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Jesus heilt von geistlicher Blindheit

Predigt über Markus 8,22-26

Das Evangelium nach Markus hat einen dramatischen Aufbau. Der Spannungsbogen erstreckt sich vom Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu in Galiläa mit all den Wundern, über die Verklärung Jesu, Seine Leidensankündigung und Seinen Einzug in Jerusalem und reicht über Prozeß, Kreuzigung, Tod bis zur Auferstehung am Ostermorgen. Wir haben uns daran gewöhnt, Gottes Wort, die Bibel, häppchenweise portioniert zu uns zu nehmen und die Texte isoliert zu betrachten. Es ist aber wichtig, es im Zusammenhang der Heilsgeschichte Gottes mit Seiner Menschheit zu sehen. Dann erschließt sich uns häufig erst der eigentliche tiefere Sinn des Wortes Gottes. So auch hier bei der Heilung des Blinden in Betsaida. Im Mittelpunkt dieses Berichtes steht nicht das Wunder der Heilung, so schön und wunderbar sie auch ist, sondern der Heiler selbst: Jesus. ER ist der Mittelpunkt, um IHN dreht sich dieser Bericht.

Aber wer ist dieser Jesus?

Guter Mensch, Wanderprediger, Wunderheiler, Weltverbesserer? Knapp drei Jahre ist Jesus von Nazareth schon mit Seinen Jüngern hauptsächlich im Gebiet des Sees Genezareth unterwegs. ER predigt, heilt Kranke, tut Wunder speist Tausende, ruft Tote ins Leben zurück und hat intensive Lebensgemeinschaft mit Seinen Jüngern. Doch noch immer sind sie sich nicht darüber im Klaren, wer dieser Jesus eigentlich wirklich ist. Bei der Stillung des Sturmes auf dem See Genezareth fragen sie völlig überrascht: „Wer ist der? Auch Wind und Meer sind ihm gehorsam“. (Mk 4,41b)

Und wenige Verse vor unserem Bericht hält Jesus Seinen Jüngern vor:

„Versteht ihr immer noch nichts? Begreift ihr denn gar nichts? Seid ihr genauso verstockt wie die andern? Ihr habt doch Augen, warum seht ihr nicht?  Ihr habt doch Ohren warum hört ihr nicht? Erinnert ihr euch nicht daran, wie ich die fünf Brote unter fünftausend Menschen ausgeteilt habe?“ (Mk 8,17-19a)

Das ist die Situation in der Jesus mit Seinen Jüngern nach Betsaida kommt, dem Heimatdorf von Simon Petrus, seinem Bruder Andreas und von Philippus. Es liegt schräg gegenüber von Kapernaum am See Genezareth. Kaum sind sie dort eingetroffen, kommen ihnen einige Menschen entgegen und bringen IHM einen Blinden. Sie bitten Jesus, daß ER ihn anrühre, in der Hoffnung und dem Vertrauen, daß ER ihn heilen werde. Sie hatten schon manches von Jesus gehört und miterlebt, denn ER war schon mehrfach in Betsaida und hat dort Wunder getan. Wohl dem, der gute Freunde hat, die ihn einladen und mitnehmen und zu Jesus bringen, damit ER dem Betreffenden hilft und ihn zurechtbringt. Haben wir solche Freunde, die uns in Not mitnehmen und zu Jesus führen oder sind wir selbst solche, die andere zu Jesus führen?

Alle warten jetzt gespannt, wie Jesus reagiert und was ER tut. ER handelt ganz anders als sonst, nicht sofort und nicht hier vor allen Leuten. Nein, ER nimmt den Blinden an die Hand und führt ihn hinaus aus dem Dorf, denn Jesus ist ein Mann der Tat und will hier und jetzt keinen spektakulären Auftritt.

Dort also, vor dem Dorf, tut ER Speichel auf die Augen des Blinden und legt ihm Seine Hände auf. Und wie ein guter Arzt erkundigt ER sich direkt, ob Seine Behandlung Wirkung zeigt und fragt ihn: „Siehst du etwas?“ Die Art und Weise, wie Jesus hier fragt, läßt darauf schließen, daß ER noch keine vollständige Heilung des Blinden erwartet. Und so ist es auch. Der eben noch Blinde hebt ganz schüchtern seinen Kopf und sagt: „Ich sehe Menschen; sie sehen aus wie wandelnde Bäume.“ Er war wohl nicht von Geburt aus blind, deshalb kennt er den Anblick von Menschen aus der Erinnerung. Nun legt Jesus ihm erneut die Hände auf die Augen. Danach blickt der Mann wieder auf und –  ist geheilt. Er kann jetzt alles ganz deutlich erkennen.“ Jesus hat ihn aus der Dunkelheit, aus der Orientierungslosigkeit, aus seiner Hilflosigkeit und Armut, herausgeholt und ihm den klaren Blick geschenkt.

