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Luthers Traubüchlein von 1529

So manches Land, so manche Sitte, sagt das gemeine Sprichwort. Dennoch weil die Hochzeit und Ehestand ein weltlich Geschäft ist, gebührt uns Geistlichen oder Kirchendienern nichts darin zu ordnen oder regieren, sondern lassen einer jeglichen Stadt und Land hierin ihren Brauch und Gewohnheit, wie sie gehen. Etliche führen die Braut zweimal zur Kirche – beide des Abends und des Morgens, etliche nur einmal; etliche verkündigen und bieten sie auf der Kanzel auf, zwei oder drei Wochen zuvor. Solches alles und dergleichen laß ich die Herren und den Rat schaffen und machen, wie sie wollen; es geht mich nichts an.

Aber so man von uns begehrt vor der Kirche oder in der Kirche sie zu segnen, über sie zu beten oder sie auch zu trauen, sind wir schuldig dasselbige zu tun. Darum hab ich wollen diese Worte und Weise erstellen für diejenigen, so es nicht besser wissen, ob etliche gelüstet einträchtiger Weise mit uns hierin zu brauchen. Die andern, so es besser können, das ist, die allerdings nichts können und sich doch dünken lassen, daß sie alles können, bedürfen dieses meines Dienstes nicht, ohne daß sie es überklügeln und übermeistern mögen, und sollen sich ja fleißig hüten, daß sie mit niemand etwas Gleiches halten. Man möchte sonst denken, sie müßten von andern etwas lernen. Das wäre große Schande.

Weil man denn bisher mit den Mönchen und Nonnen so trefflich groß Gepränge getrieben hat mit ihrem Einsegnen (so doch ihr Stand und Wesen ein ungöttlich und lauter Menschengedicht ist, das keinen Grund in der Schrift hat): wie vielmehr sollten wir diesen göttlichen Stand ehren, und mit viel herrlicherer Weise segnen, beten und zieren? Denn ob es wohl ein weltlicher Stand ist, so hat er dennoch Gottes Wort für sich, und ist nicht von Menschen erdichtet oder gestiftet, wie der Mönche und Nonnen Stand, darum er auch hundertmal billiger sollte geistlich gehalten werden, denn der klösterliche Stand, welcher billig als der allerweltlichste und fleischlichste soll geachtet werden, weil er aus Fleisch und Blut und aller Dinge aus weltlicher Witz und Vernunft erfunden und gestiftet ist.

Auch darum, daß diesen Stand das junge Volk lerne mit Ernst ansehen und in Ehren halten als ein göttlich Werk und Gebot, und nicht so schimpflich dabei seine Narrheit treibe mit Lachen, Spotten und dergleichen Leichtfertigkeit, so man bisher gewohnt gewesen, gerade als wäre es ein Scherz oder Kinderspiel, ehelich zu werden, oder Hochzeit machen. Die es zum ersten gestiftet haben, daß man Braut und Bräutigam zur Kirche führen soll, haben‘s wahrlich für keinen Scherz, sondern für einen großen Ernst angesehen. Denn es kein Zweifel ist, sie haben damit den Segen Gottes und allgemein Gebet holen wollen und nicht eine Lacherei oder heidnisches Affenspiel treiben.

So beweist es auch das Werk an ihm selbst wohl. Denn wer von dem Pfarrer oder Bischof Gebet und Segen begehrt, der zeiget damit wohl an (ob er‘s gleich mit dem Munde nicht redet), in was für Gefahr und Not er sich begibt, und wie hoch er des göttlichen Segens und allgemeinen Gebets bedarf zu dem Stande, den er anfängt; wie sich‘s denn auch wohl täglich befindet, was für Unglück der Teufel anrichtet in dem Ehestand mit Ehebruch, Untreue, Unreinigkeit und allerlei Jammer. So wollen wir nun auf diese Weise an dem Bräutigam und der Braut (wo sie es begehren und fordern) handeln.

Zum ersten auf der Kanzel aufbieten mit solchen Worten:

Hans N. und Greta N. wollen nach göttlicher Ordnung zum heiligen Stand der Ehe greifen, begehren das allgemeine christliche Gebet für sie, daß sie es in Gottes Namen anfangen und wohl gerate. Und hätte jemand was darein zu sprechen, der tue es bei Zeit oder schweige hernach. Gott gebe ihnen seinen Segen! Amen.

