Gemeindenetzwerk

Ein Arbeitsbereich des Gemeindehilfsbundes

Predigt über Hesekiel 34: Personalwechsel in der Leitungsebene

Freitag 15. Dezember 2017 von Pastor Dr. Stefan Felber


Pastor Dr. Stefan Felber

I. Der Hirtendienst Jakob Mameos

Ich will euch erzählen von dem kleinen Jungen Jakob, der im Stamm der Massai in Tansania aufwuchs. Seit Jahrhunderten hatte dieser Stamm in den Steppen gelebt. Was elektrischer Strom ist, hat Jakob erst in der 9. Klasse gelernt. Massai mischen sich nicht mit anderen Stämmen, sie leben für sich. Der Vater von Jakob lebte in einer traditionellen Vielehe mit sieben Frauen. Jede hatte ringsum ihr Haus ringsum, mit je ihren Kindern. Stellt euch vor, wie viele es waren. Jakob hat 51 Geschwister, zusammen waren sie also 52 Kinder. Seit Jakob denken konnte, war er ein Hirtenjunge. Er hütete Kühe in der Steppe: Das war seine erste Arbeit, mit Freuden und großen Problemen. Jakob erzählt: Am Morgen geht es um 7 Uhr raus, etwas essen, dann ist man den ganzen Tag zu zweit oder sogar allein mit ca. 400 Kühen unterwegs, und es gibt erst abends um sieben wieder was zu Essen. Ich war total mager, dünn wie ein Faden. Wenn ein starker Wind blies, hielt ich mich am Baum fest!

Wie ging es beim Hüten? Jakob erzählt: Es gibt gefährliche Tiere: Löwen, Elefanten, Büffel und andere. Du mußt wissen, wenn du da Fehler machst, frißt der Löwe deine Kühe. Wir haben richtiggehend gelernt, wie man mit den wilden Tieren umgehen mußte. Ich war höchstens 15, da konnte ich mit dem Speer einen Löwen erlegen, das war eigentlich etwas übliches, das haben wir gelernt. Man hatte uns beigebracht: Wenn du es versuchst, mußt du sofort und tödlich treffen, sonst wendet sich der Löwe dir zu. Wenn du ihn nicht gleich tötest und nur verletzt, wendet er sich dir zu und geht auf dich los [vgl. 1.Sam 17,34f.].

Man muß beim Hüten auch die Kühe gut kennen. Es gibt immer Kühe, die schnell gehen, und andere, die langsam gehen. Derjenige der hütet, muß immer darauf achten, sie zusammenzuhalten. Die schnellen Kühe muß ich bremsen, die langsamen antreiben – sonst gehen dir welche verloren. Wer das nicht versteht, dem gehen Kühe verloren. Wenn wir am Abend heimkamen und Kühe verloren gegangen waren, wurden wir hart bestraft. Darum haben wir besonders auf die langsamen Kühe geachtet.

Und da war die Sache mit dem Zaun. Es gibt einzelne Kühe, die drüberspringen können, die muß man kennen. Wenn eine Kuh es vormacht, bringt sie es den anderen Tieren auch bei! Die das können, muß man anbinden an einen Baum.

Später hat Jakob Theologie studiert. Heute ist Jakob ein Bischof in der Morogoro-Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias: Jakob Mameo, vielleicht kennen ihn unter uns manche. Die tansanische Kirche ist heute die mitgliederstärkste lutherische Kirche im Lutherischen Weltbund, und sie ist überhaupt eine der am schnellsten wachsenden Kirchen der Welt.

Jakob Mameo hat selbst einige Parallelen zwischen dem Hirtendienst unter Menschen und dem unter Kühen gezogen. Er hat selbst wesentliche Parallelen seines Hirtendienstes zum Gemeindedienst gezogen:

1. Hüten (man kennt die Zahl der Kühe, muß sie alle wieder heim bringen!): d.h. zusammenhalten (Richtung geben, damit sie sich nicht verlaufen) und bewachen (damit sie nicht zerstreut werden). Dein Vater hat dir 50 mitgegeben, also mußt du auch 50 heimbringen!

