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Falsche Propheten

Montag 7. August 2023 von Pfr. Dr. Ulrich Kronenberg


Pfr. Dr. Ulrich Kronenberg

Nicht jeder, der mit dem Anspruch auftritt, das Wort Gottes zu verkünden, ist ein echter Prophet. Bereits in den Tagen des Alten Testaments und der ersten christlichen Kirche bestand die Gefahr ‚falscher Propheten‘. Mehrfach wird vor ihnen im AT wie im NT gewarnt.[1] Grundsätzlich ist das Eintreffen bzw. Nichteintreffen des Prophezeiten der Prüfstein der Prophetie. Dies gilt für Propheten des Alten wie des Neuen Testaments.[2] Seit dem 19. Jahrhundert hat sich die theologische Wissenschaft mit dem Begriff der wahren und der falschen Prophetie auseinandergesetzt.[3] Im AT wie im NT werden die Geister deutlich geschieden. Im NT findet sich 11-mal die Warnung bzw. der Verweis auf die Pseudopropheten bzw. der falschen Propheten. Jesus warnt in der Bergpredigt ausdrücklich vor ihnen.[4] Neben den falschen Propheten warnt das NT auch vor falschen Lehrern.[5]

In Zeiten der Kirchengeschichte, in denen die Lehrgrundlagen und die Glaubensfundamente zunehmend ins Wanken geraten, wird leicht Irrlehre in die Kirche getragen: Wie die Geschichte unserer politisierten und ideologisierten Evangelischen Kirche schmerzlich zeigt, ist diese Gefahr seit über 50 Jahren gegeben und wir hören heute sehr viele Stimmen, die Anerkennung und Geltung ihrer Lehre und Gedanken beanspruchen. Man kann m.E. von einer biblischen Verwirrung sprechen. Ein Paradebeispiel für falsche Propheten ist Paschhur: sein Handeln wird in der Auseinandersetzung mit Jeremia beschrieben (Jer 20,1-6).

Früher nannte man das Schwärmertum und gerade die Reformationsgeschichte spricht hier ein deutliches Zeugnis. Luther hatte sich zeitlebens mit solchen Menschen herumzuschlagen und musste immer wieder für Kurskorrektur sorgen.

In Tagen der gegenwärtigen Lehrverwirrung ist es an der Zeit, sich darauf zu besinnen, was in der Kirche Christi Geltung beanspruchen darf und was nicht. Der jüngste Kirchentag in Nürnberg ist ein betrübliches Zeugnis dafür: ich verweise auf die Predigt von Pastor Caesar[6] aus dem ostfriesischen Wiesmoor, die er am 11.6. hielt.[7] M.E. ist hier die Grenze dessen überschritten, was mit evangelischer Lehre und reformatorischem Glauben vereinbar ist.

Eine Rede dieser Art erhebt den Anspruch, christliche Predigt zu sein. Nach den Predigtgrundsätzen, die ich in meiner Ausbildung gelernt habe, die im Predigerseminar eingeübt wurden und die ich nun fast 30 Jahre im pastoralen Dienst ausgeübt habe, sind die Äußerungen Caesars keine Predigt im evangelischen Sinn, sondern vielmehr eine ideologische Rede des Zeitgeistes, die weder durch Schrift noch durch die Bekenntnisgrundlagen unserer Kirche abgesichert ist. Man muss freilich der besonderen homiletischen Situation des Kirchentages gerecht werden: Auch muss die kirchenpolitisch ausgerichtete Tendenz dieser Veranstaltung berücksichtigt werden, denn sie spiegelt mit Sicherheit nicht die Mehrheitsmeinung der evangelischen Menschen in Deutschland wieder.

Bei dieser Veranstaltung sah man in den vergangenen Jahrzehnten manche Geister kommen und gehen sehen – ich möchte von Irrungen und Wirrungen sprechen, die zumeist dem Zeitgeist unterliegen. Ich muss gestehen, dass ich seit 1985 keinen Kirchentag mehr besucht habe, da mir die politische Ausrichtung dieser Veranstaltung zutiefst zuwider ist und ich theologisch mit den federführenden Wortführern nicht übereinstimme.

