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Ein Gott gegen 3.000 Götter (Apg 17,16ff)

Samstag 14. Oktober 2023 von Pfr. Dr. Theo Lehmann


Pfr. Dr. Theo Lehmann

Ein deutscher Bischof fliegt zum ersten Mal nach Amerika. Vor dem Abflug warnen ihn seine Freunde vor den amerikanischen Journalisten: »Pass auf, die sind wie Schmeißfliegen, die stürzen sich auf dich, quetschen dich aus und drehen dir das Wort im Munde rum. Am besten, du spielst den Naiven und sagst möglichst wenig.« Als der Bischof auf dem Flughafen ankommt, stürzen sich die Journalisten auf ihn mit 1.000 Fragen. Z. B. fragt ihn einer: »Herr Bischof, werden Sie hier auch ein Nachtlokal besuchen?« In diesem Moment fällt ihm die Warnung seiner Freunde ein. Er setzt also sein harmlosestes Gesicht auf und fragt ganz unschuldig zurück: »Gibt es denn hier Nachtlokale?« Daraufhin steht in der Abendausgabe der Zeitung als Überschrift: »Erste Frage des deutschen Bischofs beim Betreten des Flughafens: Gibt es hier Nachtlokale?«

Der Bischof hatte die Frage tatsächlich so gestellt. Aber aus dem Zusammenhang gerissen ergab das in der Zeitung natürlich ein ganz falsches Bild. So was kann auch passieren, wenn man einzelne Bibelworte aus dem Zusammenhang reißt. Z. B: Ich möchte predigen über den Satz »Keinem von uns ist Gott fern.« Das ist ein kurzer Satz aus einer langen Predigt des Apostels Paulus. Der Satz steht in der Bibel, Apostelgeschichte 17,27. Der Satz ist goldrichtig, aber so aus dem Zusammenhang genommen kann man den auch ganz falsch verstehen. Für sich genommen ist das ja eine ziemlich schwammige Aussage. Um das zu unterschreiben, muss man nicht unbedingt Christ sein. Das kann jeder einigermaßen religiös eingestellte Mensch unterschreiben, jeder Pantheist, Esoteriker und jeder, der ein bisschen auf Spiritualität steht. Ich kann dieses Wort gar nicht richtig aussprechen, da ist irgendwie meine Klappe zu klein, das muss am Ende so richtig breit sein: Spiritualitäääät. Wisst ihr überhaupt, was das auf deutsch heißt? Das heißt schlicht und einfach Frömmigkeit. Wenn du sagst: »Ich bin ein frommer Mensch«, da feixen alle und du bist der Depp der Nation. Aber wenn du sagst: »Ich halte viel von Spiritualitääät«, dann sind sie alle von dir begeistert. »Keinem von uns ist Gott fern« – das unterschreiben sie alle, so nach dem Motto: Gott ist überall; er steckt im Atomkern und im Apfelkern, also in der Natur, und im Kern des Menschen, also in meiner Seele, Gott ist in allen Dingen.

Aber so allgemein redet Paulus nicht von Gott. Sondern wenn der von Gott redet, dann redet er von einer Person, von Gottes Sohn, dann redet er von Jesus – das ist sein Thema! Jesus – das ist der springende Punkt am christlichen Glauben. Das ist der Punkt, an dem Gott den Menschen nahe gekommen ist. In Jesus hat Gott seine Liebe auf den Punkt gebracht. In Jesus ist Gott Mensch geworden. Und seitdem muss jeder, der von Gott redet, von Jesus reden, sonst redet er am Thema vorbei. Deswegen reden z. B. die Moslems am Thema Gott vorbei, weil das, was für uns Christen das Größte ist, für sie die größte Gotteslästerung ist. Sie sagen, dass Gott keinen Sohn hat, Jesus nicht der Sohn Gottes ist. Nun steht aber in der Bibel: »Wenn jemand behauptet, Jesus sei gar nicht Christus, der von Gott gesandte Retter, muss der nicht ein Lügner sein? Wer den Vater und den Sohn ablehnt, ist ohne jeden Zweifel ein Feind Christi, ja der Antichrist« (1. Johannes 2,22). Nach diesen Worten der Bibel ist der Islam also eine antichristliche Religion.

