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Woher die kleinen Kinder kommen

Mittwoch 7. Oktober 2009 von Kirchenrat Hans Lachenmann (1927-2016)


Kirchenrat Hans Lachenmann (1927-2016)

Woher die kleinen Kinder kommen
Eine notwendige Aufklärung für Erwachsene

1.) Wir brauchen mehr Kinder

Langsam merken wir es, wohin die Fahrt des Ozeanriesen Fortschritt geht. Seit Jahrzehnten sind wir mit ihm unterwegs. Doch nun kommt das Ende der Reise in Sicht. Zwar leben wir länger. Die heute geborenen Mädchen haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von 81 Jahren, die Jungen mit 75 Jahren etwas weniger. Das ist doppelt so viel wie bei unseren 1870 geborenen Vorfahren (damals 39/35) und wesentlich mehr als bei der Großelterngeneration von 1960 (69/64). Wenn es so weiter geht, werden unsere Enkel und Urenkel im Durchschnitt 100 Jahre alt.

Aber wo bleiben die Enkel und Urenkel? Wenn die Geburtenzahl von derzeit 685000 auf rund 500000 im Jahr 2050 absinkt und gleichzeitig die Zahl derer, die im Alter zu versorgen sind, sich von derzeit 3,2 Millionen 80-Jährigen und darüber auf 9,1 Millionen verdreifacht, dann bedeutet dies, dass die wachsenden Kosten für Renten, Arzt, Apotheke, Krankenhaus und Altenpflege von immer weniger Personen getragen werden müssen. Hier klafft eine Schere weit auseinander. Wer kann sie schließen?

Zwar verdienen wir heute mehr Geld, fahren bessere Autos, wohnen komfortabler, können jedes Jahr immer noch schnellere und billigere Computer, Fernsehgeräte und Küchengeräte kaufen, können zum Urlaub in alle Welt fliegen. Aber es fehlen die Ingenieure, die Facharbeiter, die Männer und Frauen, die in der Industrie, in den Pflegeberufen, in Schule, Hochschule und Forschung so dringend gebraucht werden, ohne die nichts läuft – und die doch im gleichen Maße, wie die Last der älter werdenden Bevölkerung schwerer wird – immer weniger werden. Und damit auch immer weniger Menschen, die den in jeder Sekunde um 4058 € anwachsenden öffentlichen Schuldenberg von inzwischen über 1,800 Billionen € aus ihrem Einkommen verzinsen und abtragen sollen.

Zwar werden noch Kinder geboren. Aber wenn ihre Zahl die der Verstorbenen nicht ausgleicht, sondern wie schon seit Jahren weiter zurückgeht, dann wird ein unaufhaltsamer Prozess ausgelöst. Es fehlen die Mütter. In jeder Folgegeneration werden es weniger sein, und deshalb in der nächsten noch weniger und so weiter ohne Ende. Herwig Birg, der angesehene Bevölkerungswissenschaftler schreibt: „Das Problem liegt darin, dass hier mit zwingender Logik ablaufende Prozesse im Gange sind. Das ist ein Prozess, der nie aufhört so lange die Kinderzahl unter zwei pro Frau liegt.“ (In Deutschland 1,3) Lange ließen wir uns auf dem Ozeanriesen Fortschritt in die bessere Zukunft mitnehmen. Doch jetzt ist Schluss mit lustig. Die gegenwärtige Finanz-und Wirtschaftskrise ist vermutlich der Beginn einer Kette von Krisen und Katastrophen. Auch der Letzte, der sich beide Augen zuhält, muss es merken: Wir brauchen mehr Kinder!

2.) Woher kommen die kleinen Kinder?

Es war Bundeskanzler Konrad Adenauer, der 1957 bei der Diskussion um die Einführung der „dynamischen Rente“ mit dem „Generationenvertrag“ dem zögernden Bundeswirtschaftsminister Erhardt erklärte „Kinder kriegen die Leute immer“. Der Satz ist inzwischen ein geflügeltes Wort. Heute wissen wir: er stimmt nicht. Die reproduktiven Prozesse sich selbst überlassen – das geht nicht. Also muss etwas geschehen. Nur was?