In dieser Zeit ist unsere Kirche zunehmend ein Schatten ihrer selbst geworden und befindet sich aktuell in einem Auflösungsprozess, den es in dieser Tragweite seit den Tagen der Reformation noch nicht gegeben hat. 380.000 Kirchenaustritte im Jahr 2022 bedürfen keines weiteren Kommentars, um den aktuellen Kurs als falsch zu bezeichnen bzw. zu erkennen, dass wir uns auf einem Irrweg befinden-  genauer gesagt befinden wir uns in einer Zeit der theologischen Gleichmacherei, die nicht mehr nach richtig und falsch fragt, sondern unter dem Deckmäntelchen der ‚Verschiedenheit‘ oder ‚Pluralität‘ Unvereinbares miteinander verbinden möchte. Dies kann theologisch auf die Dauer nicht gutgehen, da die Frage der Wahrheit damit relativiert wird und letztlich ausgeblendet wird. Wenn dieser falsche Kurs beibehalten wird, wird es unsere Kirche in wenigen Jahren nicht mehr geben. Eine Besinnung auf die wesentlichen Grundlagen ist m.E. deshalb unerlässlich und hat historische Vorbilder.

Gutgemeinte Prognosen über die Zukunft unserer Kirche stellen sich aktuell als idealisierend und falsch heraus. Die 2019 mit viel medialem Remmidemmi vorgestellte Studie ‚Projektion 2060‘,[8] ist bereits überholt und entpuppt sich als Kaffeesatzleserei Es stellt zudem die Frage, ob wir weiterhin diesen aktuellen kirchlichen Kurs fortsetzen wollen bzw. dürfen: wir stehen ja als Kirche Christi nicht auf einem Vereinsstatus, sondern müssen Rechenschaft geben von unsrem Tun und Lassen: diese Rechenschaft wird der Herr der Kirche von uns fordern.

Es ist deshalb m.E. allerhöchste Zeit nach reformatorischer Tradition eine gründliche Sichtung der Bibel vorzunehmen und zu prüfen, was dort über Irrwege und ganz im Besondern über falsche Propheten gesagt wird. Nicht jede pastorale oder theologische Meinung kann für sich beanspruchen, recht zu haben, sondern muss sich prüfen lassen, ob sie Bibel und Bekenntnis unserer Kirche gerecht wird, um dann entsprechend beurteilt zu werden und dann konsequenterweise so eingestuft zu werden als das, was sie ist: Wahrheit oder Lüge. M.E. gibt es nur diese zwei Möglichkeiten. Ein angeblich gleichberechtigtes Mit- oder Nebeneinander von Lehrmeinungen verträgt sich mit dem christlichen Glauben nicht, da es im letzten Grunde, wenn man es zu Ende denkt, um Wahrheit geht und ihren Anspruch. Jesus Christus selbst hat uns darauf gewiesen, dass es nur eine Wahrheit gibt und diese ist er selber. Viele, die in seinem Namen kommen, sind eben die angekündigten Wölfe im Schafspelz, die die Herde verwirren. Deshalb muss um die Wahrheit gerungen werden. Diesem Anspruch kann die Kirche Christi letztlich nicht ausweichen, wenn sie nicht zu einem konturlosen Haufen von Ideologen verkommen will. Dies ist mitunter in den vergangenen Jahrzehnten in unserer Kirche passiert.

Gerade auch ein Blick auf die Auseinandersetzung Luthers mit den Schwärmern seiner Zeit ist hier hilfreich, um Klarheit zu erlangen. Ich verweise hier summarisch auf Luthers Äußerungen, wie sie im Register von Walch2 in erfrischender Klarheit zusammengestellt sind.[9]

Exemplarisch sei ein Wort Luthers zitiert, das ich als Kennzeichen aller falschen Prophetie bzw. Schwärmertums nennen möchte: ‚die christliche Kirche hat das rechte, reine Wort Gottes; dabei kann der Teufel sie nicht bleiben lassen, führt allerlei Schwärmer herein, die etwas Neues und Sonderliches bringen‘.[10]

