Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Rechtsgutachten zu den Freiheitseinschränkungen für Ungeimpfte

Montag 18. Oktober 2021 von Prof. Dr. Dietrich Murswiek


Prof. Dr. Dietrich Murswiek

Zusammenfassung

Das Gutachten untersucht die 2G- und 3G-Regeln sowie die Ungleichbehandlung der Ungeimpften bezüglich der Quarantänepflichten auf ihre Verfassungsmäßigkeit und kommt zu dem Ergebnis, dass diese Regeln verfassungswidrig sind. Die Regeln über Verbote beziehungsweise Erschwerungen des Zugangs zum öffentlichen Leben für Ungeimpfte (2G und 3G) werden zunächst unter dem Aspekt untersucht, ob diese Freiheiteinschränkungen für sich betrachtet (ohne Rücksicht auf die Ungleichbehandlung mit den Geimpften) verfassungsmäßig sind (I.). Sodann wird geprüft, ob sich die Ungleichbehandlung mit den Geimpften rechtfertigen lässt (II.) und schließlich, ob der mit der Ungleichbehandlung erzeugte Druck, sich impfen zu lassen, mit dem Grundgesetz vereinbar ist (III.) In diese Prüfung wird auch die Ungleichbehandlung hinsichtlich der Quarantäne einbezogen. Auf allen drei Ebenen stellt das Gutachten die Verfassungswidrigkeit der untersuchten Regelungen fest.

(I.) 2G und 3G als verfassungswidrige Freiheitseinschränkungen

Durch die 2G-Regel werden Ungeimpfte vom Zugang zum öffentlichen Leben ausge­schlossen. Durch die 3G-Regel wird ihnen dieser Zugang erschwert, ganz besonders dann, wenn sie – wie ab 11.10.2021 vorgesehen – die als Zugangsvoraussetzung verlangten Tests selbst bezahlen müssen.

Diese Regelungen schränken die Freiheit der Ungeimpften auf schwerwiegende Weise ein. Bei Anwendung der 2G-Regel sind Ungeimpfte fast vom gesamten öffentlichen Leben ausgeschlossen, nämlich z.B. von Kino-, Theater-, Opern- oder Konzertbesuchen, von der Teilnahme an Sportveranstaltungen, an Kongressen, an Vortragsveranstaltungen. Sie dürfen keinen Kaffee im Café mehr trinken, nicht in die Kantine zum Mittagessen gehen und nicht im Restaurant speisen. Bei Anwendung der 3G-Regel sind ihnen all diese Aktivitäten durch die Notwendigkeit, einen tagesaktuellen Test vorzulegen, wesentlich erschwert. Spontane Entscheidungen, z.B. in eine Kneipe zu gehen, sind praktisch nicht mehr möglich. Außerdem wird sehr vielen Menschen durch die Kostenpflichtigkeit der nötigen Tests die Wahrnehmung ihrer Freiheitsausübung praktisch unmöglich gemacht. Im Übrigen wird sie so teuer, dass die Betreffenden größtenteils darauf verzichten werden – beispielsweise, wenn ein Cappuccino im Café nicht mehr für drei Euro zu haben ist, sondern einschließlich des Preises für den Test 18 oder 20 Euro kostet, oder wenn die Kosten für den Kinobesuch sich einschließlich des Tests mehr als verdoppeln.

Durch diese Freiheitseinschränkungen sind etliche Grundrechte betroffen, in der Regel die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), aber je nach Umständen auch z.B. die Berufsfreiheit oder das Recht auf Ausbildung (Art. 12 Abs. 1 GG), die Wissenschaftsfreiheit oder die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG).

Diese Grundrechtseinschränkungen wären nur dann gerechtfertigt, wenn sie auf einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage beruhten und in jeder Hinsicht dem Verhältnis­mäßigkeitsgrundsatz entsprächen. Dies ist nicht der Fall. Die Freiheitseinschränkungen sind schon deshalb rechtswidrig, weil sie das Bestehen einer epidemischen Lage von nationaler Bedeutung voraussetzen. Diese Lage wurde zwar vom Bundestag festgestellt, so dass die Feststellung als formelle Voraussetzung erfüllt ist. Maßnahmen nach § 28a IfSG dürfen aber nur dann ergriffen werden, wenn auch die materiellen Kriterien einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite erfüllt sind. Dies ist nicht der Fall.