Heute gut 50 Jahre später hören wir von allen Seiten „Wir brauchen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, dann werden auch wieder mehr Kinder geboren.“ Und deshalb wird nun seit 2005 die Einrichtung von Krippenplätzen für Kinder vom 1.-3. Lebensjahr forciert vorangetrieben, damit die Mütter bald nach der Geburt ihres Kindes wieder frei werden für ihren Beruf. Drei Milliarden Steuergelder sollen jedes Jahr für die Vermehrung der Krippenplätze von 250 000 auf 750 000 sowie die Ausbildung und Besoldung der Kinderpflegerinnen aufgewendet werden. Ob das bei der wachsenden Staatsverschuldung zu schaffen ist? Ob das für die Kinder wirklich gut ist? Das bisherige Ergebnis ist enttäuschend: trotz erster Erfolgsmeldungen steht nun fest, dass die Geburten seit den letzten Jahren kontinuierlich zurückgehen. Deutschland ist bei der Geburtenquote in Europa jetzt das rote Schlusslicht.

Warum „funktioniert“ das nicht? Es funktioniert deshalb nicht, weil die Geburt eines Kindes und das Erscheinen einer neuen Generation von Kindern nicht zu den Dingen gehört, die wir anordnen, planen, organisieren und machen können wie den Bau einer Autobahnbrücke oder die Fertigstellung eines neuen Flugzeugs. Es gehört nicht in den Bereich der Welt – den viele für das Ganze halten – in dem der Mensch als Erfinder und Konstrukteur über alle Dinge nach Gutdünken walten kann. Anfang und Ende unseres Lebens sind unserer Verfügung entnommen. Wir werden geboren und wissen nicht, woher wir kommen; wir sterben und wissen nicht, wohin wir gehen. Die Zeitspanne dazwischen ist kein mechanischer Prozess, sondern das Leben mit seinen Schönheiten, Wundern und Geheimnissen, mit seinen Überraschungen und Katastrophen. Die Prozesse des Lebendigen gehen nie auf in unseren Berechnungen. Hier versagt jedes eindimensional verkümmerte Denken. Politik, die das nicht wahr haben will und meint, man könne es vernachlässigen und so eine bessere Welt mit einem neuen Menschen konstruieren, wird scheitern. Sie wird so scheitern wie der Reisbauer in der Parabel, der die jungen Halme auf seinem Feld nur ein wenig hochzog, damit sie rascher wachsen können.

Das bedeutet jedoch nicht, dass politische Entscheidungen die Prozesse des Lebendigen nicht beeinflussen könnten. Man muss sich nur vor Augen halten, dass es um das Leben geht mit seinen eigenen Gesetzen. Es ist wie die Arbeit des Gärtners. Er muss die Pflanzen verstehen und wissen, was jede von ihnen braucht, um blühen und Frucht bringen zu können. In welchem Klima sie gedeihen. Wie der Boden beschaffen sein muss, in den er die Rose einpflanzt, wie sie gedüngt und gewässert werden muss. Er wird den Boden lockern, unnötige Triebe zurückschneiden, Krankheiten und Schädlinge bekämpfen. Soll die Arbeit gelingen, muss sie mit Liebe getan werden, mit der Freude am Wachsen und Blühen und der Fürsorge für das verletzliche Leben.

