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Eine biblische Beurteilung des Kapitels „Biblische Grundlinien zur Stellung von Mann und Frau“ in dem Buch „Frauen verändern diese Welt“

Samstag 4. April 2009 von Johann Hesse


Johann Hesse

Eine biblische Beurteilung des Kapitels „Biblische Grundlinien zur Stellung von Mann und Frau“ in dem Buch „Frauen verändern diese Welt“, Brunnen Verlag, Gießen, 2005 von Elke Werner

1 Der Hintergrund

Frau Werner nähert sich dem Thema von der Erfahrungsseite her. Sie hat erlebt, dass sie in einer Aufbruchs- und Erweckungssituation mit aller Selbstverständlichkeit Leitungsämter übernahm, als Frau predigen durfte und Autorität ausüben durfte (S.124). Bei der Brüdergemeinde lernte sie einen von der Bibel begründeten Ansatz kennen, der sie positiv beeindruckte, der aber die bisherige Praxis in Frage stellte. Durch ihren Mann Roland Werner lernte sie dann eine Sichtweise kennen, nach der Mann und Frau gleiche Gaben, gleiche Aufgaben und gleiche Rechte und Pflichten haben (S. 126). In der Folgezeit suchte sie nun nach Belegen in der Schrift, um eine eigene Position zu finden. (S. 126).

2 Das „Gaben-Argument“

Eine Frage, die sie bewegte: Wieso hat Gott mir die Gabe gegeben, zu predigen, wenn ich sie nicht einsetzen darf? (S. 126). Diese Frage beantwortet sie dann später, indem sie sagt, dass der Heilige Geist Männern und Frauen gegeben wird und mit Blick auf 1Kor 12 der Geist die Gaben gibt, wie er und wem er will (S. 161/162).

Hier möchte ich einhaken: Ist es nicht so, dass immer wieder Gaben gegeben werden, die einer Beschränkung oder Auflage unterliegen? So gibt Gott schon im Garten Eden die Gabe eines Baumes mit einer sehr schön anzusehenden Frucht und beschränkt doch den Zugang zu dieser Frucht. So schenke ich meinen Kindern ein Fahrrad, gestatte Ihnen das Fahrradfahren auf dem Hof, untersage aber das Radfahren auf der angrenzenden Bundesstraße. Gott kann Gaben geben und den Gebrauch der Gabe einschränken. Gott gibt die Gabe der Lehre auch an die Frauen. Ausdrücklich wird den Frauen gesagt, sie sollten die jungen Frauen lehren (Titus 2,3.4), wir erleben Priszilla und ihren Mann Aquila im evangelistischen Gespräch, wo die Gabe ebenfalls gebraucht wird und auch Kinder und Jugendliche profitieren von der Lehrgabe, die Frauen in der Gemeindearbeit selbstverständlich einbringen sollen. Und doch ist Gott frei, die Gabe auf bestimmte Gebiete zu beschränken und den Gebrauch für andere Gebiete zu untersagen.

3 Das Argument der Einheit in Christus

Zweimal bezieht sich Frau Werners Argumentation auf den Paulusvers: Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. (Gal 3,28) Sie führt diesen Vers an, um sagen zu können, dass in Christus eine völlige Gleichheit der Geschlechter in Bezug auf die Rangordnung der Geschlechter in der Familie, in der Gemeinde und auch in den Aufgaben und Ämtern der Gemeinde herrscht. Ein Vers muss aber immer in seinem Gesamtzusammenhang gesehen werden, um ihn richtig auszulegen und die Intention des Verses zu treffen. Worum geht es im Zusammenhang? Geht es um die Rangordnung der Geschlechter in Ehe und Gemeinde? Nein, denn es geht Paulus darum, dass Gottes Heilswillen allen Menschen unabhängig von Geschlecht, Nationalität und sozialem Stand gilt. Alle werden in Christus mit Gott versöhnt und zu einer Einheit zusammengefügt. Wie dieser geeinte Leib geleitet wird und wer darin welche Aufgaben übernehmen soll und wie das Verhältnis von Mann und Frau gelebt werden soll, ist in dieser Stelle nicht behandelt. Hier missachtet Frau Werner ein Grundprinzip der Bibelauslegung: Kontext beachten. Verse nicht aus dem Zusammenhang lösen und eigenwillig in neue Zusammenhänge hineinsetzen.

