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Das Schöpfungszeugnis des Neuen Testaments

Dienstag 16. Juni 2009 von Dr. Joachim Cochlovius


Dr. Joachim Cochlovius

Das Schöpfungszeugnis des Neuen Testaments

Einführung: Der Glaube schenkt Erkenntniserweiterung

Von dem bekannten Theologen Anselm von Canterbury stammt die Aussage „Der Glaube sucht die Erkenntnis“. Hier im Hebräerbrief 11,3 finden wir eine andere Aussage, nämlich daß der Glaube Erkenntnis schenkt. „Durch den Glauben erkennen wir …“ Das bedeutet, der Glaube erweitert den Radius unserer Erkenntnis. In welcher Beziehung? Wir lesen in Hebräer 11,1: „Der Glaube ist eine sichere Grundlage für das Erhoffte und eine Bürgschaft für das Unsichtbare“. Der Glaube schenkt uns also eine sichere Erkenntnis in bezug auf das, was die Christen erhoffen und in bezug auf die unsichtbare Welt.

Genau das finden wir dann im weiteren Verlauf des 11. Kapitel ausgeführt. Die Glaubenszeugen, die hier aufgeführt werden, hatten Erkenntnisse von dem, was sie erhofften, und sie wußten, daß das, was sie hofften, gewiß aus der unsichtbaren Welt in die sichtbare Welt in Erscheinung treten wird. In diesem Sinn wartete Abraham auf das neue Jerusalem (Hebr. 11,10). Er hoffte gewiß, daß es ein neues Jerusalem in der neuen Welt Gottes geben wird, und er wußte, daß es einst in Erscheinung treten wird. Der Glaube durchbricht also die Grenzen von Raum und Zeit. Er durchbricht die Grenzen unserer beobachtbaren Welt, und er durchbricht die Grenzen, die unser zeitliches und räumliches Wahrnehmungsvermögen uns setzt. Er vermag uns Erkenntnisse zu schenken über Tatsachen, die jenseits von Raum und Zeit liegen.

Wörtlich übersetzt heißt Hebr. 11,3 „Durch den Glauben erkennen wir, daß die Welt gefertigt worden ist durch das gesprochene Wort Gottes (rhema), damit das Sichtbare nicht aus dem sinnlichen Wahrnehmbaren entstehen sollte“. Gott wollte es also ausdrücklich, daß die Schöpfung nicht aus schon vorhandener Materie geformt würde, sondern unmittelbar aus seinem Wort. Franz Delitzsch führt dazu aus, daß mit dem „nicht sinnlich Wahrnehmbaren“ wahrscheinlich die Gedanken und Pläne Gottes gemeint sind. Die sichtbare Welt, und nur von dieser ist hier die Rede, ist also aus den Gedanken und Plänen Gottes hervorgegangen. Im Schöpfungsbericht in 1. Mose 1-2,4a finden wir zehnmal den Ausspruch „Und Gott sprach…“ Zehnmal spricht Gott seine Gedanken und Pläne aus. Zehnmal werden sie dadurch in die sichtbare Wirklichkeit umgesetzt. Das Wort Gottes ist also die alleinige Ursache für das Entstehen von Materie. Kein Mensch ist in der Lage, Materie entstehen zu lassen. Und eben dies erkennt der Glaube.

Wer sich durch den Glauben mit dem Hergang der Schöpfung beschäftigt, tritt in eine heilige unsichtbare Wirklichkeit ein, die seinem Denken sonst nicht zugänglich wäre. Er befaßt sich mit den Gedanken und Plänen Gottes und mit der allmächtigen Wirkkraft der göttlichen Rede. Ohne Glauben ist es nicht möglich, die Gedanken und Pläne Gottes zu verstehen.

Es ist eine tiefe Tragik, daß Charles Darwin nach dem Tod seiner Lieblingstochter Annie den christlichen Glauben an den Gott der Liebe, so wie er sich in Christus offenbart hat, immer mehr verlor, bis er schließlich am Ende seines Lebens sagte: „Der Unglaube beschlich mich ganz allmählich, war aber zuletzt vollständig“.