Die Auseinandersetzung anhand des Propheten Jeremia

Ich möchte exemplarisch an den Worten des Jeremia zeigen, dass diese innere theologische Auseinandersetzung notwendig und unumgänglich ist. Jörg Jeremias hat gezeigt, dass sich gerade in der Botschaft des Propheten Jeremia der Konflikt zwischen wahrer und falscher Prophetie zuspitzt. Er spricht von einem Grundsatzkonflikt.[11] Jeremias bringt es auf den Punkt, wenn er betont, dass es sich um ein grundlegend unterschiedliches Gottesbild handelt, das vertreten wird. Während die falschen Propheten sich einen ‚lieben Gott‘ konstruieren, der nur hilfreich-segnend das Gottesvolk umgibt und beschützt, zeigt Jeremia das Bild eines deus absconditus, dessen Sein eben auch schrecklich und furchterregend ist und der nicht alles gnädig-huldvoll absegnet, was sich die Menschen in ihrer Selbstverliebtheit und in ihrem Größenwahn unter ihm vorstellen. Jeremia hat durch seine berühmte Tempelrede Hass und Hetze auf sich gezogen. Er wurde als politischer Verräter gebrandmarkt (Jer 37,11-16) und lange Zeit inhaftiert. Er wurde auf Wunsch der Obrigkeit in die Zisterne geworfen und nur durch das mutige Eingreifen von Ebed-Melech gerettet (Jer 38,1-27) und blieb danach nur durch eine List am Leben. Die falschen Propheten, denen das Wort Gottes nicht in ihre Gedanken passte, waren da nicht zimperlich. Sie waren auch wenig kritikfähig: eine merkwürdige aktuelle Parallele ist die Tatsache, dass die vorgebrachte Kritik an der Rede des Ostfriesenpastors Caesar sofort abgeblockt wurde und als ‚Hass und Hetze‘ pauschal verworfen wurde, so dass es sogar dahin kam, dass die bis dahin veröffentlichten Kontaktdaten des Herrn sofort aus dem Netz verschwanden und die Kirchengemeinde Wiesmoor sogar ihre Homepage aus dem Internet nahm, um ihn gegen die finsteren Machenschaften zu schützen. Man ist von der Kritikunfähigkeit dieses Pastors und seiner geistlichen Spießgesellen überrascht, denn da scheint keine Debatte möglich zu sein und so kann man dieses merkwürdige Verhalten nur als das bezeichnen, was es ist: Feigheit vor der Auseinandersetzung– wenn man nicht gerade von den Elfenbeintürmen der Tagträumer des Kirchentages geschützt ist. Ähnlich handhabt dies die ‚Hohepriesterin des Moralprotestantismus‘[12] Kässmann, wenn es gewagt wird, an ihren Provokationen Kritik zu üben: das wird dann pauschal als ‚perfide‘ zurückgewiesen.[13]

Theologisch ist manche Anfrage an Caesars Verkündigung zu richten: leider sind Propheten dieser Art dazu nie bereit wie die Erfahrung lehrt. Bereits der lachende Weise aus Niedersachen nannte solches Veralten beim Namen – er sprach von den ‚Rittern der eigenen Meinung‘.[14]

Dieser generelle Grundsatzkonflikt zwischen wahrer und falscher Prophetie besteht bis heute wie zu aller Zeit und hat Dietrich Bonhoeffer vor der billigen Gnade warnen lassen.[15] Hermann Bezzel warnte seinerzeit vor der Gnadentrunkenheit der Kirche, die den Zorn Gottes kategorisch ausblendet und verneint: „Unser Volk ist gnadentrunken und darum gnadenträge; wir haben durch fünfzig Jahre Gnade gepredigt, des Gesetzes Schärfe geglättet und umgebogen, die Wahrheit des göttlichen Zornes zurücktreten lassen und unserem Volke und unserer Kirche Lauheit und Lässigkeit vermittelt, die gegen uns und unsere Trägheit zeugen muss“.[16] Diese Gnadentrunkenheit hat seit Jahrzehnten in unserer Kirche Hochkonjunktur und ist wohl als theologische Wohlstandserscheinung zu sehen. Hier sind die Äußerungen von Bedford-Strohm am Karfreitag 2020 als aktuelles Beispiel für eine solche Verirrung bzw. eines sehr einseitigen Gottesbildes zu nennen.[17] Jeremias nannte solche Verniedlichungstheologie eine ‚Verfälschung‘ der Botschaft.[18]

Gerade in langen fetten Wohlstandsjahren macht sich die populistische und wohlklingende Lehre der Pseudopropheten besonders schnell breit und beansprucht Vollmacht für ihre Ideen, die m.E. zumeist aus dem Zeitgeist bzw. dem Trug des eigenen Herzens entstammen.

