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Buchbesprechung

Donnerstag 8. August 2013 von Pfr. Dr. Tobias Eißler


Pfr. Dr. Tobias Eißler

„Die Pfingst- und Charismatische Bewegung. Eine biblische Orientierung“ von Rudolf EbertshĂ€user, Edition Nehemia CH Steffisburg 2012, 198 Seiten, 4,90 Euro

Der Klappentext informiert darĂŒber, dass der Autor selbst Mitglied einer charismatischen Gemeinde gewesen ist, sich dann aber von der charismatischen Bewegung gelöst hat. In mehreren Veröffentlichungen hat er sich kritisch mit der Charismatik auseinandergesetzt. Weil die charismatische Bewegung eine einflussreiche Bewegung weltweit und in Deutschland ist und insbesondere jĂŒngere Christen, die wenig ĂŒber sie wissen, mit ihr in BerĂŒhrung kommen und oft fasziniert oder befremdet von ihr sind, mĂŒsste die BeschĂ€ftigung mit dem PhĂ€nomen wohl zur Bildungsarbeit  jeder Kirchengemeinde gehören. Ob das 200-Seiten-Taschenbuch von EbertshĂ€user nicht einen hilfreichen Beitrag dazu leisten kann? Seine kritische Betrachtungsweise kommt sachlich daher, ist in einem knappen, guten Stil vorgetragen und lĂ€sst Bibelstellen unter einem Aspekt aufleuchten, den man bisher nicht unbedingt so  gesehen hat.

Einige der Thesen und Argumente von Rudolf EbertshĂ€user werden im folgenden nach KapitelĂŒberschriften geordnet skizziert. Ich fĂŒge jeweils einen Kommentar an, aus dem ersichtlich wird, dass ich als Leser des Buches dem Theologen EbertshĂ€user nicht in allem zustimme. So manches wĂ€re noch einmal zu prĂŒfen und zu ĂŒberdenken. Ich meine allerdings, dass das Buch Stoff fĂŒr eine Diskussion enthĂ€lt, die wir gerade heute fĂŒhren mĂŒssen.

A. Die Pfingst- und Charismatische Bewegung – endzeitliche Erweckung oder endzeitliche VerfĂŒhrung?

EbertshĂ€user erklĂ€rt, dass fĂŒr diese Bewegung die Erwartung einer großen Erweckung in der Endzeit typisch ist. Die Endzeitreden Jesu stellen jedoch einen Zukunftshorizont vor, der fĂŒr eine letzte Phase der Kirchengeschichte zunehmende Verwirrung und VerfĂŒhrung zeigt. In Mt 7,15 warnt Jesus vor solchen, die von seinem Namen ausgiebig Gebrauch machen, sich durch Weissagungen, DĂ€monenaustreibungen und Wundertaten (!) hervortun, jedoch den Willen Gottes und das Reich Gottes verfehlen. Von einem zunehmenden Einfluss von Irrlehre und einem Pseudochristentum in den letzten Zeiten sprechen die apostolischen Briefe 2.Thess, 1./2. Tim, 2.Petr.

Kommentar: Von diesen letztgenannten, eher selten ausgelegten biblischen BĂŒchern her stellt sich in der Tat die Frage, ob die Prophetie schwieriger Zeiten nicht leicht durch Prophetien menschlicher Herkunft von besonders gesegneten Zeiten ĂŒberlagert werden könnte. Ist es nicht auffallend, dass manche Mitchristen und Prediger eigentlich immer nur von zu erwartenden neuen Erweckungen und AufbrĂŒchen sprechen, aber kaum einmal von der verlĂ€sslich angekĂŒndigten Unterwanderung der Christenheit durch den Geist des Antichrists?

B. Lehrt die Bibel eine pfingstlerische „Geistestaufe“?

In der charismatischen Bewegung ist oft von einer Geistestaufe die Rede, die auf die Wassertaufe folgen mĂŒsse. EbertshĂ€user hĂ€lt dies fĂŒr einen Irrtum. Nach Eph 2,13 und 1.Kor 12,13 wird der Geist dem Menschen geschenkt, der zum Glauben kommt und in die Gemeinde als den Leib Christi hineingetauft wird. Wassertaufe und Geistestaufe gehören in der apostolischen Lehre zusammen. Das ist auch bei den JĂŒngern so, von denen Apg 19 spricht, die den Geist deswegen noch nicht empfangen hatten, weil sie die Jesusbotschaft noch nicht vernommen hatten. EbertshĂ€user weist darauf hin, dass bei einem zweiten Geist-Empfang die Gefahr besteht, dass nach der Warnung von 2.Kor 11,4 der andere Geist eines anderen Evangeliums von den Christen Besitz ergreift. Dieser falsche Geist manifestiert sich

– in Prophetien, die nicht eintreffen;

– in ekstatischen ZustĂ€nden, die eher auf unwĂŒrdige, dunkle Geister als auf die VernĂŒnftigkeit jener Menschen hinweisen, die von DĂ€monen befreit werden;

– sowie in ethisch-moralischen Verfehlungen.

