24 Monate Corona und Gemeinde – Ein Resümee und Aufruf
Mittwoch 8. Juni 2022 von Pastor Thomas Lange
Dafür werde ich nicht beten!
Drei Tage lang dauerte die Schulung. Am Ende baten die chinesischen Christen Pastor Cordeiro, ob er für sie beten könnte – und zwar dafür, dass sie so werden wie die Christen in Amerika, die sich ganz frei zum Gottesdienst treffen können. Cordeiros Antwort war: „Nein, dafür werde ich nicht beten.“ Auf ihrer sprachlosen Gesichter hin erklärte er ihnen: „Ihr seid dreizehn Stunden im Zug hierhergefahren – in meinem Land kommen die Leute überhaupt nicht, wenn sie länger als eine Stunde fahren müssen. Ihr habt drei Tage lang auf dem Holzboden gesessen – wenn die Leute in meinem Land länger als 40 Minuten sitzen müssen, gehen sie wieder.
Ihr habt nicht nur drei Tage auf dem harten Holzboden gesessen, sondern auch noch ohne Klimaanlage – wenn die Leute in meinem Land keine gepolsterten Stühle und Klimaanlage vorfinden, kommen sie nicht wieder. In meinem Land gibt es durchschnittlich zwei Bibeln pro Familie, wir lesen keine davon. Ihr habt kaum Bibeln und lernt sie von Papierfetzen auswendig. Ich werde nicht dafür beten, dass ihr so werdet wie wir, ich werde vielmehr dafür beten, dass wir so werden wie ihr! (Autor unbekannt)
Diese kurze Geschichte macht sehr nachdenklich und man erkennt unweigerlich Parallelen zu unserer  Situation in Westeuropa.
Ein Blick in den Spiegel
Die Ansichten und Auffassungen über Corona sind immer noch so vielfältig wie die Farbnuancen des Regenbogens. Kein Thema hat uns in den vergangenen zwei Jahren mehr Zeit, Kraft und Nerven gekostet. Was uns jedoch so vereinnahmt und in Beschlag genommen hat, ist auch gleichsam ein Blick in den Spiegel, in dem wir durch Selbstreflektion auch einen Teil unseres geistlichen Zustandes erkennen können. Wie sind wir mit der Situation umgegangen?
Vier Beispiele sind im Folgenden genannt, die uns in den letzten Monaten umgetrieben haben. Es sind Bereiche, über welche die Heilige Schrift deutliche Aussagen macht, die jedoch augenblicklich sehr umkämpft sind/ waren:
1. Gemeindezusammenkünfte
Fakt: Gottesdienste wurden untersagt oder zumindest stark eingeschränkt
Die Bibel: Gott gebietet, dass wir uns als Gemeinde versammeln sollen (z.B. Heb 10,25). Hierbei sei angemerkt, dass die Gemeinde nicht das Gebäude ist, in dem wir uns treffen, sondern die Menschen, die Jesus bekennen, ihm vertrauen und ihm nachfolgen. Sie bilden die Gemeinde. Im Neuen Testament wird unterschieden zwischen universeller (Mt 16,18) und örtlicher Gemeinde (z.B. 1Kor 1,2). Zu ersterer gehört jeder Mensch auf der Welt, der im Sinne des Neuen Testamentes wiedergeboren und bekehrt ist. Die örtliche Gemeinde ist die Gruppe von Wiedergeborenen/ Bekehrten, die sich an einem bestimmten Ort (Haus) treffen und versammeln. Sie bilden eine Miniaturform des globalen, universellen Leibes Christi, mit Jesus selbst als Haupt (Kol 1,18). Zu dieser „Orts-Gemeinschaft“ fordert uns die Bibel ausdrücklich auf, ja sie geht von ihrer Selbstverständlichkeit aus. Allein diese Tatsache zeigt uns, dass die Bibel keine Distanzgemeinschaft kennt, keine virtuelle Gemeinde. Was wir in den letzten beiden Jahren als Errungenschaft gefeiert haben, ist eigentlich ein Rückschritt. Mehr noch: Ein Schritt weg von der Bibel.