Ja, das Leben des Geheilten wird auf eine völlig neue Basis gestellt und er erhält eine neue Lebensperspektive.

Es wäre jetzt zu erwarten, daß der Geheilte sofort ins Dorf gehen und dort zur Ehre Gottes seine Heilung bekannt machen soll. Aber nein. Jesus will nicht als Wunderheiler die Menschen anziehen. Deshalb will ER das Geheimnis Seiner Identität, nämlich wer ER wirklich ist,  noch nicht öffentlich lüften, das erfolgt erst in Jerusalem. Seine Stunde ist hier noch nicht gekommen. Deshalb schickt ER den Geheilten nach Hause und schärft ihm ein: „Geh nicht hinein in das Dorf!“

Mit dieser Heilung des Blinden von Betsaida geht nach dem Evangelisten Markus Jesu Wirken in Galiläa zu Ende. Jetzt wendet ER sich nach Jerusalem, um dort Sein Werk zur Rettung der Menschheit zu vollenden. Aber bisher hat noch niemand wirklich begriffen, wer dieser Jesus ist, vor allem Seine Jünger noch nicht.

Was will diese Geschichte sagen?

Es geht hier nicht nur um eine weiteres Wunder einer Blindenheilung. Das Handeln Jesu an dem Blinden übersteigt die Bedeutung der körperlichen Heilung für diesen einzelnen Blinden. Sie hat einen darüber hinausgehenden tieferen, geistlichen Sinn:

Es ist nämlich das klare Zeichen, daß mit diesem Jesus von Nazareth die messianische Heilszeit angebrochen ist. Jesus ist gekommen, alle Menschen wieder zurechtzubringen und ihnen die geistliche Blindheit zu nehmen, die sie daran hindert, Gott und Seinen Messias zu erkennen.

Blind nennt die Bibel Menschen, die mit sehenden Augen nicht sehen und erkennen, was sie eigentlich sehen und erkennen sollten: Gottes Allmacht und Jesu Größe. (vgl. Mt 13,13)

Deshalb schilt Jesus die Pharisäer und nennt sie blinde Blindenführer.

Obwohl sie alle die Weissagungen der Propheten kennen, daß, wenn der von allen erwartete Messias kommen wird: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und die Zunge der Stummen wird frohlocken.“ (Jes 35,5-6a)

Das alles ist vor aller Augen dort in Galiläa geschehen. Diese Zeichen und manche andere hat Jesus vielfach dort gewirkt. Aber die einen wollten nur Seine Wunder erleben und die anderen, Pharisäer und Schriftgelehrte, wurden Seine Feinde und trachteten IHM nach dem Leben. Sie alle erkannten nicht, daß die Wunder, die Jesus tat, deutliche Zeichen und Signale der anbrechenden messianischen Heilszeit sind. Ja, mit diesen Wunderzeichen kündigt sich das Heil der Welt an und beginnt sich in Jesus zu verwirklichen.

Aber auch Seine Jünger, muß Jesus noch unmittelbar vor der Blindheilung ernsthaft ermahnen: „Ihr habt doch Augen, warum seht ihr nicht? Ihr habt doch Ohren, warum hört ihr nicht? Erinnert ihr euch nicht daran, wie ich die fünf Brote unter fünftausend Menschen ausgeteilt habe? Wie viele Körbe mit Resten habt ihr da eingesammelt?« »Zwölf«, sagten sie. »Und als ich die sieben Brote unter viertausend Menschen ausgeteilt habe, wie viele Körbe mit Resten waren es da?« »Sieben«, antworteten sie; und Jesus sagte: »Begreift ihr denn immer noch nichts?« (Mk 8, 17-21) Und direkt im Anschluß daran heilt ER diesen Blinden aus Betsaida. Denn bevor sich Jesus auf Seine letzte und schwerste Wegstrecke, nach Jerusalem, aufmacht, will ER, daß wenigstens Seine Jünger endlich begreifen und erkennen, wer ER wirklich ist.