Abgesehen hiervon sind die Freiheitseinschränkungen mit dem Verhältnismäßigkeits­grundsatz unvereinbar. Zur Vermeidung einer Überlastung der Intensivstationen sind die 2G- und 3G-Regeln nicht erforderlich, weil es eine Gefahr für die Überlastung der Inten­sivstationen zur Zeit nicht gibt und weil dem Entstehen einer solchen Gefahr mit anderen – die Freiheit von Personen, die für die Entstehung dieser Gefahr nicht verantwortlich sind („Nichtstörer“), nicht einschränkenden – Mitteln entgegengewirkt werden kann.

Abgesehen hiervon ist der generelle Ausschluss der Ungeimpften vom Zugang zum öf­fentlichen Leben im Sinne der 2G-Regel im engeren Sinne unverhältnismäßig. Auch die 3G-Regel ist in ihrer kostenpflichtigen Variante mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unvereinbar. Das ergibt sich schon daraus, dass der Einzelne hier nicht nur – entgegen dem rechtsstaatlichen Freiheitsprinzip – seine Ungefährlichkeit mit Hilfe des Tests beweisen muss, sondern dass ihm zusätzlich die Kosten für die – eigentlich dem Staat obliegende – Beweisführung auferlegt werden, ohne dass diese Kostenpflicht sich infektionsschutzrechtlich rechtfertigen ließe. Der Einzelne muss sich, um die ihm kraft seiner Menschenwürde garantierte Freiheit ausüben zu können, mit dem Test sozusagen eine Eintrittskarte kaufen.

Soweit der Staat die 2G- und 3G-Regeln damit rechtfertigen will, dass sie der Minimierung der schweren Krankheitsverläufe und Todesfälle dienten, geht es nicht um Gefahrenabwehr, sondern um Optimierung des Gesundheitsschutzes im Sinne einer Risikovorsorge unterhalb der Gefahrenschwelle. Um Risiken zu bekämpfen, die nicht ganz erheblich größer sind als die allgemeinen Lebensrisiken, die seit jeher akzeptiert sind und den Staat noch nie zu Interventionen durch Freiheitsbeschränkungen für die Allgemeinheit bewogen haben, darf nicht die Freiheit von Menschen eingeschränkt werden, die für diese Risken nicht verantwortlich sind. Mit 2G und 3G aber schränkt der Staat die Freiheit von „Nichtstörern“ ein, von Menschen, die nicht infektiös und daher nicht verantwortlich für Infektionsgefahren sind. Die Freiheit ist dem Einzelnen nach dem Grundgesetz kraft seiner Menschenwürde garantiert. Er erhält sie nicht erst dann von der Obrigkeit zugeteilt, wenn er beweisen kann, dass er vom Staat definierte Kriterien für seine Ungefährlichkeit erfüllt.

Schon das Freiheitsprinzip gibt insoweit das Abwägungsergebnis vor. Der Einzelne ist für die Senkung allgemeiner Lebensrisiken nicht verantwortlich, und der Staat darf ihn nicht durch Freiheitseinschränkungen dafür in Anspruch nehmen. Der Staat mag, wenn er dies für richtig hält, durch Ausbau des Gesundheitssystems und andere – nicht freiheitseinschränkende Maßnahmen – die vorhandenen Gesundheitsrisiken einschließlich derer durch SARS-CoV-2 minimieren. Aber Freiheitseinschränkungen zur Minimierung von Risiken, die unterhalb des Levels allgemein akzeptierter allgemeiner Lebensrisiken bleiben, sind immer unverhältnismäßig, wenn sie sich gegen Personen richten, die diese Risiken nicht verursachen. In ganz besonderem Maße unverhältnismäßig sind die mit den 2G- und 3G-Regeln bewirkten Freiheitseinschränkungen im Übrigen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Denn in diesen Altersgruppen führt die Infektion mit SARS-CoV-2 fast nie beziehungsweise selten zur Erforderlichkeit einer Intensivbehandlung. Diese Altersgruppen vom Zugang zum öffentlichen Leben auszuschließen, oder ihnen den Zugang durch kostenpflichtige Tests zu erschweren, trägt zur Vermeidung einer Überlastung der Intensivstationen praktisch nichts bei.