Nun müssen wir eine kritische Gegenfrage stellen. Ist denn Glaube wirklich nötig, um die Pläne und Gedanken Gottes zu verstehen? Sagt nicht Paulus in Römer 1,20, daß jeder Mensch schon aus den Schöpfungswerken die ewige Kraft und die Göttlichkeit Gottes erkennen kann, also auch ohne Glauben? Liegt hier nicht ein Widerspruch zu Hebräer 11,3 vor? Doch wenn man genau liest, kann man sofort feststellen, daß sich beide Aussagen nicht widersprechen. Paulus meint in Röm. 1 die jedem Menschen zugängliche Erkenntnis, daß hinter den Schöpfungswerken ein allmächtiges göttliches Wesen stehen muß, eine Erkenntnis, die den Menschen zu Dankbarkeit und Anbetung führen soll. Hier in Hebr.11 ist eine viel tiefergehende Erkenntnis gemeint, daß nämlich die ganzen Schöpfungswerke aus dem wirkkräftigen Reden Gottes hervorgegangen sind, und das ist eine Erkenntnis, die nur dem Glauben zugänglich ist.

So bleibt es also dabei: ein Verständnis des Schöpfungsaktes kann nur der Glaube gewinnen. Nur der Glaube an Christus vermag die göttliche Kraft der gesprochenen Worte Gottes zu erkennen, denn er selber verdankt sich ja solch einer Rede. So habe ich es selbst bei mir erlebt. Bei einem Vortrag von Prof. Wilder-Smith in Erlangen Anfang der 70er Jahre wurde mir schlagartig bewußt, daß Gott durch Christus die sichtbare und die unsichtbare Welt erschaffen hat, und daß Christus an keiner Stelle des Neuen Testaments die Schöpfungsaussagen des Alten Testament korrigiert hat.

1. Gottes schöpferisches Handeln nach dem neutestamentlichen Zeugnis

Das Neue Testament enthält sowohl in den Evangelien und der Apostelgeschichte als auch in der Briefliteratur und der Johannesoffenbarung wichtige Aussagen zum schöpferischen Handeln des dreieinigen Gottes. Dabei können wir schnell feststellen, daß alle diese Aussagen nur dem Glauben zugänglich sind.

1.1 Gottes schöpferisches Handeln – ein Einbruch der Ewigkeit in die Zeit

Noch einmal möchte ich bei Hebr. 11,3 einsetzen. Die Schöpfung ist ein Vorgang, in der sichtbare Dinge aus dem Unsichtbaren entstehen; die unsichtbaren Gedanken und Pläne Gottes werden durch das Wort Gottes zeitlich und räumlich faßbare Dinge. Die klassische neutestamentliche Aussage für diesen geheimnisvollen Vorgang steht in Römer 4,17: „Gott ruft dem, was nicht ist, daß es sei“. Dies steht im berühmten Glaubenskapitel 4 des Römerbriefes, wo der Glaube Abrahams beschrieben wird als ein Glaube, der bereit war, Isaak zu opfern. Weil Abraham durch den Glauben wußte, daß Gott Tote wieder lebendig machen kann, konnte er sich zur Bereitschaft für ein solches Opfer durchringen. Schon für Abraham galt also das, was Hebr. 11,1 betont, daß der Glaube eine 100-prozentig gewisse Bürgschaft für das Unsichtbare und eine absolut sichere Grundlage für das Erhoffte ist.

Schöpfung geschieht grundsätzlich nicht „ in der Zeit“, sie ist kein raumzeitlicher Vorgang, sondern sie ist Einbruch der unsichtbaren Wirklichkeit Gottes in das Sichtbare und damit eine analogielose Neusetzung von Raum und Zeit. Raum und Zeit sind Schöpfungsgrößen, während Gott selbst sowohl außerhalb als auch innerhalb von Raum und Zeit existiert. Das erste was Gott erschafft, ist Raum und Zeit, und deswegen werden bereits am 1. Schöpfungstag Himmel und Erde, Wasser und Tag, Nacht, Abend und Morgen genannt. Daß die Zeit eine geschaffene Größe ist, hat u.a. auch schon der Kirchenvater Augustin gesagt: „Ohne Zweifel ist die Welt nicht in der Zeit, sondern mit der Zeit geschaffen“ (de civitate dei XI,6).

1.2 Christus – der Mittler und Erhalter der Schöpfung

In einem der Grundbekenntnisse der christlichen Kirche, im Nizäno- Constantinopolitanum steht: „Wir glauben an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, den einzigartig geborenen, der aus dem Vater vor allen Äonen gezeugt wurde, Licht aus Licht, wirklicher Gott aus wirklichem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, wesensgleich mit dem Vater, durch den alles geworden ist“. Diese letzte Aussage hat ihren neutestamentlichen Bezug in den folgenden Aussagen: 1. Kor. 8,6: Durch ihn sind alle Dinge und wir durch ihn“; Kol. 1,16: „In ihm ist alles geschaffen“; Hebr. 1,2:“ Durch ihn hat Gott auch die Welten gemacht“. Wir können auch noch an den Johannesprolog Joh. 1,3 denken: „Alle Dinge sind durch das Wort (also durch Christus) gemacht“.