Kunstgenuss zum Ãœberdruss

Zurück zu unserem Bibelwort! »Keinem von uns ist Gott fern.« Darüber will ich jetzt reden, und damit das nicht daneben geht, muss ich euch über den Zusammenhang informieren. Der Satz wurde also gesagt vom Apostel Paulus. Das ist der Mann, der das damalige Christentum nach Europa gebracht hat. Und als er im Zentrum Europas, in Athen, in der Hauptstadt Griechenlands, gepredigt hat, da hat er diesen Satz gesagt.

Jetzt muss ich euch zunächst ein bisschen die Situation im damaligen Athen schildern. Während unsere Vorfahren, die ollen Germanen, noch in Miniröcken aus Bärenfell Heidelbeeren sammelten und noch gar nicht auf der Bühne der Geschichte aufgetreten waren, hatten die ollen Griechen schon eine glanzvolle Geschichte hinter sich. Es hat wohl selten einen Platz auf dieser Welt gegeben, wo es von Genies und Spitzenreitern nur so wimmelte wie in Athen. Mit dieser Stadt waren im Lauf der Zeit viele Namen großer Dichter und Denker verbunden, und ihr habt sicher alle schon mal solche Namen gehört wie Homer, Sokrates, Plato, Aristoteles. Und wenn ihr eine Tageszeitung aufschlagt, dann könnt ihr sehen, dass die wichtigsten Begriffe unseres modernen Lebens von A bis Z, von Atom bis Zoologie, aus der griechischen Sprache stammen: Demokratie, Philosophie, Musik, Mathematik, Politik usw. Aber die Griechen waren nicht nur Asse auf dem Gebiet des Geistes, sondern auch auf anderen Gebieten. Die haben die Olympiade erfunden und die klassische Kunst. In Athen steht der berühmte Parthenontempel mit seinen 98 Marmorsäulen. Im Vergleich zu diesem Bauwerk wirkt diese Kirche hier wie eine bescheidene Gartenlaube. In Athen ist jeder Balkon und jeder Türgriff ein Kunstwerk, und in dieses Eldorado der Schönheit, der Künstler, Dichter, Denker und Geisteshelden will nun Paulus seine Botschaft bringen.

Zunächst unternimmt er einen Spaziergang durch die Stadt. Je länger er das tut, umso mehr kommt er in Wut. Und zwar ärgert er sich über die vielen Götterstandbilder. Dort, wo bei uns eine Litfasssäule steht, stand bei denen ein Götterstandbild. Wo man auch hinspuckte, traf man so eine olympische Figur mit göttlich geschwungenen Waden und fein poliertem Hintern aus weißem Marmor, dutzendweise an jeder Ecke, wie bei uns im Museum. Den Paulus machte das je länger je mehr nervös. Nicht, weil die alle oben und unten ohne waren, das war ja Kunst, da durfte man ja nichts dagegen sagen und Paule war ja kein primitiver Banause. Nein, der konnte einfach nicht fassen, wie gebildete Menschen so primitiv sein konnten. Wie die als kluge, tüchtige Menschen an Götter glauben können, die sie sich im eigenen Kopf ausgedacht und mit eigenen Händen gemacht haben.

Ich lob mein Horrorskop

Solche Primitivlinge gibt’s ja heute auch, z. B. die, die sich an ihren preisgünstig gekauften Zweitwagen ein vierblättriges Kleeblatt kleben in der Meinung, das würde vor Schaden schützen. Oder, wenn die einer höheren Gehaltsstufe angehören, an ihren Mercedes ein versilbertes Hufeisen schrauben, da muss ja bei denen eine Schraube locker sein. Auch 200 PS unter der Motorhaube können eine gewisse Leere unter der Mütze nicht ersetzen. Jedenfalls sollte der Hubraum des Autos den des Gehirns nie übersteigen.

Es ist ja unfasslich, was sich gebildete, aufgeklärte Menschen des 21. Jahrhunderts, die in Kultur und Fernsehen eine Rolle spielen, an abergläubischen Vorstellungen leisten. Das weiß ich auch, dass es Unglück bringt, wenn einem eine schwarze Katze über den Weg läuft. Aber ob das Unglück bringt, hängt doch davon ab, ob ich ein Mensch oder eine Maus bin. Und das Tragische ist doch, dass sich viele Menschen so eine Mäusegesinnung zugelegt haben – Angst vor ‘ner Katze, Angst vor der 13.