(II.) Die Benachteiligung Ungeimpfter gegenüber Geimpften und Genesenen durch die 2G- und 3G-Regeln sowie die Quarantänepflichten

In den 2G- und 3G-Modellen werden Ungeimpfte im Vergleich zu Geimpften und Genesenen ungleich behandelt. Geimpfte und Genesene haben uneingeschränkt Zugang zu Veranstaltungen, Einrichtungen, Restaurants usw., während Ungeimpften der Zugang vollständig verboten (2G) oder nur bei Vorlage des Nachweises eines negativen Tests erlaubt ist (3G). Auch bei der Quarantäne werden Geimpfte und Genesene im Vergleich zu Ungeimpften bevorzugt.

Diese Ungleichbehandlungen wären verfassungsmäßig, wenn sie sich durch einen legitimen Gemeinwohlzweck rechtfertigen ließen. Dies ist – wie die Untersuchung zeigt – nicht möglich. Kein legitimer Zweck wäre es, mit dem Mittel der Benachteiligung die Impfung zu er­zwingen. Als legitimer Zweck der 2G- und 3G-Regeln sowie auch der Quarantäne-Regeln kommt jedoch in Betracht, einer unterschiedlichen Infektiosität von Geimpften und Ungeimpften Rechnung zu tragen. Die unterschiedliche Behandlung der Geimpften und der Ungeimpften wäre im Hinblick auf das Ziel, die Epidemie einzudämmen und auf diese Weise eine Überlastung der In­tensivstationen zu vermeiden und die Zahl der schweren Erkrankungen und Todesfälle zu minimieren, gerechtfertigt, wenn die Geimpften durch die Impfung sterile Immunität erlangt hätten und nur die Ungeimpften sich infizieren und das Virus weiterverbreiten könnten.

Nach dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist diese Voraussetzung eindeutig nicht gegeben. Die Impfung vermittelt keine sterile Immunität. Auch Geimpfte können sich infizieren, infektiös werden und andere Menschen anstecken. Es gibt Hinweise darauf, dass die Geimpften in der ersten Zeit nach Wirksamwerden der Impfung sich weniger häufig infizieren als Ungeimpfte, aber im zeitlichen Abstand zur Impfung verringert sich offenbar dieser Unterschied, und nach einer neuen Studie sind die Geimpften vier Monate nach der Impfung praktisch genauso häufig infektiös wie Ungeimpfte.

Deshalb lässt sich eine kategoriale Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften bei Regeln über den Zugang zum öffentlichen Leben und auch bezüglich der Quarantänepflichten nicht mit Sachgesichtspunkten des Infektionsschutzes rechtfertigen. Auch deshalb sind die 2G- und 3G-Regeln verfassungswidrig, ebenso die auf Ungeimpfte beschränkten Quarantänepflichten.

(III.) Die diskriminierende Ungleichbehandlung Ungeimpfter als indirekter Impfzwang

Mittels der Benachteiligung der Ungeimpften beim Zugang zum öffentlichen Leben durch die 2G- und 3G-Regeln sowie durch die nur für Ungeimpfte geltenden Quarantänepflichten wird ein starker Druck auf die Ungeimpften ausgeübt, sich impfen zu lassen. Dieser Druck wird noch verstärkt durch den Wegfall der Verdienstausfallentschädigung für Ungeimpfte, die als Reiserückkehrer oder wegen Kontakts mit Infizierten in Quarantäne müssen. Dieser Druck wirkt als indirekter Impfzwang. Zwar ist niemand rechtlich verpflichtet, sich impfen zu lassen, aber für viele Menschen ist die indirekte Zwangswirkung der Freiheitseinschränkungen, die ihnen auferlegt sind, weil sie ungeimpft sind, und von denen sie sich durch die Impfung befreien können, so stark, dass sie sich gegen ihren eigentlichen Willen impfen lassen.

Der mit der Verknüpfung von weitreichenden Freiheitseinschränkungen mit der Möglichkeit, seine Freiheit durch die Impfung „zurückzuerhalten“, bewirkte Impfdruck ist verfas­sungsrechtlich als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht über die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG) sowie als Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) einzustufen.

Dieser Eingriff wäre verfassungsmäßig, wenn er sich anhand eines verfassungsrechtlich legitimen Gemeinwohlziels rechtfertigen ließe. Dies ist aber nicht möglich.

