Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Theologische Besinnung zu Daniel 1: Von Babylon nach Berlin – Identitätspolitik und Christusidentität

Samstag 26. August 2023 von Johann Hesse


Johann Hesse

Von Jerusalem nach Babylon

König Nebukadnezar hatte im Jahr 605 v. Chr. den jungen Daniel und seine drei Freunde Hananja, Mischaël und Asarja von Jerusalem nach Babylon deportiert, um sie in einem dreijährigen Kurs für „Young babylonian Leaders“ (junge babylonische Führungskräfte) an der königlichen Akademie für Führungskräfte zum Dienst am Königshof und im babylonischen Weltreich auszubilden (Daniel 1). Nebukadnezar bestimmte nicht nur die Lehrplaninhalte sowie den Speiseplan der Universitätsmensa, sondern er ließ den vier Freunden auch neue Namen geben: „Und der oberste Kämmerer gab ihnen andere Namen und nannte Daniel Beltschazar und Hananja Schadrach und Mischaël Meschach und Asarja Abed-Nego“ (Dan 1,7).

Es galt als das Recht der Pharaonen sowie assyrischer und babylonischer Könige, den Besiegten neue Namen zu geben (1. Mose 41,45; 2. Kön 23,34; 24,17). Nebukadnezar demonstrierte damit nicht nur die absolute Machtvollkommenheit und Verfügungsgewalt über die jungen Aristokraten aus Juda, sondern auch die vermeintliche Überlegenheit der babylonischen Gottheiten, nach deren Namen Daniel und seine Freunde nun genannt wurden. Vor allem aber galt es im Sinne einer damnatio memoriae (Tilgung des Andenkens), die Erinnerung an Jahwe, den Gott Israels und Schöpfer des Universums, den alle vier im Namen trugen (El oder Jahwe), sowie an das jüdische Volk und seine Geschichte vollständig auszulöschen und die Integration und Assimilation in die babylonische Leitkultur zu beschleunigen. Babylonische Identitätspolitik bedeutete die Tilgung der alten und die Setzung einer neuen Identität.

Von Babylon nach Berlin

Wir blicken von Babylon nach Berlin. Die regierende Ampelkoalition plant ein „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“. Der Gesetzentwurf sieht in § 2 (Abs. 1) vor: „Jede Person, deren Geschlechtsidentität von ihrem Geschlechtseintrag im Personenstandsregister abweicht, kann gegenüber dem Standesamt nach Maßgabe des § 45b des Personenstandsgesetzes erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag geändert werden soll.“ Weiterhin heißt es in § 2 (Abs. 2): „Mit der Erklärung können auch ein neuer Vorname oder mehrere neue Vornamen bestimmt werden.“ Das Bundeskabinett hat dem Gesetzentwurf am 23. August 2023 zugestimmt. Was in Babylon noch Recht des Königs war, wird hier im Sinne der Selbstbestimmungsideologie in die Verfügungsgewalt des einzelnen Menschen gelegt und sogar überboten, weil nicht nur ein neuer Name, sondern auch ein neues Geschlecht gewählt werden darf. Der selbstbestimmte Mensch wird hier zum Maß aller Dinge gemacht. Er macht sich selbst zum Gott.

Identität als Gabe und Aufgabe

Walther Lüthi hat Recht, wenn er schreibt, dass der Geist Nebukadnezars durch die Jahrtausende schreitet, als Geist der Welt, als Zeitgeist. Es ist ein wahrhaft babylonisches Gesetz, das den Geist Nebukadnezars, den Geist des Antichristen, atmet. Denn wie damals in Babylon geht es auch hier um die damnatio memoriae des Schöpfergottes und die Auslöschung der von Gott verfügten und im Elternhaus gewachsenen Identität. Denn es ist Gott selbst, der das Geschlecht eines Menschen und damit einen substanziellen Aspekt seiner Identität wählt und bestimmt: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn und er schuf sie als Mann und Frau“ (1. Mose 1,27). Gott gibt einem jeden Menschen seine geschlechtliche Identität als Gabe und Aufgabe. Sie ist dem Menschen nicht nur in die Seele geprägt, sondern auch durch das Geschlechtschromosom in jede Zelle des Körpers, unauslöschbar und damit jeder Verfügungsgewalt des (scheinbar) selbstbestimmten Menschen entzogen. Kein Gesetz dieser Welt, keine Selbstauskunft auf dem Standesamt, keine Einnahme von Hormonpräparaten, keine „geschlechtsangleichende Operation“ (mit furchtbaren irreversiblen Folgen wie Selbstverstümmelung und Unfruchtbarkeit) und keine Namensänderung kann diese göttliche Prägung im Leben eines Menschen je auslöschen und tilgen. Eine damnatio memoriae der von Gott verfügten Geschlechtsidentität ist unmöglich. Wer meint, sein Geschlecht wechseln zu können, verfällt einer Lüge.