2. Weiden bzw. Ernähren. Wenn die Kühe satt sind, geben sie viel mehr Milch, stehen still da und sind zufrieden.

Jakob Mameo erzählte aus seinem Leben auch das: Wir waren viele Kinder, und waren nicht alle gleichzeitig beim Hüten unterwegs. Wir hatten unsere Tage des Dienstes. Ein Bruder von ihm war ein Schlaumeier: Wenn er dran war, war er plötzlich krank (schon am Tag vorher). Als der Vater einmal auf Reisen war und man schon wußte, daß er jedesmal krank war, wenn er mit dem Hirtendienst dran war, da zwangen sie ihn, die Kühe zu hüten: Morgen bist du dran zum Hüten, und wenn du stirbst, dann stirbst du eben da draußen. Da ging der eben raus. Aber sie wußten: Er ist da draußen nicht freiwillig, was da wohl passiert? So gingen sie ihm nach und schauten, ob er gescheit hütet. Schon von weitem hörten sie die Kühe brüllen. Am Brüllen erkannten sie die Kühe. Sie hatten Hunger und kein Wasser! Der faule Bruder saß auf einem Baum und ruhte sich aus. Da fragten wir ihn: Was machst du, warum hütest du nicht? Er sagte: Was wollt ihr – es fehlt doch keine. Tatsächlich: Es waren alle da, er hat sie zwar bewacht, aber nicht genährt.

Jer 3,15: Ich will euch Hirten geben nach meinem Herzen, die euch weiden sollen in Einsicht und Weisheit.

II. Hesekiel 34

Weiden: die Herde abgrenzen, zusammenhalten; die Herde ernähren; die Herde verteidigen. Das sind auch die wesentlichen Aspekte, die wir auf dieser Tagung als Weiden, Bewachen und Trösten bedacht haben.

Hesekiel spricht mit der größten Bestimmtheit! Kein «Könntet ihr vielleicht diese oder jene Reform anpacken», «wir sollten mal überlegen, dieses Konzept einzubauen» oder so ähnlich. Nein. Hier geht es um einen göttlich bestimmten Personalwechsel in der Kirchenleitung. Dieser Text ist das Kündigungsschreiben für das Königtum in Israel. Das haben sie nun rund 400 Jahre lang probiert – und das reicht jetzt. Die Erfahrungen waren negativ: Alle Könige des Nordreichs Israel und fast alle Könige des Südreichs Juda haben sich von Macht und Ansehen korrumpieren lassen. Und die wenigen im Süden, die bescheiden blieben und zum politisch korrekten Pluralismus Abstand hielten, das waren zu wenige, um das Volk entscheidend zu prägen.

Gott gibt hier ein Kündigungsschreiben, in dem auch die Begründung mitgegeben ist: Ihr hättet mein Volk weiden sollen, statt dessen habt ihr euch selbst geweidet. Ein Kündigungsschreiben ist aber nicht nur ein Ruf in die Buße. Mit so einem Schreiben in der Hand kann man sich auch nicht bei einem anderen Arbeitgeber bewerben. Es ist ein wirklicher Abschied. Für alle Leitungsaufgaben muß jemand anderes eingestellt werden. So kam es, daß Gott nach dem Exil keinem jüdischen König mehr die Macht über sein Volk gegeben hat. Makkabäer und Zeloten, diese jüdischen Parteien, wollten das zwar wieder herstellen, aber Gott wollte es nicht. Das Königtum als menschliche Institution für die Leitung des Gottesvolkes hatte abgewirtschaftet.