Wir brauchen eine trinitarische Schöpfungstheologie, wenn wir die Schöpfung verstehen wollen. Der Vater überträgt den Schöpfungsakt der Welt an Christus, genau so wie er auch das Erlösungsgeschehen Christus in die Hände gibt. Ohne ein Ernstnehmen dieser Übertragungsakte bleiben wichtige Aussagen des Neuen Testaments unverständlich. Wenn es z. B. in Joh. 1,11 heißt: „Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf“, dann wird die ganze Wucht dieser Aussage nur dann deutlich, wenn man voraussetzt, daß Christus die Welt erschaffen hat und daß sie eben dadurch sein Eigentum wurde.

1.3 Die Teleologie der Schöpfung

Unter Teleologie versteht man die Ziel- und Zweckgerichtetheit. Die Schöpfung ist nicht um ihrer selbst willen erschaffen, sondern zu einem bestimmten Zweck und Ziel. In 1. Kor. 8,6 heißt es: „Wir haben einen Gott, den Vater, vom dem alles ist und auf den hin wir leben“. In Römer 11,36 heißt es: „Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge“. Und in Kol. 1,16: „Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen“. Der Sinn und Zweck der Schöpfung, der ganzen sichtbaren und unsichtbaren Schöpfung ist es also, Gott zu verherrlichen und ihn zu loben. Das ist auch unser tiefster Daseinszweck als Menschen hier auf dieser Erde, daß wir mit unserem Leben Gott ehren und ihn loben. Dabei ist es nicht etwa so, daß Gott unsere Ehre nötig hätte, sondern umgedreht, indem wir ihn ehren und ihn loben, finden wir zur wahren Sinnerfüllung unseres Lebens.

Die Psalmen wissen, daß die ganze Schöpfung das tut. „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und Feste verkündigt seiner Hände Werk; Tag und Nacht künden die Ehre Gottes, ohne Sprache und ohne Worte, bis an die Enden der Erde“ (Ps. 19,2-5). Mit Ps. 148 haben wir sogar ein Lied vor uns, das die gesamte Kreatur zum Gotteslob auffordert. Der erste große Lobgesang vor dem Thron Gottes, den die Johannesoffenbarung schildert, gilt dem Schöpfergott: „Herr unser Gott, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft, denn du hast alle Dinge erschaffen und durch deinen Willen waren sie und wurden geschaffen“ (Offenb. 4,11).

1.4 Die creatio continua – das beständige Schöpferwirken Gottes

Nach dem neutestamentlichen Zeugnis existiert die ganze Schöpfung nur deswegen, weil Christus jedes Atom, jedes Molekül, jedes Teil der sichtbaren Welt „durch sein machtvolles Wort“ in der Existenz erhält (Hebr. 1,3). Was Prof. Gitt mit dem Stichwort Information bezeichnet, das ist neutestamentlich gesprochen das wirkmächtige Wort Christi. Alles Sichtbare verdankt seine Existenz der Gegenwart Christi. 1. Kor. 8,6: „Wir sind durch ihn“. Kol. 1,17: „Alles hat in ihm Bestand“. Auch das haben die Psalmbeter schon gewußt. In Ps. 104,29ff heißt es: „Nimmst du ihren Odem weg, so vergehen sie“. Der ganze Psalm 104 bezeugt die creatio continua. „Du lässest Wasser in den Tälern quellen“ (Vers 10); „Du feuchtest die Bergen von oben her“ (Vers 13); „Du machst das Land voll Früchte, die du schaffst“ (Vers 13); Du lässest Gras wachsen für das Vieh“ (Vers 14); „Du machst Finsternis, daß es Nacht wird“ (Vers 20).

Selbstverständlich bezeugt auch das Neue Testament die creatio continua. So heißt es z.B. 1. Tim 4,3 und 4: „Die Speisen, die wir zu uns nehmen, hat Gott geschaffen.

 1.5 Die Wunder Christi – spontane Neuschöpfungen

Von dem innerhalb der Naturgesetze sich vollziehenden schöpferischen Handeln bei der creatio continua muß das außerhalb der Naturgesetze stehende spontane Schöpfungshandeln Christi unterschieden werden, so wie wir es in seinen Wundern vor Augen gestellt bekommen. Ich wähle zur Veranschaulichung die sieben Wunder aus, die das Johannesevangelium überliefert.