Als legitimes Gemeinwohlziel kommt es nicht in Betracht, die Ungeimpften, auf die man Druck ausübt, vor einer Infektion zu schützen. Sie können kraft ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts autonom entscheiden, welchen Risiken für ihre Gesundheit und ihr Leben sie sich aussetzen und welche Risiken sie vermeiden wollen. Als legitimes Ziel des indirekten Impfzwangs kommt aber die Vermeidung einer Überlastung der Intensivstationen in Betracht. Gegenwärtig ist jedoch zur Erreichung dieses Ziels der Druck auf die Ungeimpften schon deshalb nicht erforderlich, weil es keine Gefahr einer Überlastung der Intensivstationen durch COVID-19-Patienten gibt. Außerdem kann einer solchen Gefahr durch andere – nicht die Freiheit von Nichtstörern einschränkende – Maßnahmen vorgebeugt werden.

Zudem wäre, wenn man in einer anderen epidemischen Lage eine Gefahr bejahen könnte, die Erstreckung des indirekten Impfzwangs auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene nicht erforderlich. Diese Altersgruppen müssten auf jeden Fall von den Impfdruck ausübenden Freiheitseinschränkungen ausgenommen werden, weil sie zur Auslastung der Intensivstationen mit COVID-19-Patienten praktisch nichts (Kinder, Jugendliche) oder sehr wenig (junge Erwachsene) beitragen.

Sofern man die Erforderlichkeit des Impfdrucks bezogen auf das Ziel der Vermeidung der Überlastung der Intensivstationen bejahen könnte, wäre der indirekte Impfzwang jedenfalls im engeren Sinne unverhältnismäßig (unangemessen). Denn die Beeinträchtigung der Betroffenen ist außerordentlich groß. Das ergibt sich schon daraus, dass ein nicht konsentierter Eingriff in die körperliche Integrität zur Erreichung öffentlicher Zwecke die Persönlichkeit des Einzelnen zutiefst betrifft und seine Menschenwürde tangiert. Von der nichtgeimpften Person aber geht keine Gefahr aus. Es ist eine Perversion des Rechtsstaatsprinzips, alle Ungeimpften als Gefährder anzusehen und in ihre körperliche Integrität einzudringen, um Zwecke der Allgemeinheit zu verfolgen.

Für den Einzelnen ist dieser Eingriff in die körperliche Integrität vor allem im Hinblick auf die mit ihm verbundenen schwerwiegenden Gesundheitsrisiken unzumutbar. Die Risiken der Impfung werden von der Bundesregierung, vom Paul-Ehrlich-Institut und von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zwar als wesentlich geringer bewertet als die Risiken einer Infektion mit SARS-CoV-2. Dies ist in diesem Zusammenhang aber irrelevant, denn jeder Einzelne entscheidet kraft seiner Autonomie, welchen Risiken er sich aussetzen will und wie er diese Risiken bewertet. Wer für sich persönlich – weil er sein Immunsystem für gesund und stabil hält und keine Vorerkrankungen hat – die Risiken der möglichen Impfnebenwirkungen für sehr viel größer als die möglichen Vorteile der Impfung hält, kann durch den indirekten Impfzwang in eine unerträgliche psychische Zwangslage versetzt werden.

Hinzu kommt, dass denkbare Langzeitrisiken der neuartigen COVID-19-Vakzine noch gar nicht systematisch ermittelt werden konnten. Über solche Risiken wissen wir nichts. Die massenhaften Impfungen haben insofern den Charakter eines riesigen Humanexperiments. Eine direkte Impfpflicht verstieße deshalb eindeutig gegen die Menschenwürdegarantie (Art. 1 Abs. 1 GG). Beim indirekten Impfzwang ist jedenfalls in der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an einem medizinischen Menschenversuch nicht erzwungen werden darf.

Der indirekte Impfzwang wiegt in der Abwägung zumindest dann, wenn der staatlich ausgeübte Druck den Einzelnen mehr als geringfügig belastet, schwerer als der mögliche Nutzen, den der Impfdruck für die Allgemeinheit hat, zumal es viele Möglichkeiten gibt, das Risiko einer Überlastung der Intensivstationen zu verringern, ohne die Menschen zur Impfung zu zwingen.

