Gemeindenetzwerk

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Predigt über Psalm 39: In Anfechtung den Hoffnungsblick auf Jesus richten

Samstag 9. September 2023 von Johann Hesse


Johann Hesse

Der 39. Psalm schließt sich thematisch eng an den davorstehenden 38. Psalm an. David erkennt, dass er von Gott gezüchtigt wird (38,2). Auf Grund seiner eigenen Verfehlungen geht er durch schwere körperliche und seelische Leiden (38,3-5). Sein Gesundheitszustand ist unerträglich und kaum zu ertragen (38,6-8); auch sein Herz ist voll Unruhe, Sorge und Trauer (38,9-11). Seine Freunde und Verwandten halten sich fern von ihm (38,12) und seine Gegner planen, wie sie David zu Fall bringen und ermorden können (38,13-17). David ist so elend, dass es ihm die Sprache verschlägt: „Ich bin wie taub und höre nicht und wie ein Stummer, der seinen Mund nicht auftut. Ich muss sein wie einer, der nicht hört und keine Widerrede in seinem Munde hat“ (38,14-15). Davids Gebet in Psalm 39 entstand möglicherweise in derselben Phase schwerer Anfechtung und Heimsuchung.

1 Ein Psalm Davids, vorzusingen, für Jedutun. 2 Ich habe mir vorgenommen: Ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge; ich will meinem Mund einen Zaum anlegen, solange ich den Frevler vor mir sehen muss. 3 Ich bin verstummt und still und schweige fern der Freude und muss mein Leid in mich fressen. 4 Mein Herz ist entbrannt in meinem Leibe; / wenn ich seufze, brennt es wie Feuer. So rede ich mit meiner Zunge: 5 »HERR, lehre doch mich, / dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss. 6 Siehe, meine Tage sind eine Handbreit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Ach, wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben! Sela. 7 Sie gehen daher wie ein Schatten / und machen sich viel vergebliche Unruhe; sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird.« 8 Nun, Herr, wes soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich. 9 Errette mich von aller meiner Sünde und lass mich nicht den Narren zum Spott werden. 10 Ich will schweigen und meinen Mund nicht auftun; denn du hast es getan. 11 Wende deine Plage von mir; ich vergehe, weil deine Hand nach mir greift. 12 Wenn du den Menschen züchtigst um der Sünde willen, / so verzehrst du seine Schönheit wie Motten ein Kleid. Ach, wie gar nichts sind doch alle Menschen. Sela. 13 Höre mein Gebet, HERR, und vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen; denn ich bin ein Gast bei dir, ein Fremdling wie alle meine Väter. 14 Lass ab von mir, dass ich mich erquicke, ehe ich dahinfahre und nicht mehr bin.

Die folgenden drei Gedanken sollen in dieser Predigt, die hier angehört werden kann, entfaltet werden.

In schwerer Anfechtung hüte deine Zunge
In schwerer Anfechtung bedenke das Ende
In schwerer Anfechtung richte den Hoffnungsblick auf Jesus

1.  In schwerer Anfechtung hüte deine Zunge (Verse 1-4)

1.1   Für Jedutun – Die Wichtigkeit des Gotteslobes

1 Ein Psalm Davids, vorzusingen, für Jedutun.

Der Psalm beginnt mit einem kurzen Hinweis, der uns daran erinnert, dass David seine Gebetslieder unter der Anleitung des Heiligen Geistes nicht nur aufschrieb, sondern sie auch für das Gotteslob in der Stiftshütte und später im Tempel bestimmte.

Was wissen wir über Jedutun? „Und David und die Feldhauptleute sonderten aus zum Dienst die Söhne Asafs, Hemans und Jedutuns als Propheten mit Harfen, Psaltern und Zimbeln.“ (1 Chronik 25,1). Wir lesen dann von den sechs Söhnen Jedutuns, die wie er in diesem Dienst standen: …unter ihrem Vater Jedutun mit der Harfe, der da weissagte, zu danken und zu loben den HERRN“ (1 Chronik 25,3). Weiter heißt es von den dort erwähnten 288 Männern: „Diese alle sangen unter der Leitung ihrer Väter Asaf, Jedutun und Heman im Hause des HERRN mit Zimbeln, Psaltern und Harfen für den Dienst im Hause Gottes im Auftrag des Königs“ (1 Chronik 25,6).