  •  Johannes 2,1-11: Bei der Hochzeit zu Kana werden spontan organische Moleküle geschaffen (Wein).
  • Johannes 4,46-54: Hier wird die Spontanheilung eines todkranken Kindes berichtet, und zwar als Fernheilung.
  • Johannes 5,1ff: Die Heilung des 38 Jahre bettlägerigen Lahmen am Teich Bethesda ist ein spontan-schöpferisches Handeln Christi, denn ohne unmittelbar neu erschaffenes Muskel- und Hautgewebe hätte dieser Mann nicht sofort laufen können.
  • Johannes 6,1-13: Die Speisung der 5000. Die sog. Brotvermehrung war im Grunde eine Broterschaffung und ebenso auch eine Erschaffung von Fischen.
  • Johannes 6,16-21: Wenn Jesus auf dem Wasser geht und wenn es danach zu einem spontanen Ortswechsel des Schiffes kommt, dann hat er hier einen Raum erschaffen, auf dem er lief, und er hat innerhalb der bestehenden Zeit spontan eine andere Zeit erschaffen, in welcher das Schiff augenblicklich an Land versetzt wurde.
  • Johannes 9: Bei der Heilung des Blindgeborenen werden spontan neue und sehfähige Augen erschaffen.
  • Johannes 11: Bei der Auferweckung des Lazarus wird ein kompletter lebensfähiger menschlicher Organismus neu erschaffen.

Bei all diesen Wundern vollzieht Jesus eine spontane und komplette Neuschöpfung. Wenn wir fragen, welche Bedeutung diese Wunder letztlich hatten und haben, dürfen wir nicht bei ihrer Wirkung auf die damaligen Menschen stehenbleiben. Hier geschah viel mehr. Hier werden die 6 Schöpfungstage wiederholt und hier werden die neue Erde und der neue Himmel vorweggenommen, die Freude des neuen Menschen auf der neuen Erde, die neue Leiblichkeit auf der neuen Erde und überhaupt die neuen Lebensbedingungen auf der neuen Erde.

 1.6 Die Neuschöpfung des Menschen durch den Glauben an Jesus Christus

 Auch die Neuwerdung des Menschen durch seine Glaubenshinwendung zu Christus ist ein schöpferischer Akt Gottes, durch den der betreffende Mensch in ein neues Sein und in eine neue Wirklichkeit versetzt wird. Gott versetzt ihn „in das Reich seines lieben Sohnes“ (Kol. 1,13). Gott erweckt ihn auf und versetzt ihn in „die himmlische Wirklichkeit in Christus Jesus“ (Eph. 2,4-6). Nun lebt „Christus in ihm“ und ist zu seinem wahren Leben geworden (Gal. 2,20). Was ihn bisher ausgefüllt, bestimmt und gebunden hat, ist vergangen (2. Kor. 5,17). Der Mensch wird ein zweites Mal geboren und empfängt eine lebendige Hoffnung (1. Petr. 1,3). Der Mensch wird gerecht gesprochen, d. h. er wird vor Gott richtig gemacht (Phil. 3,9). In 2. Kor. 4,6 wird diese Neuschöpfung des Menschen direkt mit dem Schöpfungsakt Gottes bei der Erschaffung des Lichtes am Anfang der Welt verglichen: „Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben“. Die Neuschöpfung des Menschen kommt zu ihrem endgültigen Ziel, wenn die Gemeinde Jesu bei der Wiederkunft Jesu zu ihm hin entrückt wird und ihr himmlisches Erbe, den Herrlichkeitsleib empfängt (1. Joh. 3,2; Kol. 3,4).

 1.7 Die Neuschöpfung von Himmel und Erde

 Schließlich gehört zum neutestamentlichen Schöpfungszeugnis auch die Verheißung, daß Christus nach seiner Wiederkunft und nach den Gerichtsgeschehnissen Himmel und Erde neu erschaffen wird. Petrus erwartet einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt (2. Petr. 3,13). Vorher werden der alte Himmel und die alte Erde im Feuer zergehen bzw. gereinigt. Alles Widergöttliche muß gerichtet werden, bevor es zur Neuschöpfung von Himmel und Erde kommen kann. Aber schließlich heißt es: „Siehe ich mache alles neu“ (Offenb. 21,5). Das neue Jerusalem senkt sich auf die neue Erde, das neue Israel wird Priester- und Königsvolk für eine neue Menschheit sein.