Halten wir inne. Wie ist das möglich? Hatte Gott nicht in 2.Samuel 7 garantiert, daß für ewig ein Sohn aus dem Stamm Davids auf dem Thron in Jerusalem sitzen sollte? Doch, hatte er. Und trotzdem gibt er der bisherigen Form, dieser Monarchie den Abschied, und zwar in seiner Weisheit so, daß die Verheißung in Kraft bleibt:

2.Sam 7,16: Aber dein Haus und dein Königtum sollen beständig sein in Ewigkeit vor mir, und dein Thron soll ewiglich bestehen. (vgl. auch V. 19)

1.Chr 17,14: … sondern ich will ihn einsetzen in mein Haus und in mein Königtum ewiglich, dass sein Thron beständig sei ewiglich. … (Davids Antwort im Gebet:) 23 Nun, HERR, das Wort, das du über deinen Knecht und über sein Haus geredet hast, werde wahr in Ewigkeit, und tu, wie du geredet hast! 24 Und dein Name werde wahr und groß ewiglich, dass man sage: Der HERR Zebaoth, der Gott Israels, ist Gott in Israel; und das Haus deines Knechtes David sei beständig vor dir. 25 Denn du, mein Gott, hast das Ohr deines Knechtes geöffnet und gesagt, dass du ihm ein Haus bauen willst. Darum hat dein Knecht den Mut gefunden, dass er vor dir betet. 26 Nun, HERR, du bist Gott und hast deinem Knecht dies Gute zugesagt. 27 So fange nun an zu segnen das Haus deines Knechtes, dass es ewiglich vor dir sei; denn was du, HERR, segnest, das ist gesegnet ewiglich.

Obwohl Gottes Gaben und Berufung ihn nicht gereuen können (Röm 11,29), und obwohl er so unverbrüchlich gesprochen hat, kündigt Gott jetzt an, einen neuen, anderen Hirten einzusetzen: Dieser ist auch wieder ein «David», und dieser wiedererstandene David ist nicht nur aus dem Geschlecht Davids, sondern vom Geschlecht Gottes. Wir kennen seinen Namen aus dem Neuen Testament: Jesus von Nazareth, der Christus. In ihm kommt Gottes «Ich will selbst», «Ich will mein Volk wieder selbst leiten und weiden» zum Zug.

Hesekiel hat nicht nur diesen Übergang in seinem Buch festgehalten, sondern auch den Übergang vom alten zum neuen Herzen, Kap. 36. Der ganze Vorgang ist die heilsgeschichtliche Verwirklichung von Röm 5,20: Wo die Sünde groß war, ist die Gnade überfließend geworden. Das menschliche Erbkönigtum konnte Israel nicht in die Heiligung vor Gott führen, sondern nur dazu, daß es wird, wie alle Heiden sind. Also gab Gott in seiner Gnade seinen Sohn Jesus Christus als den einen guten, den perfekten Hirten.

Auch hat sich das Volk Israel als ganzes als untauglich erwiesen, Gottes Volk zu heißen, so daß Gott wirklich dort wohnen kann. Darum mußte Israel ins Exil. Doch Gott erwählte sich ein anderes, größeres Volk, und sorgte selbst dafür, daß seine Gebote erfüllt werden (Pfingsten).
Und so weiter. Die Heilsgeschichte ist der große Maßstab, und sie geht durch Hes 34 einen wichtigen Schritt weitergeht.

Wir wollen aber Hes 34 nicht nur heilsgeschichtlich verstehen, sondern auch auf uns anwenden. Da müssen alle Leiter in Kirche und Welt demütig bekennen: An den Maßstab, das Volk Gottes völlig uneigennützig zu weiden, kommt niemand heran.

Gott schaut genau hin, wenn ein Hirte eine Herde weidet. Es ist gefährlich, vor der Gemeinde zu stehen und sich anzumaßen, die Herde in die Gegenwart des Heiligen zu führen. V. 10: „So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, daß sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden.“