David betete die Psalmen, er schrieb die Psalmen auf und er gab sie an die beauftragten Leviten weiter, die diese Psalmen im Gottesdienst zur Ehre Gottes vertonten und die Gemeinde mit den genannten Musikinstrumenten im betenden Gesang anleiteten und begleiteten. Wir sehen daran, wie wichtig David das gesungene Lob Gottes. Und nicht nur das: Auch die Klagelieder hatten ihren Platz im Gottesdienst Israels. Wir können von David und den Psalmen lernen, dass das Danken, Loben und Klagen einen festen und beständigen Platz in unseren Gottesdiensten und unserer persönlichen Andacht haben sollte. So wollen wir auch den Dienst der Musiker, die uns heute in diesem Gottesdienst begleiten, nicht für selbstverständlich halten, sondern ihren Dienst als einen wichtigen und zentralen Bestandteil des Gottesdienstes würdigen.

1.2   Was David sich vornahm: Das Hüten der Zunge

„Ich habe mir vorgenommen: Ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge; ich will meinem Mund einen Zaum anlegen, solange ich den Frevler vor mir sehen muss.“ (Ps 39,2)

Wörtlich heißt es: „Ich habe es mir gesagt, auf meine Wege zu achten, damit ich nicht mit der Zunge sündige.“ Er wusste, wie schnell man mit der Zunge sündigen kann. Er will seinem Mund einen Maulkorb (so wörtlich) verpassen, wenn er den Gottlosen, den Frevler vor sich sehen muss. David hatte in seinem Leben viele Gelegenheit, um diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen:

1.3   David auf der Flucht vor Absalom

„Hinaus, Hinaus, du Bluthund, du ruchloser Mann! Der Herr hat über dich gebracht alles Blut des Hauses Saul, an dessen Statt du König geworden bist. Jetzt hat der Herr das Königtum gegeben in die Hand deines Sohnes Absalom; und siehe, nun steckst du in deinem Unglück, denn du bist ein Bluthund“ (2 Samuel 16,7-8).

Als David wegen Absaloms Aufruhr aus Jerusalem flüchten musste, warf ihm Schimi, der Sohn Geras, ein Benjamiter aus dem Hause Sauls, lauter Flüche an den Kopf. Und nicht nur das: Schimi begleitete David und seinen Tross eine ganze Weile und beschmiss David unter Flüchen mit Steinen und Erdklumpen. David hätte Schimi verfluchen können oder er hätte Abischais Bitte stattgeben können. Schimi wäre innerhalb von Minuten einen Kopf kürzer gemacht worden. Doch David hielt sich zurück, schwieg zu den Flüchen und Schmähungen und wies seine Männer an, Schimi zu ignorieren:

„Lasst ihn ruhig fluchen, denn der Herr hat’s geboten. Vielleicht wird der Herr mein Elend ansehen und mir mit Gutem vergelten sein heutiges Fluchen“ (2 Samuel 16,11-12).

David hat hier den Triumph des Gottlosen vor Augen. Er, der Gesalbte des Herrn, muss unter Schmähungen und Flüchen die Stadt verlassen. Aber David flucht nicht zurück, er schwört nicht Rache, er schmeißt keine Steine und hält seine Leute zurück. Er hält seine Lippen im Zaum. Mit Gottes Hilfe setzt er hier seinen Vorsatz um: „Ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge; ich will meinem Mund einen Zaum anlegen, solange ich den Frevler vor mir sehen muss.“

1.4  Das Schweigen des Messias

Was David hier (durch eigenes Verschulden verursacht) erlebt, weist auf Christus hin. Schmähungen, Flüche, Spott, Hohn und Verleumdung wurden über ihn, den Sündlosen und Unschuldigen, ausgegossen, aber er schmähte nicht zurück. Von ihm heißt es: „Der nicht widerschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet“ (1 Petr 2,23).