4 Die schöpfungstheologische Argumentation

4.1 Gleicher Segen, gleicher Auftrag

Frau Werners Argumentation basiert insbesondere auch auf einer Auslegung des Schöpfungsberichts. Das Kapitel „Gleicher Segen, gleicher Auftrag“ (S. 138) bemerkt zu Recht, dass Gottes ursprünglicher Auftrag an das Menschenpaar derselbe war. Beide sollten bebauen, sich mehren und herrschen. Doch daraus lässt sich nicht ableiten, in welcher Stellung Mann und Frau zueinander stehen und welche Aufgaben, Mann und Frau in der Gemeinde wahrnehmen sollten. Bis heute haben sowohl Mann und Frau in gleicher Weise diesen Schöpfungsauftrag Gottes gemeinsam zu gestalten, wobei jeder innerhalb dieses Gestaltungsauftrages selbstverständlich unterschiedliche Aufgaben übernimmt.

4.2 Die Gleichheit von Frau und Mann

Die Frau wird aus der Seite des Mannes erschaffen. Daraus ergibt sich auch die Gleichheit von Mann und Frau. Doch die Gleichheit von Mann und Frau, ihre Gleichwertigkeit und das gemeinsame Vorrecht der Ebenbildlichkeit werden auch von den Auslegern nicht bestritten, die das von Frau Werner abgelehnte „Unterordnungsmodell“ lehren (S. 128). Ihrer Auslegung zur Frau als Hilfe ist zuzustimmen (S. 140). Das Wort „Hilfe“ erlaubt keine abwertende Sichtweise der Frau, ich bin aber noch bei keinem Bibelausleger auf solch eine Sicht gestoßen.

4.3 Vorherrschaft durch zeitliche Abfolge

„Manche Ausleger leiten aus der Tatsache, dass Adam zuerst geschaffen wurde, eine Rangfolge ab.“ So leitet Frau Werner das Kapitel ein, um das Argument dann gleich zurückzuweisen mit der Frage, ob etwa auch die Würmer über Adam herrschen sollten, denn diese seien ja vor Adam erschaffen worden. Ihr Fazit: „Nicht die zeitliche Reihenfolge bestimmt die Rangfolge.“ (S. 143). Hier ist es nun bezeichnend, dass Frau Werner mit keinem Wort auf die Herkunft dieser Auslegung „mancher Ausleger“ eingeht. Sie verschweigt, dass sie im Kern vom Apostel Paulus stammt: Eine Frau lerne in der Stille mit aller Unterordnung. Einer Frau gestatte ich nicht, daß sie lehre, auch nicht, daß sie über den Mann Herr sei, sondern sie sei still. Denn Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva. (1Tim 2,12.13). Kein Ausleger wird aufgrund dieser Stelle der Stelle der Frau eine erniedrigte Stellung zuweisen. Und doch geht es hier um klare Anweisungen der Schrift, wie das Verhältnis von Mann und Frau im Kontext des Lernens und Lehrens in der Gemeinde gestaltet werden soll. Die Argumentation des Apostels basiert auf eben diesem schöpfungstheologischen Argument, dass Frau Werner ablehnt: Adam wurde zuerst erschaffen, danach Eva. Es ist mindestens verwunderlich, dass Frau Werner hier von „manchen Auslegern“ spricht, die Argumentation des ersten Timotheusbrief noch nicht einmal erwähnt und das von Paulus stammende Argument der zeitlichen Abfolge mit dem „Wurmargument“ vom Tisch wischt. Spätestens an dieser Stelle werden der exegetische Ansatz und die Argumentation des Buches/Kapitels unglaubwürdig und irreführend.

