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Offener Brief an die Orientalischen Kirchen und Christen in Deutschland

Donnerstag 30. April 2015 von Bischof Efraim Tendero


Bischof Efraim Tendero

Absender: Bischof Efraim Tendero, GeneralsekretÀr der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA)

Liebe Bischöfe, liebe Mitglieder der Kirchenleitungen, liebe Mitchristen und Mitchristinnen,

am 24.4.2015 gedenkt die Weltchristenheit des Tages vor 100 Jahren, als mit der Massenverhaftung armenischer Intellektueller der Völkermord am armenischen Volk in seiner Heimat begann. Zur Weltchristenheit gehören auch die 600 Millionen Protestanten, die in der Weltweiten Evangelische Allianz zusammen geschlossen sind. Im gleichen Atemzug sind neben den 1,5 Millionen Armeniern, die starben, auch die anderen Todesopfer der parallelen ethnischen SÀuberungen stark christlich besiedelter Teile des einstigen Osmanischen Reiches zu nennen, nÀmlich 300.000 Pontos-Griechen, 300.000 aramÀischsprachige Christen (AramÀer, Assyrer, Chaldo-Assyrer, christliche Syrer), wobei sich diese Genozide fast zehn Jahre hinzogen.

Wir begrĂŒĂŸen, dass die internationale Genozidforschung den Völkermord an den Armeniern aufgearbeitet hat. Wir fordern aber die TĂŒrkei auf, die Archive aus der Zeit des Ersten Weltkrieges und der tĂŒrkischen Prozesse gegen die Hauptverursacher des Genozids fĂŒr Historiker aus aller Welt zu öffnen. Wir bedauern außerordentlich, dass die Genozidforschung in Bezug auf die Syro-AramĂ€er und die Pontos-Griechen noch in den AnfĂ€ngen steckt. Weder wurde ihr Schicksal in den letzten 50 Jahren gut erforscht, noch wird in diesem Jahr weltweit zur GenĂŒge daran erinnert.

Deswegen wenden wir uns heute auch an die Millionen orientalischer Christen, die heute in der westlichen Welt leben, weil sie wegen der Verfolgungen in ihrer Heimat in großer Zahl in diese LĂ€nder kamen und gut integriert zum Wohl ihrer LĂ€nder arbeiten, und die in den letzten zehn Jahren fortlaufend als Folge der Verfolgung im Irak und in Syrien flohen oder ausgewandert sind und derzeit fliehen oder auswandern. Wir wissen, dass Ihr gerade wegen Eurer Friedlichkeit und demokratischen Gesinnung in den westlichen LĂ€ndern gegenĂŒber im Vergleich zu anderen Migrantengruppen aus dem Blick geraten seid. Ihr sollt wissen: Wir stehen an Eurer Seite, sowohl im Gedenken und Erinnern als auch in der gegenwĂ€rtigen Lage, in der viele mit Schrecken auf Nachrichten ihrer Verwandten im Nahen Osten warten.

Auch wenn wir wissen, dass im Irak, in Syrien und zunehmend auch in den NachbarlĂ€ndern auch nichtchristliche Minderheiten diskriminiert und verfolgt werden und im Schatten der BĂŒrgerkriege viele schreckliche GrĂ€uel geschehen, leiden wir doch ganz besonders mit den Angehörigen der orientalischen Kirchen im ganzen Nahen Osten, dass sie gegenwĂ€rtig vor einer Neuauflage des Genozids stehen, vor allem die Syro-AramĂ€er. Ideologisch zieht sich ein roter Faden von den Völkermorden vor 100 Jahren zu den GrĂ€ueln im Nahen Osten, die sich vor unseren Augen vollziehen.

Als Weltweite Evangelische Allianz setzen wir uns weltweit fĂŒr Religionsfreiheit und gegen Christenverfolgung ein. Ein besonderer Schwerpunkt ist der Einsatz fĂŒr alle orientalischen Kirchen, die unter Diskriminierung und Verfolgung leiden. Durch Gebet, durch Veröffentlichungen und durch Einflussnahme auf Kirchenleiter, Medien und Politiker versuchen wir, ihr Leiden bekannt zu machen und ein Handeln zu ihren Gunsten zu bewirken.

In einem Àhnlichen Brief der Deutschen Evangelischen Allianz an die Orientalischen Christen in Deutschland finden sich folgende zusÀtzlichen oder auf Deutschland bezogenen Abschnitte:

Wir sind insbesondere als Christen in Deutschland beschĂ€mt, dass Deutschland als Kriegspartner der TĂŒrkei um die VorgĂ€nge wusste, aber seine Stimme nicht erhob und seinen Einfluss nicht geltend machte. Wir halten alle Menschen, darunter Pfarrer und Missionare, in Ehren, die schonungslos ehrlich ĂŒber den sich vollziehenden Völkermord nach Hause berichteten oder vor Ort versuchten, Opfern zu helfen, besonders der wachsenden Zahl von Waisenkindern. Stellvertretend sei der Theologe Johannes Lepsius genannt, dessen Gedenken das wichtige Archiv im Lepsiushaus in Potsdam garantiert.

Deswegen wenden wir uns heute an die Hunderttausenden orientalischer Christen in Deutschland, die wegen der Verfolgungen in ihrer Heimat in großer Zahl in unser Land kamen und gut integriert zum Wohl unserer Landes arbeiten und die in den letzten zehn Jahren fortlaufend als Folge der Verfolgung im Irak und in Syrien nach Deutschland gekommen sind und weiterhin kommen. Wir wissen, dass Ihr gerade wegen Eurer Friedlichkeit und demokratischen Gesinnung der deutschen Gesellschaft gegenĂŒber im Vergleich zu anderen Migrantengruppen aus dem Blick geraten seid. Ihr sollt wissen: Wir stehen an Eurer Seite, sowohl im Gedenken und Erinnern als auch in der gegenwĂ€rtigen Lage, in der viele mit Schrecken auf Nachrichten ihrer Verwandten im Nahen Osten warten.

New York 23.4.2015

Quelle: BQ 354 – Nr. 18/2015
www.bucer.de

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Donnerstag 30. April 2015 um 18:59 und abgelegt unter Christentum weltweit.