Und im Prozess gegen Jesus sagt der Hohepriester: „Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen? Aber Jesus schwieg still. (Mt 26,63). Jesus hatte seine Zunge im Griff; er wusste, wann er schweigen musste. Und der Hohepriester sprach zu ihm: „Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes. (Mt 26,63). Nun aber kann Jesus nicht schweigen: „Du sagtes es. Doch ich sage euch.: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels“ (Mt 26,64). Jesus wusste, dass diese Worte zu seinem Todesurteil sein würden.

Er schwieg zu den falschen Anschuldigungen und Verleumdungen der Gottlosen, aber als darum ging, sein Leben zum Opfer hinzulegen, um dich und mich zu retten, da konnte er nicht länger schweigen.

1.5  Das Hüten der Zunge als biblischer Auftrag

Das Hüten der Zunge ist ein biblischer Auftrag für uns Christen.

Schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit (Prediger 3,7)

Wer seine Zunge hütet, bewahrt sein Leben; wer aber mit seinem Maul herausfährt, über den kommt Verderben. (Sprüche 13,3)

Besonders das Buch der Sprüche, aber auch der Jakobusbrief erinnern uns an diesen Auftrag:

Denn wir verfehlen uns alle mannigfaltig. Wer sich aber im Wort nicht verfehlt, der ist ein vollkommener Mensch und kann auch den ganzen Leib im Zaum halten. …. 5 So ist auch die Zunge ein kleines Glied und rechnet sich große Dinge zu. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet’s an! 6 Auch die Zunge ist ein Feuer. Eine Welt voll Ungerechtigkeit ist die Zunge unter unsern Gliedern: Sie befleckt den ganzen Leib und setzt das ganze Leben in Brand und ist selbst von der Hölle entzündet. (Jakobus 3)

Als ich kurz nach meiner Bekehrung in England eines Tages vor die Haustür trat, geschah folgendes. Es hatte, nicht untypisch, geregnet und ich trat auf die Straße. Plötzlich fuhr ein Lieferwagen mit hoher Geschwindigkeit an mir vorüber und durch eine Pfütze hindurch, so dass ich nassgespritzt wurde. Ich drehte mich um und warf dem Fahrer einen bösen Fluch hinterher und erschrak im selben Moment über meine ungezügelte Reaktion. Ich musste feststellen, dass ich meine Zunge keineswegs im Griff hatte.

1.6  Schweigen in böser Zeit

Eine besondere geistliche Herausforderung aber ist das Schweigen angesichts des Bösen, die Kontrolle der Zunge angesichts des Triumphes des Gottlosen und seiner frevelhaften Schmähungen:

Unter Schmähungen verließ David Jerusalem. Der Frevler triumphierte. So auch Jesus. Sie trieben den König aus seiner Stadt unter Spott und Hohn und schlugen ihn an ein Kreuz. Die Frevler triumphieren und der Gerechte schwieg. Er hütete seine Zunge.

Auch wir müssen das lernen. Der Weg der Kirche, der Weg der Gemeinde Jesu ist kein Weg des Sieges und des Triumphes, sondern der Weg des Kreuzes. Sie werden uns schmähen und verleumden, sie werden scheinbar triumphieren und wir werden lernen müssen, unsere Zunge zu hüten.

Darum muss der Kluge zu dieser Zeit schweigen; denn es ist eine böse Zeit. (Amos 5,13)

  • Wir erleben heute, dass in unseren Kirchen die LGBTQ-Flaggen über die Altäre gehängt werden, pornographische Bilder werden in Kirchen gezeigt, Queer-Bibeln werden veröffentlicht und statt des Apostolischen Glaubensbekenntnisses lassen lutherische „Pastor:innen“ ihre Gemeinde im sog. Pride-Month das Sparkle-Creed, ein „Glitzer-Bekenntnis“, bekennen.
  • Das Bundeskabinett hat am 23. August dieses Jahres einem Gesetz zugestimmt, dass es Menschen erlaubt, ihr Geschlecht (wenn man es denn könnte) und ihren Namen zu ändern, einmal jährlich. Ein Gesetz, dass es erlaubt, dass Menschen den von Gott geschenkten Körper verstümmeln und sich als etwas auszugeben, was sie nicht sind und jeden mit Bußgeldern zu bedrohen, der dieser Lüge nicht zustimmt.

