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Offener Brief an Frau Oberkirchenrätin Cornelia Kopsch

Mittwoch 29. Oktober 2008 von Ulrich Weyel


Ulrich Weyel

Offener Brief an Frau Oberkirchenrätin Cornelia Kopsch mit der freundlichen Bitte um Weiterleitung an die Pröpste der EKHN zur Stellungnahme des Geistlichen Amtes der EKHN vom März 2008 zur umstrittenen Deutung des Todes Jesu als ein Gott versöhnendes Opfer

Diese auch im Internet veröffentliche Deutung des Sühnetodes Jesu steht leider in deutlichem Widerspruch sowohl zu den evangelischen Bekenntnisschriften als auch biblischen Aussagen. Nach dem Zeugnis des Evangeliums ist die gläubige Annahme des stellvertretenden Sühnetodes Jesu die Basis der Sündenvergebung und in letzter Konsequenz die Rettung vom ewigen Tod. Danach bleibt ein Mensch, der dieses stellvertretende Opfer ablehnt, unter dem göttlichen Schuldspruch und bewegt sich weiterhin auf ein schlimmes Finale zu, was die Bibel Hölle nennt. Wer die von Ihnen bevorzugte und teilweise sogar vertretene widerbiblische Theologie verkündigt, begibt sich nach neutestamentlicher Deutung selbst der einzigartigen Erfahrung der Vergebung seiner Lebensschuld und den Erfahrungen liebevoller göttlicher Zuwendung. Er steht zudem in konkreter Gefahr, gutgläubige Zuhörer mit auf einen Irrweg zu nehmen, der jedenfalls aus biblischer Sicht im hoffnungslosen Chaos endet. Liegt hier nicht eine theologische Anmaßung vor, für die man den Begriff Häresie verwenden müßte?

Im Opfertod Jesu liegt in einem gewissen Sinn eine menschlich durchaus verständliche Logik, die aber in Ihrer Stellungnahme bedauerlicherweise nicht zur Sprache kommt, eher ist das Gegenteil der Fall: Mit der Feststellung, daß auch in nichtchristlichen Religionen der Opfergedanke anzutreffen ist, wird ein relativierender und damit abwertender Schluss zum christlichen Glauben gezogen. Eine konsequente biblische Betrachtungsweise führt zu einem gänzlich anderen Ergebnis. Der stellvertretende Opfergedanke in den Religionen belegt die Empfindung der menschlichen Seele, daß man Entlastung von Schuld nur durch Verlagerung auf ein schuldloses Opfer erlangen kann. Der Hebräerbrief macht deutlich, daß aber das Blutopfer von Tieren als Äquivalent nicht ausreicht (selbst ein schuldiger Mensch könnte kein vollgültiger Gegenwert sein). Nur ein sündloser Mensch (Jesus) kann sich als stellvertretendes Sühnopfer als Auslösung anbieten. Dieser Gedankengang ist selbst für nichtgebildete Afrikaner mit ihren Erfahrungen der Opferkulte ohne weiteres nachvollziehbar, wie ich es aus dem Munde eines eingeborenen Pfarrers hörte. Im Opfer Jesu ist die Bedingung gemäß den Passagen im Hebräerbreif umfassend erfüllt.

Des weiteren ist es aus höherer Einsicht durchaus logisch, daß Gott sich in der Person Jesu selbst opfert. Gottes absolute Vaterliebe, realisiert in dem Opfertod Jesu, und sein Gerechtigkeitssinn bedingen einander und sind kein Widerspruch. Man kann es sich an dem menschlichen Vorbild, daß z.B. ein Vater sein Leben für die Rettung eines Kindes einsetzt und verliert, gut vorstellen. Gott hat in einem gewissen Sinn in seinem Sohn sich selbst geopfert. Der in Ihrer Stellungnahme verwendete Ausdruck vom barbarischen Opfer geht an der göttlichen Haltung vorbei und lässt ein Verständnis geistlicher Zusammenhänge vermissen. Daß der Sühnetod am Kreuz in erster Linie eine göttliche Selbstaufgabe zugunsten verlorener Menschen war, wird auch dadurch deutlich, daß Jesus im Neuen Testament typischen göttlichen Eigenschaften wie Schöpfer der Welt und des Lebens, Herr über den Leben und Tod, Sündlosigkeit, ewiges Leben usw. (zusammenfassend in Kolosser 1,15-20) zugeordnet sind. Es wundert mich, daß Sie diese biblische Betrachtungsweise in Ihre Darlegungen nicht einbezogen haben. Die Dreieinigkeit ist doch Standardlehre der Christenheit.

Die Grausamkeit des Kreuzesgeschehens wird halt von den einen mit großartiger, unverdienter göttlicher Vaterliebe und von anderen als ‚barbarischen Opfer‘ in Verbindung gebracht. (Daß die Letzteren vorwiegend der theologischen Zunft angehören, macht mich sehr nachdenklich).

Es ist doch eine klare und einsichtige Lehre, daß nach biblischer Aussage kein anderes erlösendes Opfer vor Gottes absoluter Gerechtigkeit bestehen kann (Hebräerbrief, Kapitel 9). Entschuldigung: Wenn einige von Ihnen das Opfer Jesu verwerfen, verwerfen sie dann letztlich nicht Jesus in Gänze? Gilt dafür nicht der Ausspruch in Matthäus 21: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben ist zum Eckstein geworden?

Das Evangelium macht klar, daß das Opfer Jesu für die Vergebung der Schuld, die Erfahrung der göttlichen Liebe und die Rettung zum ewigen Leben in der Neuen Welt Gottes, wie sie in der Offenbarung des Johannes 3,21 beschrieben wird, unabwendbar nötig ist.

Wenn Sie, als Vertreter des Geistlichen Amtes, das Opfer Jesu für Sie persönlich ablehnen, lehnen Sie klare biblische Aussagen ab (z.B. 2. Korinther 10,19: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber“) ab. Mit höchster Wahrscheinlichkeit haben Sie offenkundig noch nie die befreiende Vergebung der Lebensschuld und auch nicht den göttlichen Frieden kennengelernt. Sie befinden sich nach klarem biblischem Befund trotz aller tiefsinnigen theologischen Philosophien in tragischer geistlicher Verlorenheit. Ich darf Sie eindrücklich warnen, anvertraute Menschen auf einen derartigen Weg des Verderbens mitzunehmen!

Ich habe lange überlegt, ob ich als Mitglied einer evangelischen Freikirche diesen Brief schreiben sollte. Aber ich finde Ihre Internetveröffentlichung mit der Konsequenz, daß die innere Akzeptanz einer derartigen Irrlehre nicht nur Ihnen, sondern auch Gutgläubigen das ewige Leben in der Neuen Welt Gottes kosten wird, so ungeheuerlich, daß Schweigen womöglich Mitschuld bedeuten würde. Dabei ist mir klar, daß Ihre Ansichten längst nicht von allen evangelischen Pfarrern geteilt werden. Mit einigen von ihnen bin ich persönlich befreundet.

Möge Gott Sie nach betendem Bibelstudium und im betenden Nachsinnen zu einer Erkenntnis führen, die für Sie und für diejenigen, die Ihrer Verkündigung zuhören, zum Heil (zur Rettung) gereicht.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Weyel
Schiffenberger Weg 17
35394 Gießen
Tel. 0641-9756655 oder 9756660
email: ulrichweyel@gmx.de

Gießen, 29. Oktober 2008

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 29. Oktober 2008 um 17:06 und abgelegt unter Kirche, Theologie.