein Wort, daß ich lebe.“

Mt 4,4 (5 Mo 8,3 zitierend):

„»Der Mensch lebt nicht vom Brot allein,
sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«“

Joh 6,68f.:

„Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens;
und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“

Das in diesen Bibelworten artikulierte und vermehrte Zutrauen zum göttlichen Reden bzw. zu Jesus Christus sollte theologisch neu ernst genommen, jedoch nicht philosophisch verallgemeinert werden. Denn die Bibel bzw. das pfingstliche Wirken des Heiligen Geistes stellt keine neue Universalsprache her, die für jeden Lebensbereich neu eine mühelose Kommunikation garantiert. Das Pfingstwunder war und bleibt auf die christliche Verkündigung bezogen. Lesen wir abschließend Apg 2:

„4 Und sie wurden alle mit Heiligem Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu reden, wie der Geist ihnen gab auszusprechen. 5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, gottesfürchtige Männer, von jeder Nation unter dem Himmel.

6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache (griech.: tä idia dialekto) reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen:

Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache[31]? 9 Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom, 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden.“

Die babylonische Vielfalt der Sprachen bleibt die Signatur der gefallenen Schöpfung. Die Verständigung über den Großtaten Gottes wird zur Signatur der Einheit der Gemeinde über alle Volkszugehörigkeiten hinweg – und stiftet so neue Zugehörigkeit und Heimat: Das Bürgerrecht im Himmel, mit dem Lied des Mose als dem Dialekt der Heimat (Offb 15). So und dort konvergieren Muttersprache und Vaterland. Wenn irgendwo, dann wird dort unser „Haus des Seins“, wie Heidegger die Sprache nennt, errichtet.


Angeführte Literatur

Ammer, Jessica (Hg.), Die deutsche Sprache und ihre Geschlechter. Eine Dokumentation, Schriften der Stiftung Deutsche Sprache Bd. 3, Paderborn 2019, 60 S.

Bartholomew, Craig G. u.a. (Hg.), After Pentecost. Language and Biblical Interpretation, The Scripture and Hermeneutics Series Bd. 2, Grand Rapids, Mich 2001, 425 S.

Behland, Max, Flüstern gegen die Wölfe, in: Sprachnachrichten 89, 1/2021, S. 14.

Elberfeld, Rolf, Sprache und Sprachen. Eine philosophische Grundorientierung, Freiburg i. Br., München 22013, 415 S. (Nietzsche-Zitate sind von hier entnommen.)

Elfers, Achim (Hg.), Der Anglizismen-Index. Deutsch statt Denglisch. Ausgabe 2021, Paderborn 2021, 372 S.

Elfers, Achim, Der Fall des Deutschen, Borchen 2017, 112 S.

Felber, Stefan, Wesen und Würde des Wortes. Biblisch-theologische Grundlagen für das Verständnis von Sprache und Kommunikation, in: ders. (Hg.): Zwischen Babel und Jerusalem. Aspekte von Sprache und Übersetzung, Berlin 22019, S. 53–121.

Friedrich, Gerhard, Auf das Wort kommt es an!, in: Friedrich, Johannes H. (Hg.): Auf das Wort kommt es an. Gesammelte Aufsätze zum 70. Geburtstag, Göttingen 1978, S. 551–566.

Guardini, Romani, Ethik. Vorlesungen an der Universität München, Band 2, Paderborn 1993.

Hempelmann, Heinzpeter, Veritas Hebraica als Grundlage christlicher Theologie. Zur systematisch-theologischen Relevanz der biblisch-hebräischen Sprachgestalt, in: Haacker, Klaus; Hempelmann, Heinzpeter (Hg.): Hebraica veritas. Die hebräische Grundlage der biblischen Theologie als exegetische und systematische Aufgabe, Wuppertal/Zürich 1989, S. 39–78.

Langen, August, Zum Problem der sprachlichen Säkularisation in der deutschen Dichtung des 18. und 19. Jahrhunderts, in: Kaempfert, Manfred (Hg.): Probleme der religiösen Sprache. Wege der Forschung Bd. 442, Darmstadt 1983, S. 94–117.

Lennox, John Carson, Hat die Wissenschaft Gott begraben? Eine kritische Analyse moderner Denkvoraussetzungen, Wuppertal 22007, 336 S.

Lohmann, Johannes, Die Sprache als das Fundament des Menschen, in: Gadamer, Hans-Georg; Vogler, Paul (Hg.): Neue Anthropologie. Philosophische Anthropologie VII – Zweiter Teil. Dtv Wissenschaftliche Reihe Bd. 4148, Stuttgart, München 1975, S. 204–234.

Luh-Hardegg, Gudrun, Von der Schönheit unserer Sprache oder König Midas zum Trotz, Paderborn 2003, 237 S.

Melzer, Friso, Vom Sinnwandel deutscher Wörter im Lichte der Offenbarung, in: Riedel (Hg.): Vom göttlichen … (s.u.), S. 119–132.

Melzer, Friso, Das Wort in den Wörtern. Die deutsche Sprache im Dienste der Christus-Nachfolge: ein theo-philologisches Wörterbuch, Tübingen 1965, XVI, 372 S.

Melzer, Friso, Unsere Sprache zwischen Alltag und Altar, Moers 1987, 106 S.

Picard, Max, Der Mensch und das Wort. Erlenbach-Zürich 1955, 201 S.

Raspail, Jean, Das Heerlager der Heiligen, Edition Nordost, Schnellroda 32015, 416 S.

Riedel, Otto (Hg.), Vom göttlichen und vom menschlichen Wort, Berlin 1953, 156 S.

Steiner, George, Von realer Gegenwart. Hat unser Sprechen Inhalt? Mit einem Nachwort von Botho Strauss, München 1990, 320 S.