Freilich ist es gut und nützlich, sogenannte „Hybrid-Veranstaltungen“ umzusetzen, um diejenigen, die aus bestimmten Gründen (z.B. Krankheit oder Alter) nicht zur Gemeinschaft kommen können, zu erreichen. Und so mancher bis dahin Ungläubige kam auf diese Weise erst mit dem Evangelium in Kontakt. Manchmal wohnen Christen in Gegenden, in denen es weit und breit keine bibeltreue Gemeinde gibt. Hier sind Übertragungen ins Internet ganz sicher eine Hilfe. Wir preisen Gott für die technischen Mittel, um sein Wort verbreiten zu können. Wenn die Online-Kirche jedoch die Ortsgemeinde ersetzt, ist Gefahr im Verzug. Leider ist der rechtmäßige Gebrauch der digitalen Medien auch von Missbrauch durchsetzt. Die Grenze ist dann überschritten wenn Gläubige, die bis dato selbstverständlich die Gemeindestunden aufgesucht haben, plötzlich nicht mehr kommen und die Wohnzimmercouch und den Flachbildschirm gegen den Stuhl im Gemeindehaus eintauschen und sich obendrein noch einreden, es bestünde kein Unterschied, ob man physisch oder digital anwesend sei. Dann hat man das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Das Neue Testament legt den Schwerpunkt von Gemeinde auf physische Gemeinschaft, will heißen, dass die Menschen zu echten Gemeindestunden zusammenkommen. Dort ist Jesus in der Mitte. Dort wird gemeinsam gebetet, in der Schrift gelesen, der Predigt zugehört und miteinander gesprochen. Es wird Zeit miteinander verbracht und aufeinander geachtet. Man tauscht sich aus, ist nicht allein. Es wird ermutigt und ermahnt, nach dem persönlichen Ergehen gefragt und geantwortet. Dies alles ist rein online nicht möglich und auch nicht biblisch. Vielmehr gerät unser geistliches Leben „ataktos“ (griechisch: aus dem Takt), wenn wir uns vom rein virtuellen „Gemeindeleben“ blenden lassen.
Sind wir hier vielleicht in eine Schieflage geraten? Haben wir das Echte gegen das Virtuelle eingetauscht?
2. Gemeindegesang
Fakt: Singen wurde verboten
Die Bibel: Das gemeinsame Singen ist keine Folkloreeinlage, sondern Gebot des Herrn. Wir singen nicht in erster Linie, weil es uns Freude bereitet (wenngleich das ein legitimes Motiv ist), sondern um Gott zu ehren. Unsere Stimmen erheben den Namen des Herrn. Wenn wir denken, wir können doch als Ersatz in unseren Herzen singen und spielen, dann schlittern wir an der Grundaussage der Bibel in punkto Gesang vorbei. Natürlich singen wir mit unserem Herzen, so wie wir auch mit unserem Herzen beten, denn aus der Fülle des Herzens redet, bzw. singt der Mund. Aber der Gesang des Herzens soll über unsere Lippen hörbar werden. Gott wohnt unter den Lobgesängen Israels (Ps 22,4). Das dies zur Zeit des Alten Testamentes kein stummer Herzensgesang war, ist offensichtlich. Wir finden durch die Heilige Schrift durchgängig das Zeugnis des Volkes Gottes, dass es dem lebendigen Gott lauthals zur Ehre sang. Lieder sind Verkündigungen. Lieder sind gesungene Predigten. Lieder sind Opfer der Lippen, die aus anbetenden Herzen kommen und seinen Namen bekennen (vgl. Heb 13,15). Gott wird erhöht, geehrt, angebetet und schließlich wird dadurch das Evangelium verbreitet. Wenn wir diesen Grundsatz vergessen, stehen wir in Gefahr die Grundaussagen und Zielsetzungen des Gesangs innerhalb der Heiligen Schrift zu negieren und in die Beliebigkeit zu setzen. Gab es Momente, wo wir das Singen unterlassen haben? Mancherorts wurde ein ziemlich seltsamer Kompromiss gefunden. Um der Beschränkung zu folgen, sang man nicht, las jedoch die Liedtexte gemeinsam laut vor. Ohne Kommentar!
3. Gemeinde und 3G/2G
Fakt: Der Zugang zu den Gottesdiensten wurde stark eingeschränkt
Würde es jemand von uns in Betracht ziehen, eine Eintrittskarte für den Gottesdienst zu verkaufen? Würde dann einem Besucher, der ohne eine solche Eintrittskarte vor der Tür steht, ihm diese vor der Nase zugeschlagen? Nein, dieser Gedanke wäre absurd! Zum Gottesdienst kann jeder kommen, ohne Eintrittskarte, ohne Platzreservierung, Buchung oder sonstige Voraussetzung. Darin sind wir uns alle einig. Jesus sagte: „Kommet her zu mir alle…“ (Mt 11,28).