Kann dieses sich selbst weiden auch hier und jetzt stattfinden, sogar beim Dienst der Wortverkündigung? Ja, es kann. Welcher Prediger kennt nicht im Herzen das Gefühl, eben auch einmal – gefallen zu wollen, ein bißchen, vielleicht sogar mehr als ein bißchen! Das Gefühl, mit der Aussicht vorne zu stehen, nachher ein warmes Dankeschön an der Kirchentüre zu erhalten, oder eine schöne Kollekte einzufahren? Gerade wir Prediger stehen in der Versuchung, mit der Predigt sich selbst zu weiden, indem sie eine „Gefälligkeit“ geben, es den Leuten recht machen. Manche stehen deshalb befangen und zitternd vor den Leuten, weil sie fürchten, etwas falsch zu machen, was vielleicht liturgisch oder politisch nicht korrekt wäre oder Anstoß erregen könnte. Von dieser Menschenfurcht müssen sich besonders jüngere Theologen lösen und um so mehr hinsehen auf den, vor dem wir uns wirklich fürchten müssen: Vor Gott, der sein „Wehe!“ über die Hirten und über alle Leiter ausrufen läßt, die sich um des Geldes oder um der Ehre willen nach vorne drängen. Er weiß, wie oft Prediger insgeheim mehr auf Anerkennung schielen, als daß sie sich der Verantwortung bewußt sind, die Gemeinde durch Wort und Sakrament in die Gegenwart des Heiligen Israels zu führen! Indem wir uns hier, liebe Herde, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes versammeln, sind wir ja nicht mehr unter uns und für uns da. „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ Der heilige und ewige Gott tritt in unsere Mitte, sucht und besucht die Seinen, will uns zu seinem Tempel machen.

Durch Hesekiel 34 läßt er sich als unter uns verkündigen als den, der angesichts des Versagens von Königen, Priestern, Propheten, Ältesten, Vätern und Müttern (von uns allen!) … eintritt in diesen Saal. Aus diesem machtvollen Kapitel mit wiederholten göttlichen „ICH WILL …“–Worten möchte ich drei Themen herausheben:

1. Das Versagen der Hirten
Die Hirten Israels haben nicht die Herde, sondern sich selbst geweidet. Kein Mensch war in der Lage, das Hirtenamt vollkommen tadellos auszuführen. Die Hirten waren Sünder, die Herde hat gelitten bis aufs Blut.

2. Die Absetzung der Hirten
Darum werden die Hirten abgesetzt, und ich, Jahwe, ich übernehme nun selbst das Hirtenamt.

3. Die Einsetzung des Einen Guten Hirten
Ich tue dies in der Person des einen guten Hirten, meines Knechts David. Der wird sie weiden und soll ihr Hirte sein.

Ich gehe die drei Themen nochmals durch und frage insbesondere, wie es damit heute bestellt ist.

1. Das Versagen der Hirten

Was im antiken Israel passierte, kennen wir aus vielen Kulturen. Höhergestellte nutzen ihre Position, mit der sie einer Gemeinschaft Ordnung und Richtung geben sollten, aus zu ihrem eigenen Vorteil – oder auch zu Lasten der nächsten Generation. Und in unserer Zeit? Unsere Vätergenerationen, ja wir alle über etwa 50, haben uns (vermittelt durch demokratische Mitverantwortung) einen sehr kräftigen Schluck aus der Kreditpulle genehmigt! Der Schluck war so kräftig, daß wir Deutsche uns beinahe daran verschluckt haben, und andere Völker (Südeuropa und Frankreich) sich wahrscheinlich sogar verschluckt haben. Die Staatsverschuldung ist horrend und beträgt weltweit jetzt etwa 60 Billionen Euro: Geld, mit dem nicht unbedingt den Ärmsten geholfen wurde, sondern das aufgenommen wurde, um Krisen, Kriege, Banken usw. zu finanzieren. Die deutschen Schulden würden ausreichen, einen Turm aus wertvollen Goldmünzen aufzubauen, der durch den ganzen Mond reicht. Aber auch im kleineren Maßstab finden wir in unserem Land immer wieder Selbstbedienung, wie sie die Propheten gegeißelt hätten. Mißbrauchsfälle aufzudecken, ist die Aufgabe des Rechnungshofs. Er forderte zum Beispiel eine Erklärung dafür, warum die Kanzlerin und einige Parteikollegen beim Abschluß der Koalitionsgespräche (2009) an einem Abend 75 Flaschen Wein für 6417,67 Euro getrunken haben – pro Person rund zwei Flaschen zum Stückpreis von 94,01 Euro – auf Kosten der Steuerzahler! Die Berliner Bundestagsverwaltung bestätigte auch, daß 115 Abgeordnete innerhalb von 12 Monaten knapp 400 Füller und Kugelschreiber der Marke Montblanc bestellt haben. Die Kosten: 68.800 Euro – zahlbar vom Steuerzahler.