Übertragen auf den Fall des neu geborenen Kindes, bedeutet dies, dass es ein geschütztes Umfeld braucht: Mutter und Vater, die Familie, ein öffentliches Klima, das ihm förderlich ist. Eine gute Erziehung, gesunde Ernährung, lebensförderliche Sitten, gute Schulen, all das, was wir unter Kultur verstehen. Politik muss deshalb unter die kritische Frage gestellt werden: wird das, was wir ordnen, den Kindern, ihrem Kommen, ihrem Leben und Gedeihen gut sein oder schädlich? In der Bundesrepublik Deutschland stehen alle gesetzlichen Ordnungen unter dem Vorzeichen des Grundgesetzes. Darin heißt es in Artikel 6:

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dĂĽrfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen GrĂĽnden zu verwahrlosen drohen,

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die FĂĽrsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen fĂĽr ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gemeinschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Was Artikel 6 GG ordnet, ist der Schutz von Ehe und Familie als dem nach „natürlichem Recht“ gegebenen Raum, in dem Kinder geboren, ernährt, gepflegt und erzogen werden. Ausdrücklich gemeint ist dabei auch der Schutz vor einem Eingriff von Seiten des Staates selbst, soweit dies nicht aus besonderen Gründen geboten ist. Mehr kann der Staat nicht tun. Aber es steht dann gut um ihn. Denn er braucht selbst die nachwachsende Generation, um überleben zu können. Er kann es nicht „machen“, aber er kann erwarten, dass nun die kleinen Kinder kommen.

3.) Warum die kleinen Kinder nicht kommen

Alle Voraussetzungen sind gegeben, damit Kinder kommen können: Die auf Ergänzung angelegte doppelte Version des Menschen als Mann und Frau. Die zwischen ihnen webende Spannung und Anziehung, die darauf zielt, dass sich beide ineinander verlieben, zueinander finden, ein Kind zeugen, das nach neun Monaten geboren wird. Die sorgende Liebe für das eigene Kind, der Wille und die Pflicht, es ins Leben zu begleiten. Bereit steht auch unser inneres „Immunsystem“: Gewissen und Schamgefühl, die davor bewahren, dass Sexualität verwildert, aus Liebe Ekel und Verdruss wird.

Doch nun kommt der Mensch, der mit seinem groben Werkzeug in den verletzlichen Prozess des Lebens eingreift. Die technischen Mittel dazu besitzt er. Die Pille verhütet ungewollte Schwangerschaft. Künstliche Befruchtung jedoch macht sie möglich. Genetischen Veränderungen in der Keimbahn sollen defektes Erbgut reparieren. Aus Samenbanken kann sich eine Frau ihr Wunschkind auswählen. Die brutalen Eingriffe, mit denen werdendes Leben im Mutterleib getötet wurde sind durch bessere ersetzt worden. Tötungshemmung und Strafandrohung können ausgeschaltet werden, wenn der erforderliche „Schein“ besorgt ist und so aus dem Tötungsdelikt ein staatlich legitimierter und von der Allgemeinheit finanzierter Routinevorgang wird. Manches davon kann verantwortlich angewendet werden. Doch mehr und mehr zeigt sich in der sinkenden Geburtenrate die destruktive Seite solcher Errungenschaft.

Das Problem der zurückgehenden Geburtenzahlen zeigt sich heute in allen hoch entwickelten Industrienationen. Außer in Europa und den USA auch in Ostasien. Offenbar ist es der wachsende Wohlstand und der Kampf um den sozialen Aufstieg, die den Wunsch nach eigenen Kindern in die zweite Reihe stellen. Es kommt zur Individualisierung, die dem Glück des Einzelnen den Vortritt gibt vor dem Gemeinwohl. Diese Entwicklung kommt in eine kritische Phase, wenn sie durch ideologische Träume vorangetrieben wird. Genau das ist nun der Fall. Zuerst war es die sexuelle Revolution mit ihren Glücksversprechungen und dem geforderten Ende aller moralischen Einschränkungen. „Sexuelle Freiheit“, wird nun als „fun“ zum höchsten Gut. Die „Spassgesellschaft“ entsteht – freilich mehr als Wunsch denn als Wirklichkeit – als Ersatz für die gescheiterten Zukunftsvisionen des vergangenen Jahrhunderts. Bald verbindet sich die sexuelle Revolution mit der Gleichheitsideologie. Ihr geht es nicht um „gleiches Recht für alle“, sondern um „Gleichstellung“. Sie soll alle Unterschiede beseitigen, die der Gerechtigkeit im Wege stehen. Im Mittelpunkt steht nicht die soziale Gleichheit aller Menschen, sondern die Gleichheit von Mann und Frau. Denn die „patriarchalische Familie“ ist in dieser Sicht die Urform aller sozialen Herrschaftsstrukturen, in denen die Frau, als das schwächere Geschlecht „diskriminiert“, unterdrückt und ausgebeutet wird.