Die Pseudopropheten werden Jer 14,13-18 genannt: dieses Kapitel Jer 14 berichtet aus einer Zeit der Dürre in Israel, als die Not groß war. In Krisenzeiten scheiden sich die Geister und das Schönwettergerede wird als das entlarvt, was es ist – Betrug und eigenes Wünschen aber nicht das Wort Gottes – Jer 14,17 nennt das eine ‚schwere Verletzung‘ – שֶׁ֨בֶר גָּדֹ֜ול – συνετρίβη θυγάτηρ):

Jeremia 14,13–18: ‚Da sprach ich: Ach, Herr Herr! Siehe, die Propheten sagen ihnen: Ihr werdet das Schwert nicht sehen und keine Hungersnot bei euch haben, sondern ich will euch beständigen Frieden geben an diesem Ort. 14 Aber der Herr sprach zu mir: Diese Propheten weissagen Lüge in meinem Namen; ich habe sie nicht gesandt und ihnen nichts befohlen und nicht zu ihnen geredet. Sie predigen euch falsche Offenbarungen, nichtige Wahrsagung und ihres Herzens Trug. 15 Darum spricht der Herr: Wider die Propheten, die in meinem Namen weissagen, obgleich ich sie nicht gesandt habe, und die dennoch predigen, es werde weder Schwert noch Hungersnot in dies Land kommen: Solche Propheten sollen sterben durch Schwert und Hunger. 16 Und die Leute, denen sie weissagen, sollen auf den Gassen Jerusalems liegen, vom Schwert und Hunger hingestreckt, und niemand wird sie begraben, sie und ihre Frauen, Söhne und Töchter; und ich will ihre Bosheit über sie ausschütten. 17 Und du sollst zu ihnen dies Wort sagen: Meine Augen fließen über von Tränen, unaufhörlich Tag und Nacht; denn die Jungfrau, die Tochter meines Volks, ist unheilbar verwundet und völlig zerschlagen. 18 Gehe ich hinaus aufs Feld, siehe, so liegen dort vom Schwert Erschlagene; komme ich in die Stadt, siehe, so liegen dort vor Hunger Verschmachtete. Sogar Propheten und Priester müssen in ein Land ziehen, das sie nicht kennen‘.

Von diesen falschen Propheten spricht Jeremia auch an anderer Stelle:

-Jeremia 4,10 Ich aber sprach: Ach, Herr Herr, du hast dies Volk und Jerusalem sehr getäuscht, als du sagtest: »Es wird Friede bei euch sein«, wo doch das Schwert uns ans Leben geht!

-Jeremia 5,12-14: ‚Sie verleugnen den Herrn und sprechen: »Das tut er nicht; so übel wird es uns nicht gehen; Schwert und Hunger werden wir nicht sehen. 13 Die Propheten sind Schwätzer und haben Gottes Wort nicht; es ergehe ihnen selbst so!« 14 Darum spricht der Herr, der Gott Zebaoth: Weil ihr solche Reden führt, siehe, so will ich meine Worte in deinem Munde zu Feuer machen und dies Volk zu Brennholz, dass es verzehrt werde‘.

Das Gottesvolk ließ sich damals scheinbar gern von solchen falschen Propheten einlullen und es juckten ihnen die Ohren danach, weil sie das sagten, was die Leute gern hören wollten, aber nicht das, was Gott ihnen aufgetragen hatte. Paulus warnt vor dieser Sorte der selbsterdachten Verkündigung im NT entsprechend. (2. Tim 4,3) ‚Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihren eigenen Gelüsten werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken‘.

So ist es heute auch, wenn man nicht in Ehrfurcht auf das hört, was Gott klipp und klar sagt, sondern sich seine Worte so zusammenbastelt, dass es mit unserem Denken, Fühlen und Wollen übereinstimmen soll. Dies verführt zur Ideologisierung, Politisierung und Moralisierung. Dies bleibt für den so argumentierenden Menschen nicht folgenlos, denn dazu lässt sich der lebendige Gott nicht degradieren. Diese Gefahr besteht m.E. in den theologisch verkürzenden Aussagen des sog. Kirchentagsmottos: ‚Jetzt ist die Zeit‘ lautete es 2023[19]: diese fragwürdige Übersetzung entstammt dem Zeugnis des Evangelisten Markus über die erste öffentliche Predigt Jesu: Mk 1,15 „und sprach: Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“.[20] Schon oberflächliche theologische Betrachtung stellt die Fragwürdigkeit der kirchentäglichen ‚Exegese‘ vor Augen und erhebt die Frage nach gefährlicher Gesinnungsexegese, in der der Wunsch zum Vater des Gedankens wird, der dann als evangelische Lehre proklamiert wird. Hier sehe ich mich an die fragwürdige Verkürzung mancher Losungstexte erinnert, bei denen oft m.E. wichtige Inhalte weggelassen werden, um zu einem gewünschten harmonisierenden Ergebnis zu kommen.