Wir erleben heute eine Zeit, in der die Gottlosigkeit und der Frevel triumphieren. Und das fordert uns enorm heraus. Und nun stehen wir in der Gefahr, uns mit der Zunge zu versündigen. In diesem Sinne wollen wir von David lernen:

2 Ich habe mir vorgenommen: Ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge; ich will meinem Mund einen Zaum anlegen, solange ich den Frevler vor mir sehen muss.
Ich bin verstummt und still und schweige fern der Freude und muss mein Leid in mich fressen. 4 Mein Herz ist entbrannt in meinem Leibe; / wenn ich seufze, brennt es wie Feuer.

2.  In schwerer Anfechtung bedenke das Ende (Verse 5-7)

So rede ich mit meiner Zunge: 5 »HERR, lehre doch mich, / dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss. 6 Siehe, meine Tage sind eine Handbreit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Ach, wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben! Sela. 7 Sie gehen daher wie ein Schatten / und machen sich viel vergebliche Unruhe; sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird.«

2.1    Das Schweigen ist nicht absolut gemeint

Das selbstauferlegte Schweigen Davids, der Maulkorb, den er sich selbst anlegt, ist jedoch nicht absolut gemeint, denn „Schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit“ (Prediger 3,7). Jesus hat uns das vorgemacht. Er schwieg zu den Verleumdungen und falschen Anklagen, zu Spott und Schmähung, aber als es daran ging, die Wahrheit zu bezeugen, da redete er oder er betete: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“. Und wir sehen es auch bei David. Er, der sich selbst auferlegte, zu schweigen, lässt nun seine Zunge reden vor Gott. Er geht ins Gebet und betet mit Worten, die ich hier mit der Übersetzung der Elberfelder Bibel noch einmal wiedergebe:

„Tue mir kund, HERR, mein Ende und welches das Maß meiner Tage ist, damit ich erkenne, wie vergänglich ich bin! 6 Siehe, handbreit hast du meine Tage gemacht, und meine Lebenszeit ist wie nichts vor dir; nur ein Hauch ist jeder Mensch, wie fest er auch steht. // 7 Nur als ein Schattenbild wandelt der Mann einher; nur um Nichtigkeit lärmen sie; er häuft auf und weiß nicht, wer es einsammeln wird“ (Ps 39,5-7).

2.2   Bedenke das Ende und die Kürze des Lebens

Wir erinnern uns, dass David in vielfacher Hinsicht schwer angefochten ist: Er wird von Gott gezüchtigt wegen seiner Sünden, er fühlt sich so, als ob Pfeile in seinem Leibe steckten, nichts Gesundes ist an ihm, er ist krank, elend und zerschlagen, durch die eigene Sünde aber auch durch die ständigen Angriffe seiner Widersacher, die ihm ans Leben wollen.

Mit welchen Nöten, mit welcher Anfechtung, mit welcher Heimsuchung, mit welcher Krankheit, mit welcher Not, mit welcher Trauer bist Du heute hierhergekommen? Du weißt das! David brachte das alles vor seinen Herrn und er bat ihm zu zeigen, wie kurz und wie vergänglich sein Leben doch ist.

2.2.1   Bedenke das Ende des Lebens

Stellt Euch vor, ihr würdet den letzten Tag schon kennen, denn darum bittet David hier. Er will ja vom Herrn wissen, wann sein Ende da ist und er will das Maß seiner Tage kennen. Stellt Euch vor, ihr wüsstet um das genaue Maß, du könntest jetzt herunterzählen, 8 Jahre und drei Monate, 12 Tage, 8 Stunden, oder etwas weniger oder etwas mehr! Würden wir nicht viel bewusster leben! Würden wir uns nicht noch viel intensiver vorbereiten auf den Tag des Heimgangs? Würde sich nicht das Böse dieser Zeit in unseren Augen relativieren? Würde uns die Gottlosigkeit unserer Tage noch so stark belasten? Würden wir unser eigenes Leid noch so wahrnehmen?