Der Kampf um die „Gleichstellung“ wird auf zwei Fronten ausgetragen. Da ist die Schwulenbewegung, die sich gegen die „Diskriminierung“ von Homosexuellen richtet. Für sie ist Homosexualität wie die angeborene Linkshändigkeit nur eine kleine Abweichung vom Gewohnten. Erst die Gesellschaft hat diese Variation zur Perversion und Krankheit erklärt und damit die Homosexuellen diskriminiert, erniedrigt und mit Strafe bedroht. Dagegen richtet sich der Kampf der Schwulen und Lesbenverbände. Die neue Sicht der Dinge wird mit hohem moralischen Pathos verkündet; ein umfassender Propagandafeldzug macht sie zur herrschenden Meinung. Die bisher Verachteten „outen“ sich, treten aus dem Halbdunkel in die Öffentlichkeit, nicht schüchtern, sondern lautstark, herrisch, mit weitreichenden sozialpolitischen Forderungen – und zugleich vernichtenden Titulierungen der Andersdenkenden als „homophobe“ Spinner, als „Homohasser“ und „Sexisten“. Am Christopher Street Day zeigen sie sich schrill und bunt auf der Straße – aber auch obszön und provozierend. Das Ziel ist die völlige Gleichstellung von Heterosexuellen und Homosexuellen. Beide sollen eine Ehe schließen, eine Familie gründen und Kinder adoptieren können. Der Kampf wird zum Durchmarsch durch alle Institutionen bis zum Antidiskriminierungsgesetz. Die geforderte Gleichheit muss schließlich durch die Veränderung von Artikel 3 und 6 des Grundgesetzes endgültig festgestellt werden. Sie ist dann maßgebend, auch für die Erziehung der Jugend.

Die andere Front fĂĽr die „Gleichstellung“ heiĂźt „Gender Mainstreaming“. Anders als der Kampf der Männer geschieht er nach der Weise der Frauen: sanft, still und heimlich, klug und raffiniert. Nicht die Konfrontation wird gesucht. Wirksamer ist es, den Widerstand zu umgehen. So hat es kaum einer erfahren, dass im Jahr 2000 die damalige Bundesregierung durch Kabinettsbeschluss als „Staatsziel die Gleichstellung von Männern und Frauen als durchgängiges Leitprinzip ihres Handelns anerkannt hat und beschlossen, diese Aufgabe mittels der Strategie des Gender Mainstreaming zu fördern.“ Und kaum einer bemerkt es, dass gesteuert von oben, durch „Implementierung“ von amtlichen Verordnungen ein langsamer Wandel in Gang kommt. Irgendwann entdeckt man es doch. Da werden Verkehrsschilder ausgewechselt: wo bisher ein Mann mit Schaufel dem Autofahrer eine Baustelle anzeigte, steht nun eine Frau. Bei den Personalentscheidungen der Behörden bekommen Frauen den Vortritt bis das Geschlechterverhältnis auf 50 zu 50 ausgeglichen ist. In gedruckten Texten finden wir wunderliche sprachliche Gleichstellungen. Aber all das sind Harmlosigkeiten gegenĂĽber dem Ziel, auf das alles hinausläuft. Dieses Ziel zeigt die Resolution der GrĂĽnen Jugend auf ihrem Bundeskongress in WĂĽrzburg am 19.11.2007 zum Thema Gesellschaft und Familie. Darin die Aussage: „Der Grundpfeiler einer freien und toleranten Gemeinschaft ist eine freie und tolerante Familie(…) Der Begriff >Familie< wird bei uns in erweiterter Definition verwendet: Wir verstehen darunter sowohl das klassische Vater-Mutter-Kind-Bild, als auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit oder ohne Kinder, polygame Lebensgemeinschaften, Patchworkfamilien, Alleinerziehende aber auch Wohngemeinschaften (…) Dies wollen wir rechtlich mit einem Familienvertrag absichern und damit die Ehe ersetzen.“

