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Neujahrs-Gedanken über des Heilands Namen (1733)

Mittwoch 8. Januar 2014 von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700-1760)


Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700-1760)

Brüder, lasst uns Ihn erheben,
Den ihr ohne Namen kennt;
Aber Er muß selber geben,
Wie man Ihn am besten nennt.

Name über alle Namen!
Unsre Knie beugen sich.
Gib uns, wesentliches Amen,
Dir zu knien würdiglich.

Gott! Du unbeschriebnes Wesen,
Bliebst verschwiegen fort und fort,
Niemand hätte was gelesen
Von Dir ohne Gottes Wort.

Erstgeburt der Kreaturen!
Fang in uns zu leben an.
Schaff, o Anfang der Naturen,
Uns zum Werk in Gott gethan.

Mensch, Du einger Mensch in Gnaden,
Mache uns zu Dir ein Herz:
Arzt erstatte allen Schaden;
Salbe! zeitige den Schmerz.

Bild des unsichtbaren Gottes,
Mach uns Deinem Bilde gleich;
Stirn voll frevelhaften Spottes,
Mach uns hart, wir sind zu weich.

Vater derer Ewigkeiten,
Baue uns ein bleibend Haus;
Schöpfer aller guten Zeiten,
Kaufe uns die Stunden aus.

Kind, in Deine Wiegen-Bande
Wickle unsre Großheit ein,
Und laß sie zur ew’gen Schande
Vor Dir aufgehenket seyn.

Same, fall ins Herzens Höhlen,
Wenn sie recht erwärmet seyn,
Zur Empfängnis vieler   Seelen,
Fruchtbar und empfindlich ein.

Laß Dich inniglich umfangen
Theure Liebe   tausendmal;
Dein erbarmendes Verlangen
Zieht die Seelen ohne Zahl.

Schönster, Deiner Augen Blitzen
Schmelz die Unempfindlichkeit;
Seelen-Schatz, laß Dich besitzen,
Unsre Armuth gehet weit.

Guter Freund gönn‘ unserm Klagen
Immerdar ein leises Ohr,
Und bring alle unsre Plagen
Deinem Gott beweglich vor.

Führst Du gleich das Steuer-Ruder
Der gestirnten Monarchie,
Bist Du dennoch unser Bruder,
Fleisch und Blut verkennt sich nie.

Wärst Du nicht, du lieber Buhle,
Was Du bist, Du würdst es erst.
Liebe riss Dich noch vom Stuhle,
Weil Du unter uns gehörst.

Hat sich nicht Dein Herz betrübet,
Als es schien, Du kämst ums Lamm,
Denn Du warst darein verliebet
Treuer als kein Bräutigam.

Nun Du dann mit blutgen Kämpfen
Unsre Seel erstritten hast,
Soll den Lobes-Schall nichts dämpfen,
Keine inn- noch äussre Last.

Aufgestiegnes Reis von Jesse,
Wer versetzet uns in Dich?
Trauben, aus der Kelter-Presse,
Ueberfüllt uns mildiglich.

Süsser Weinstock, laß die Säfte
Deiner Wurzel übergehn,
Und in uns als Reben Kräfte
Von der künftgen Welt entstehn.

Myrrhen-Büschel, bleibe hangen
In der aufgethanen Brust,
Und mach unserm Haupt und Wangen
Deine Bitterkeit zur Lust.

Baum des Lebens, laß uns schmekken
Deiner Aepfel Süßigkeit,
Und uns den Geschmak erwekken
Aus der Hingesunkenheit.

Bild der Unverweslichkeiten,
Unumspannter Zeder-Stamm,
Sey uns Kirchen-Zimmerleuten
Gut für allen Wurm und Schwamm.

Liege unsren Geists-Pallästen
Da zum Diamanten-Grund;
Sey der Eckstein ihrer Festen,
Ohne den noch nichts bestund.

Wärst Du nur auch selbst der Tempel,
Da man anzubeten käm,
Und des Gottesdiensts Exempel,
Der dem Vater angenehm.

Wenn wir uns zum Opfer stellen,
So sey Du der Brand-Altar;
Sey die Lampe auf den Schwellen,
Und mach alles licht und klar.

In die unersenkten Gründe
Eingeworfnes Anker-Seil,
Du erklafterst alle Schlünde;
Werde Deinem Schiff zum Heil.

Sonne, leuchte Deinem düstern
Und verschlafnen armen Volk;
Werd ihm unter den Philistern,
Nachts zum Feur und Tags zur Wolk.

Hundertfach gekrönter Streiter,
Unsre Siege zieren Dich,
Dich, den Blut-bespritzten Reiter,
Ritterlich, ja königlich.