 Zusammenfassung:

 1. Jegliches Schöpfungsgeschehen ist analogielos, wir können Schöpfungsvorgänge weder denken noch untersuchen. Hier tritt Ewigkeit in die Zeit.

2. In allen Schöpfungsakten ist Christus der Akteur. Deswegen gehört die ganze sichtbare und unsichtbare Schöpfung ihm.

3. Die gesamte Schöpfung ist auf das Ziel hin erschaffen, Gott zu loben und zu verherrlichen. Es gibt ein unhörbares Gotteslob der unbelebten Schöpfung und ein wie auch immer geartetes wahrnehmbares Gotteslob der belebten Kreatur. Nur der unerlöste Mensch stimmt in dieses Lob nicht ein.

4. Neben den Schöpfungsakten, die das was nicht war, ins Dasein stellen, gibt es das immerwährende Schöpfungshandeln Gottes, das die Schöpfung im Dasein erhält und das innerhalb der Naturgesetze und durch sie unablässig stattfindet.

5. Die Wunder Jesu sind als punktuelle Vorwegnahme der Neuschöpfung von Himmel und Erde zu verstehen.

6. Seit Pfingsten gibt es das Wunder der Neuschöpfung des Menschen durch den Glauben an Jesus Christus. Diese Neuschöpfung kommt zum Ziel bei Jesu Wiederkunft im Empfang einer neuen Leiblichkeit.

7. Der große abschließende Schöpfungsakt bei Jesu Wiederkunft wird die Neuschöpfung von Himmel und Erde, die Neuschöpfung Israels und die Neuschöpfung der Menschheit sein.

 2. Der Schöpfungsbericht im Licht des neutestamentlichen Schöpfungszeugnisses

Nehmen wir Hebr. 11,3 ernst, daß es eine wirkliche Erkenntnis der Schöpfung nur durch den Glauben gibt, dann gilt es, im Licht des neutestamentlichen Schöpfungszeugnisses noch einmal auf den biblischen Schöpfungsbericht zu hören. Welche neuen Erkenntnisse vermittelt er uns, wenn wir ihn im Licht der sieben aufgeführten Aspekte des neutestamentlichen Schöpfungszeugnisses hören?

2.1 Die erste und die wichtigste Erkenntnis besteht darin, daß wir von einer immateriellen geistigen Vorlage der Schöpfung ausgehen müssen. Alles Sichtbare ist aus Nicht-Sichtbarem gemacht worden (Hebr. 11,3b). Der Schöpfungsvorgang war also eine Materialisation göttlicher Gedanken. Die Formulierung in Röm. 4,17, daß Gott dem, was nicht ist, ruft, daß es sei, wie auch der Hergang der Wunder Jesu führen weiter zu der Erkenntnis, daß die göttlichen Schöpfungsprozesse in kürzester Zeit stattfinden. Dem wörtlichen Verständnis des Schöpfungsberichts im Sinn einer Sechs-Tage-Schöpfung steht also nichts entgegen.

2.2 Die im ganzen N.T. bezeugte Mittlerschaft Christi bei der Schöpfung führt zweitens zur Erkenntnis, daß die Sechs-Tage-Schöpfung durch Christus ausgeführt wurde. Die Mitwirkung des Geistes ist in 1. Mose 1,2 erwähnt, die Mitwirkung Christi ist wahrscheinlich in der Pluralform „Lasset uns Menschen machen…“ (1. Mose 1,26) ausgesprochen. Damit steht die gesamte sichtbare und unsichtbare Welt in einem direkten Eigentumsverhältnis zu Christus.

2.3 Das N.T. kennt keine ziellose Schöpfung, sondern nennt als Ziel und Zweck alles Geschaffenen das Lob und die Ehre Gottes. Der Glaube erkennt also drittens, daß alle Dinge zu Gott hin erschaffen sind (Röm. 11,36).

2.4 Eine vierte Glaubenserkenntnis ist die creatio continua, das unablässige Schöpfungshandeln des Dreieinigen Gottes. Christus trägt alles „durch sein machtvolles Wort“ (Hebr. 1,3). Die ganze Schöpfung ist auf Dauer angelegt, die Gestirne, Tag, Nacht, die Fruchtbarkeit der belebten Kreatur und die Konstanz der Arten, all diese Schöpfungsakte dienen der Dauerhaftigkeit der Schöpfung, die schließlich in die Neuschöpfung von Himmel und Erde einmündet.