Der Blinde – ein Urbild

Dieser Blinde von Betsaida ist das Urbild des blinden Jüngers, dem Jesus die Augen öffnen muß. Das kann nur durch ein Wunder geschehen. Und das geschieht, wie bei dem Blinden schrittweise. Dieses Lehrstück scheint seine Wirkung bei den Jüngern nicht verfehlt zu haben. Sie beginnen, durch das Wirken des Heiligen Geistes, zu begreifen, was Jesus ihnen durch die Blindenheilung vor Augen stellen wollte. Denn als Jesus unmittelbar nach diesem Heilungswunder weiter in Richtung Cäsarea Philippi zieht, fragt ER seine Jünger unterwegs: „Wer, sagen die Leute, dass ich sei?“

Sie antworteten ihm: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer; einige sagen, du seist Elia; andere, du seist einer der Propheten. Und er fragte sie: Ihr aber, wer, sagt ihr, dass ich sei? Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: „Du bist der Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“(vgl. Mk 8,27-30 oder Mt 16,13-16)

Endlich möchte man sagen! Die Jünger kennen Jesus nun schon seit fast drei Jahren und haben jetzt erst erkannt, daß ER der Sohn Gottes ist. Doch, wie bei dem Blinden, erfolgt auch bei ihnen die Öffnung ihrer Augen nur schrittweise. Sie erkennen IHN jetzt zum Teil aber doch noch nicht wirklich, denn sie haben ein falsches, verschwommenes Bild von dem Messias. Denn Sein stellvertretendes Leiden und Sterben am Kreuz von Golgatha und Seine Auferstehung erkennen und begreifen sie erst nach Jesu Auferstehung. Ja eigentlich so richtig erst durch die Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten. Da haben sie endlich erkannt, wer dieser Jesus wirklich ist.

Was hat diese Geschichte mit uns heute zu tun?

Wir sind doch nicht blind und können alle noch mehr oder weniger gut sehen? Das mag wohl für unsere natürlichen organischen Augen gelten. Aber „ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge, die macht beide der HERR.“ (Spr 20,12). Deshalb  ist Jesus gekommen, allen Menschen, auch uns hier in Raderthal, die inneren Augen des Herzens zu öffnen und die geistliche Blindheit zu nehmen, damit wir die Wahrheit erkennen, wer ER in Wirklichkeit ist und was ER für uns getan hat.

Aber warum sagt die Bibel, daß wir blind seien, wenn Gott uns doch als voll funktionsfähig geschaffen hat? Woher kommt diese Blindheit  denn dann? Es hat mit der Trennung von Gott zu tun. Beim Sündenfall im Paradies verführte der Teufel das erste Menschenpaar zum Ungehorsam gegenüber Gott und versprach ihnen: „Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.“ (1. Mo 3,5)

Seither sind wir Menschen dieser Welt von Gott getrennt und blind für geistliche Dinge, blind für das Evangelium. Dieses frohmachende Rettungsangebot von Jesus Christus  gefällt dem Widersacher Gottes gar nicht und er versucht mit allen Mitteln zu verhindern, daß wir diese Wahrheit erkennen und hält uns blind für das Evangelium, diese einmalige Rettungsbotschaft.  Er will nicht, daß wir Menschen in Jesus unseren Retter finden.

Das ist keine Spekulation, wie Viele es heutzutage meinen, sondern klare biblische Aussage. Der Apostel Paulus bestätigt das in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth, wenn er schreibt: „Der Satan, der Herrscher dieser Welt, hat sie mit Blindheit geschlagen, sodaß sie der Guten Nachricht nicht glauben.“ (2. Kor 4,4 GNB) Und Martin Luther schreibt dazu: „Denn der Satan weiß wohl, daß er, wenn der Mensch sein Elend (d.h. seine Verlorenheit) erkennen würde, keinen in seinem Reich behalten könnte.“ Dieses ‚Blindmachen‘ gelingt ihm leider so gut, daß der natürliche Mensch die Gute Nachricht, das einzigartige und einzige Rettungsangebot von Jesus Christus, nicht erkennt, für überflüssig, ja oft sogar für eine Torheit hält.