Ich bin neulich mit der Deutschen Lufthansa geflogen, hatte einen Platz in Reihe 14. Ich geh also rein und zähle die Reihen: 9,10,11,12,14. Hoppla, denke ich, hat hier was gefehlt, also noch mal: 9,10,11,12,14. Tatsächlich, Reihe 13 fehlt, das heißt, die nennen hier die Reihe 13 Reihe 14. Ich hab aber noch nie gehört, dass bei einem Unglück bloß die Reihe 13 rausfliegt, sondern wenn was passiert, dann kracht die ganze Kiste ins Meer. Aber Aberglaube ist eben unlogisch. Das sieht man schon daran, dass die gleichen Leute, die sich vor der 13 fürchten, beim 13. Monatsgehalt nicht so pingelig sind.

Inzwischen, so habe ich gehört, hat der Aberglaube sogar aufs Tierreich übergegriffen. Neulich ist eine Kuh gestorben, die ist aus Aberglauben verhungert. Die wollte bloß noch vierblättrigen Klee fressen. Blöde Kuh. Ich hab das jetzt bisschen auf die Schippe genommen, dabei handelt es sich bei Aberglauben und Okkultismus um ein sehr ernstes Thema. Wenn du damit zu tun bekommst, bekommst du es mit dem Teufel zu tun, und es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob du dich mit so was aus Spaß oder im Ernst befasst. Heute ist ja Pendeln eine Pausenbeschäftigung in der Schule und Gläserrücken Partyspaß.

Das Dumme ist nur, dass der Teufel überhaupt keinen Spaß versteht und so was todernst nimmt. Ich will es dir mal an einem Beispiel erklären. Stell dir vor, ein Grenzsoldat steht auf Wache. Aus Langeweile geht er mal rüber in das Nachbargebiet und wird dort erwischt. Wenn er dann sagt: »Ich bin bloß aus Spaß hier, wollte bloß mal gucken, wie weit bei euch die Schneeglöckchen schon raus sind«, dann nützt das dem gar nichts. Wenn er sich auf den Boden eines fremden Landes begeben hat, untersteht er automatisch der Gerichtsbarkeit dieses Landes. Und wenn du als Kind Gottes dich auf dem Gebiet des Aberglaubens und Okkultismus rumtreibst, kommst du damit automatisch unter die Gewalt des Teufels. Es gibt einen einzigen, der dich aus so einer Gefangenschaft befreien kann, das ist Jesus. Von dem sagt die Bibel, dass er gekommen ist, »die Werke des Teufels zu zerstören.« Wenn du also mit so was zu tun gehabt hast, im Spaß oder im Ernst, dann rate ich dir: Dann geh heute noch zu einem Seelsorger, der dich im Namen von Jesus freisprechen kann.

Massenweise Götterspeise

Der Paulus ist entsetzt über den Geisteszustand der Athener. Das sind kluge Leute, die wissen sagenhaft viel. Manche denken vielleicht sogar, dass sie alles wissen. Nur einer von denen hat gesagt: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Das war der Sokrates, der weiseste von allen. Denn einer, der weiß, dass er nichts weiß, weiß immerhin mehr als einer, der nicht weiß, dass er nichts weiß. Jedenfalls, die Athener waren von der superschlauen Sorte, aber gerade das Eine, worauf es ankommt, das Wichtigste, das wissen die nicht. Die kennen den lebendigen Gott nicht, sondern beten zu versteinerten Marmorgötzen. Sie wissen nicht, dass Jesus von den Toten auferstanden ist und beten tote Materie an. Das nervt den Paulus. Und was ihn am meisten auf die Palme bringt, ist Folgendes: Bei seinem Spaziergang stößt er auf einen Sockel, auf dem kein Götterstandbild steht. Der Sockel ist obenrum total leer, absolut oben ohne, steht gar keiner drauf, aber es steht eine Inschrift dran, nämlich: »Dem unbekannten Gott.« Da haut’s bei Paulus die Sicherung durch.

Diese gebildeten Griechen hatten die Götter massenweise, die hatten allein in ihrem Stadtstaat Athen 3.000 Götter! Das ist allerdings noch gar nichts gegen die Hindus, die haben über 300 Millionen Götter! Als ich das mal in einem Vortrag erwähnte, stand ein Mann auf und ging raus. Ich sah noch, dass die Mitarbeiter an der Türe mit ihm redeten, und da hab ich die hinterher gefragt, warum der abgehauen war. Der hatte gesagt, dass er bis dahin noch ganz gut zuhören konnte, aber als ich mit meinen Übertreibungen angefangen hätte, hätte es ihm gereicht. Was heißt hier Übertreibung? Dass die Hindus über 300 Millionen Götter haben, das kannst du in jedem religionswissenschaftlichen Lehrbuch nachlesen. Der ganze Wahnsinn dieser heidnischen Religion wird schon allein an dieser Zahl deutlich!