Das eigene Leben vom Ende zu bedenken, macht klug, es hilft uns, die Dinge klarer zu sehen, weiser zu gewichten und uns intensiver auf die Ewigkeit vorzubereiten. Darum sollten wir mit Psalm 90,12 beten: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“.

Paulus schreibt an die Römer: „Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen, gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll“ (Römer 8,18).

2.2.2   Bedenke die Kürze des Lebens

„Siehe, handbreit hast du meine Tage gemacht, und meine Lebenszeit ist wie nichts vor dir; nur ein Hauch ist jeder Mensch, wie fest er auch steht. // 7 Nur als ein Schattenbild wandelt der Mann einher; nur um Nichtigkeit lärmen sie; er häuft auf und weiß nicht, wer es einsammeln wird.“ (Ps 39,6-7)

Wir leben oft in den Tag hinein und tun so, als ob das Leben ewig sei. Wir vergessen, wie kurz das Leben ist, weil wir Weltmeister im Verdrängen sind. David will das Leben nicht nur vom Ende her bedenken, sondern auch von der Kürze her.

Die Handbreit(en): David vergleicht sein Leben und damit unser Leben mit einer Handbreite (tofah). Die Handbreit wurde an der Fingerbasis der vier Finger ohne Daumen gemessen und war der sechste Teil einer Elle: 7,5 cm. Wir finden dieses Längenmaß zum Beispiel in 1 Kön 7,26: „Die Wanddicke des Meeres aber war eine Hand breit.“ Das sog. Meer (Wasserbecken) auf zwölf Rindern. Die Wanddicke war also eine Handbreit! Das ist unser Leben im Vergleich zur Ewigkeit Gottes – eine Handbreit oder einige wenige Handbreiten.

2.2.3   Bedenke die Nichtigkeit des Lebens

„Und meine Lebenszeit ist wie nichts vor dir; nur ein Hauch ist jeder Mensch, wie fest er auch steht. // 7 Nur als ein Schattenbild wandelt der Mann einher; nur um Nichtigkeit lärmen sie; er häuft auf und weiß nicht, wer es einsammeln wird.“ (Ps 39,6-7)

Verschiedene Bilder der Nichtigkeit führt David an. Der Mensch ist…

…wie nichts (Vers 6)
…wie ein Hauch, Dampf, Rauchwolke (Vers 6 und Vers 12)
… wie ein Schatten (Vers 7)

und er wird verzehrt wie Motten ein Kleid verzehren (Vers 12).

Der Hauch: Das hebräische Wort kann auch mit „Rauch“ oder „Dampf“ übersetzt werden. Wie Rauch sind wir, das von einem Feuer aufsteigt oder wie Wasserdampf, das aus der Teetasse aufsteigt, wie ein Nebel, so ist der Mensch in seinem Leben auf der Erde vor Gott. Wie heilsam ist es, wenn wir diese Kürze, diese Flüchtigkeit, diese Hinfälligkeit unseres eigenen Lebens uns vor Augen führen.

„Was ist euer Leben? Dunst seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet.“

(Jakobus 4,14)

2.2.4   Der Gottlose welkt dahin mit allen seinen Schätzen

„Nur als ein Schattenbild wandelt der Mann einher; nur um Nichtigkeit lärmen sie; er häuft auf und weiß nicht, wer es einsammeln wird.“

Das ist der Trost für David angesichts des Gottlosen und angesichts des Triumphes des Frevlers. Er ist wie ein Schattenbild und alles, was er an Besitztümern anhäuft muss dahin. Immer wieder erinnern die Psalmen daran, dass der Gerechte in Ewigkeit bleibt, der Gottlose aber vergeht:

Denn der HERR kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht. (Psalm 1,6)

„Sei stille dem HERRN und warte auf ihn. Entrüste dich nicht über den, dem es gut geht, der seinen Mutwillen treibt. 8 Steh ab vom Zorn und lass den Grimm, entrüste dich nicht, dass du nicht Unrecht tust. 9 Denn die Bösen werden ausgerottet; die aber des HERRN harren, werden das Land erben“ (Psalm 37; vgl. Psalm 73).