Das war übrigens auch bei dem hochgebildeten und theologisch geschulten Paulus nicht anders. Auch er hielt das Evangelium, die Gute Nachricht von dem Rettungsangebot durch Jesus Christus, für eine gefährliche Torheit. Bis Jesus, der auferstandene HERR, ihm vor Damaskus, als das Licht der Welt, in den Weg tritt, ihm die Augen öffnet und ihm dann den wundervollen Auftrag gibt: Ich sende dich unter die Nationen. „Du sollst ihnen die Augen öffnen, damit sie sich von der Finsternis dem Licht zuwenden und aus der Herrschaft des Satans zu Gott kommen. Dann werde ich ihnen die Sünden vergeben, und weil sie an mich glauben, haben sie einen Platz unter denen, die zu mir gehören.“ (Apg 26,18 Hoffnung für alle)

Das ist doch die wunderbare Botschaft des Evangeliums: Jesus ist der Retter. ER will auch unser ganz persönlicher Retter sein, und auch uns die Augen öffnen, damit wir erkennen, daß wir von Natur aus blind sind, bis wir durch den Heiligen Geist von neuem geboren werden, wie Jesus es im Gespräch mit Nikodemus selbst ausdrückt: „Ich sage dir, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. (Joh 3,5)

Und Paulus erläutert das in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth: Denn „Ein Mensch, der Gottes Geist nicht hat, lehnt ab, was von Gottes Geist kommt; er hält es für Unsinn und ist nicht in der Lage, es zu verstehen, weil ihm ohne den Geist Gottes das nötige Urteilsvermögen fehlt.“ (1.Kor 2,14 NGÜ) Und niemand kann sagen: »Jesus ist der Herr!«, es sei denn, er wird vom Heiligen Geist geleitet. (1. Kor 12,3)

Wer aber nicht täglich neu vom Geist Gottes und seinem Wort geleitet wird, der verliert leicht die Orientierung und droht vom Zeitgeist eingenebelt und für das klare Evangelium mehr und mehr blind zu werden. Genau das erleben wir zur Zeit hautnah. In den letzten Jahrzehnten macht sich bei uns in Europa eine zunehmende geistliche Blindheit bemerkbar. Das führt zu immer gravierenderer Orientierungslosigkeit auf allen Gebieten: In der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Erziehungs-, Familien- und Schulpolitik und, besonders schmerzhaft, in unserer Evangelischen Kirche. Denken wir nur an die unbiblischen Äußerungen und offiziellen Verlautbarungen der Kirche und das neueste EKD-Papier zum Thema Ehe und Familie, das eher eine Des-Orientierung ist statt einer Orientierungshilfe. Das kommt dabei heraus, wenn die Kirche sich vom Zeit-Geist verblenden lässt und meint, sich immer der neuesten Entwicklung anpassen zu müssen, statt ihrem göttlichen Auftrag treu zu bleiben und einer immer gottloseren Welt die klare Botschaft von der Rettung durch Jesus Christus zu verkündigen.

Die gefährlichste Krankheit auf dieser Welt ist die Blindheit für die göttliche Wahrheit: Wahr ist, daß jeder Mensch nach seinem Tod vor Gottes Gericht gestellt wird. Wahr, und damit die beste Botschaft der Welt, ist aber auch, daß Jesus Christus uns vor diesem Gericht und dem ewigen Tod retten will. ER und nur ER alleine kann und will uns retten und mit Gott versöhnen.

Der Blinde von Betsaida wußte um seine Blindheit und sehnte sich danach, daß ihm die Augen geöffnet würden. Die meisten Menschen heute dagegen erkennen ihre geistliche Blindheit nicht. Sie sehen nicht, daß sie so, wie sie sind, d.h. ohne Jesus, rettungslos verloren sind. Sie meinen, alles sei o.k. und sind deshalb nicht interessiert an dem Rettungsangebot durch Jesus Christus und drohen deshalb auf ewig verloren zu gehen. (vgl. Joh 3,16) Das Traurigste ist, wenn Menschen auf dem Weg in den ewigen Tod ihren Retter nicht finden und erkennen.

Deshalb ist es so dringend not-wendig (d.h. die Not wendend) daß Jesus uns alle von dieser geistlichen Blindheit heilt und uns die blinden Augen öffnet, damit wir IHN nicht nur für einen guten Menschen, Vorbild, Sozialreformer und Wunderheiler halten, sondern damit wir erkennen, wer ER in Wirklichkeit ist: Der Sohn des lebendigen Gottes, der uns verlorene blinde Menschen so sehr liebt, daß ER Sein Leben am Kreuz von Golgatha für uns opfert, damit wir nicht verloren gehen, sondern in Ewigkeit mit IHM in Seiner himmlischen Herrlichkeit leben dürfen. Möchte Jesus, der auferstandene HERR, uns für diese Seine unendliche Liebe und Barmherzigkeit die Augen und das Herz öffnen. Und möchten wir uns Jesus zuwenden und IHM unser Leben ganz anvertrauen. Dann wird ER uns an Sein ewiges Ziel führen!