Der falschen Heilsankündigung folgen – wie Jeremia 14 sagt – Schwert, Hunger und Pest: (Jer 14,12) ‚Denn wenn sie auch fasten, so will ich doch ihr Flehen nicht erhören; und wenn sie auch Brandopfer und Speisopfer bringen, so gefallen sie mir doch nicht, sondern ich will sie durch Schwert, Hunger und Pest aufreiben‘.

Diese Trias von Schwert, Hunger und Pest finden wir in der Schrift genau 24-mal:

Jer 14,12; 21,7.9; 24,10; 27,8.13; 29,17f; 32,24.36; 34,17; 38,2; 42,17.22; 44,13; Hes 5,12.17;6,11f; 7,15; 12,16; 14,21; Bar 2,25; Off 6,8.

Wahre Prophetie, wie sie uns in der Bibel überliefert ist, umfasst immer auch Unheil und bezeugt den Zorn Gottes, den die großen Harmonisierer weg reden wollen, indem sie nur Angenehmes und Unanstößiges prophezeien. Wahre Prophetie beruht immer auf Offenbarung und wird an der Wahrheit ihres Eintreffens gemessen und erkannt. In unserer Zeit haben wir die Friedensbewegten, die sich in den 80er Jahren lauthals profilierten und Frieden ohne Waffen schaffen wollten und einseitige Abrüstung verlangten, erlebt und haben auch das Gegenteil erlebt von dem, was diese vermeintlich Friedensbewegten als Rettung verkündigten angesichts der atomaren Hochrüstung. Die friedliche Wiedervereinigung unseres Vaterlandes hätte in dieser Form nicht stattgefunden, wenn man sich einseitig wehrlos gemacht hätte wie es stasigesteuerte Wirrköpfe auch in der evangelischen Kirche damals vollmundig forderten. Eine unbiblische pazifistische Lehre sollte die klaren Aussagen der Schrift ersetzen bzw. verbessern. Auch hier greift das mittlerweile gealterte Pazifistenvolk zum Werkzeug der verkürzenden Selektivexegese. Dort hat man nicht begriffen, dass die Wiederholung eines Irrtums keine Korrektur desselben bedeutet. Unfug bleibt Unfug.

So verhielt es sich auch in den Tagen des Jeremia: das von ihm im Auftrage Gottes prophezeite Unheil traf ein. Das Gottesvolk wurde von den Babyloniern ins Exil gezwungen. Es war nicht die Einsicht Jeremias oder seine große politische Klugheit, sondern er tat das, was ihm befohlen wurde von Gott: es war nicht Jeremias Botschaft, sondern das Wort Gottes an sein abtrünnig gewordenes Volk, das er strafen musste. Die Härte dieser Worte war damals schwer zu ertragen für das Gottesvolk und das ging ihnen quer hinunter: DAS wollten sie nicht hören. Aber es war Gottes Wort. Dieselbe Reaktion hat Stephanus erfahren als er seine Predigt gehalten hat: (Apg 7,54) ‚Als sie das hörten, ging’s ihnen durchs Herz und sie knirschten mit den Zähnen über ihn‘.

Auch heute knirschen falsche politische Propheten mit den Kauinstrumenten, wenn man etwa ihrer herbeigeredeten Klimakatastrophe das Wort Christi entgegenhält, dass Himmel und Erde vergehen wird: und zwar dann, wenn ER es will und nicht wenn Thunberg und andere hausbackene Heilige, die man heute wohl politisch korrekt als Aktivisten bezeichnet, es nicht verhindern können. Wenn Herr Habeck, Frau Baerbock und ihr grünes Panikorchester festgestellt haben, dass man mit Wärmepumpen und Elektroautos doch nicht das Paradies auf Erden schaffen wird, erkennt man diese politischen Propheten als das, was sie sind.