4.4 Der Ungehorsam Evas

Ohne Frage hat Frau Werner Recht, dass in der Kirchengeschichte Frauen aufgrund von Fehlinterpretationen Unrecht getan wurde (Hexenprozesse; Inquisition) (S. 150). Und doch ist es nicht statthaft und auch unfair, wenn sie dann dieses schreckliche Unrecht im selben Abschnitt mit der Aussage verbindet, dass auch der Ausschluss von Frauen aus Lehr- und Predigtämtern zu den traurigen Folgen dieser Interpretationen gehört. Denn auch hier sind es nicht irgendwelche Ausleger oder besonders konservative Theologen, sondern wiederum Paulus selbst, der so argumentiert: Und Adam wurde nicht verführt, die Frau aber hat sich zur Übertretung verführen lassen. (1Tim 2,14) Der „Ausschluß“ von Frauen aus dem Lehr- und Predigtdienst ist keine Fehlentwicklung der Kirchengeschichte vergleichbar mit den Hexenprozessen, sondern das ernsthafte Bemühen von Christen, das Wort Gottes an mehren entscheidenden Stellen in den paulinischen Briefen (1Tim 2; 1Kor 14,33.34) wirklich ernst zu nehmen. Ich kann in Frau Werners Argumentation dieses ernsthafte Bemühen und Ringen um Wahrheit nicht entdecken, da sie die Schriftstellen weder zitiert, noch sich ernsthaft mit ihren Aussagen auseinandersetzt.

4.5 Frauen im AT und in Begegnungen mit Jesus

Ohne Zweifel hat es im Alten Testament herausragende Frauengestalten gegeben, wie Frau Werner betont (S. 156). Auch hatte Jesus selbstverständlich ein völlig unvoreingenommes und positives Verhältnis zu Frauen (S. 158). Beides ist richtig und doch widerlegen sie nicht die Tatsache, dass im Neuen Testament allein Männer mit der Verantwortung des Ältestenamt beauftragt werden (1Tim 3,2; Titus 2,5-6)) und Paulus ausdrücklich die Frau aus dem Verantwortung der Lehre herausnimmt und damit ausschließlich den Männern überantwortet (1Tim 2; 1Kor 14)

4.6 Die negative Sicht der Unterordnung

Mehrfach wird deutlich, dass Frau Werner das „Unterordnungsmodell“ mancher Gemeinden ablehnt und in Anspielungen negativ darstellt, indem sie davon spricht, man wolle mit Bibelauslegungen die Herrschaft des Mannes über die Frau legitimieren (S. 142). Doch auch hier erwähnt sie nicht, dass das „Unterordnungsmodell“ gute neutestamentliche Lehre ist, die von Paulus mehrfach und auch von Petrus gelehrt wird (1Kor 11,3; Eph 5,24; Titus 2,5; 1Petr 3,1) und die Gottes guter Plan für unsere Ehen und Familien ist. So beruht die Lehre der Unterordnung auf der Unterordnung Christi unter das Haupt Gottes des Vaters (1Kor 11,3). So wie sich Christus dem Haupt des Vaters unterordnet, soll sich der Mann dem Haupt Christus unterordnen und die Frau dem Haupt des Mannes (1Kor 11,3). Der Begriff Unterordnung ist aus neutestamentlicher Sicht nicht negativ, sondern ausgesprochen positiv besetzt. Die Unterordnung der Frau unter das Haupt des Mannes wird dann im Epheserbrief noch weiter ausgeführt und mit Inhalt gefüllt. Hier wird sichtbar, dass der Mann als Haupt sich in fürsorglicher und liebender Hingabe (Eph 5,25), um seine Frau kümmert und die Frau sich mit Gottes Hilfe der fürsorglichen und geistlich ausgerichteten Leitung des Mannes unterordnet (Eph 5,22). Es ist schade, dass Frau Werner noch nicht einmal den Versuch unternimmt, dieses positiv besetzte und mit Liebe gefüllte „Unterordnungsmodell“ aus den neutestamentlichen Texten herauszuarbeiten.

5 Fazit

Ohne Frage schreibt Frau Werner in den beiden Kapiteln „Auf dem Weg der Veränderung“ und „Biblische Grundlinien zur Stellung von Mann und Frau“ viel Gutes und Richtiges. Allerdings ist es mehr als verwunderlich, wie Frau Werner über die „biblischen Grundlinien zur Stellung von Mann und Frau“ schreiben kann, dabei sowohl das biblische „Unterordnungsmodell“ ablehnt, als auch gegen den Apostel Paulus die völlige Predigt- und Lehrfreiheit für die Frau in der Gemeinde einfordert, ohne dabei die klassischen entscheidenden Bibelstellen (Eph 5,21ff und 1Tim 2,8ff) zu diesen beiden Themen weder zu zitieren, noch sich mit ihnen inhaltlich auseinanderzusetzen.

04.04.2009

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Samstag 4. April 2009 um 16:46 und abgelegt unter Ehe u. Familie, Rezensionen.