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Gott mehr gehorchen als Menschen. Ansprache über Apg 4,5-22   

Donnerstag 21. September 2023 von Pfr. Dr. Tobias Eißler


Pfr. Dr. Tobias Eißler

Liebe Brüder und Schwestern, „er sprang umher und lobte Gott“, heißt es von dem Gelähmten, den Petrus am Tempeltor auf die Beine stellte. So hätte ich es wahrscheinlich auch gemacht nach 40 Jahren im Rollstuhl. Welch eine Überraschung! Der Mann rennt durch die heilige Zone, er hüpft wie ein Kind auf dem Trampolin, er jauchzt ununterbrochen: „Gott sei Dank“, „Gelobt sei Jesus“. Der Gelähmte vom Schönen Tor feiert wie die 13.000 jungen Besucher beim Christival. Weil er kein Gelähmter mehr ist.

Zwei Tempelbesucher waren stehengeblieben. Sie warfen ihm keinen Euro in die Mütze. Sondern sie warfen ihm einen Namen zu. „Im Namen Jesu Christi von Nazareth, steh auf und geh umher.“ Er spürte Kraft in der Beinmuskulatur. Er stand auf, so wie jeder andere Mensch auch. Stehen, gehen, springen, hüpfen – auf einmal ging das alles! Himmel, was ist das für ein Name? Aber hallo, wie herrlich ist Jesus Christus von Nazareth!

Das ist der Name, in dem wir versammelt sind beim Christustag. Wir halten ihn hoch. Wir ehren ihn über alles. Gleichwohl ist es uns heute vielleicht nicht nach Jubilieren und Tirilieren zumute. Von einer Jauchzet-Frohlocket-Stimmung sind wir möglicherweise weit entfernt. Obwohl wir gerade Urlaub von Corona haben. Wie haben Sie die letzten zwei Jahre erlebt? Für mich waren sie ein Alptraum. Dann hätte ich doch jetzt um so mehr Grund, herumzuhüpfen und meine Freude an den Himmel zu werfen, oder nicht? Richtig. Ich meine, dass wir gar nicht genug danken können für die Erleichterungen seit dem März. Allerdings weiß ich allzu gut, was neuerdings auf der Seele lastet. Krieg vor der Haustür! Sorge um die Öl- und Energieversorgung! Inflation in Rekordhöhe! Neue Coronamaßnahmenpläne für den Herbst!

Der Freudentänzer im Tempel, der den Namen Jesus glänzen lässt, soll mich daran erinnern, wer größer ist als alle Wirren dieser Welt. Der Lobsänger für Jesus motiviert mich, wieder mit Johann Franck zu singen: „Unter deinem Schirmen bin ich vor den Stürmen aller Feinde frei. Lass den Satan wettern, lass die Welt erzittern, mir steht Jesus bei. Ob es jetzt gleich kracht und blitzt, ob gleich Sünd und Hölle schrecken, Jesus will mich decken.“  Der Name Jesus: unsere Zuflucht, unser Trost, unser Leben, unsere Liebe, unsere Leidenschaft. Der Halleluja-Bettler, Petrus und Johannes bestärken uns darin, von ganzem Herzen auf den Namen Jesus zu setzen. Warum eigentlich?

  1. Grund: Jesus macht froh.

Dass der Geheilte mit dem schimmernden Gold des Tempels um die Wette strahlt, ist nicht weiter verwunderlich. Wenn ich 40 Jahre Staub lang Staub geschluckt hätte auf tauben Beinen an der Tempeltreppe und von einem Moment auf den andern aufspringen könnte wie im Fitnesstraining, würde ich auch ins Jodeln verfallen. Aber sind diese leuchtenden Wunder der Bibel nicht furchtbar weit weg von unserem grauen Alltag? Bei uns springen nicht alle gesund daher, sondern da und dort sinkt wieder einer aufs Krankenbett. Unsere Welt macht nicht den Eindruck einer Altweibermühle, die schmerzgebeugte Großmütter in junge Schönheiten verwandelt. Sie sieht eher nach einem Kriegslazarett aus, in das ständig neue Abgeschossene eingeliefert werden.