Daniels Treue zum Wort Gottes

Doch nicht nur der Geist Nebukadnezars schreitet durch die Jahrtausende. Jesus Christus, Herr über die Könige auf Erden und der Sieger von Golgatha, schreitet durch die Jahrtausende und befähigt Menschen, ein gottgefälliges Leben zu führen. Daniel widerstand erfolgreich der Identitätspolitik Nebukadenezars, als er sich dem königlich verordneten Speiseplan verweigerte: „Aber Daniel nahm sich in seinem Herzen vor, dass er sich mit des Königs Speise und mit seinem Wein nicht unrein machen wollte“ (Dan 1,8). Daniel war in seinem Gewissen an das Gesetz Gottes gebunden. Speisen, die nach 3. Mose 11 nicht erlaubt waren oder Wein, der zu Ehren der babylonischen Götzen getrunken wurde (vgl. Dan 5,4), lehnte Daniel strikt ab. Und obwohl Daniel Nebukadnezar treu diente und dieser ihn Beltschazar nannte (Dan 2,26; 4,5), vollzog er den erzwungenen Namenswechsel für sich nicht. Er nannte sich durchweg mit seinem jüdischen Vornamen Daniel (z.B. Dan 7,2.15.28; 8,15.27; 9,2; 10,2; 10,7; 12,5) und wurde auch vom Erzengel Gabriel so genannt (Dan 9,22; vgl. 10,11-12). Daniel folgte dem Wort Gottes und widerstand in der Kraft des Heiligen Geistes dem Versuch Nebukadnezars, seine jüdische Identität auszulöschen und durch eine babylonische zu ersetzen.

Die neue Christusidentität

Was es heute braucht, sind junge Männer und Frauen, die sich wie Daniel die von Gott geschenkte Identität nicht rauben lassen und „die sich im Herzen vornehmen“, ihr Geschlecht als Gabe und Aufgabe begreifen, das es – durch Anfechtungen und Schwierigkeiten hindurch – zu entdecken, zu entwickeln und auszuleben gilt. Und es braucht junge Männer und Frauen, die ihre Sehnsucht nach einer neuen und heilen Identität nicht im anderen Geschlecht, sondern in einer Begegnung mit und im Glauben an Jesus Christus suchen. Denn: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2. Kor 5,17). Im Glauben an Jesus Christus werden Menschen, die meinen, im falschen Körper geboren zu sein, wieder heil. Sie werden mit ihrem Schöpfer und so auch mit ihrem biologischen Geschlecht versöhnt und finden zu einer neuen und ewigen Identität in Gott. Und sie erhalten einen neuen Namen, nicht selbstbestimmt, sondern von Gott: „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt! Wer überwindet, dem will ich geben von dem verborgenen Manna und will ihm geben einen weißen Stein; und auf den Stein ist ein neuer Name geschrieben, den niemand kennt als der, der ihn empfängt“ (Offb 2,17).

Johann Hesse

Zuerst erschienen in: Aufbruch – Informationen des Gemeindehilfsbundes 2/2023 (August)

Sie können die aktuelle Ausgabe des Aufbruchs hier herunterladen.

Wenn Sie den Aufbruch (kostenlos) abonnieren möchten, schreiben Sie bitte an die Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes: info@gemeindehilfsbund.de

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag Artikel empfehlen Artikel empfehlen

Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 26. August 2023 um 7:50 und abgelegt unter Gemeinde, Gesellschaft / Politik, Kirche, Sexualethik, Theologie.