2.5 Gleichzeitig lassen die Wunder Jesu fünftens erkennen, daß die Hinfälligkeit der ersten Schöpfung kein Dauerzustand bleibt, sondern daß sie auf einen neuen Himmel und eine neue Erde hin angelegt ist, wo Gerechtigkeit wohnen wird (2. Petr. 3,13).

2.6 Der Glaube erkennt sechstens aus dem neutestamentlichen Schöpfungszeugnis, daß die Ebenbildlichkeit des Menschen (1. Mose 1,26), die im Sündenfall verloren ging, seit Pfingsten wieder eine reale Möglichkeit geworden ist. Im Glauben an Christus wird der Mensch zum Ebenbild Gottes umerschaffen und erneuert.

2.7 Die neutestamentliche Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde schenkt siebentens eine richtige Einschätzung der ersten Schöpfung. Unsere Welt ist weder die beste noch die schlechteste aller möglichen Welten. Sie ist nicht die beste, weil sie unter der göttlichen Strafe der Vergänglichkeit leidet. Sie ist aber auch nicht die schlechteste, denn sie ist trotz ihrer Vergänglichkeit für den Menschen eine Dokumentation der ewigen Kraft und Göttlichkeit Gottes ist. Die Spuren des „sehr gut“ (1. Mose 1,31) sind trotz ihrer Vergänglichkeit noch zu erkennen, d.h. die Spuren ihrer ursprünglichen Schönheit und Zweckmäßigkeit. Wenn Christus wiederkommt und in einem grandiosen Schöpfungsakt die Vergänglichkeit von ihr nimmt, dann wird die ursprüngliche Schönheit und Zweckmäßigkeit wieder hergestellt und übertroffen werden, denn dann wird der Sinn und Zweck der ersten Schöpfung erreicht sein und die neue Menschheit auf der neuen Erde wird Gott dankbar die Ehre geben.

3. Die Unvereinbarkeit evolutionistischer Basissätze mit dem biblischen Schöpfungszeugnis

3.1 Die Hypothese, daß der Tod unabänderlich zur Natur gehört und unverzichtbar ist für eine Höherentwicklung der Arten, ist unvereinbar mit der biblischen Bewertung des Todes als eines erst nachträglich zur Schöpfung hinzugekommenen historischen Strafgeschehens.

„Sterblichkeit ist ein Jungbrunnen der Evolution durch Mutation und Selektion“. „So schmerzhaft auch der Verlust des Gewohnten, so ermunternd die Aussicht auf Neues, wo es sich ereignet“. (Hubert Markl, Vom Nutzen der Vergängnis, der Knappheit und des Zufalls“, FAZ 11.2.2009)

Der evolutionistischen Deutung des Todes steht die biblische Feststellung gegenüber, daß die Sünde und mit ihr der Tod durch Adam in die Welt gekommen sind (Röm. 5,12-19). Die Sünde Adams machte alle zu Sündern und brachte allen den Tod. Der Tod ist in der biblischen Sicht ein Strafgeschehen und kein Naturgeschehen. Das Leben existiert nicht wegen des Todes, sondern trotz des Todes. Röm. 5,12 und 18: „Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie – nämlich in dem einen Menschen – alle gesündigt haben,…, wie also durch die Sünde des Einen die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des Einen die Gerechtmachung, die das Leben schenkt, für alle Menschen gekommen“.

3.2  Die Hypothese von der Selbstorganisation der Materie und der selbsttätigen Anpassung der Individuen an die Umwelt ist unvereinbar mit dem biblischen Schöpfungszeugnis, das eine selbsttätige Organisation der belebten und unbelebten Natur ausschließt, sondern ihre Existenz und Funktionalität ausschließlich auf die Wirkkraft des Wortes Gottes und auf die Fürsorge Gottes zurückführt.

„Darwins Antwort heißt: schrittweise, stückweise Veränderungen aus einfachen Anfängen, aus Urgebilden, die einfach genug waren, um durch Zufall entstehen zu können. Jede der aufeinanderfolgenden Veränderungen in dem schrittweisen Evolutionsprozeß war gegenüber ihrem Vorgänger so einfach, daß sie zufällig erfolgen konnte. Betrachtet man die Komplexität des letztgültigen Endprodukts im Vergleich zu dem ursprünglichen Ausgangsprodukt, so ist die gesamte Folge kumulativer Schritte jedoch alles andere als zufällig. Gelenkt wird der kumulative Prozeß durch nichtzufälliges Überleben.“ (Richard Dawkins. Der blinde Uhrmacher, München 1987, S. 61)

Demgegenüber stellt die biblische Schöpfungslehre fest, daß weder die unbelebte Natur noch die Kreatur zu eigener Selbstorganisation und Anpassung an die Umwelt fähig sind, sondern dazu eine geistige Steuerung und personale Fürsorge benötigen, nämlich die creatio continua Gottes. „Alles hat in ihm Bestand“ (Kol. 1,17). „Ich will das Schwache stärken“ (Hes. 34,16). „Herr, du hilfst Menschen und Tieren“ (Ps. 36,7).