Die notwendige, echte Erneuerung der Kirche aus der Kraft des Geistes wird durch diese BeschÀftigung mit einem falschen Geist gerade verhindert, meint EbertshÀuser.

Kommentar: Aus eigener Erfahrung kann ich bestĂ€tigen, dass gerade junge Christen durch das Lehren und HerbeiwĂŒnschen der Geistestaufe in ihrem Glauben verunsichert werden und sich unter Druck gesetzt fĂŒhlen. Die Szene von der Taufe Jesu Mt 3,13-17 zeigt, dass der Geist dort kommt und wirkt, wo im Namen des dreieinigen Gottes getauft wird. Allerdings kann er durch Unglaube und Ungehorsam verdrĂ€ngt werden. Wo jedoch ein Mensch zum Christusbekenntnis zurĂŒckfindet, ist dies nach 1.Kor 12,3 ohne den Geist gar nicht möglich. Der Christ hat die Mahnung nötig, sich mehr vom Geist erfĂŒllen zu lassen (Eph 5,18). Aber diese Mahnung zielt nicht auf eine zweite Geistestaufe ab. Sondern auf eine vernĂŒnftige, nĂŒchterne, christliche Lebenshaltung – im Unterschied zu dem „unordentlichen Wesen“ des Betrunkenen.

C. Gibt es heute noch echte Prophetien und Wunderzeichen?

Der Autor EbertshĂ€user kennt charismatische Prediger, die von sich behaupten, die Gabe der Prophetie zu besitzen, wie sie in der Urchristenheit vorkam (1.Kor 12,10). Jedes Gemeindeglied habe etwas von dieser Gabe, so meinen charismatisch orientierte Christen. Sie Ă€ußere sich in prophetischen EindrĂŒcken, Bildern, TrĂ€umen und inneren Stimmen. Das Problem dieser Prophetien ist, das sich Ansagen von ZukĂŒnftigem immer wieder als falsch herausstellen. Dazu wird dann erklĂ€rt, dass sich in der Prophetie Wahres und Falsches vermischen könne.

EbertshĂ€user hĂ€lt dieser Erwartung und Praxis 1.Kor 13,8 entgegen, wo der Apostel vom Aufhören besonderer Gaben wie Weissagung, Sprachenrede („Glossolalie, Zungenrede“) und Erkenntnis-Worte spricht, wenn „das Vollkommene“ kommen wird (1.Kor 13,10). Dieser Begriff meine nicht die Vollkommenheit des ewigen Lebens, weil es im ewigen Leben auch kein Glauben und kein Hoffen mehr gebe (1.Kor 13,13 „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe“), argumentiert der Autor. Vielmehr sei die vollstĂ€ndige Lehre des Evangeliums gemeint, die nach Abschluss der neutestamentlichen Schriften fĂŒr jedermann einsichtig und verlĂ€sslich vorgelegen habe. Die Gabe der Prophetie sei nur in der Anfangszeit nötig gewesen, um der noch jungen Christenheit mit vielen KenntnislĂŒcken eine vollstĂ€ndige Offenbarung des Evangeliums zu schenken. Die Apostel warnen vor massiver Falschprophetie in der nachapostolischen Zeit (1.Joh 4,1).

Kommentar: Die Bibel fĂŒhrt immer wieder vor Augen, wie der Heilige Geist klare Gottesworte an ausgewĂ€hlte Personen ĂŒbermittelt, zum Zweck der VerkĂŒndigung. Die ErklĂ€rung, dass sich Wahres und Falsches vermischen könne, klingt nach einer Ausflucht. Sie unterstellt dem Heiligen Geist Unklarheit in der Ausdrucksweise und UnfĂ€higkeit bei der Übermittlung von Offenbarungsworten. Zeigt sich nicht bereits im NT, dass nach einer Zeit des Aufbruchs mit vielen notwendigen Prophetien und Erkenntnisworten die Bewahrung und Pflege des Glaubens von der Auslegung des Schriftwortes erwartet wird (siehe z.B. 1.Tim 4,13; 2.Tim 3,14-17!)? Zeigt nicht die Missions- und Kirchengeschichte dasselbe Bild, dass nach einer GrĂŒndungsphase mit unmittelbar eingegebenen TrĂ€umen, Gottesworten und Weisungen immer die Phase der Konsolidierung mithilfe der Schriftauslegung folgt, die fĂŒr ein lebendiges Christenleben vollkommen ausreicht?