Übrigens, als vor paar Jahren der erste Hindutempel in Deutschland (in Westfalen) eingeweiht wurde, war der für 200 Götter gebaut. 200, das ist ja für den Anfang auch schon ganz schön. In Athen hatten sie jedenfalls für jede Gelegenheit einen speziellen Gott. Es gab einen für den Krieg, einen für die Liebe, sogar einen für die Diebe. Im Ernst, die hatten einen Gott für die Diebe, und praktischerweise war der gleichzeitig der Gott der Kaufleute und Zöllner. Wenn man heute durch unsere Städte geht und manche Preise sieht, hat man den Eindruck, dass dieses Götterkombinat immer noch in Tätigkeit ist.

Da oben fehlt’s wohl?

In Athen hatten sie also aus lauter Angst, sie könnten bei den Göttermassen einen übersehen haben, ein Postament in der Stadt aufgestellt für diesen unbekannten Gott, sozusagen für alle Fälle, man kann ja nie wissen, vielleicht gibt’s doch noch einen. Tatsächlich, es gibt noch einen. Was heißt hier »noch.« Es gibt überhaupt nur einen, nur einen wahren Gott, und das ist der Gott der Bibel. Das ist nicht derselbe wie der Allah des Koran, wie der Krishna der Hindus oder der Manitu der Indianer, der Buddha der Buddhisten, nicht einer von den 3.000 breitärschigen, vollbusigen, vielarmigen Gestalten aus Holz, Marmor, Gold und Silber. Sondern das ist der unsichtbare, ewige Gott, der sich als Mensch zu erkennen gegeben hat, der Verachtete, Angespuckte, Gekreuzigte und Auferstandene. Paulus kennt den. Aber die Athener kennen den nicht.

Und deshalb tun ihm die Athener leid. So wie mir jeder von euch leid tut, wenn ihr Atheisten seid. Was nützt euch denn eure ganze Bildung, euer ganzes Können, wenn ihr Gott nicht kennt? Was nützen euch alle eure Erkenntnisse, wenn euch die höchste Erkenntnis fehlt, die Gotteserkenntnis? Bildung und Wissenschaft in allen Ehren. Ich bin selber, bilde ich mir jedenfalls ein, ein sogenannter Gebildeter, ich bin auch mit Leib und Seele Wissenschaftler. Aber das alles ist für mein Leben nicht das Entscheidende. Sondern entscheidend ist, dass ich wissen kann: Gott liebt mich, trotz meiner Fehler und Schwächen. Gott führt mich, durch alle Probleme und Dunkelheiten meines Lebens. Das Entscheidende in meinem Leben ist doch nicht, dass ich mal eine gelehrte Doktorarbeit geschrieben habe, sondern dass Gott meinen Namen ins Buch des Lebens eingeschrieben hat mit dem Blut seines Sohnes, denn »das Blut von Jesus Christus macht uns rein von aller Sünde.« Das Entscheidende ist, dass ich erfahren habe: Gott gibt mir das, was mir keine Bildung, keine Wissenschaft, keine Philosophie geben kann: Vergebung meiner Schuld, ewiges Leben, Frieden. Alles Wissen der Welt ist nichts gegen das Wissen: Gott ist da. Gott ist für mich da. Gott sorgt für mich. Das will Paulus den Athenern sagen. Die brauchten keine neuen Lebensweisheiten, die brauchten Lebenshilfe. Europa brauchte nicht noch einen neuen philosophischen Entwurf, sondern Gottes Liebe.