Wagenburg für unsre Rüstung,
Drinnen unsre Seele hangt,
Du bist eine Wehr- und Brüstung,
Die mit tausend Schilden prangt.

Schutz, umzingle unsre Mauern,
Stein-Ritz mache uns ein Nest;
Leben, laß uns ewig dauern;
Stärke, mach uns Panzer-fest.

Siegs-Schwert, haue alle Kräfte
Finstrer Geisterschaft entzwey,
Und brich durch zum Lichts-Geschäfte,
Bis des Kriegs ein Ende sey.

Zeuch einher zum Dienst der Wahrheit,
Als ein ausgelernter Held,
Dessen Weisheit, Kraft und Klarheit
Stehen bleibt, wenn alles fällt.

Rath uns, die wir irre gehen,
Niemals übereilter Rath,
Und damit wir wohl bestehen,
Unterstütz es mit der That.

Wir mißgönnen auf der Reise
Israel sein Manna nicht,
Wenn nur uns die Geister-Speise,
Brodt vom Himmel! nicht gebricht.

Schneller Hirsch, zu unsrer Wonne
Steig hernieder aus der Höh;
Adler, schwing uns hin zur Sonne
Ueber die kristallne See.

Aber, weil Du auch so niedrig,
Als Du hoch erhaben bist,
Ging es Dir vor dem so widrig
Als es uns gegangen ist.

Denn der Feinde Mörder-Hände
Haben sich an Dich gemacht,
Arme Hindin, und am Ende
Dich gleich einem Lamm geschlacht’t.

Ernste Glut der Tauben-Augen,
Dring in unsre Augen ein,
Daß sie nichts zu sehen taugen,
Als was Dir gerecht mag seyn.

Kämpfender und nach der Ruhe
Nun um so viel muntrer Leu,
Lege dich daher und thue
Wunder, und beweise Treu.

Zieh an uns, sind wir doch Knaben,
Und hilf unserm Unverstand;
Wenn wir Unflat an uns haben,
Wasch uns mit geschäftger Hand.

Kommst Du dann, uns abzuschweiffen,
Und das Wasser thut nicht gut;
Werde uns zur Wäscher-Seifen,
Ja, ists noth, zur Goldschmieds-Glut,

Freund und Schmelzer, Du thust treulich,
Und probierst das Gold zur Kron;
Denn sobald wir rein und heilig
Wirst Du gerne unser Lohn.

Menschen-Freund, Du bist so brünstig,
Laß uns wieder herzlich seyn;
Sohn der Liebe, bleib uns günstig,
Und nim uns ins Haus hinein.

Haupt, regiere Deine Hütte;
Hüter, mache, daß wir ruhn;
Meister, lehr uns grosse Schritte
Los auf die Vollendung thun.

Lehrer, laß es uns erreichen,
Daß Dein Zeugnis Wahrheit ist,
Und dem treuen Zeugen gleichen,
Der für andre sich vergißt.

Werde unsrer Thür zum Riegel,
Gegen allen fremden Schwarm,
Und ein unauflöslich Siegel
Auf der Brust und auf dem Arm.

Richte unser Herz in Zeiten,
Eh Du unser Richter wirst,
Und sey in den Ewigkeiten
Unser wohlgewogner Fürst.

Hast Du können der Versühner
Deiner argen Feinde seyn;
Bleibst du wol ein treuer Diener
Deiner eigenen Gemein.

Sey du Herr, wir Unterthanen;
Du der Priester, wir das Chor;
Du der Herzog, wir die Fahnen;
Du Prophet, und wir Dein Ohr.

Gnaden-Stuhl, gib einen Regen;
Kraft-Gesalbter, theile aus;
An das Kreuz gehefft’ter Segen
Ueberschatte unser Haus.

Salomo, Dein Zepter-Stecken
Wink uns gnädiglich herbey;
Josua, der Feinde Schrecken,
Mach uns von der Sünde frey.

Hochgeborner Weibes-Samen,
Heilger Fürst Melchisedech,
Trage alle unsre Namen
Auf dem Hohenpriester-Blech.

Du von Millionen Wagen
In die Luft Begleiteter,
Und zu Deinem Stuhl getragen,
Und zur Kraft Erhöheter!

Hier blieb mir die Zunge kleben,
Weil sie noch nicht himmlisch war;
Jesus, Gott mit uns, soll leben,
Welch ein Name! Er ists gar.

Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1733)
Aus der Sammlung „Teutsche Gedichte“

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Dieser Beitrag wurde erstellt am Mittwoch 8. Januar 2014 um 11:22 und abgelegt unter Gemeinde, Predigten / Andachten.