Was Politiker vormachen, wird in der Privatwirtschaft oft noch gesteigert. Einige Manager lassen sich satte Abfindungen auszahlen. Mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise kassierte Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel 20 Millionen Euro auf einen Schlag. Zwar wurde er wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von einer Million verurteilt – aber die große Abfindung durfte er trotzdem behalten. Eine Putzfrau in der Marburger Uniklinik wurde fristlos entlassen, weil sie unbefugt einen Herd benutzt hatte, sich ein Fertiggericht zu erwärmen. Das Urteil gegen diese Putzfrau fiel in die gleiche Zeit, als sich der Pleitebanker der HSH Nordbank, Jens Nonnenmacher, eine Abfindung von 4 Millionen Euro erstritt. Es könnte einem vorkommen, als wollte man sich noch einmal an den Vorräten aus guten Zeiten erfreuen, bevor alles in Scherben fällt und danach nichts mehr kommt.

Wen wundert es, daß der bayerische Landesvater Horst Seehofer nach einer Rundfahrt durch seinen Wahlkreis berichtet: „Die Leute sagen mir: Ihr macht in der Politik, was ihr wollt. Wir wollen auch machen, was wir wollen.“ Die Medien bringen solche Skandale gern: Denn schlechte Nachrichten sind für die Medien gute Nachrichten – nur mit richtig schlechten Nachrichten bekommen sie mehr Aufmerksamkeit. Aber der Effekt ist dramatisch: Die Leute wollen auch machen, was sie wollen. Politiker, Banker und Manager und Kirchenleute sind nicht einfach Privatleute, sie sind auch Vorbilder, im guten wie im schlechten. Die ethischen Folgen der Gewissenlosigkeit der Hirten, der Mächtigen, Reichen und der Schönen mit ihren wechselnden Beziehungen sind niederschmetternd. Wer läßt sich sein Gewissen von Gottes Wort schärfen? Die Toren sprechen: „Es ist kein Gott“ (Ps 14,1). Der Prophet Zefanja richtet aus: „Zur selben Zeit will ich Jerusalem mit der Lampe durchsuchen und aufschrecken die Leute, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen und sprechen in ihrem Herzen: Der Herr wird weder Gutes noch Böses tun“ (Zef 1,12). Es ist finster: darum macht Gott mit seiner Lampe hell und schreckt diejenigen auf, die im Finstern nicht gesehen werden wollen (siehe auch die folgenden Verse!), oder die denken: wenn es dunkel ist, wenn ich es heimlich mache, kann ich einen Vorteil erzielen … Wer denkt nicht angesichts der großen öffentlichen Verschwendung, wer denkt nicht angesichts der unglaublichen Aufwendungen zur Bankenrettung oder jetzt zur Finanzierung der sog. Flüchtlinge: Na wenn das so ist – davon würde ich mir auch gern eine Scheibe abschneiden … Wie leicht wird bei der nächsten Steuererklärung etwas großzügiger verfahren! Oder: Wenn unsere leitenden Männer und Frauen schon in der vierten Ehe stehen, dann können solche Wechsel ja nicht so schlimm sein … Wie ein jeder lebt, so wirkt er auch auf andere. Vergessen wir das nicht, sonst werden gerade wir Christen unserer Berufung zur Treue untreu. Zeigt nicht die Erfahrung: Je schneller zwei in die Kuschelkiste steigen, desto schneller sind sie schon wieder entzwei!?

Gehälter in der EU – die Außenbeauftragte verdient mehr als der US-Präsident, und Martin Schulz hatte als EU-Mann legal unanfechtbare, aber ebenfalls unglaubliche Summen kassiert. Sie weiden sich selbst.