Die falschen kirchlichen Propheten wie der ostfriesische Pastor von Wiesmoor, der meint, dass das Schriftwort Prediger 3 bei ihm Unbehagen hervorruft, weil es nicht zu seinen Gedanken und Vorstellungen passt, wollen nach ihrem Gusto eine christliche Lehre schaffen, die diesen Namen nicht verdient. Wer sich bewusst über das Wort Gottes stellt und meint er wisse es in seiner Klügelei besser, gehört nach meinem Dafürhalten weder in Gemeindeleitung noch auf eine Kanzel.

Es wird immer gefährlich wenn man ein ‚anderes Evangelium‘ konstruiert: dies ist in unserer allerjüngsten Geschichte theologisch oft passiert: gerade die ‚Botschaft‘ des Kirchentages ist so ein Opfer der Ideologie geworden: hierfür war die Kirche in allen Zeiten anfällig, wenn sie das geoffenbarte Gotteswort infrage stellte und ihre eigenen Meinungen zum Willen Gottes machte: an den falschen Propheten wird dies deutlich: ihre Verkündigung suchte die Zustimmung der Menschen und den Applaus der Machthaber aber nicht den Willen Gottes. Dann muss man sich ja auch an dem Gotteswort ärgern und versuchen, es in seinem Sinne so zurechtzubiegen wie man es gerade braucht. Und genau das lässt Gott nicht mit sich machen: die falschen Friedensapostel sind m.E. hier ein besonders abschreckendes Beispiel, denn sie verwechseln das Reich Gottes mit dieser gefallenen Welt, die gegen Gott rebelliert und es besser machen und wissen will als er. Das kann nichts werden und die gegenwärtigen Früchte weisen sie als das aus, was sie sind: Pseudopropheten mit Lügenvisionen, Wahrsagerei, Nichtigem und dem Trug ihres Herzens. Gerade dann, wenn man sich über dieses Herz des Menschen Illusionen macht, kann es nur in der Irre enden, wie die Predigt des ostfriesischen Amtsbruders belegt. Wenn Gott durch die rechten Propheten gesprochen hat, dann tat er dies durch Offenbarung. Die Bibel bezeugt das klipp und klar und scheidet Wahrheit und Lüge. Die Lektüre des Alten Testaments ist hier sehr hilfreich und weist uns heute den Weg, der aus dieser aktuellen Krise führen kann: Besinnung und Reduktion auf das Wesentliche, das unseren Glauben ausmacht. Die Lektüre von Luthers Katechismen kann hier Wunder wirken und uns zeigen, dass wir uns nach der Wahrheit zu richten haben und nicht die Wahrheit nach uns – sonst endet es in den Auflösungstendenzen, die wir alle vor Augen haben. Man kann es mit Paulus sagen, der im großen Kapitel von der Auferstehung klar bezeugt, was seine erste und entscheidende Predigt war, die die Gemeindegründung zur Folge hatte:

„Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen“. 1 Kor 15,3-5

Wenn man dies wieder elementar in den Fokus von Theologie und Kirche nimmt, werden die falschen Propheten und ihre Botschaften schnell als das erkannt werden, was sie sind und was Gott durch den Propheten Jeremia klar beim Namen nennt: „Die Propheten weissagen Lüge in meinem Namen. Ich habe sie nicht gesandt und sie nicht beauftragt – auch nicht zu ihnen geredet. Sie weissagen euch Lügengesicht, Wahrsagerei, Nichtiges und den Trug ihres Herzens.“[21] Davon haben wir genug gehört!

Pfr. Ulrich Kronenberg

 

[1] Mt 7,15; Apg 20,29-31; Jud 3f.

[2] MacArthur, John/Mayhue, Richard: Biblische Lehre. Berlin2 2020. S. 996f.

[3] Anja Klein stellt dies im WiBiLex Artikel ‚Prophetie, falsche‘ (Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de) 2015 ausführlich dar: S. 1f. Sie versucht allerdings, die notwendige Scheidung zwischen falsch und wahr auf ‚innerprophetische Konflikte‘ zu relativieren und damit wird die entscheidende Spitze abgeschnitten. Es ist mehr als eine ‚Theologische Bewertung‘ wie Klein darstellt (S. 2). Sie kann nur zu dem fragwürdigen Schluss kommen, dass es sich bei den Konflikten um ein ‚Produkt der biblischen Literarhistorie‘ (S. 6) handelt, das auf einer ‚literarhistorischen Entwicklung‘ beruht. Dies macht eine Unterscheidung folglich unmöglich und stellt letztlich alles gleichberechtigt nebeneinander. Wenn man dies nur als einen im Nachhinein beurteilten historischen Konflikt betrachtet wie Klein das behauptet (S.3), greift man zu kurz und muss sich auf theologische Mutmaßungen stützen, die sich nicht beweisen lassen. Diese Form der Interpretation mag theologisch gängig sein, wird jedoch der Schärfe der Schrift nicht gerecht.