Was aber, wenn grundsätzlich genau dieses Absurde geschieht, wenn ich den Zugang zum Gottesdienst an eine 3G, oder gar an eine 2G Regel knüpfe? Was, wenn Leute vor der Tür stehen, die aus Gewissensgründen keines der 3 G`s vorzeigen können oder wollen? Was ist mit ungläubigen Menschen, die einer Einladung zum Gottesdienst folgen, nach der sie „einfach so kommen können, weil Jesus niemanden ausschließt“? Dann stehen diese Menschen vor der Eingangstür zum Gemeindehaus/ Kirche und müssen zunächst eine Barriere überwinden, bevor man sie einlässt, um dem Gottesdienst beiwohnen zu können. Wäre dies mit der Aussage Jesu: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“ und dem Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift vereinbar?
Nun argumentiert man, dass dieser Vers nicht auf die Gemeinde anzuwenden sei, da Jesus hier nicht von Gemeinde spricht, sondern ein grundsätzliches Prinzip – nämlich, dass der Zugang zu Jesus im Geist immer möglich ist – anspricht. Letzteres stimmt zweifelsfrei. Doch meinen wir, dass die Aussage gerade auch auf die Gemeinschaft der Christen anzuwenden ist, da dieses „zu Ihm kommen“ im Gottesdienst eine besondere Bedeutung erhält. Der Gottesdienst ist die zentrale Ausdrucksform der Gemeinschaft der neutestamentlichen Gemeinde. Dort kommt Jung & Alt gemeinsam zusammen, um Gott zu ehren. Diese Zusammenkunft ist etwas Besonderes und hat eine dreifache Ausrichtung. Nach Oben, um Gott anzubeten, nach Innen, um die Geschwister zu ermutigen, und nach Außen, um die Ungläubigen zu erreichen.
Ein heimliches Christsein kennt die Bibel grundsätzlich nicht (auch wenn es bestimmte Situationen, z.B. in Verfolgung gibt, in denen es weise ist, nicht öffentlich seinen Glauben zu bezeugen oder auch als Gemeinde in den Untergrund zu gehen). Von daher hinkt das Argument, man kann auch ohne Gemeinde und Gottesdienst zu Jesus kommen. Das stimmt zwar, ist aber nur die eine Seite der Medaille. Ein Leben ohne praktische Gemeinschaft ist für einen Nachfolger Jesu undenkbar und wird, sollte man nach dieser Devise leben, eine gehörige geistliche Schieflage nach sich ziehen.
Nochmal: Hätte Jesus eine Zugangsbeschränkung aufgestellt, ohne die man nicht zu ihm, bzw. zum Gottesdienst kommen kann? Würde Jesus jemandem den Zutritt verweigern, wenn er keinen G-Schein vorweist? Würde Jesus diese Barriere aufrichten?
Als zu Luthers Zeiten die Pest wütete, stellte sich die Frage der Ansteckung nur in der Weise, dass darin eine Gefahr bestünde – aber der Dienst am Nächsten und die Nächstenliebe stets Vorrang vor der eigenen Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit hat. Wie war unsere Gewichtung hinsichtlich dieser Frage in den letzten beiden Jahren und wie haben wir entsprechend gehandelt, persönlich und als Gemeindeverantwortliche, Älteste, Pastoren?
Ein weiterer wichtiger Gedanke drängt sich auf:
4. Obrigkeit und Gemeinde
Wir sollten uns bei solchen Überlegungen, wie wir sie in den Punkten 1-3 erörtert haben, einmal die grundsätzliche Frage nach der Zuständigkeit für Gemeindeangelegenheiten stellen. Die Gemeinde des lebendigen Gottes gehört zu einem Reich, das nicht von dieser Welt ist (Joh 17). Genauer gesagt gehört die Gemeinde zum Reich Gottes. In diesem Reich sitzt Christus auf dem Thron. Folglich bestimmt er allein in diesem Reich und dessen Belange. Jesus regiert über die Gemeinde. Dazu hat er Männer eingesetzt, die in seinem Namen die geistlichen Belange der Ortsgemeinde zu seiner Ehre verantworten.
Das bedeutet, dass die Reiche dieser Welt (die übrigens nur vorübergehend existieren und vergehen werden im Gegensatz zum Reich Gottes, welches ewig existieren wird) innerhalb des Reiches Gottes keine Weisungsbefugnis haben, was geistliche Inhalte und Form, sowie Ausübung der Gottesdienste betrifft (2). Der Prophet Daniel ist hierin ein leuchtendes Beispiel an Hingabe und Gottvertrauen. Er orientierte sich bei Erlassen des Staates stets daran, was Gott ihm diesbezüglich sagte. So wurde ihm zum einen etwas verboten, was Gott ihm jedoch ausdrücklich geboten hatte, nämlich den alleinigen Schöpfergott anzubeten. Dann wurde ihm etwas geboten, wovon er wusste, dass dies vom Wort Gottes her verboten war, nämlich einen fremden Gott anzubeten.