Die Nachricht von dem Jesusnamen trifft auf eine Welt voller Krankheit und Schmerzen. Jesus, der Barmherzige, schafft jetzt noch nicht die Kränklichkeit und die Sterblichkeit ab. Aber er setzt Zeichen gegen alles Lebenszerstörende und Todtraurige. Der gelähmte Mann, der fit wie ein Turnschuh daherkommt, ist solch ein Zeichen. Zwischen hundert anderen kranken Bettlern.

Manchmal begegnen wir auf unserem Lebensweg einem außergewöhnlichen Lebenszeichen des Auferstandenen. Eine Verwandte von mir hat seltsamerweise nur eine Niere. Von der Hausärztin bekam sie eine böse Diagnose mitgeteilt. Das lebenswichtige Organ war bedroht. Ich bin mir nicht mehr sicher: Sie war es wohl, die auf die Idee kam, ich solle zwei Stunden hinfahren und für sie beten. Ich sagte ihr, dass ich wahrscheinlich keine Hilfe sei. Trotzdem fuhr ich mit einem guten Freund hin. Es fand nicht mehr als eine schlichte Gebetszeit mit der Familie statt. Als die Verwandte ins Krankenhaus kam, stellten die Ärzte eine gesunde Niere fest. Ein Fehlalarm? Die Hausärztin versicherte nochmal, sie hätte den Krebs genau gesehen. Im Krankenhaus aber war alles heil. Unser Fazit zur Ehre des Namens Jesus: Er hat gehört. Er hat alles wohlgemacht.

Könnte es sein, liebe Mitchristen, dass wir Jakobus 5 zu wenig trauen? „Wenn jemand krank ist, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde. Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten.“ Aufrichten: dasselbe Wort wie in Apg 3, als Petrus den Gelähmten aufrichtet. Der Herr kann Leidgeprüfte aufrichten, auch wenn die Krankheit sie weiterhin beugt. Der Herr kann Mitchristen, die nach langer Leidenszeit von uns gehen, aufrichten im Schoß Abrahams, im wunderbaren Warteraum der Erlösten. In dem Wort „aufrichten“ steckt altgriechisch auch: „auferstehen“. Es geht um mehr als um Gesundheit und Wohlbefinden, wo wir in den Spuren der Apostel den Namen Jesus groß machen. Es geht um alles, macht Petrus klar, als er beim Verhör sagt: „In keinem andern ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ Rettung bringt der eine Name, Rettung aus Gottesferne und Gottverlorenheit.

Das hat ein Flüchtling aus Afghanistan verstanden, der seit Jahren in einem schmuddeligen Wohncontainer an unserem Ort wohnt. Sieben Jahre war er als Soldat im Krieg. Von amerikanischen Soldaten hörte er etwas von Jesus. In seinem Wohncontainer wurde er fast verrückt vom langen Warten ohne Arbeitserlaubnis. Er war am Verzweifeln. Er suchte die Auferstehungskirche in Ruit auf. Er setzte sich in den leeren Kirchenraum. Da habe ich Gott erlebt, sagt er. Im leeren Kirchenraum! Ruhe, Frieden, Trost. Er kam zum Glaubenskurs. Er ließ sich taufen. Wenn du den Namen Jesus erwähnst, geht ein Lächeln über sein Gesicht. Woher unsere Leidenschaft für den Namen Jesus? Jesus macht froh.