Ähnliches gilt fĂŒr die „Zeichen und Wunder“, auf die die Pfingst- und Charismatische Bewegung so viel Wert legt. FĂŒr viele Charismatiker sind sie nötig zum Erweis eines echten, geistgesalbten, vollmĂ€chtigen Christenlebens, erklĂ€rt EbertshĂ€user. Zweifellos wurde die ErstverkĂŒndigung des Evangeliums durch Jesus und die Apostel durch eine Vielzahl von Zeichen und Wunder von Gott her bestĂ€tigt. Doch Hebr 2,4 blickt auf die Zeit der Bekanntmachung des Evangeliums mit Zeichen und Wundern zurĂŒck. Der Autor des HebrĂ€erbriefs stĂ€rkt den Glauben der Gemeinde nicht durch die Verheißung neuer außergewöhnlicher Erfahrungen, sondern durch die Auslegung des AT auf Jesus hin. SelbstverstĂ€ndlich bleibt Gott ein Gott, der Wunder tut. Doch Jesus und seine Apostel warnen die Gemeinde vor letzten Zeiten, in denen falsche Christusse und falsche Propheten sich durch dĂ€monische Zeichen und Wunder ausweisen (Mt 24,24; 2.Thess 2,9f).

Kommentar: Auch im Römerbrief spricht Paulus wie beilĂ€ufig von den Zeichen und Wundern, die er bei GemeindegrĂŒndungen vollbracht hat (Rö 15,19), macht sie aber innerhalb seiner umfassenden Darlegung der Lehre vom Evangelium nicht zum Thema. Das heißt, dass Zeichen und Wunder fĂŒr die Evangeliumslehre nicht konstitutiv und fĂŒr die kommende Zeit der Gemeinde nicht entscheidend sind. Dazu steht die charismatische Sehnsucht nach Zeichen und Wundern, die sich auf der BĂŒhne vorfĂŒhren lassen, in scharfem Kontrast.

D. „Lobpreis“, „Zungenreden“, „DĂ€monenaustreibungen“ – Charismatische Praktiken unter der Lupe

Der Autor EbertshĂ€user beschreibt das fĂŒr Charismatiker so wichtige Gottesdienstelement „Lobpreiszeit“ als etwas Gelenktes und Suggestives, das die Anwesenden in eine Haltung der PassivitĂ€t und Offenheit fĂŒr einen Geist bringt, den man fĂŒr den Heiligen Geist hĂ€lt. Er offenbart sich auf dem Höhepunkt der Lobpreiszeit, dem „Durchbruch“, durch das Umfallen von Betern, das Weinen oder das Prophezeien. Diese Wirkungen schreibt EbertshĂ€user einem Irrgeist zu. Der sogenannte „Durchbruch“ wird durch gezielten Einsatz von Rhythmus und Melodie erreicht, bei dem die Musik eine quasi hypnotisierende Wirkung entfaltet. Zudem transportieren die Anbetungslieder falsche Erwartungen einer großen Erweckung und Geistausgießung in der Endzeit und andere IrrtĂŒmer.

Kommentar: Wenn heute viele Gemeinden die „Lobpreiszeit“ mit großer SelbstverstĂ€ndlichkeit in den Gottesdienst ĂŒbernehmen, ist die Reflexion der originalen Idee und Gestaltung nötig. Kann man die „Lobpreizeit“ in der beschriebenen Form als neutrale Form sehen? Oder trĂ€gt sie mit ihrer EmotionalitĂ€t, ihren eingeschobenen Gebeten, ihren ekstatischen Höhepunkten nicht etwas Neues und Fremdes in den Gottesdienst hinein? Oder anders gefragt: Was macht sie denn im Vergleich zum bisherigen gottesdienstlichen Singen und Loben so unverzichtbar?