Bei allem Nachdenken und Abwägen sollten wir beachten, dass Apostelgeschichte 5,29 uns diesbezüglich ein Grundsatz in unserem Leben sein sollte: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Dieser Grundsatz gilt stets dann, wenn Obrigkeiten uns etwas verbieten wollen, wo hingegen uns die Bibel ausdrücklich etwas gebietet zu tun. Gleiches Prinzip gilt, wenn uns die Obrigkeit etwas gebietet, wo hingegen die Bibel uns etwas verbietet. Diese Regel gilt für direkte, als auch indirekte Aussagen der Heiligen Schrift.
Übrigens hebelt dies Römer 13,1 ff nicht aus. Im Gegenteil. Wir unterordnen uns der Regierung in allen Bereichen. Verlangt sie von uns jedoch etwas, was dem Wort Gottes entgegensteht, gilt der Grundsatz aus Apostelgeschichte 5,29.
Kommen wir zurück zur Frage von 3G / 2G.
So mancher mag einwenden, was an einem kleinen Test so schlimm ist? Man macht ihn einfach und gut! Hier sollten wir bedenken, dass es grundsätzlich nicht um einen Test geht, sondern um die obig gestellte Frage, ob wir bereit sind, den Staat in die Belange der Gemeinde hineinregieren zu lassen. Wer nur an einen Test denkt, denkt zu kurz. Es geht hier um ein Prinzip, welches wir verteidigen oder aufgeben. Gleiches gilt für den Gemeindegesang, die Präsenzgottesdienste, den sozialen Abstand, etc. Wie dienen dem lebendigen Gott, nicht Cäsar. Wir wollen das tun, was die Bibel uns zu tun gebietet. Anderseits wollen wir nichts tun, was uns die Bibel verbietet.
Fazit: Viele besorgte Geschwister äußerten (und tun es noch immer) ihre Traurigkeit und auch ihren Unmut über die Praxis in sehr vielen Gemeinden in unserem Land innerhalb der letzten 24 Monate. Sie verstehen nicht, warum monatelang Gemeindehäuser geschlossen und die Gemeinschaft auf Eis gelegt wurde. Andere Gemeinden hatten den Gesang unterbunden, die Kinderstunden ausgesetzt oder das Abendmahl entfallen lassen. Andere prüften die Option einer Beschränkung durch 3G/ 2G und führten diese ein, wohlwissend, dass mit einer solchen Entscheidung den Gottesdienstbesuchern eine enorme Hürde zur gemeinsamen und ungehinderten Anbetung Gottes in den Weg gestellt wurde und somit die Gemeinschaft untereinander empfindlich gestört und belastet wurde. Viele Gemeinden haben sich bisher nicht von den Einschnitten erholt. Andere hat es förmlich zerrissen. Welch bedrückendes Ergebnis!
Nochmal: Bei solcherlei Überlegungen geht es um die grundsätzliche Frage, wie schnell wir bereit sind, biblische Dinge zurückzufahren oder aufzugeben, die Gott in seinem Wort als selbstverständlich voraussetzt. Wie schnell geht es dann, die Hoheit der Gemeinde dem Staat zu überlassen und somit der uns, von Gott übertragenen Verantwortung für das Wohl der Gemeinde zu entziehen.
Ja, wir haben es mit einem Virus zu tun, der unter Umständen tödlich sein kann. Und ja, wir haben eine Verantwortung, die wir wahrnehmen sollen. Wir sollen und müssen Risikogruppen schützen und die Schwachen tragen. Das ist das Gebot der Nächstenliebe. Und hier müssen wir unser Verantwortung wahrnehmen. Das erste Gebot, welches dem zweiten gleichgesetzt ist, sagt uns aber auch, dass wir Gott zuerst lieben sollen und seine Interessen vor allen anderen Interessen verfolgen sollen. Die Frage nach unserer Gesundheit, unserer Bequemlichkeit oder die Frage, was Nachbarn oder andere Gemeinden von uns denken könnten, sind dem nachgestellt. Es muss immer und zu aller erst um die Frage gehen, was der lebendige Gott möchte und wir er im Einklang mit seinem Wort geehrt wird.