Herr Körner und die Stasi

Paulus geht auf den Marktplatz. Dort wimmelte es von Professoren und Studenten, die zwischen Marktweibern und Melonenverkäufern, Knoblauchzehen und Sellerie herumwandelten und dabei ihre tiefsinnigen Gespräche führten. Ist ja nicht schlecht, wenn die Philosophie so einen engen Kontakt zur Marktwirtschaft hat. Paulus sieht nicht nur, was die da auf dem Markt alles anbieten, sondern jetzt macht er auf dem Markt der Möglichkeiten ein Angebot: Er bietet die einzige Möglichkeit an, wie man zu Gott kommen kann. Er fängt an, mit den Athenern zu diskutieren, aber die machen sich bloß über ihn lustig. Sie bezeichnen ihn als Schwätzer, Saatkrähe, kleinen Spatz. Ihr wisst doch, die Spatzen, die Schmutzfinken, die holen sich aus den Pferdeäpfeln die Körner raus. »So einer bist du,« sagen sie zum Paulus. »Rennst hier rum und versuchst, ein paar Weisheitskörner aufzuschnappen.« Andere sagen: »Der jüdische Zwerg will uns wohl neue Götter verkündigen?« So was war in Athen lebensgefährlich, Sokrates wurde wegen dieses Vorwurfs getötet. Die Sache wird also allmählich brenzlich, dringt vom Marktplatz zum Rathaus, Paulus wird verhaftet. Das heißt, »verhaftet« ist zu stark ausgedrückt. Die Athener sind höfliche Menschen, sie verhaften nicht gleich, sondern sie schicken eine Vorladung zwecks Klärung eines Sachverhalts.

Vers 19: »Können wir erfahren, was das für eine neue Lehre ist, die du lehrst? Denn du bringst etwas Neues vor unsere Ohren, so wollen wir gerne wissen, was das ist.« Paulus muss auf dem Areopag erscheinen. Den Areopag darfst du nicht verwechseln mit dem Hyde-Park. Im Londoner Hyde-Park gibt es eine Ecke, da darf jeder reden, was er will. Der Areopag war damals so eine Art Ministerium, das darüber zu befinden hatte, welche Religion und Philosophie im Staat zulässig war und welche nicht. So eine Art oberste Zensurbehörde, die entscheidet, was im Land gedacht, geredet, gelehrt und geglaubt werden darf, so eine Art Stasi der Antike.

Der Frust der aufgeblasenen Nasen

Paulus hat sich wegen seiner Predigten offiziell zu verantworten. Er fängt seine Rede an, indem er den Athenern erst mal ein Kompliment macht, Vers 22: »Ihr Männer von Athen«, sagt er, »ich habe sehr wohl bemerkt, dass ihr die Götter hoch verehrt.« Die Athener reiben sich geschmeichelt die Bäuche. Das hört man gern, wenn einem gesagt wird, dass man ein frommer Mensch ist. Aber gleich im nächsten Satz geht Paulus zum Angriff über, Vers 23: »Ich bin herumspaziert und habe eure Heiligtümer besichtigt, und da fand ich einen Altar, da stand drauf geschrieben ›dem unbekannten Gott‹«. So weit, so gut. Aber jetzt packt Paulus den Stier bei den Hörnern. Jetzt lässt er die Katze aus dem Sacke und sagt: »Diesen Gott, den ihr unwissend verehrt, den kenn ich. Den will ich euch jetzt bekannt machen.«

Bei dem Wort »unwissend« zucken die Athener zusammen, als ob sie ein Pferd getreten hätte. Das hören diese Herren, die die Bildung gepachtet und das Wissen mit Löffeln gefressen haben, nun gar nicht gerne, wenn ihnen da so ein hergelaufener Straßenprediger Unwissenheit bescheinigt, Unwissenheit über den wahren Gott! Bevor die ihre Schrecksekunde über diesen Vorwurf überwunden und die Kinnlade wieder hochgeklappt haben, fährt Paulus volles Rohr ab und bezeugt von diesem Gott viererlei. Erstens: Gott ist der Schöpfer. Gott ist nicht der erste Anstoß, kein Prinzip, wie manche Philosophen meinen. Die Welt ist kein Machwerk einer göttlichen Produktionsgenossenschaft, wie sich das die Griechen in ihrer Religion dachten. Sie ist kein Zufallsprodukt und keine sich bewegende und entwickelnde ewige Materie, wie sich das die Materialisten denken und wie es uns der Hamburger Spiegel jedes Jahr immer wieder treuherzig versichert. Nein, die Welt ist von Gott geschaffen. »Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.« Das ist der erste Satz der Bibel. Und von dem einen Gott, der alles geschaffen hat, schließt Paulus weiter auf die Einheit des Menschengeschlechts, Vers 26: »Alle Völker der Menschen, die auf dem Erdboden leben, sind von einem Blut.«

Aber da geht den Athenern der Hut hoch. Die Griechen waren äußerst arrogante Snobs. Sich selber hielten sie für Edelrasse, Herrenvolk, und alles, was nicht Grieche war, nannten sie abschätzig »Barbaren.« Also eine ähnlich idiotische Einstellung wie die von den Leuten, die immer nur »deutsch deutsch deutsch« und »Ausländer raus« pläken. Und jetzt kommt da einer daher, außerdem ein Jude, also ein Barbar, und behauptet, alle Menschen wären aus einem Teig, alle hätten das gleiche Blut, alle wären Brüder.