Und das haben wir immer wieder auch in der Kirche: Bei denen, die nur bedienen wollen, aber nicht dienen. Wer aber um des Geldes oder um des Ansehens willen der Kirche vorsteht, hat seine Vollmacht verwirkt. Als der Luxusbau von Tebartz van-Elst mit seiner goldenen Badewanne bekannt wurde, gab es kein Halten mehr. Das gilt also sowohl heilsgeschichtlich als auch immer noch persönlich für den Dienst des Theologen, und natürlich nicht für katholische, sondern um so mehr für evangelische Theologen, die um die Theologie des Kreuzes wissen. Um für Geld und Ansehen zu dienen heißt: Das Vertrauen auf Gott preisgegeben zu haben. Solcher Verlust beginnt schon dort, wo z.B. einige Frauen zusammenstehen, sich über ihre Kinder oder sonst Familiäres unterhalten, und die eigenen Verhältnisse immer noch etwas besser darstellen, als sie sind, aber den Glauben außen vor lassen.

2. Die Absetzung der Hirten

Dan 2,21: „Er setzt Könige ab und setzt Könige ein“ (vgl. Röm 13). Es ist biblisch ganz einfach: Immer ist es Gott, der eine Obrigkeit einsetzt (sei es durch eine Wahl, sei es in einem Krieg), und immer ist es Gott, der sie wieder absetzt. Und auch der Grund der Absetzung ist immer der gleiche: die Sünde, das Unrecht, die Ungerechtigkeit. Wie der Mensch sterben muß, weil er ein Sünder ist, so muß ein Reich, das Unrecht enthält, zerfallen.

Unrecht und Recht sind eine arge Brühe! Mit dem Unrecht aber ist der Tod im Topf. Nur wo das Recht – zuletzt: wo Gott der Herr geliebt wird, hat ein Werk, hat ein Staat Beständigkeit. „Ich bin der Herr, der das Recht liebt und Raub und Unrecht haßt“ (Jesaja 61,8). „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben“ (Spr 14,34).

Unerschütterlich wird nur das Reich sein, in dem Gerechtigkeit wohnt (2.Petr 3,13), und das Menschen nicht bauen, sondern empfangen (Hebr 12,28). Das aber ist das Reich Gottes.

Jes 9: „5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; 6 auf daß seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, daß er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.“

Alle anderen Reiche sind hinfällig, reif zum Gericht. Reif zum Gericht waren auch die Hirten im Staate Juda im 6.Jahrhundert vor Christus. Irgendwann verlor Gott die Geduld mit ihnen.

Hesekiel 34,10: „So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, daß sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden.“

2.Kor 5,10 … Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.
Gott fordert Rechenschaft. Was haben wir mit der Zeit gemacht, die Gott uns gab? Was hast du mit deinem Leib gemacht? Hast Du deinen Geist durch Gottes Wort geheiligt, deinen Verstand durch gute Bücher geschärft, und deinen Charakter durch gute Vorbilder und gute Beziehungen gestärkt? Wem gehörte dein Herz? Wer war dein Hirte, und wie hast du evtl. selbst dich als Hirte verhalten? Was ist mit den Schafen? Wie geht es dem Schaf neben dir? Der Herr wird richten zwischen Schaf und Schaf (V. 17 + 20)! So wird Gott fragen, und so fragte er auch die korrumpierten Hirten Israels, die sich selbst weideten. Ein „Soll ich meines Bruders (Schafes) Hüter sein?“ wird nicht als Entschuldigung durchgehen.

Hesekiels Rede nimmt eine Wendung, die man als die Weihnachtsbotschaft dieses Propheten bezeichnet hat. Vers 11: „Denn so spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen.“