Werfen wir einen kurzen Blick in die Zeit, als Charles Spurgeon mit ähnlichen Umständen zu kämpfen hatte, wie wir heute: Die Cholera-Pandemie von 1846-60, die in Russland über eine Million Todesopfer brachte, forderte auch in London im Jahr 1854 etwa 14.000 Tote. Die Behörden stellten einige besonders betroffene Stadtteile unter Quarantäne. Die Gegend um Spurgeon’s Metropolitan Tabernacle blieb von dieser Maßnahme unberührt. Spurgeon und seine Mitarbeiter intensivierten ihren Hirtendienst sogar. „Niemand von ihnen kam auf die Idee, die amtlichen Quarantäne-Einschränkungen überzuerfüllen und dies als evangelistisches Zeugnis …auszugeben.“ Gemeindeglieder, die bei den Gottesdiensten nicht erschienen, wurden daheim aufgesucht und betreut. Besonders in dieser schweren Zeit schienen die Londoner wohl besonders auf das Evangelium anzusprechen. Spurgeon sah diese Cholera-Epidemie in London „als eine von Gott geschenkte Möglichkeit, gerade jetzt das Evangelium den Menschen zu verkündigen.“(1)
Dafür beten wir:
Vielleicht ist es an der Zeit, die letzten zwei Jahre zu reflektieren. Statt sie schönzureden und so zu tun, als ob alles in Ordnung ist, sollten wir Buße tun für unser Versagen.
Dafür,
- dass wir Jesus Christus dadurch verunehrten, indem wir Gemeindetüren einfach verschlossen haben
- dass kein Lied mehr erschallte und das singende Lob nicht mehr vor dem Thron Gottes zu hören war
- dass wir eine unrechtmäßige Barriere für den Zugang zum Gottesdienst aufgestellt haben
- dass das Zeugnis verstummte, weil wir das Evangelium für uns behalten haben, statt es zu predigen und zu den Menschen zu bringen
- dass Kinder sich selbst überlassen blieben, weil die Kinderarbeit zum Erliegen kam
- dass Geschwister allein gelassen wurden, die dringend Auferbauung und seelsorgerliche Hilfe benötigten
- dass Menschen allein sterben mussten, weil uns unsere Gesundheit wichtiger war, als der geistliche Beistand in der Not
- dass unser Licht trübe wurde und das Salz an Geschmack verlor und damit kraftlos wurde.
Nichts benötigen wir mehr, als das aufrüttelnde, offenbarende und heilende Handeln Gottes in unserem persönlichen Leben und dem unser Gemeinden. Wir wollen Buße tun, für unseren Unglauben, unsere Lauheit, die fest sitzenden Traditionen und selbstgemachten Gesetze, die geistliches Leben mehr hindern als fördern, ja es manchmal sogar ersticken. Wir wollen zum HERRN rufen, dass wir zu neuer geistlicher Frische zurückkehren. Lasst uns um Erweckung innerhalb der Gemeinden flehen, dass das Schlaffe erstarkt und die müden Gliedmaßen neu mit Kraft gefüllt werden (Heb 12,12). Lasst uns dafür beten, dass Ängste dem Vertrauen auf Jesus weichen. Lasst uns dafür beten, dass durch eine Erweckung der Gläubigen auch Ungläubige zum Nachdenken kommen und gerettet werden. Lasst uns dafür beten, dass die Gemeinschaften in geistlichem Leben erblühen und Jesus dadurch gepriesen wird. Wir wollen dafür beten, dass Jesus uns neu füllt mit seinem Geist, damit wir ein lebendiges und wirksames Zeugnis sein können, unser Licht leuchten lassen können und das Salz wieder würzt.
Möge der HERR über Leben und Tod sich über uns erbarmen.
Vielleicht können dann irgendwann die westlichen Gemeinden auch wieder zum Vorbild für andere Erdteile werden.
Thomas Lange, Pastor der Christlichen Gemeinde Niesky
Fußnoten:
- Chang, Geoff, 5 Lessons in Spurgeons Ministry in a Cholera outbreak. In: https://www.thegospelcoalition.org/article/spurgeon-ministry-cholera-outbreak/
- Der Einwand gegen diese Sicht mit dem Argument, dass man ja schließlich auch auf die Obrigkeit hört, wenn es beispielsweise um Brandvorschriften geht, ist ein Strohmannargument. Dieser Einwand hat keine Bewandtnis, da es bei Brandvorschriften nicht um geistliche Dinge geht und die Ausübung eines Gottesdienstes davon nicht beeinflusst wird.
Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 8. Juni 2022 um 8:43 und abgelegt unter Corona, Gemeinde, Kirche.