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Vom Staunen Adams zur Angst Adams

Wann wird der Mann für eine Frau zum Mann? Oder: aufhellende Gedanken für Mann und Frau.

„Bein von meinem Bein, Fleisch von meinem Fleisch“, staunt Adam, als er Eva erblickt. Gerade war er aus dem Schlaf erwacht, in den der Schöpfer ihn versetzt hatte, um Eva aus ihm als eigenständiges Wesen herauszubilden. Ich bin sicher, dass Eva genauso fasziniert war über Adam, als dieser sich in seiner ganzen Größe aufrichtete. In der Bibel wird nicht sehr viel mehr darüber berichtet. Deshalb haben Schriftsteller wie Mark Twain Geschichten dazu erfunden. Mark Twain erzählt u.a., wie Adam sich vor Eva versteckte, um endlich ein bisschen Ruhe zu finden.

Mir kommt das gar nicht so abwegig vor. Viele Frauen finden sich erst in ihrem Gedankengeflecht zurecht, wenn sie sich mitteilen. Deshalb suchen sie das Gespräch. Wenn ich meinem Mann einen Traum erzähle, weiß ich nach dem Sprechen meist, was er bedeutet.

Der Mann sieht keinen Sinn darin, von seiner Frau etwas erzählt zu bekommen – dem er kaum folgen kann -, um zu erfahren, dass er zur Lösung nicht beitragen muss. Meist will die Frau seine Ohren und weniger seinen Rat, der ihr oftmals nicht geeignet erscheint.

Wir haben als Frauen manchmal keine Ahnung, wie verunsichernd wir auf unseren Mann wirken. Dabei meinen wir es soo gut!?

Im Rahmen eines Eheseminars teilten wir uns in eine Männer- und Frauengruppe auf. Ich war den Männern zugeteilt, mein Mann den Frauen.

 „Wie reagieren Sie, wenn Ihre Frau ein Gespräch wünscht?“ wollte ich wissen. Ein Mann zischte hörbar durch die Zähne, ausdrückend: „Das wird heiß!“ Ein anderer meinte: „Ich stelle mich in den Türrahmen, auf keinen Fall setze ich mich bei diesem Gespräch hin. So kann ich zur Not schneller flüchten!“ „Ich verschiebe ganz kompromissbereit das Gespräch auf den Abend, hoffend, sie hat bis dahin vergessen, was sie wollte“, äußerte sich ein anderer. Und ein weiterer Mann offenbarte zur Belustigung aller: „Ich frage meine Frau, ob es sich um eine Reparatur handelt. Dann können wir gleich darüber reden.“

Bei Reparaturen kennt man(n) sich aus. Geht es um Gefühle, fühlt sich der Mann häufig wie ausgeliefert an Gedanken seiner Frau, die er nicht nachvollziehen kann. Eines hört er häufig heraus, auch wenn die Frau es nicht so meint:

–           Ich habe etwas falsch gemacht.

–           Sie ist unzufrieden mit mir.

–           Etwas stimmt nicht, und sie gibt mir die Schuld.

Adams Faszination über Eva endete spätestens mit dem Essen der verbotenen Frucht. Eva gab sie ihm. Adam nahm und aß. Misstraut der Mann vielleicht seit diesem Zeitpunkt der Frau?

Aber kann die Frau dem Mann vertrauen? Adam war am entscheidenden Punkt für Eva keine Hilfe. Er ließ die Schlange in Evas Leben emotional hineinreden, ohne logisch einzugreifen oder dieses Gespräch in die Hand zu nehmen. Er war für Eva in der Verführung kein Retter! Statt sie zu warnen und sie vor den bekannten Folgen zu schützen, machte er sich an dem Dilemma mitschuldig.

Nach dem Essen der Frucht vom verbotenen Baum ruft Gott Adam zuerst zu: „Wo bist du?“ Adam hatte sich versteckt. Leider ist das oft die Taktik des Mannes, wenn er beschuldigt wird: Er setzt sich durch Schweigen „ins Versteck“.