Auch mit dem Ziel, die Epidemie einzudämmen und somit die Zahl der schweren COVID-19-Erkrankungen und -Todesfälle zu minimieren und zugleich Kontaktpersonen vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu schützen, kann der indirekte Impfzwang nicht gerechtfertigt werden.

Schon die Eignung des Impfzwangs zur Erreichung dieses Ziels lässt sich bezweifeln. Denn die Hoffnung, eine hohe Impfquote werde zur Herdenimmunität führen und so die Epidemie beenden, hat sich zerschlagen. Da auch Geimpfte sich infizieren und das Virus weiterverbreiten können, wird es keine durch Impfung erzeugte Herdenimmunität geben. Da nach gegenwärtigem Stand der Erkenntnisse frisch Geimpfte weniger häufig als Ungeimpfte das Virus weiterübertragen, ist es aber vertretbar, eine gewisse Eignung der Impfung zur Eindämmung der Epidemie – nämlich zur Verminderung der Infektionszah­len in den ersten Monaten nach der Impfung – noch zu bejahen.

Unter diesem Aspekt kann auch die Erforderlichkeit einer Steigerung der Impfquote noch bejaht werden.

Nicht erforderlich ist der indirekte Impfzwang aber grundsätzlich zum Individualschutz. Denn jeder Einzelne kann sich heute gegen SARS-CoV-2-Infektionen selbst schützen, indem er sich freiwillig impfen lässt. Freiheitseinschränkungen für Nichtinfizierte zum Schutz der Allgemeinheit sind daher nicht mehr nötig. Wer sich durch Impfung schützen will, schützt sich, und wer sich nicht impfen lassen will, nimmt die Risiken in Kauf, die er durch die Impfung vermeiden könnte. Die Erforderlichkeit reduziert sich insofern auf den Schutz des Personenkreises, der sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann. Dieser Personenkreis kann aber, soweit er die Risiken einer SARS-CoV-2-Infektion fürchtet, sich selbst mit anderen Mitteln als einer Impfung vor der Infektion schützen, und der Staat könnte – falls nötig – dafür auch Hilfe zur Verfügung stellen.

In der Abwägung haben die Rechte der Ungeimpften auf Selbstbestimmung sowie auf Leben und körperliche Unversehrtheit größeres Gewicht als der Schutz anderer Menschen, deren COVID-19-Risiko nicht größer ist als andere Risiken, denen alle Menschen ausgesetzt sind, ohne dass der Staat mit Freiheitseinschränkungen für andere Menschen, die diese Risiken nicht verursacht haben, interveniert.

Die Vorenthaltung der Verdienstausfallentschädigung für quarantänepflichtige Ungeimpfte verstärkt das Gewicht der Freiheitseinschränkungen bei der Abwägung noch erheblich. Der ohnehin schon verfassungswidrige indirekte Impfzwang wird so noch deutlicher verfassungswidrig. Mit dieser Maßnahme setzt der Staat in besonders deutlicher und zynischer Weise die Impfung als „Tor zur Freiheit“ ein. Die Impfung wird zur Voraussetzung gemacht, seine Freiheitsrechte wahrzunehmen, obwohl es hierfür keine verfassungsrechtlich tragfähige Rechtfertigung gibt. Damit wird das Freiheitsverständnis des Grundgesetzes umgedreht: Der Einzelne ist nicht mehr kraft seiner Menschenwürde frei, sondern er ist frei, weil er sich einem staatlichen Ansinnen unterwirft, dem Ansinnen, sich impfen zu lassen.

Fazit:

Alle Benachteiligungen der Ungeimpften durch die 2G- und 3G-Regeln sowie durch die Vorenthaltung einer Quarantäneentschädigung lassen sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen und müssen sofort aufgehoben werden.

Quelle:

Freiheitseinschränkungen für Ungeimpfte. Die Verfassungswidrigkeit des indirekten COVID-19-Impfzwangs
Rechtsgutachten vorgelegt von Professor Dr. Dietrich Murswiek im Auftrag der Initiative freie Impfentscheidung e.V. am 4.10.2021
www.impfentscheidung.online

Dieser Beitrag wurde erstellt am Montag 18. Oktober 2021 um 8:39 und abgelegt unter Corona, Gesellschaft / Politik.