Jetzt kommt die ganze Reihe mit den „ICH WILL“-Aussagen, die wir gehört haben: Gott setzt die untreuen Hirten ab, und er setzt nun – sich selbst ein. Gott selbst übernimmt das Hirtenamt! Ich bin, sagt er, der Suchende. Ich suche meine Schafe, ich suche nicht mich selbst, ich will meine Schafe weiden und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der Herr (Vers 15), ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen (Vers 16). Gott spricht hier innig und persönlich zu seinem Volk. Vieles erinnert an Psalm 23 und an Jeremia, der wenige Jahre vor Hesekiel ähnliches gesagt hatte (Jer 23). Gott will also die Fürsorge direkter, persönlicher übernehmen, als dies je vorher möglich war. Er ist der Suchende: er sucht uns, nicht sich selbst (vgl. Phil 2,21). Er lebte ganz für die Herde und nicht von der Herde! Der Gute Hirte gibt sein Leben für die Schade, er nimmt nicht das Leben von den Schafen für sich, sondern gibt sich für sie. Damit bin ich bei …

3. Die Einsetzung des Einen Guten Hirten (Joh 10!)

Ich tue dies in der Person des einen guten Hirten, meines Knechts David. Der wird sie weiden und soll ihr Hirte sein. Wie wird Gott das Hirtenamt für seine Herde nun übernehmen? Das Stichwort Weihnachten sagte es bereits: Gott kommt selbst – und zwar in Jesus Christus. Auch für die Juden ist Hes 34 ein messianischer Text. Aber sie wisse nicht, wer gemeint ist. Als Christen wissen wir, wer der Messias ist. Die beiden Teile von Hes 34 fügen sich zusammen: Im einen will Gott selbst sein Volk weiden, im anderen schickt er ihnen seinen Knecht David als Hirten. Diese beiden Teile fügen sich in der Weise zusammen, daß Jesus Christus der Gott ist, der zu uns kam. Wenn er sich in Johannes 10 als den guten Hirten bezeichnete, müssen wir den Schluß ziehen, daß er sich als Gott betrachtete. Viel von Hes 34 (bzw. Ps 23) ist ins Neue Testament gewandert. Ein weiteres davon ist das göttliche Suchen, z.B. im Wort in der Zachäus-Geschichte: „Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lk 19,10), noch ein weiteres sind die Mietlinge aus Joh 10, die nur um des Lohnes willen bei den Schafen sind; kommen die Wölfe, so verlassen sie die Schafe, und diese zerstreuen sich. Der gute Hirte aber wird die Zerstreuung beenden (Hes 34), denn die Schafe kennen sein Stimme, und wenn sie alle sich zu ihm drängen, werden sie eine Herde unter einem Hirten sein (Joh 10,16).

Wir können also bekennen: Wenn wir bei Gott Nahrung, Weide, Schutz vor wilden Tieren und Erhörung unserer Gebete finden, dann durch Jesus Christus. Er ist der, den Gott zu unserer Rettung bestimmt hat. Er ist der einzige Hirte, in dem Gott bei den Seinen ist, und seine Schafe zusammensammelt durch sein Wort, sie stärkt durch seinen Geist.

Die letzte Erfüllung der Segens- und Heilsverheißungen Hesekiels wird es erst im 1000jährigen Reich oder im Neuen Jerusalem geben. Bis dahin müssen wir wachsam sein, denn politische Reiche und kirchliche Konzepte können rasch fallen. Laßt uns doch einander als Gemeinde und als Arbeitsgemeinschaft stärken, uns in den Hauskreisen und Gottesdiensten um das Wort und den Tisch des Herrn sammeln, und ihn anrufen. Wenn wir das tun, erwächst uns die Weisheit, die nötig ist, im Alltag praktisch die Prioritäten recht zu setzen.

Das Weiden der Kühe Jakob Mameos und das Weiden der Schafe nach Hesekiel 34 und Johannes 10: all das hat viel gemeinsam. Kein Wunder. Gottes Schöpfung ist eine. Im Glauben wird uns die Schöpfung des überaus weisen Baumeisters auch für geistliche Wahrheiten durchsichtig. Halleluja! Amen.

Pfarrer Dr. S. Felber, Bielefeld 29.10.2017 (Tagung der Arbeitsgemeinschaft: Bekennende Gemeinde)

www.stefan-felber.ch

Dieser Beitrag wurde erstellt am Freitag 15. Dezember 2017 um 15:46 und abgelegt unter Predigten / Andachten.