Die Gottlosen blühen in dieser Zeit, sie haben das Sagen, sie haben die Macht, sie sammeln die Reichtümer (vgl. allein die Milliarden, die für Corona-Tests, Maskendeals und Impfchargen verschwendet wurden und einige wenige sehr viel reicher gemacht haben) und sie bestimmen die Leitlinien der Politik, sie machen die große Kohle, sie sammeln sich Schätze, aber am Ende müssen sie dahin. Vor Gott sind sie und ihre Reichtümer ein Schatten, ein Hauch, eine Rauchwolke. Bleiben wird nur der, der auf Gott vertraut.

Dann sollt ihr wieder sehen, was für ein Unterschied ist zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen, zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient. (Maleachi 3,18)

3.  In schwerer Anfechtung richte den Hoffnungsblick auf Jesus (Verse 8-14)

„Nun, Herr, wes soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich. 9 Errette mich von aller meiner Sünde und lass mich nicht den Narren zum Spott werden. 10 Ich will schweigen und meinen Mund nicht auftun; denn du hast es getan. 11 Wende deine Plage von mir; ich vergehe, weil deine Hand nach mir greift. 12 Wenn du den Menschen züchtigst um der Sünde willen, / so verzehrst du seine Schönheit wie Motten ein Kleid. Ach, wie gar nichts sind doch alle Menschen. Sela. 13 Höre mein Gebet, HERR, und vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen; denn ich bin ein Gast bei dir, ein Fremdling wie alle meine Väter. 14 Lass ab von mir, dass ich mich erquicke, ehe ich dahinfahre und nicht mehr bin.“ (Ps 39,8-14)

3.1   Und jetzt?

Nun, Herr, wes soll ich mich trösten?

Und nun, und jetzt? Die Elberfelder übersetzt wörtlicher: „Und nun, auf was harre ich Herr?“ Worauf kann ich mich verlassen? Worauf soll ich vertrauen? Worauf kann ich denn noch harren, wenn der Gottlose triumphiert, mit Steinen schmeißt, mit Lehmklumpen und mich mit Flüchen überschüttet, er groß rauskommt und ich die Flucht ergreifen muss? Was tun, angesichts der Kürze des Lebens, angesichts meiner Anfechtungen, meiner Leiden, meiner Nöte, wenn mir mein Ende vor Augen steht und das Leben des Gottlosen und des Gerechten nur ein Hauch ist vor Dir? Und jetzt? Und nun?

3.2   Meine Hoffnung gilt dir!

„Ich hoffe auf dich.“ Meine Hoffnung, sie gilt dir! (Elberfelder). Meine Hoffnung setze ich ganz auf Dich! Ist es nicht erstaunlich, dass die Beter des Alten Bundes schon so beten konnten? Sie kannten Jesus noch nicht, sie wussten noch nicht um das Kreuz und die Auferstehung und doch konnten sie schon mit Blick auf den kommenden Christus und durch die Kraft des Heiligen Geistes ihre ganze Hoffnung auf Jesus Christus setzen. David konnte im 16. Psalm bekennen: „Gott wird es nicht zulassen, dass sein Heiliger die Verwesung sehe“. Durch den Heiligen Geist wusste auch David, dass der Messias einst den Tod überwinden würde.

3.2.1   Kein Hauch und keine Handbreit, sondern eine Ewigkeit

Durch das Evangelium von Jesus Christus ist unser Leben kein Hauch und keine Handbreit, sondern wir haben in Jesus Christus eine herrliche Hoffnung auf das ewige Leben mit Gott in seiner Gegenwart:

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, 4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, 5 die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereitet ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit.“ (1 Petr 3,1-5)

3.2.2   Halleluja, die Sünden sind vergeben!

Errette mich von aller meiner Sünde (Ps 39,9)

So betete David und wir dürfen mit dem Heidelberger Katechismus bekennen: „Er hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt“

3.2.3   Den Narren nicht zum Spott werden

„Lass mich nicht den Narren zum Spott werden.“

„Freut euch aber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ (Lk 10,20)

Die Narren mögen spotten über uns, wir aber freuen uns, dass unsere Namen im Himmel angeschrieben sind und wir ein ewiges Erbe antreten werden. Die Narren vergehen, wir aber bleiben in Ewigkeit.