Das „Zungenreden“ sehen charismatische Christen als Zeichen der Empfang der Geistestaufe, als wirksame Form des Gebets und als eine Weise der Prophetie. EbertshĂ€user gibt auch im Blick auf diese etwa in Korinth vorkommende Gabe der ersten Stunde zu bedenken, dass sie in den Belehrungen der Apostelbriefe fĂŒr die Aufbauzeit der Kirche kaum eine Rolle mehr spielt. Er vertritt die These, dass das „Sprachenreden“, wie in 1.Kor 12-14 verhandelt, kein anderes Sprachenreden als dasjenige von Apg 2 war: nĂ€mlich ein Reden in einer real existierenden, menschlichen Sprache. In Apg 2 wurde dieses Reden in Fremdsprachen als vorausweisendes Zeichen auf die Zeit der Völkermission geschenkt. In 1.Kor 14,21f stellt es vor allem ein Gerichtszeichen fĂŒr Israel dar, weil sich Gott von dem verstockten Israel abwendet und den Nationen anderer Sprache zuwendet. In dem Moment, in dem EvangeliumsverkĂŒndigung und Gemeindeaufbau tatsĂ€chlich in anderen LĂ€ndern mit ihrer eigenen Sprache betrieben wird, ergibt ein „Fremdsprachen-Reden“ keinen Sinn mehr. Denn es kommt ja alles gerade auf den Transport des Evangeliums in verstĂ€ndlicher Sprache an! Dann aber erweist sich das charismatische Lallen von Phantasielauten, das gerne als Reden in der Engelsprache ausgegeben wird, als ĂŒberflĂŒssig.

Kommentar: Der Auslegungsansatz, dass es im 1.Kor um kein anderes Sprachenreden als in Apg 2 ergeht, scheint mir ebenso einfach wie vernĂŒnftig und stimmig zu sein. In der Zeit der Kirche und des Gemeindeaufbaus vor Ort macht ein wundersames Reden in fremder oder gar himmlischer Sprache keinen Sinn. Das Evangelium lĂ€sst sich nur in verstĂ€ndlicher Sprache vermitteln, die von Missionaren und BibelĂŒbersetzern oft durch mĂŒhsames Studium erworben werden muss. Das ist der Normalfall, der nicht durch den Ausnahmefall am Beginn der Kirche ĂŒberblendet werden darf.

Das Austreiben von DĂ€monen wird in charismatischen Kreisen sehr hervorgehoben und auch unter glĂ€ubigen Christen praktiziert. EbertshĂ€user weist darauf hin, dass die DĂ€monenaustreibungen des Neuen Testaments durchweg an UnglĂ€ubigen vollzogen wurden zur Demonstration der Macht des Messias. GlĂ€ubige sind dagegen grundsĂ€tzlich befreit von der Herrschaft der DĂ€monen (Kol 1,12-14). Dagegen begibt sich die „Befreiungsseelsorge“ in den Bereich der Geisterbeschwörung und des Spiritismus. Sie lĂ€uft Gefahr, gerade solche Verstrickungen hervorzurufen, von denen sie eigentlich befreien will.

Kommentar: Der Vergleich von Missionsgebieten, in denen dĂ€monische Besessenheit aufgrund eines intensiven Okkultismus tatsĂ€chlich vorkommt und von verlĂ€sslichen Zeugen geschildert wird, mit Europa, wo dieses PhĂ€nomen selten auftritt, lĂ€sst die charismatische Überbetonung dieses Themas deutlich werden. Hinter ihm dĂŒrfte wiederum die Sehnsucht nach einem greifbar-aktuellen Kraftwirken des Geistes stehen, das sich eindrĂŒcklich fĂŒr andere vorfĂŒhren lĂ€sst.

E. Zur Geschichte der Pfingst- und Charismatischen Bewegung

Schon im altkirchlichen Montanismus und in der katholischen Mystik, die viele fragwĂŒrdige Visionen und ĂŒbernatĂŒrliche Erfahrungen von Heiligen ĂŒberliefert und verehrt, sieht EbertshĂ€user einen schwĂ€rmerischen Geist am Werk, der wegfĂŒhrt vom nĂŒchternen, biblisch gegrĂŒndeten Glauben. In der Heiligungsbewegung des 19. Jhdt in den USA traten bereits Gruppen auf, die Wunderheilungen und Geistestaufe praktizierten (z.B. die „Feuergetaufte Heiligungskirche“). Die „Geistausgießung“ am 1. Januar 1901 in Topeka in der Bibelschule des Heiligungspredigers Charles F. Parham löste die sogenannte Pfingstbewegung aus, die mit ihren falschen Prophetien und angeblichen Wunderzeichen viel Verwirrung und Spaltung in die Gemeinden hineintrug. Die der Pfingstbewegung verwandte Charismatische Bewegung begann mit der Erfahrung der Geistestaufe des anglikanischen Pfarrers Dennis Bennett im Jahr 1960. Sie gewann ĂŒberall an Einfluss, z.B auch durch die „charismatische Erneuerungsbewegung“ innerhalb der katholischen Kirche seit 1967. Durch die Vineyard-Gemeinde von John Wimber, die Wort-des-Glaubens-Gemeinden von Kenneth Hagin und die Calvary-Chapel-Gemeinden von Chuck Smith erhielt die Bewegung in den siebziger Jahren zusĂ€tzlich Aufwind. Eine wichtige Rolle bei ihrer Ausbreitung spielten ĂŒberkonfessionelle, weltweit operierende Werke wie Jugend mit einer Mission, Teen Challenge oder Full Gospel Businessmen. Heute gibt es schĂ€tzungsweise 520 Millionen charismatische Christen.