Wenn die Athener damals auf Paulus gehört hätten, wenn Europa diese Botschaft der Bibel angenommen hätte, dann wären Millionen Menschen nicht gestorben und nicht soviel Menschenblut vergossen worden. Und heute ist diese Botschaft aktueller als je. Die Rassenfrage ist zu einer der brennendsten Fragen der Menschheit geworden und macht uns inzwischen in Deutschland auch wieder zu schaffen. Bei uns brennen Asylantenheime, weil Neonazis andere Menschen abfackeln, bloß weil die eine andere Nase, andere Kultur, Religion, Herkunft haben. Das ist ja nicht nur eine politische Katastrophe, sondern vor allem ein Angriff gegen Gottes Schöpfung: »Alle Menschen sind von einem Blut.«

Deshalb ist Neonazismus und Ausländerhass in der Wurzel nur zu bekämpfen, wenn die Menschen, die so eine verquere Ideologie haben, sich bekehren, an Gott glauben und ihm gehorchen. Es wird Zeit für uns alle, Christen und Nichtchristen, Fromme und Faschisten, dass wir endlich der Botschaft der Bibel glauben: »Alle Menschen sind von einem Blut.« Diese Botschaft ist der Weg zum Frieden in der Welt und in deinem persönlichen Leben. Dazu lebst du nämlich, dass du Frieden mit Gott findest.

Endung oder Wendung?

Das ist das Zweite, was Paulus hier sagt, Vers 27: »Gott wollte, dass die Menschen ihn suchen und sich bemühen, ihn zu finden.« Mensch, du bist von Gott geschaffen, um ihn zu suchen! Jeder Mensch, besonders jeder junge, fragt sich doch eines Tages: Wozu bin ich überhaupt da? Bitte, hier steht es schwarz auf weiß: Du sollst Gott suchen. Und er hat ausdrücklich versprochen: »Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, dann will ich mich von euch finden lassen« (Jeremia 29,13f).

Gott spielt mit uns nicht Blindekuh. Der lässt dich nicht im Unklaren, ob’s ihn gibt und wenn ja, wie man ihn finden kann. Gott lässt sich finden! Von jedem! Denn – und jetzt kommt das Bibelwort, von dem ich ausgegangen bin – »keinem von uns ist Gott fern.«

Seit Jesus seinen Fuß auf unsere Erde gesetzt hat, kann keiner mehr sagen: »Ich kann Gott nicht finden. Das ist nur was für religiös begabte Typen. Mir liegt Gott absolut fern.« Ich sage dir: Gott ist dir genauso nahe wie mir. Und wenn du mit ihm nichts anfangen kannst, dann liegt das nicht daran, dass Gott dir fern ist, sondern dass du dich von Gott entfernt hast. Dann komm doch zurück aus deiner Gottesferne! Vom Menschen aus gesehen kann die Gottferne unendlich sein. Von Gott aus gesehen ist die Entfernung aber ganz klein. Seit Jesus seinen Fuß auf diese Erde gesetzt hat, beträgt die Entfernung zwischen Gott und Mensch nur noch einen einzigen Schritt – das ist der Schritt der Bekehrung.

Das ist das Dritte, was Paulus hier von Gott sagt: Gott fordert Bekehrung. Vers 30: »Gott sieht über die Zeit eurer Unwissenheit weg, Schwamm drüber. Aber jetzt fordert er alle Menschen überall auf, sich zu bekehren.« Hast du das gehört? Alle, überall! Also nicht nur damals in Athen, sondern auch heute bei uns. Keiner von uns muss ohne Gott sein. Keiner von uns muss Atheist sein. Jeder von uns kann die Nähe Gottes erfahren. Und wenn du bis heute von Gott überhaupt nichts gewusst hast – macht nichts! Dann fang heute an, oder fang wieder an.