Von Gott befragt, arbeitet Adam die Situation so für sich auf, dass er die gesamte Schuld nicht nur Eva zuschiebt, sondern auch Gott dafür verantwortlich macht, der Eva erschaffen habe.

Der Mann entzieht sich der Verantwortung und schiebt die Schuld auf seine Frau. Eva reagiert ähnlich. Auch sie sucht den Sündenbock, nimmt die Schlange, von der sie verführt wurde.

Nach diesem Bericht in der Bibel (1. Mose 3), ruft Gott Adam in die Verantwortung, „Herr“ über Eva zu sein, über sie zu herrschen. Für mich heißt das nicht, Adam solle Eva bestimmen oder sie unterdrücken. Vielmehr sollte er ihr den Schutz geben, den sie für ihre Emotionen brauchte, um sie liebevoll begleitend vor Fehlentscheidungen zu bewahren. Er sollte für sie da sein, wenn emotionale Geschehnisse sie aus dem Gleis würfen. Ihre Not sollte er heraushören, wenn sie im Gespräch Dinge klären wollte, die sie verunsicherten. Ihr, mitten im Durcheinander der Gedanken, Halt geben und sie liebevoll verstehend begleiten als einer, der über der Sache steht, eben als Herr. Als einer, der sich durch ihre Emotionen nicht verunsichern lässt, sondern verstehend ihre Ausbrüche, ihr Schweigen, ihre Tränen, ihre Beschuldigungen wie ein therapeutischer Seelsorger anhört, sie ernst nimmt, auch wenn er sie nicht verstehen könnte.

Bei Diskussionen will die Frau es nicht unbedingt besser wissen, auch wenn sie das vorgibt. Sie braucht die Argumente des Mannes (ohne dass dieser sich über ihre fehlende Logik ereifert oder sie sogar als ungebildet betitelt), um den eigenen Standpunkt überdenken zu können. Zugegeben, die meisten Männer sind verunsichert, wenn ihre Frau Dinge zu wissen behauptet, ohne Anhaltspunkte dafür zu haben.

Die Intuition der Frau macht dem Mann oftmals zu schaffen. Als Frauen wissen wir nicht, wie sehr wir unseren Mann durch diese Gabe verunsichern können. Unseren Mann zum „Herr“ machen, heißt, seine Meinung schätzen, ihn respektieren, nicht alles hinterfragen, ihn bei anderen nicht lächerlich machen. Nur so können wir von ihm die Geborgenheit und den Schutz bekommen, nach dem wir uns sehnen. Der Mann erinnert sich unbewusst an die erste Geborgenheit, die er als ungeborenes Kind im Schoß einer Frau erfuhr. Letztlich will er dort wieder aufgehoben sein, nicht mehr kämpfen müssen, sich loslassen dürfen. Und er sehnt sich, bei seiner Frau zu Hause zu sein, Frieden zu finden im Schoß der Frau.

Wenn die Frau begriffen hat, dass man dazu nicht zuerst Gefühle haben, sondern zu einigem bereit sein muss: bereit, sich zu schenken, ohne Opfer zu sein,  bereit, einzuladen, bevor der Mann darum bettelt, wird sie einen Mann haben, der nicht mehr gegen sie kämpfen muss, weil er bei ihr Heimat gefunden hat.

Nach Geborgenheit sehnen sich Mann und Frau gleichermaßen.

Merke:

Höre auf, als Mann verstehen zu wollen, was deine Frau sagt. Sei einfach nur liebevoller Zuhörer. Staune darüber, wie sie dich respektieren und schätzen wird, wenn du solch ein Gegenüber wirst.

Schenke deinem Mann Heimat durch Nähe. Erlebe, wie er sich dir öffnet und die Angst vor dir verliert, wenn er bei dir zu Hause sein darf.

Ruth Heil

Family life mission, Rundbrief Nr. 126 – August 2013