Charismatische Gedanken und Praktiken gewinnen im evangelikalen Raum an Einfluss,  beobachtet EbertshĂ€user. Die Lobpreismusik wird von Evangelikalen ĂŒbernommen. In der Evangelischen Allianz und bei ProChrist arbeiten Charismatiker mit. EbertshĂ€user bewertet diesen Vorgang sehr kritisch: „Der Abfall vom biblischen Evangelium schreitet voran, aber erschreckend viele Evangelikale sind schon so benebelt, dass sie es nicht mehr erkennen können.“ (167)

Kommentar: Wenn neuerdings fĂŒhrende Charismatiker zum Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz gehören, ist es notwendig, neu zu fragen, wie sich denn die Allianzbewegung bzw. die Evangelikalen definieren. Von der geschichtlichen Entwicklung her handelt es sich um zwei verschiedene VerstĂ€ndnisse des Gemeindeaufbaus nach apostolischer Anweisung. Ob sich diese zwei VerstĂ€ndnisse miteinander verbinden lassen? Jedenfalls wĂ€re nötig, dass vor der Verflechtung von Bewegungen GesprĂ€che ĂŒber Lehrunterschiede und Unterschiede in der Gemeindepraxis stattfinden. Sollten diese Unterschiede verdrĂ€ngt, ĂŒberspielt oder auch toleriert werden, ergibt sich tatsĂ€chlich eine neue evangelikal-charismatische Allianz, die sich nicht mehr so wie bisher in Übereinstimmung befindet mit Gemeinden, die die charismatische Bewegung hinterfragen.

F. Die bibeltreue Gemeinde in der Auseinandersetzung mit endzeitlichen VerfĂŒhrungen

Die biblische Weisung „Richtet nicht!“ wird gerne gegen Kritiker von neuen christlichen Bewegungen in Anschlag gebracht. EbertshĂ€user wehrt sich gegen ein Verbieten von Kritik mit dem Hinweis auf echte Liebe zum Bruder, die die Wahrheit nicht verschweigen kann. Die PrĂŒfung der Geister ist der Gemeinde in 1.Joh 4,1 aufgetragen. Das Neue Testament lehrt nicht die Annahme und Toleranz von Irrlehrern, sondern die klare Trennung von ihnen, weil die Irrlehre das Gemeindeleben wie Sauerteig durchdringt und zersetzt. Nach 2.Kor 6,14ff ist die Scheidung zwischen Kirche und abgefallener, verwirrter Kirche, zwischen Gottes Tempel und Götzentempel geistlich unverzichtbar. Deswegen muss sich die bibeltreue Gemeinde der Auseinandersetzung mit einem falschen Geist stellen und in schwierigen Zeiten gegen den Strom schwimmen und den schmalen Weg gehen, so der Aufruf von EbertshĂ€user (mit Hinweis z.B. auf 2.Petr 3,17f „So hĂŒtet euch, dass ihr nicht durch die VerfĂŒhrung der Frevler mit fortgerissen werdet.“)

Kommentar: EbertshĂ€user greift eine Stoßrichtung des Neuen Testaments auf, die heute gerne verschwiegen wird. Alles, was mit dem Ringen um die Wahrheit, dem PrĂŒfen der Geister  und dem Trennen von falscher Lehre zusammenhĂ€ngt, stellt man gerne zurĂŒck, um um so mehr das Tolerieren von alternativen Meinungen und das Bewahren der Einheit zu betonen. So wahr die Einheit der Kirche nach Möglichkeit zu bewahren ist, so wenig darf dies um den Preis der Aufgabe einer klaren Anschauung der Wahrheit apostolischer Lehre geschehen. Die Kirche ist auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut (Eph 2,20). Wenn man sich ĂŒber dieses Fundament in wesentlichen Punkten nicht einig ist, kann auch keine Kirchen-Einheit kĂŒnstlich erhalten oder hergestellt werden.

Pfarrer Dr. Tobias Eißler, Gunzenhausen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 8. August 2013 um 9:05 und abgelegt unter Gemeinde, Theologie.