3.2.4  Alles aus Gottes Hand nehmen

Ich will schweigen und meinen Mund nicht auftun; denn du hast es getan. 11 Wende deine Plage von mir; ich vergehe, weil deine Hand nach mir greift. 12 Wenn du den Menschen züchtigst um der Sünde willen, / so verzehrst du seine Schönheit wie Motten ein Kleid. Ach, wie gar nichts sind doch alle Menschen. Sela. (Ps 39,10-12)

Das ganze Vertrauen auf Gott setzen heißt auch, dass David sein Elend und Leid aus Gottes Hand nehmen kann, alles, auch das Harte und Schreckliche, nimmt er als Züchtigung Gottes wahr. Das ganze Vertrauen auf Gott setzen heißt, dass auch die schweren Wege, Leid bis hin zum Tod, aus Gottes Hand genommen werden dürfen:

„Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.« 7 Es dient zu eurer Erziehung, wenn ihr dulden müsst. Wie mit Kindern geht Gott mit euch um. Denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?“ (Hebräer 12,6-7)

„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.“ (Römer 8,28)

3.2.5  Die Bitte um Erquickung

Höre mein Gebet, HERR, und vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen; denn ich bin ein Gast bei dir, ein Fremdling wie alle meine Väter. 14 Lass ab von mir, dass ich mich erquicke, ehe ich dahinfahre und nicht mehr bin. (Ps 39,13-14)

Hier betet David den Herrn darum, sein Leiden zu beendigen. Er möchte sich noch einmal erquicken, bevor er stirbt: Höre mein Gebet! Schweige nicht zu meinen Tränen! Später wird Hiskia unter Tränen um ein Ende seiner tödlichen Krankheit und eine Verlängerung des Lebens bitten und tatsächlich sagt der Herr durch Jesaja:

„Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen. Siehe, ich will dich gesund machen – am dritten Tage wirst du hinauf in das Haus des HERRN gehen –, 6 und ich will fünfzehn Jahre zu deinem Leben hinzutun“ (2 Könige 20,5-6).

So dürfen auch wir darum bitten, dass er uns schon in diesem Leben von Heimsuchung, Anfechtung, Krankheit und dem Triumphgeheul der Gottlosen befreit, uns eine Zeit der Erquickung schenkt und wir uns auch an diesem Leben noch einmal eine Weile freuen dürfen.

So dichtete Bonhoeffer: „Und willst du uns noch einmal Freude schenken, an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz, so wollen wir des Vergangenen gedenken und dann gehört dir unser Leben ganz.“

3.3  Nicht 15 Jahre, sondern die Ewigkeit

Hiskia erhielt 15 Jahre dazu, wir erhalten durch den Glauben an Jesus Christus eine ganze Ewigkeit. Unser Leben hier mag nur eine Handbreit dauern, doch durch Jesus haben wir eine ganze Ewigkeit in Gottes Gegenwart vor uns! Das ist unsere lebendige Hoffnung und unser ewiger Trost.

„Der HERR hat allein das Leben in sich, und er allein ist treu; aus beiden Gründen ist er allein des Vertrauens wert. Er lebt, wenn alle Geschöpfe in den Tod dahinsinken, und seine Allmachtsfülle bleibt, wenn alle kreatürlichen Kräfte mit ihrer Macht zu Ende sind. Darum zu ihm den Hoffnungsblick gerichtet. Wer nicht als Tor erfunden werden will, der baue sein Haus nicht auf den Flugsand dieser Welt, sondern auf den ewigen Felsen; denn wenn nicht heute, so doch bald wird sich ein Sturm erheben, vor dem kein Bau standzuhalten vermag, der nicht auf diesem Grunde errichtet ist.“

(Charles Haddon Spurgeon, Die Schatzkammer Davids – Psalmenauslegung, Band 1, S. 750)

Amen

Prediger Johann Hesse, Predigt im Abendmahlsgottesdienst am 3. September 2023 in der Geschäftsstelle des GHB in Düshorn

Die Predigt hier anhören.

 

 

 

 

 

 

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 9. September 2023 um 8:19 und abgelegt unter Allgemein.