Simone de Beauvoir hatte 1951 erklärt: „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es.“ Und zwar durch den Mann, der sie zur Haussklavin deklassiert. Die Gender Bewegung macht daraus eine Weltanschauung. Die Feministinnen haben richtig erkannt, dass die von ihnen ungeliebte Rolle der Frau in den biologischen Gegebenheiten, nämlich der Polarität der Geschlechter ihren Grund hat. Denn die Natur kennt kein Prinzip der Gleichheit, sondern bevorzugt die Unterschiede, die Polarität, auch die Hierarchie und damit das verhasste angebliche „Patriarchat“. Um dies zu ändern, bedient sich die Gender Ideologie eines chirurgischen Kunstgriffs, durch den das gesellschaftliche Leben, das soziologischer Forschung und Manipulation frei zugänglich erscheint, vom biologischen Unterbau einfach abgetrennt wird. Mann-und Frau-Sein, in der Natur eine unveränderliche Gegebenheit (Sex), wird im sozialen Bereich zu „Gender“, also einer willkürlichen Zuordnung, so wie in Italien die Sonne als „il sole“ dem männlichen, in Deutschland aber dem weiblichen Geschlechts zugeordnet wird. Die gewünschte „Gleichstellung“, der sich die Natur verweigert, ist im Bereich der Gesellschaft machbar. Und dieser Bereich zählt, während die Natur aus dem Blickfeld gerät. Sie ist irrelevant, interessant allenfalls da, wo es um abartige Ausnahmeerscheinungen geht, die angeblich beweisen, dass es sogar in der Natur Geschlechtsveränderung geben kann.

Dieser geniale Kunstgriff verändert die Situation grundlegend. Nun kann sich auch auf dem Feld von Ehe und Familie der Mensch als Erfinder und Konstrukteur betätigen. So kann die gewünschte Gleichstellung durchgesetzt werden.

Zwei Fronten. Beide wenden sich im Namen der Gerechtigkeit gegen Diskriminierung und Ungleichheit, deshalb auch gegen die „traditionelle“ Ehe und Familie. Ziel aber ist – unter der hohen Forderung nach Gerechtigkeit – die Selbstbefreiung und Selbstverwirklichung des mündigen Menschen als Individuum, dessen Glücksverlangen nun keine Grenze mehr kennt und der seine „sexuelle Orientierung“ sogar selbst bestimmen kann. Die beiden Fronten widersprechen sich am entscheidenden Punkt: Ist für die Lesben und Schwulenbewegung ihre homosexuelle Prägung genetisch bedingt und darum jedem verändernden Zugriff entzogen, ist sie bei Gender Mainstreaming gerade veränderbar und in allen Variationen denkbar. Aber das hindert insbesondere die Partei der „Grünen“ nicht daran, beides zu propagieren. Der griechische Dichter Euripides (484-406 v. Chr.) wusste es schon: „Wenn strafen will die Gotteshand, so raubt sie einem den Verstand.“

Jedem vernünftigen Menschen muss dies zu Denken geben. Das totalitäre Gehabe gegen Andersdenkende und die Überhöhung zur unfehlbaren, nicht mehr hinterfragbaren „Wissenschaft“ zeigen den totalitären Charakter der Weltanschauung. In die Wirklichkeit unseres Lebens konsequent umgesetzt, führt sie zum psychischen und sozialen Chaos. Die demographische Entwicklung jedoch kann sie nicht umkehren; sie wird sich dadurch extrem beschleunigen. So können keine kleinen Kinder kommen. Die radikalen Eingriffe der Schwulenbewegung und der geniale Eingriff der Feministinnen, beide sind eine „geniale Lüge“ (Paul Schütz). Und Lügen zerstören die Zukunft.