  1. Grund: Jesus macht frei.

Die Sensation mit dem herumspringenden Gelähmten führt zu einem Volksauflauf. „Woher dieses Wunder?“, fragt sich jedermann. Petrus und Johannes weisen mit dem langen Zeigefinger von sich weg zu Jesus hin. Nicht sie haben das zustande gebracht, nicht ihre Kraft, nicht ihre Frömmigkeit. Nein, der Name des Nazareners ist das Geheimnis. „Durch den Glauben an seinen Namen hat sein Name diesen, den ihr seht und kennt, stark gemacht.“ Jesus war’s, kürzlich vom Volk Israel umgebracht, doch von Gott zurück ins Leben gebracht. Das Zeugnis von der Auferstehung mitten im Tempel ist für die sadduzäischen Priester, die nicht an Auferstehung glauben, der maximale Skandal. Sie lassen die beiden Schwätzer von der neuen Jesus-Sekte erst einmal wegsperren. Am nächsten Morgen tritt der Hohe Rat zusammen, so etwas wie Kabinett und Bundesverfassungsgericht für Israel. Die grauen Bärte versammeln sich. Die Mächtigsten sitzen bedrohlich im Halbkreis. Hannas, Kaiphas – genau dieselben Namen, die den Prediger aus Nazareth zur Strecke gebracht haben. Nur dass Petrus beim kurzen Prozess für Jesus draußen im Hof stand, zitternd vor Kälte und Angst; zu feige, um zuzugeben, dass er etwas mit jenem Rabbi zu tun hatte. Jetzt steht Petrus im Sitzungssaal an der Westmauer, genau in der Schusslinie der Spitzentheologen. Weil er sich von jenem umstrittenen Namen eben nicht mehr distanziert. „Aus welcher Kraft oder in welchem Namen habt ihr das getan?“ – das Verhör ist eröffnet. Petrus antwortet. Und zwar erfüllt vom Heiligen Geist. Der Berichterstatter hält es für angebracht, genau an dieser Stelle die Kraft aus der Höhe zu erwähnen. Jesus hat sie seinen Nachfolgern angekündigt, insbesondere für die Situation, in der die Kritiker und die Richter genau nachfragen: „Sorgt nicht, was ihr reden sollt. Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet.“ Petrus und Johannes haben einen unsichtbaren Beistand bei sich. Er gibt ihnen Rückgrat. Er macht Mut, offen zu sagen, was Sache ist. „Freimut“ übersetzt die Lutherbibel das Wort, das ursprünglich das Rederecht des Bürgers in der Volksversammlung meint. Eine innere Freiheit um Reden beflügelt Petrus.

„Ihr Oberen des Volkes und ihr Ältesten!“ Hochverehrte Führungskräfte! Dass sie ein Verhör veranstalten wegen einer Wohltat und Wundertat an einem langjährigen Leidensmann, hält Petrus zunächst einmal fest. Anstatt in den Jubel einzustimmen, werfen sie ins Gefängnis und ziehen eine juristische Verfolgung auf. Wie unlogisch! Wie hassgetrieben! Die Herrschaften wollen genau Bescheid wissen? Schon gestern haben die beiden Gesandten von Jesus genau Bescheid gegeben. Gerne können sie’s nochmal wiederholen, zum Mitschreiben: „Im Namen Jesu Christi von Nazareth, den ihr gekreuzigt habt, den Gott von den Toten auferweckt hat; durch ihn steht dieser hier gesund vor euch.“ Jesus – schon die bloße Erwähnung muss für die Beteiligten an der Verschwörung gegen ihn ein Florettstich ins Gewissen sein. Nicht Pilatus war schuld am Todesurteil, sondern die Intrige des hochgeistlichen Hohen Rates. Sorry, aber falls noch nicht bekannt: Der verfemte Gekreuzigte lebt. Der böse Verleumdete wirkt das wundervoll Gute an kaputten Menschen. In seinen letzten Jerusalemer Tagen hat Jesus selbst mit Psalm 118 argumentiert: Ein Felsenquader wird von Bauleuten begutachtet und als untauglich ausgemustert; später aber findet ausgerechnet er seinen Platz als zentraler Grundstein eines neuen Tempelbaus. Ihr habt Jesus aussortiert, heißt das, aber Gottes Plan hat ihn an zentraler Stelle eingebaut. „In keinem andern ist das Heil.“ Rettung aus der Gottverlorenheit schafft nur der eine Name. Zugang zum Allerhöchsten eröffnet nur die eine Person. So wie das Passwort am Computer; so wie der Bankmitarbeiter, der mit seinem Fingerabdruck den Tresor öffnet.

„In keinem andern ist das Heil“: Dass Apg 4,12 in großen goldenen Lettern wieder an die Kuppel des Berliner Stadtschlosses geschrieben wurde wie beim Originalbau, ist vielen ein Dorn im Auge. Man hat eine Bronzetafel angebracht mit der Inschrift: „Alle Institutionen im Humboldt-Forum distanzieren sich ausdrücklich von dem Alleingültigkeits- und Herrschaftsanspruch des Christentums, den die Inschrift zum Ausdruck bringt.“ Ein Herrschaftsanspruch? Nein, ein Wahrheitsanspruch, ein Denkanstoß, eine Einladung. Es kann sein, dass wir in eine Diskussion über die Weltreligionen geraten, in der unser Hinweis auf den rettenden Namen gefragt ist, neben dem es keinen echten Retternamen gibt. Jesus, unser Herr, fragt danach, ob wir so frei sind, zu ihm zu stehen: „Wer mich nun bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.“ In seinem neuen Buch über die evangelikale Bewegung unterscheidet Professor Dietz aus Marburg zwischen Bekenntnis-Evangelikalen, Allianz-Evangelikalen und sozialen Evangelikalen; die Beschreibung verschiedener Akzentsetzungen macht Sinn. Sie darf nur nicht verdrängen, dass das Bekennen zur Grundausstattung des Christseins gehört. Entweder wir sind bekennende Christen. Oder wir sind dabei, den Christennamen zu entleeren und zu verspielen.