Das naturwissenschaftliche Genie des vorigen Jahrhunderts, Albert Einstein, hat mal gesagt, dass die Menschheit, um zu überleben, ein neues Denken braucht. Alle waren begeistert: Neues Denken, ja, das ist es, fantastisch usw. Dann haben sie noch ein Weilchen kalten Krieg gespielt, hier und da ein paar Hunderttausende umgebracht, und dann kam Gorbatschow mit seinem Buch »Perestroika.« Die Botschaft hieß: Neues Denken. Und wieder waren alle begeistert – Gorbi, der hat’s erkannt, das ist es usw.

Ja liebe Freunde, diese Botschaft vom neuen Denken ist doch nichts Neues. Paulus, der Bote Gottes, hat diese Botschaft schon vor 2.000 Jahren nach Europa gebracht. Er sprach von Bekehrung, Umdenken, das heißt im Griechischen »Sinnesänderung,« also auf Deutsch: Neues Denken. Damals hat er den großen Denkern im Zentrum Europas gesagt: Denken ist gut, umdenken ist besser. Und er hat noch dazu gesagt, wo man das neue Denken herkriegen kann, nämlich von Jesus. Aber den wollten die Athener nicht. Zu dem wollten sie sich nicht bekehren. Und als die Rede auf Jesus kam, haben sie Paulus ausgelacht.

Ewig währt am längsten

Heute ist uns das Lachen vergangen, weil wir sehen, dass die Welt, Gottes gute Schöpfung, zerstört wird, wenn die Menschen nicht umdenken und auf Gott hören. »Ohne Umdenken kein Überleben.« Das steht auf jeder zweiten Seite in jeder x-beliebigen Zeitung. Ohne Bekehrung kein ewiges Leben – das steht alle paar Seiten in der Bibel. In unserem Text, ich hab’s ja schon vorgelesen, sogar als Forderung: »Gott fordert alle Menschen überall auf.« Ich stehe heute nicht vor euch als ein Bittsteller, sondern als ein Bote des ewigen Gottes, der dir eine Forderung, eine Aufforderung, eine Herausforderung zu überbringen hat. Es ist vielleicht die größte Herausforderung, die dir im Leben begegnen kann – ein Gekreuzigter, der vom Tod auferstanden ist, fordert dich auf, dich zu bekehren.

Was heißt Bekehrung? In Texas erzählt man sich folgende Geschichte: Ein Mann ging jeden Abend in die Kneipe sein Bier trinken. Sein Pferd band er immer an einen der Pfähle, die vor der Kneipe standen. Eines Tages kommt der Kneipenbesitzer die Straße runter gelaufen und sieht, dass das Pferd gegenüber an einem Pfahl vor der Kapelle angebunden ist. Und als er fragt »He, Mister, was ist denn mit Ihnen los?«, da sagt der Mann: »Gestern abend bin ich in der Kapelle gewesen und habe mich bekehrt. Seitdem habe ich die Pfähle gewechselt.« Ich frage dich: Bist du bereit, die Pfähle zu wechseln? Was sind denn die Pfähle, an die du dein Leben bindest, woran du dich festhältst? Deine Gesundheit? Du meine Güte – noch nie was von Krankenhaus und Friedhof gehört? Deine Schönheit? Die ist trotz Antiaging auch nicht von Dauer. Selbst die Schönheitskönigin sitzt am Ende mit flachem Hintern und faltigem Hals wie ein Truthahn im Altersheim. Deine Beliebtheit, dein Besitz? Bitte bedenke, dass dir im Alter nicht nur deine Zähne nach und nach rausfallen, sondern auch die Pfähle umfliegen. Woran klammerst du dich fest, wenn die Stürme des Lebens kommen, und vor allem, woran klammerst du dich, wenn deine Todesstunde kommt?

Du siehst hier vorn so ein riesiges Holzkreuz stehen. Ich rate dir, wenn du etwas suchst, woran du dich im Leben und im Sterben halten kannst, dann binde dein Leben hier an diesen Pfahl, diesen Marterpfahl, an dem Jesus gestorben ist. Ich fordere dich auf, die Pfähle zu wechseln, und es gibt für keinen von euch, der ohne Gott weitermacht, einmal eine Entschuldigung. Denn, und das ist das Vierte, was Paulus hier sagt: Gott ist der Richter, Vers 31: »Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er die ganze Menschheit gerecht richten will, und zwar durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat.« Du musst dich ja noch einmal vor Gott verantworten! Das geht hier nicht immer so weiter, dass jeder macht, was er will, und nicht nach Gottes Willen fragt. In Gottes Fahrplan ist der Tag bereits festgesetzt, an dem die Welt ihre letzte Runde dreht. Dann kommt das letzte Gericht, und der Richter ist Jesus. Denn Jesus ist ja nicht tot, sondern er lebt, er ist auferstanden von den Toten und wird uns alle vom Tod auferwecken und im Jüngsten Gericht entscheiden, wo wir hinkommen – die einen zum ewigen Leben, die andern zur ewigen Verdammnis.