4.) Aufklärung

Wird ein Kind darüber informiert, woher die kleinen Kinder kommen, dann nennt man das „Aufklärung“. Ein wichtiges, oft schmerzliches Ereignis im Leben des Menschen. Es bedeutet den Abschied von der Kinderwelt. Was „Aufklärung“ ist, hat Immanuel Kant definiert: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ Mit der Aufklärung geht das Mittelalter zu Ende. Es beginnt die neue Zeit der Freiheit des Denkens und des Fortschritts. „Es klärt sich auf“. So sagen wir, wenn nach Wolkendunkel und Regen wieder die Sonne hervorkommt, es heller wird, und wir uns freuen. Auch das ist „Aufklärung“. Alle drei Versionen von Aufklärung geschehen heute unter uns.

Die jungen Menschen, die beim Christival in Bremen dabei waren, die Teilnehmer am Seelsorgekongress in Marburg, die Kreuzträger für den Schutz des ungeborenen Lebens in Berlin haben es mit eigenen Augen gesehen und eigenen Ohren gehört: die Plakate mit den obszönen und gotteslästerlichen Aufschriften, das Geschrei mit den Hassparolen, junge Menschen, bei denen offensichtlich alle Sicherungen verbrannt sind, die unsere Menschenwürde vor Verletzung schützen. Da war nichts mehr von der heilen Homowelt in der Lindenstraße und den schönen Reden über Gleichheit und Gerechtigkeit. Wer dabei war, der ist nun „aufgeklärt“ und weiß, welche Giftpflanzen auf dem Boden der neuen Ideologie gedeihen.

Heute wird es klar wie bei Immanuel Kant, dass ein Zeitalter zu Ende geht. Es ist das Zeitalter, da – bei allem Wechsel der Lebensverhältnisse – die Institution Ehe und Familie als eine gott-und naturgegebene Ordnung bestehen blieb und auch dann noch Halt und Hoffnung gab, wenn alles drunter und drüber ging, Heute wird die Familie von allen Seiten aus in Frage gestellt als ein Auslaufmodell aus patriarchalischen Vorzeiten. Die noch daran festhalten, gelten als Spießer und Störenfriede des Genderglücks.

Es klart auf. Nun erkennen wir, wo wir angekommen sind. Die Schmähungen in Marburg, Berlin und Bremen galten nicht nur den Veranstaltern, den „Evangelikalen“. Die „Christen“ wurden als die Feinde benannt, sie gilt es zu beleidigen, zu „fisten“ (schänden), oder mit Gewalt zum Schweigen zu bringen. Das gilt allen, die sich Christen nennen. Auch denen, die noch immer meinen, man könne den Kopf in den Sand stecken, auch jenen, die meinen, man müsse sich anpassen, wenigstens partiell und in kleinen Schritten. Das alles zählt nicht für unsere Feinde. Hier ist die Front. Hier sind alle Christen gemeinsam herausgefordert.

Damit lässt sich nun die Stelle definieren, an der die Auseinandersetzung geführt werden muss. Es ist die uralte Frage „Was ist der Mensch?“ Die Alten wussten darum, dass in ihm als „Mikrokosmos“ der gesamte „Makrokosmos“ präsent ist. Der Mensch ist Kreatur, Geschöpf unter anderen Geschöpfen. Er ist nie „Individuum“, das sich selbst verwirklicht unter anderen Individuen, die sich ebenfalls selbst verwirklichen. Immer bleiben sie eingebunden in die Welt der „Organismen“, im Kommen und Vergehen, männlich und weiblich, in der bunten Vielfalt des Lebens. Wir leben in einer Welt, die wie ein Leib ist mit Haupt und Gliedern, alle verschieden, von unterschiedlicher Bedeutung und Funktion. Niemals können sie für sich sein. Keines kann ohne das andere leben. So hat Gott auch den Menschen geschaffen und ihm den Auftrag gegeben, als Mann und Frau sich zu mehren und die Welt in Gottes Auftrag zu regieren (1. Mose 1, 27.28). Die Würde der Frau besteht im Ureigensten, was kein Mann kann, nämlich Kinder zur Welt zu bringen. Was sind sie das für Feministinnen, die ihr das Ureigenste madig machen, um sie dem Mann „gleich zu stellen“?