3.3   Die Annahme einer Evolution geistiger Fähigkeiten im Zuge einer allmählichen Menschwerdung ist unvereinbar mit der direkten Geistverleihung an das erste Menschenpaar durch Gott.

Die Denkansätze der „evolutionären Erkenntnis“ und der „evolutionären Ethik“ nehmen eine ungesteuerte Entwicklung und Vervollkommnung der geistigen Eigenschaften des Menschen an, was zu hochgespannten Hoffnungen führt. „Aufgabe ist vielmehr, den Menschen als das zu erfassen, was er wirklich ist. Ein Wesen, das phylogenetisch entstanden ist, das aber aufgrund seiner kulturellen Entwicklung potentiell die Möglichkeiten besitzen könnte, nach den Wertmaßstäben der Moral inhumanes Verhalten zu überwinden“. (Jochen Oehler, Zur Evolution der Evolutionstheorie, in: Gott oder Darwin? Vernünftiges Reden über Schöpfung und Evolution. Berlin und Heidelberg 2008, S. 139). „Wir wären eine dritte Schimpansenart geblieben, hätte der Mensch nicht entwickelt, was ihn weit mehr als unser Äußeres und unser den Schimpansen gegenüber physisch fast gleichartiges Inneres aus der Tierwelt heraushebt, nämlich Sprache und Kultur“ (Josef H. Reichholf, Hominisation – Die Evolution des Menschen“, in: Gott oder Darwin? Vernünftiges Reden über Schöpfung und Evolution, Berlin und Heidelberg 2008, S.166). In dieser Sichtweise sind Gewissen, Geist, Sprache, Glaubensfähigkeit, Liebesfähigkeit Produkte evolutionärer Prozesse, die aus niedrigeren Vorformen kommen und das Potential zu weiterer Vervollkommnung in sich tragen.

Demgegenüber steht die Aussage im biblischen Schöpfungszeugnis, daß Gott den Menschen als einziges Lebewesen zur Gottesebenbildlichkeit berufen hat (1. Mose 1,16). Die Geistverleihung war ein Akt persönlicher Zuwendung Gottes zum Menschen, durch den er aus der ganzen sonstigen Kreatur herausgehoben wurde (1. Mose 2,7), keineswegs ein ungesteuerter rein materieller evolutionärer Prozeß. Der menschliche Geist und damit die Sprache, das Gewissen, Glaube und Liebe verdanken sich einer fortwährenden schöpferischen Tat Gottes an jedem Menschen. Beendet Gott diese creatio continua, muß der Mensch sterben. „Nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie und werden wieder zu Staub“ (Ps. 104,29).

3.4    Die evolutionistische Bestreitung der Teleologie, also der Zielgerichtetheit der Natur ist unvereinbar mit der gesamtbiblischen Aussage, daß alles auf Gott hin erschaffen wurde.

„Alles, was wir feststellen ist, daß biologische Merkmale bestimmte Funktionen erfüllen, die ihrem Besitzer in gewisser Hinsicht einen Selektionsvorteil bescheren. Funktionen und Selektionsvorteile lassen sich demnach nur per definitionem zu Zwecken und Zielen erklären“ (Martin Neukamm, Wissenschaft und ontologischer Naturalismus. Eine Kritik antievolutionistischer Argumentation. In: Ulrich Kutschera, Kreationismus in Deutschland, Fakten und Analysen, Berlin 2007, S.203). „Die natürliche Zuchtwahl…zielt auf keinen Zweck“ (Richard Dawkins, Der blinde Uhrmacher. Ein neues Plädoyer für den Darwinismus, München 1987, S. 18). Die Annahme von Zwecken bzw. Zielen oder einer Planmäßigkeit wird in der Evolutionsbiologie für eine unstatthafte und unwissenschaftliche Hineinprojektion subjektiver Spekulationen erklärt.

Demgegenüber stellt das biblische Zeugnis fest, daß Gott die Schöpfung zu sich hin erschaffen hat. Die ganze Kreatur hat ihren eigentlichen und letzten Daseinszweck darin, Gott zu loben, und insbesondere der Mensch ist berufen, Gott die Ehre zu geben. „Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter“ (Ps. 104,24). „Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?“ (Ps. 8,4f.). „Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen“ (Röm. 11,36).