Heute gibt es Leute, die denken, sie könnten sich dem Gericht entziehen, indem sie ihre sterblichen Überreste zerstäuben und ins Weltall pusten lassen. So hat es John Lennon gemacht, der großmäulig behauptet hat, dass die Beatles bekannter sind als Jesus. So hat es Timothy Leary gemacht, der sich als »Inkarnation von Jesus Christus« feiern ließ, ein Teufel in Menschengestalt, der durch seine Drogenpropaganda unbeschreibliches Elend über die Jugend unserer Welt gebracht hat. Aber sie irren sich alle, die denken, sie könnten sich durch ihre Verpustung vor dem Gericht drücken. Und auch du brauchst nicht zu denken, du könntest dich anderthalb Meter unter der Erde in deine Koje verkriechen. Am jüngsten Tag wird dich die Posaune des Jüngsten Gerichts aus deinem Grab rauspusten, da heißt es dann: Keine Verwesung vorgeschützt, sondern antreten zum Appell. Gott braucht zu deiner Auferstehung nicht dein vollständiges Gerippe. Du bist in seinem Gedächtnis gespeichert, und das genügt für die Auferstehung.

In dem Augenblick, als Paulus die Auferstehung erwähnt, da reicht es den Athenern. Die einen spotten höhnisch. Die andern sagen höflich: »Sie können uns, sehr verehrter Herr Paulus, andermal mehr davon erzählen,« und einige bekehren sich. Ich vermute, hier in dieser Kirche sind heute genau die gleichen drei Gruppen. Einige feixen und spotten, äußerlich oder innerlich, wenn ich von der Auferstehung rede. Für euch steht ein Extrawort in der Bibel, das heißt: »Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten.« Einige von euch winken lächelnd ab und sagen: »Immer Theos Bekehrungsplatte, was soll’s. Vielleicht später mal, heute jedenfalls nicht.« Das sind die Typen, die hinterher zu mir kommen und sagen: »Ist ja hochinteressant, was man von euch in der Kirche zu hören bekommt.« Und dann kommt die typische Intellektuellenmasche: »Vielleicht können wir morgen noch mal drüber reden.« Ja, was heißt morgen? Morgen kann eine Täuschung sein; morgen wachst du vielleicht in der Hölle auf. Die Uhr, die du an deinem Handgelenk trägst, die sagt »heute.« Und der Puls, der in deinem Handgelenk schlägt, der sagt »heute.« Und das Spezialwort der Bibel für alle, die ihre Bekehrung verschieben, heißt: »Heute, wenn ihr Gottes Stimme hört, verschließt euer Herz nicht.«

Und einige von euch werden den entscheidenden Schritt tun und zu Jesus kommen. Für euch steht auch ein Extra-Wort in der Bibel, da sagt Jesus: »Wer zu mir kommt, den schicke ich nicht wieder fort.« Zu welcher Gruppe du gehörst, das entscheidest jetzt du ganz allein. Jedem ist Gott jetzt gleich nah. Jeder hat jetzt die gleiche Chance. Denn, so steht hier in Vers 31: »Gott hat jedem den Glauben angeboten.« Das heißt also: Glauben können kann jeder. Die Frage ist jetzt, ob du willst.

Pfr. Dr. Theo Lehmann


Quelle: Theo Lehmann, Gott will alle – Sieben Evangelistische Predigten, Broschüre des Gemeindehilfsbundes, 3. Auflage, Walsrode 2023.

Die Broschüre kann für 2,00 Euro zzgl. Versandkosten in der Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes bestellt werden.

Diese Predigt wurde mit sechs weiteren Predigten von Theo Lehmann zur Ausstrahlung auf Bibel TV aufgezeichnet und kann hier als Video-Predigt angesehen werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 14. Oktober 2023 um 12:19 und abgelegt unter Predigten / Andachten.