Trabant, Jürgen, Sprachdämmerung. Eine Verteidigung, München 2020, 240 S.

 

 


 

 

Erstveröffentlichung in:

Herrmann, Christian (Hg.): Heimat im Himmel und auf Erden. Theologisch-philosophische Aspekte der Heimatliebe, Nürnberg: VTR 2022, S. 220–234.

 

 


Endnoten:

[1] Behland, Flüstern gegen die Wölfe, S. 14.

[2] https://www.deutschlandfunk.de/ein-loblied-auf-die-deutsche-sprache.691.de.html?dram:article_id=56512 (29.06.2021). Das Interview stammt aus dem Jahr 2012.

[3] Seit 2001 wird jährlich ein aktualisierter Anglizismen-Index herausgegeben. Zunächst wurden 4500 Stichwörter verzeichnet. Mittlerweile sind es über 8000: s. Elfers lt. Literaturverzeichnis.

[4] Vgl. Ammer (Hg.), Deutsche Sprache und ihre Geschlechter.

[5] Sprachnachrichten 89, 1/2021, S. 20.

[6] Jüngere Beispiele: siehe die Titel von Trabant und Elfers im Literaturverzeichnis.

[7] Friedrich, Auf das Wort kommt es an!, S. 551.

[8] AaO. 553.

[9] Guardini, Ethik (die Vorlesungen wurden zwischen 1950 und 1962 gehalten).

[10] Vgl. Riedel (Hg.), Vom göttlichen und vom menschlichen Wort.

[11] Von realer Gegenwart, S. 127 (Hervorh. orig.).

[12] Vgl. Langen, Zum Problem der sprachlichen Säkularisation.

[13] Picard, Der Mensch und das Wort, bes. S. 102f.

[14] Lohmann, Die Sprache als das Fundament, S. 216 (Hervorh. orig.!).

[15] AaO. 217 (alle Hervorh. orig.).

[16] Genau das schon bei Nietzsche, s. Elberfeld, Sprache und Sprachen, S. 71: „… umso schwieriger, wenn es sich nicht mehr um konkrete Dinge oder Lebewesen handelt, sondern um Tugenden oder Ideen.“

[17] Art. Sprachgesellschaften, in: Killys Literaturlexikon; zitiert aus der Deutschen Digitalen Bibliothek, Bildschirmseite 25298 (Bd. 14, S. 392).

[18] Vgl. Raspail, Heerlager, S. 258: „Wir leben im Jahrhundert der korruptiven Worte. Wir benutzen die Worte, um den Taten auszuweichen, während wir auf das Unabwendbare warten, das jenseits der Worte steht und das Worte nicht abwenden können.“ S. 350: „Kaputtgemacht vom Terror der Worte. Wir wollten es lange nicht wahrhaben, aber die Worte sind die Syphillis unserer Tage. Machen wir uns jetzt aus dem Staub. Wir haben keine Zeit mehr zum Quatschen …“

[19] Friedrich aaO. 554.

[20] Steiner, Von realer Gegenwart, S. 13.

[21] John Lennox setzt hinzu: „Verblüffend ist nicht nur die Tatsache, daß das Universum verständlich ist; es ist die mathematische Natur dieser Verständlichkeit, die beeindruckt.“ Es sei verblüffend, daß sich die abstraktesten mathematischen Konzepte, die reine Erfindungen des menschlichen Geistes zu sein scheinen, für Zweige der Wissenschaft als lebenswichtig herausstellen können und ein großes Spektrum praktischer Anwendungen besitzen. Die Wissenschaft selbst kann das nicht erklären; es ist ein Teil des Glaubens, auf dem Wissenschaft beruht, daß die Welt unserem Verstand verständlich ist. Eugene Wigner, Nobelpreisträger für Physik 1960, schrieb: „Die ungeheure Nützlichkeit der Mathematik in den Naturwissenschaften grenzt ans Mysteriöse, und es gibt keine rationale Erklärung für sie. … Sie ist ein Glaubensartikel“ (Lennox, Hat die Wissenschaft Gott begraben?, 43).

[22] Zu dieser Stelle mehr in Felber, Wesen und Würde des Wortes. Biblisch-theologische Grundlagen …, bes. S. 86–88.

[23] Joh 17,17; vgl. Ps 12,7; 19,7–9; 119,151; 2Sam 7,28.

[24] Melzer, Vom Sinnwandel.

[25] Dem sollte insbesondere der in Fußnote 22 genannte Aufsatz dienen; vgl. außerdem den von Bartholomew herausgegebenen gehaltvollen Sammelband.

[26] Zum Vergleich: „Als Thomas Mann 1938 vor dem Nationalsozialismus floh und nach Los Angeles kam, soll er gesagt haben: ‚Wo ich bin, ist die deutsche Kultur‘“ (https://www.nzz.ch/feuilleton/zum-tod-von-george-steiner-vor-nichts-den-geist-verschliessen-ld.1538488, 29.06.2021).

[27] Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches II, 2. Aph. 55.

[28] Hempelmann, Veritas Hebraica; der Begriff „Einteilungen von Wirklichkeit“ dort S. 69. Nietzsche spricht von „Abgrenzungen“ und „Bevorzugungen“ (Elberfeld, Sprache und Sprachen, S. 66).

[29] Vgl. Elberfeld, Sprache und Sprachen, zu Nietzsche S. 64–81, zitiert von S. 66.

[30] Nietzsche, Morgenröthe, zit. nach Elberfeld aaO. S. 76.

[31] Wörtlich: „… unseren eigenen ‚Dialekt‘, in dem wir geboren wurden?“!

Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 21. Oktober 2023 um 6:00 und abgelegt unter Allgemein.