[4] Matthäus 7,15 Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.

[5] 2. Petrus 2,1 Es waren aber auch falsche Propheten (ψευδοπροφήτης) unter dem Volk, wie auch unter euch sein werden falsche Lehrer (ψευδοδιδάσκαλος), die verderbliche Irrlehren einführen und verleugnen den Herrn, der sie erkauft hat; die werden über sich selbst herbeiführen ein schnelles Verderben.

[6] https://www.kirchentag.de/index.php?id=186&sessionId=380092101&manuscriptId=92||1

[7] https://www.kirchentag.de/schlussgottesdienst

[8] https://www.ekd.de/kirche-im-umbruch-projektion-2060-45516.htm

[9] W2 23, 1648-1656. Wer es ausführlicher mag, studiere den 20. Band dieser wundervollen Werksausgabe von Luthers Schriften.

[10] W2 13, 792.

[11] Jeremias, Jörg: Wahre und falsche Prophetie im Alten Testament. Theologische Beiträge 28 1997. S. 343-349.

[12] Roth, Michael: Über kirchliche Propheten mit Tarifvertrag. Plädoyer für eine moralische Abrüstung. Stuttgart 2022. S. 73.

[13] https://www.n-tv.de/politik/Kaessmann-und-die-Soldaten-article660628.html

[14] Busch, Wilhelm: Gedicht ‚Rechthaber‘ aus der Sammlung ‚Schein und Sein‘:

„Seine Meinung ist die rechte,
Wenn er spricht, müsst ihr verstummen,
Sonst erklärt er euch für Schlechte
Oder nennt euch gar die Dummen.
Leider sind dergleichen Strolche
Keine seltene Erscheinung.
Wer nicht taub, der meidet solche
Ritter von der eignen Meinung“.

[15] AaO. S. 349.

[16] Bezzel, Hermann: Dienst und Opfer. Bd. 2. Leipzig 1916. S. 113. https://karker.de/download/vaeter/bezzel/dienst_opfer2_be.pdf

[17] https://www.evangelisch.de/inhalte/168621/10-04-2020/bedford-strohm-will-nichts-mit-einem-strafenden-gott-zu-tun-haben https://www.zeit.de/2021/51/krisen-strafe-gottes-corona-naturkatastrophen?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/lebenszeichen/gott-ist-nicht-lieb-100.html

[18] AaO. S. 349.

[19] Vgl. das Motto von 2021 ‚Schaut hin‘ (basierend auf Mk 6,38); das Motto von 2019 war ’Was für ein Vertrauen‘ – basierend auf der Frage des Rabschake 2. Kön 18,19; 2017 war das Motto ‚Du siehst mich‘ basierend auf Gen 16,13; 2015 war das Motto ‚damit wir klug werden‘ basierend auf Ps 90,12. Theologisch fragwürdig erinnert dies an die alljährlich wechselnden Weihnachtsbotschaften kirchenleitender Menschen, die alle Jahre wechseln, als ob diese eine Spezialoffenbarung oder eine Sonderbotschaft hätten, die dem niederen Volk offenbart werden soll: zumeist geht es nach meiner Beobachtung dabei eher um zeitgeistig beeinflusste politische Botschaften, die mit dem christlichen Kerygma der Geburt des Gottessohnes relativ wenig zu tun haben: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/frieden-kriegen-die-weihnachtsbotschaft-der-kirchen,TQps5TB https://www.evangelisch.de/inhalte/154294/20-12-2018/weihnachtsbotschaften-friede-auf-erden-ist-keine-utopie .

[20] Markus 1,15 καὶ λέγων ὅτι πεπλήρωται ὁ καιρὸς καὶ ἤγγικεν ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ· μετανοεῖτε καὶ πιστεύετε ἐν τῷ εὐαγγελίῳ.

[21] Jer 14,14.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 7. August 2023 um 10:26 und abgelegt unter Gesellschaft / Politik, Kirche, Theologie.