4. Die sog. Theistische Evolution ist unvereinbar mit den Prinzipien des Schöpfungshandelns Gottes

„Wenn wir Gott als Schöpfer bekennen und zugleich die moderne Biologie als menschliche Naturerkenntnis in den Grenzen menschlichen Wissens akzeptieren, bedeutet das, die Evolution als Ausdruck von Gottes Schöpferwillen zu verstehen“ (Hansjörg Hemminger in: Evangelische Zeitung 41/2008).

Diese Auffassung, daß Gott durch die Evolution und in der Evolution gewirkt hat und wirkt, ist unvereinbar mit dem biblischen Schöpfungszeugnis. Die Basissätze der Evolutionslehre sind nicht kompatibel mit den Prinzipien, nach denen Gott schöpferisch wirkt.

  • Gott erschafft Leben nicht auf der Grundlage des Todes, sondern er beendet die Macht des Todes durch die Auferweckung Christi.
  • Gott erschafft die Materie nicht für eine ziellose Selbstorganisation, sondern formt sie zur unbelebten oder belebten Kreatur und gewährleistet ihre Existenzform durch sein schöpferisches Wort unter den Bedingungen der von ihm verfügten Vergänglichkeit.
  • Gott erschafft den Menschen und den menschlichen Geist nicht auf dem Wege allmählicher Höherentwicklung aus tierischen Vorformen, sondern durch einen ganzheitlichen Schöpfungsakt unter der Verheißung der Ebenbildlichkeit.
  • Gott erschafft nicht ziellos, sondern alles „zu ihm hin“, zur Verherrlichung seines Namens.

5. Schlußbemerkung

1687 hat Isaak Newton sein epochemachendes Werk „Die mathematischen Prinzipien der Physik“ veröffentlicht. Den biblischen Schöpfergott aus seinen Untersuchungen auszuklammern wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Ausdrücklich bekennt er sich zu ihm als dem allmächtigen Schöpfer und alleinigen Herrn des Universums. „Eine solche überaus geschickte Anordnung der Sonne, der Planeten und Kometen konnte nur dem Plan und der Herrschaft eines einsichtigen und mächtigen Wesens entspringen… Er lenkt alles… als der Herr über das Universum… und als ganz und gar vollkommenes Wesen“. Naturwissenschaftliche Arbeit auf der Grundlage von Hebr. 11,3, also auf der Grundlage des Glaubens an den biblischen Gott, der durch sein Wort alles erschafft und erhält, ist immer wieder bis heute geleistet worden, und ihr Vorteil war immer der größere Erkenntnisradius, den der Glaube schenkt.

Naturwissenschaftliche Arbeit ohne diese Grundlage bleibt dort, wo sie zu den Grundfragen der Entstehung der Welt und des Lebens Stellung bezieht, notwendigerweise im Nebel materialistischer und naturalistischer Hypothesen gefangen. Weder über die Herkunft noch über das Ziel der Schöpfung noch über das Wesen von Tod und Vergänglichkeit kann sie befriedigende Antworten geben. Entgegen aller menschlichen Erfahrung muß sie eine intelligente Materie behaupten, die sich selbst organisiert und über unermeßlich riesige Zeiträume zum Menschen aufsteigt. Angesichts dieser Defizite und logischen Zumutungen wirkt es ziemlich anmaßend, wie sich ein führender Evolutionsbiologe über den christlichen Glauben und den biblischen Schöpfergott äußert: „Die Vorstellung, daß geistförmige Wesen im Himmel schweben, die hier unten irgend etwas regeln, halte ich für absurd“. Und im Blick auf die ausgestorbenen Tierarten: „Wenn es ein übernatürliches Geistwesen als Schöpfer gäbe, dann war diese biblische Größe ziemlich bösartig eingestellt“ (Ulrich Kutschera, Darwin hat die Biologie befreit“, Rhein. Merkur 8.1.2009).

Hebr. 11,3: „Durch den Glauben erkennen wir, daß die Welt durch Gottes Wort gemacht ist“. Gerade angesichts der genannten unbefriedigenden evolutionistischen Antworten im Darwin-Jahr ist es an der Zeit, Gott erneut zu danken für die Erkenntnisse, die er dem Glauben ermöglicht.

28.02.09, Bad Gandersheim

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Dienstag 16. Juni 2009 um 13:09 und abgelegt unter Schöpfung / Evolution.