Vor der Kirche trauen mit solchen Worten:

Hans, willst du Grete zum ehelichen Gemahl haben?

Dicat (d.h. er bzw. sie möge sagen): Ja.

Grete, willst du Hans zum ehelichen Gemahl haben?

Dicat: Ja

Hie lasse er sie die Trauringe einander geben und füge ihre beiden rechten Hände zusammen und spreche:

Was Gott zusammenfügt, soll kein Mensch scheiden.

Weil denn Hans N. und Grete N. einander zu der Ehe begehren, und solches hier öffentlich vor Gott und der Welt bekennen, darauf sie die Hände und Trauringe einander gegeben haben, so spreche ich sie ehelich zusammen im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Vor dem Altar über dem Bräutigam und Braut lese er Gottes Wort: Genesis 2. Kap.

Und Gott der Herr sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei, ich will ihm eine Hilfe machen, die sich zu ihm halte. Da ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen und er schlief, und nahm seiner Rippen eine und schloß die Stätte zu mit Fleisch. Und Gott der Herr baute ein Weib aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm. Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein, und Fleisch von meinem Fleisch. Man wird sie Männin heißen, darum, daß sie vom Manne genommen ist. Darum wird ein Mann seinen Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe hangen, und sie werden sein ein Fleisch.

Darnach wende er sich zu ihnen beiden und rede sie an also:

Weil ihr euch beide in den Ehestand begeben habt in Gottes Namen, so höret aufs erste das Gebot Gottes über diesen Stand.

So spricht St. Paulus: „Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie Christus geliebt hat die Gemeinde, und hat sich selbst für sie gegeben, auf daß er sie heiligte, und hat sie gereinigt durchs Wasserbad im Wort, auf daß er sie ihm selbst zurichte als eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder eine Runzel oder des etwas, sondern daß sie heilig sei und unsträflich. Also sollen auch die Männer ihre Weiber lieben, als ihren eigenen Leib. Wer sein Weib liebt, der liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigen Fleisch gehasst, sondern er nährt es und pflegt sein, gleichwie auch der Herr die Gemeinde.“

„Die Weiber seien untertan ihren Männern als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde, die er als seinen Leib erlöst hat. Aber wie nun die Gemeinde Christo ist untertan, also auch die Weiber ihren Männern in allen Dingen.“

Zum andern hört auch das Kreuz, das Gott auf diesen Stand gelegt hat. So sprach der Herr zum Weibe: „Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst, du sollst mit Schmerzen Kinder gebären, und dein Wille soll deinem Manne unterworfen sein und er soll dein Herr sein.“ Und zum Manne sprach Gott: „Weil du hast gehorcht der Stimme deines Weibes und gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen: Verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang, Dornen und Disteln soll er dir tragen, und sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiß deines Angesichts sollt du dein Brot essen, bis daß du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollt zu Erde werden.“

Zum dritten: So ist das euer Trost, daß ihr wisst und glaubt, daß euer Stand vor Gott angenehm und gesegnet ist. Denn also steht geschrieben: „Gott schuf den Menschen ihm selbst zum Bilde, ja zum Bilde Gottes schuf er ihn. Er schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch, und füllet die Erde und machet sie euch untertan, und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Tier, das auf Erden kriecht. Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe da, es war alles sehr gut.“.

Darum spricht auch Salomo: Wer eine Ehefrau findet, der findet etwas Gutes und schöpfet Segen vom Herrn.

Hier recke die Hände über sie und bete also:

Herr Gott, der du Mann und Weib geschaffen und zum Ehestand verordnet hast, dazu mit Früchten des Leibes gesegnet, und das Sakrament deines lieben Sohnes Jesu Christi und der Kirche, seiner Braut, darin bezeichnet: wir bitten deine grundlose Güte, du wollest solch dein Geschöpf, Ordnung und Segen nicht lassen verrücken noch verderben, sondern gnädiglich in uns bewahren, durch Jesum Christum, unsern Herrn! Amen.

Quelle: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, herausgegeben im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, 2. verb. Auflage Göttingen 1955,  S. 528-534
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