Wer ist so frei, beim Elternabend aufzustehen und nachzufragen, warum ein Schüler im Biologieunterricht kein Gehör fand, als er auf Naturwissenschaftler hinwies, die triftige Einwände gegen die Evolutionstheorie vortragen? Wer ist so frei, bei einem Gespräch über einen Menschen, der ins Wachkoma gefallen ist, darauf hinzuweisen, dass seine Würde in Gott verankert ist und deshalb Sterbehilfe Gott ins Handwerk pfuscht? Wer ist so frei, einen Kirchengemeinderat zu mehr Freimut aufzurufen, der zwar zurückhaltend ist gegenüber der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren, aber öffentlich nichts dazu sagen will, weil das negative Reaktionen auslösen könnte?

Das Bekenntnis zu Jesus darf sich nicht beschränken auf das Aufsagen des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Sondern es muss ein Bekenntnis sein zu seiner Lehre vom Schöpfer, von Mann und Frau und von den guten Geboten. Der Apostel Paulus warnt davor, „dass jemand anders lehrt und bleibt nicht bei den heilsamen Worten unseres Herrn Jesus Christus“. Die Lehre von Jesus, die den Ideologien unserer Zeit widerspricht, macht das aktuelle Bekennen relevant und brisant. Die aktuellen Auseinandersetzungen zu führen, wird freilich niemand von Nichttheologen verlangen, die berufstätig sind, Familie haben und in der Gemeinde mitanpacken. Aber jeder kann sich informieren und andere hinweisen z.B. auf die neue Mediathek des Netzwerks Bibel und Bekenntnis namens „offen.bar“ oder auf die neue Mediathek des Albrecht-Bengel-Hauses „Bengel-Theke“. Dort finden sich Vorträge, die erklären, warum die Bibel vertrauenswürdig und Jesus einmalig ist. Unsere Hausaufgabe ist es, uns zu fragen, was wir dazu beitragen können, dass der Name Jesus genau dort herrlich gemacht wird, wo er längst nicht mehr vorkommt oder auch bewusst abgelehnt wird. Dafür können wir sorgen: für das Jesuswort auf der Glückwunschkarte, für die Whatsapp mit Bibelwort für den verängstigten Teenager oder für das Bekenntnis zum allmächtigen Schöpfer in einer Klimadiskussion. Sind wir so frei? Oder fehlt uns der Heilige Geist, der Petrus und Johannes befeuert? Der Geist macht Mut. Jesus schenkt Freimut. Zum offenen Wort von ihm. Dadurch können andere die Liebe und Leidenschaft unseres Lebens verstehen und kennenlernen.

  1. Jesus macht fest.

Im Sitzungszimmer wackeln die grauen Bärte. Die hohen Herrschaften wundern sich über das Stehvermögen von Petrus und Johannes. Sie sind beeindruckt von der offenherzigen Auskunft, die ihnen die Kreuzigung als Vergehen an Gottes Sohn auftischt. Haben sie es nicht mit zwei ungebildeten Fischern aus Galiläa zu tun? Welcher Geist ist es, der aus ihnen spricht? In nichtöffentlicher Sitzung beratschlagt der Hohe Rat, wie er die Begeisterung über das Wunder durch den Namen Jesus stoppen kann. Großes Bedauern: „Wir können’s nicht leugnen!“ Zu dumm, dass der geheilte Bettler im Saal neben Petrus und Johannes auftritt! Offenbar ganz bewusst als mutiger Zeuge für den Namen Jesus! Was sind das eigentlich für Theologen, die das Leugnen und Lügen ernsthaft als Strategie in Betracht ziehen? Als dieser Weg verbaut ist, verlegen sie sich aufs Drohen und Zensieren. Redeverbot für die beiden Jesussektierer! Kein öffentliches Wort mehr von dem Gekreuzigten! Petrus und Johannes zeigen sich unbeeindruckt: „Urteilt selbst, ob es vor Gott recht ist, dass wir euch mehr gehorchen als Gott.“ Jesus hat befohlen, ihn bekanntzumachen. Die Machthaber befehlen, ihn totzuschweigen. Welchem Befehl ist zu gehorchen?