Der Mensch ist Kreatur. Jede Kreatur lebt vom Opfer der andren und muss selbst Opfer anderer sein. In unserer gefallenen Welt nicht mehr im freien Empfangen und Schenken der Liebe, sondern im großen Fressen und Gefressenwerden Auch wir leben vom Opfer anderer Geschöpfe und sind selbst zum Opfer gefordert. Im Dienst an der Gemeinschaft geschieht das freiwillig und in der Liebe. Der sich selbst verwirklichende Individualist aber entpuppt sich heute als Fremdkörper im Reich des Lebendigen und als dessen Zerstörer. Christen wissen um ihre Kreatürlichkeit. Sie wissen um die Not der gefallenen Welt. Und sie wissen um ihre Erlösung und das Sehnen der Schöpfung nach der Freiheit der Kinder Gottes (Röm 8, 18-22). Gott der Vater ist der Schöpfer, dessen Güte sie erfahren und dem sie danken. Sie lernen in der Gemeinde Jesu Christi neu, als Glied in einem Leib zu leben. Nicht Neid und Konkurrenz, sondern gegenseitige Hilfe prägt das gemeinsame Leben. Dem im eigenen Leben gerecht zu werden, versteht die Bibel unter Gerechtigkeit – nicht die Ansprüche des Einzelnen an die anderen und das Recht auf ein angenehmes Leben. Deshalb müssen nicht alle gleich sein, aber alle ergänzen einander und sind gemeinsam in der Liebe ein Leib: die neue Menschheit, der Anfang einer neuen Schöpfung. Sie leben in Christus, vom größten Opfer, das in der Welt auf Golgatha für alle geschah, und deshalb sind auch sie berufen, in der Liebe sich selbst zum Opfer hinzugeben als ihren „vernünftigen Gottesdienst“(Röm 12, 1).

Der Apostel kündigt die „Aufklärung“ an im Römerbief,: „Die Nacht ist vergangen, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts. Lasst uns ehrbar leben wie am Tage, nicht in Fressen und Saufen, in Unzucht und Ausschweifung, nicht in Hader und Eifersucht, sondern zieht an den Herrn Jesus Christus und sorgt für den Leib nicht so, dass ihr den Begierden verfallt (Röm 13,12-14).

Christen leben dem kommenden Tag entgegen. Der Tag ist schon da, wo Christus unser Herr geworden ist. Wir flüchten nicht aus der Welt. Wir bauen kein weltliches Reich. Wir brauchen keine „politische Theologie“. Wir selbst sind durch unser Sein, unser Handeln und unser Bekenntnis schon das größte Politikum in unserer Zeit. Wir müssen nur sein, wozu wir berufen sind. Dann sind wir Salz der Erde und Licht der Welt. Auch im Jahr 2009 in der Bundesrepublik Deutschland in Europa und überall, wo heute falsche Lichter die Augen blenden und die „geniale Lüge“ (Paul Schütz) die Zukunft zerstört. Wo das Licht „Christus“ scheint, weicht das Dunkel. Es öffnen sich – auch unter verhangenem Himmel – Wege in die Zukunft und zum verheißenen Ziel: „denn die Nacht ist vergangen, der Tag aber nahe herbeigekommen“.

Vom Verfasser zum selben Thema das Buch: „Sieh hin und du weiĂźt – ein theologisches Gespräch mit Hans Jonas“. Calwer Verlag Stuttgart, 96 Seiten, 2009, 9,95€.

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 7. Oktober 2009 um 11:27 und abgelegt unter Demographie, Ehe u. Familie, Gesellschaft / Politik.