Für Petrus und Johannes ist in diesem Fall klar: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ So formulieren sie es beim nächsten Verhör. Sie können und wollen nicht damit aufhören, den Ruhm des Herrn Jesus Christus auszubreiten. Erhobenen Hauptes gehen die beiden Widerständler davon. Wie klar ihr Nein! Wie fest ihr Herz!

Wann müssen wir Gott mehr gehorchen als den Menschen, liebe Mitchristen? Wenn die Führungsebene in Staat und Kirche anfängt, den Missionsauftrag zu behindern und das Gemeindeleben zu erdrosseln. Einwand: Gibt uns der Apostel in Römer 13 nicht die Anweisung, der staatlichen Anordnung auf jeden Fall Folge zu leisten? Nein. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“, sagt unser Herr und Meister. Das staatliche Gebot steuert unsern Lebensrahmen Staat; das göttliche Wort aber breitet das Reich Gottes aus und schafft geistliches Leben. Als in der Reformationszeit Landesfürsten die Verbreitung der Bibel bekämpften, fuhr ihnen Luther öffentlich in die Parade. Der Reformator rief Christen zum Widerstand auf: „Ich sage dir, wo du dem Fürsten nicht widersprichst und ihm Raum gibst, dass er dir den Glauben oder die Bücher nimmt, so hast du wahrlich Gott verleugnet.“ Allerdings genießen wir das Vorrecht, in einem Staat zu leben, dessen Grundgesetz Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit garantiert. Mitchristen in China, in Russland und im Iran sind es gewohnt, dass sie nicht frei evangelisieren und Gemeinde bauen können. Viele landen vor Gericht und im Gefängnis. Leider gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass auch das Christentum in Europa immer mehr ins Visier einer politischen Kaste gerät, die nicht freiheitlich denkt, sondern ideologisch. Am 30. März wurde die ehemalige Innenministerin von Finnland Päivi Räsänen vom

Vorwurf der Hassrede gegen Homosexuelle freigesprochen. Sie hatte einfach nur die biblische Position bezeugt. Wegen einer Meinungsäußerung, die nicht in den staatlich geförderten Mainstream passt, erhebt im heutigen Europa eine Staatsanwaltschaft Anklage. Wir haben Anlass, nicht nur Römer 13 zu studieren, wo der Staat das Böse bestraft und das Gute belohnt, sondern auch Offenbarung 13, wo der Staat zum reißenden Tier wird, das Anbetung verlangt und total kontrolliert. Wir werden herausgefordert, nach dem kirchengeschichtlich beispiellosen Gottesdienstverbot im Frühjahr 2020 und nach monatelangem Singverbot miteinander zu überlegen, wo die rote Linie verläuft, an der der Staat übergriffig wird und der Widerstand der Jesusbekenner beginnen muss. Petrus und Johannes stellen die Frage an unsere jungen Erwachsenen, ob sie gerüstet sind für die Situation, in der jemand aus einer tiefen Abneigung heraus ihren Glauben angreift. Petrus und Johannes stellen die Frage an uns, ob unser Glaube angesichts von heftigem Gegenwind im Laufe der Zeit reifer, fester und widerstandsfähiger wird wie ein wachsendes Bäumchen.

Nach Ostern hatte ich Gelegenheit, einen Hilfstransport aus Rumänien in die Ukraine zu begleiten. Die jungen Männer, die halfen, die Lebensmittelpakete auszuladen, erzählten: Seit Kriegsbeginn treffen sie sich jeden Morgen im Gemeindehaus zum Beten. Das hält sie aufrecht mitten im Krieg. Ich war beeindruckt von ihrer Hoffnung auf den lebendigen Herrn. Er ist unser Leben, unsere Liebe, unsere Leidenschaft. Warum? Weil er froh macht, frei und fest. Amen.

Ansprache beim Christustag in Pforzheim, 16. Juni 2022

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 21. September 2023 um 16:40 und abgelegt unter Gemeinde, Predigten / Andachten, Seelsorge / Lebenshilfe.